Zusammenfassung
Die Digitalisierung der Textproduktion, -distribution und -rezeption im Rahmen des aktuellen Medienwandels übt, das ist unbestritten, einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf den wissenschaftlichen und privaten Umgang mit Texten sowie auf unsere Text-basierte Kultur als Ganze aus. Die davon betroffenen Bereiche interagieren auf vielfältige Weise und haben so an einer Remodellierung zentraler geisteswissenschaftlicher Parameter teil.
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1 Einleitung, Verortung und Zielsetzung
Die Digitalisierung der Textproduktion, -distribution und -rezeption im Rahmen des aktuellen Medienwandels übt, das ist unbestritten, einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf den wissenschaftlichen und privaten Umgang mit Texten sowie auf unsere Text-basierte Kultur als Ganze aus. Die davon betroffenen Bereiche interagieren auf vielfältige Weise und haben so an einer Remodellierung zentraler geisteswissenschaftlicher Parameter teil.
Digitale Literatur – so die Ausgangsthese – stellt einen besonders geeigneten Ausgangspunkt für eine Betrachtung der Auswirkungen der Digitalisierung auf die zentralen, das literarische und literaturwissenschaftliche Feld organisierenden Parameter dar: Sie ist selbst Abbild und Reflexionsmedium der Veränderungen, indem sie sich produktions- wie rezeptionsästhetisch in einem Spannungsfeld von Traditionslinien der analogen Literatur und einer angesichts von digitalen Kommunikationskanälen und Formaten „neue[n], spezifische[n] kulturelle[n] Umwelt“Footnote 1 situiert, die mittlerweile durch die ubiquitäre Benutzung von Computern und Internet in quasi allen Lebensbereichen ebenfalls einen spezifischen medialen Erwartungshorizont ausgeprägt hat. In literaturwissenschaftlicher Perspektive bildet digitale Literatur den zentralen Schnittpunkt sämtlicher von den Phänomenen der Digitalisierung erfasster Bereiche von der Produktion und Publikation bis hin zur Rezeption, Analyse und Archivierung.
Ausgehend von diesen Überlegungen wird im Folgenden anhand zweier aktueller Beispiele der digitalen Literatur das Wechselverhältnis von Literaturproduktion, neuen medialen und technischen Möglichkeiten der Produktion und Rezeption sowie diskursiver Verortung in Bezug auf die heuristische Konzeptualisierung des Textes betrachtet. Der Textbegriff erweist sich bereits hinsichtlich seiner Definition und Verortung in analoger Literatur als äußerst komplex und ist spätestens seit den (post-)strukturalistischen Interventionen der 1960er Jahre vielfältigen Zuschreibungen unterworfen. Eine umfassende Rekonstruktion der verschiedenen Positionen kann daher nicht das Ziel dieses Beitrags sein. Vielmehr sollen anhand der spezifischen an den zugrunde gelegten Beispielen beobachteten Phänomene (Un-)Vereinbarkeiten und Verschiebungen herausgestellt werden, die sich in Bezug auf ‚Text‘ und ‚Textualität‘ als Rezeptions-, Editions- und Analysekonzepte der Literaturwissenschaft feststellen lassen. Bei der Verortung derselben spielen sowohl das Verhältnis zu anknüpfenden Konzepten als auch Differenzierungen verschiedener Ebenen innerhalb des Konzepts eine zentrale Rolle. Deshalb wird ‚Text‘ nicht als autarke Größe begriffen, sondern als Schnittpunkt eines interdependenten heuristischen Feldes betrachtet, welches sich in der Relationierung verschiedener, mit dem ‚eigentlichen‘ Text verknüpfter Instanzen (Autor, Rezipient, Herausgeber) und Parameter (etwa Medium, Werk, Paratext, Fassung) konstituiert, die an der Formierung des Konzepts ‚Text‘ teilhaben. Der Beitrag fokussiert daher insbesondere die Verschiebungen hinsichtlich dieser Instanzen und Parameter, um auf diese Weise übergeordnete Aussagen in Bezug auf die Textualität digitaler Literatur treffen zu können.
Die folgenden Überlegungen schließen ausgehend von der Ebene der konkreten Beispiele aufgrund der beschriebenen Wechselwirkungen produktions- und rezeptionsästhetische Perspektivierungen ein. Auch wenn Bajohr zu Recht betont, dass aus Rezipientenperspektive nicht zwangsläufig zwischen genuin digitaler und digitalisierter Literatur zu unterscheiden ist,Footnote 2 wirken sich die Parameter einer rein elektronischen Publikation in entscheidender Weise auf die rezipientenseitige Wahrnehmung und den Umgang mit Literatur aus. Eine einseitige Fokussierung der Produzentenperspektive muss daher unterkomplex in Bezug auf die anvisierte Fragestellung bleiben.
Dennoch sind die literarischen Beispiele eingangs hinsichtlich ihres Verhältnisses zur ‚Digitalität‘ zu differenzieren, da diese Verortungen Einfluss auf die jeweilige Perspektivierung nehmen. Beide Beispiele stellen genuin digitale Literatur in dem Sinne dar, dass sie explizit für die elektronische Publikation produziert und ausschließlich digital veröffentlicht wurden. Sie sind also produktions- wie rezeptionsästhetisch entscheidend von den Bedingungen digitaler Medialität geprägt. Während der Vertrieb des im Frohmann-Verlag erschienenen Tausend Tode schreiben allerdings im E-Book-Format erfolgtFootnote 3 und die literarischen Inhalte der Publikation im Einzelnen nicht erkennen lassen, mit welchen (analogen oder digitalen) Mitteln sie erzeugt wurden, stellt sich die Situation für die Arbeiten des Künstlerkollektivs 0x0a anders dar:Footnote 4 Diese erscheinen auf der gleichnamigen Webseite des Kollektivs und sind nicht nur für die elektronische Publikation, sondern maßgeblich mit digitalen Mitteln, nämlich mithilfe von Algorithmen, teilautomatisch generiert. Diese Unterschiede deuten die Heterogenität der (hier) unter dem Schirm der ‚digitalen Literatur‘ gefassten Gegenstände an.Footnote 5 Sie bilden deshalb entscheidende Ansatzpunkte für eine Sensibilisierung der folgenden Überlegungen in Bezug auf die mit der Digitalisierung einhergehende Diversifizierung von Produktions- und Rezeptionsbedingungen sowie für die Suche nach strukturellen Konstanten. Gleichzeitig verweisen sie auf die Begrenztheit dieser Untersuchung, deren Beispiele nicht annähernd das gesamte Feld der digitalen Literatur abdecken (können). Der maßgeblichen Fokussierung der folgenden Analyse auf zwei Beispiele aus dem umfangreichen und vielgestaltigen Feld digitaler Literatur(en) liegt die Annahme zugrunde, dass neue literarische Formate eine genaue Beobachtung ihrer Kompositionsformen und ‚Funktionsweisen‘ sowie ihrer medialen, technischen und kulturellen Bedingungen bedürfen, da sich nur auf diese Weise differenzierte Aussagen über Veränderungen der Literatur und des sie umgebenden Systems treffen lassen.
2 Dynamische Synthesen: Digitale Literatur zwischen wuchernden Einzeltexten und polyphonem Gesamtkorpus
Die Korpora von Tausend Tode und 0x0a zeichnen sich durch Gemeinsamkeiten aus, welche sie grundsätzlich von analogen Mediatisierungen abgrenzen und so selbstreferenziell auf die medienspezifische „(post-)digitale Situation“Footnote 6 der Texte verweisen. Zum einen sprengt ihr bloßer Umfang die herkömmlichen Ausmaße einer Buchpublikation. Dies gilt für 0x0a in verschärftem Maße, wenn man den übergreifenden paratextuellen Rahmen der Webseite berücksichtigt, deren spezifische Struktur sich auch jenseits des Textumfangs kaum analog darstellen ließe.
Zum anderen stellt die bisherige Bezeichnung von Tausend Tode und 0x0a als zwei Beispiele für digitale Literatur gewissermaßen eine Verlegenheitslösung dar, die gleich zu Beginn auf den Kern der Herausforderung des Textbegriffs durch die digitale Literatur zielt: Weder hinsichtlich Tausend Tode noch in Bezug auf 0x0a kann ohne Weiteres von jeweils einem einzigen Text gesprochen werden. Umgekehrt weisen beide Beispiele in unterschiedlicher Form und in verschiedenem Maße kompositorische Momente auf, welche eine Wahrnehmung als Einheit nahelegen. Parameter wie Autorschaft, Titel und paratextuelle Einfassung, die bei analoger Literatur gemeinhin die Textgrenze markieren, bewirken bei den hier verhandelten Beispielen ein Oszillieren zwischen Einzeltexten und Gesamttext. Diese Gemeinsamkeiten stehen in Wechselwirkung mit Verschiebungen hinsichtlich der Gestaltung von Zusammenhängen mittels Literatur, welche teilweise aus veränderten Produktions- und Publikationsbedingungen hervorgehen, aber auch auf eine gewandelte kulturelle Praxis verweisen und sich auf die Entwicklung adäquater Rezeptionsstrategien auswirken.
2.1 Referenzialität als synthetisierendes Moment
Die schon im Hinblick auf analoge (post-)moderne Literatur äußerst fragwürdige Orientierung an klassischen Gattungseinteilungen und an der Differenzierung in fiktionale und faktuale Texte erweist sich aus verschiedenen Gründen für 0x0a und Tausend Tode als endgültig obsolet. Hinzu kommt für beide Korpora eine Fraktionierung der Instanz des Autors, welche die einheitsstiftende Funktion von Autorschaft in Bezug auf den Text auf unterschiedliche Weise schwächt. Dem Verlust dieser der Lektüre und Analyse von Literatur Orientierung bietenden Referenzfolien stehen in beiden Beispielen synthetisierende Bewegungen in Form struktureller und inhaltlicher Bezugspunkte entgegen.
Die Publikation Tausend Tode, 2014 von Christiane Frohmann in ihrem gleichnamigen Verlag begonnen, hat es sich zum Ziel gesetzt, „in Form von tausend kurzen Texten tausend höchst subjektive Ansichten auf den Tod zu versammeln, damit diese zusammenwirkend einen transpersonalen Metatext über den Tod schreiben“.Footnote 7 Diese Texte werden sukzessive in Form von sich aktualisierenden Versionen der Sammlung veröffentlicht, wobei der Käufer einer Version ein Abonnement auf alle weiteren publizierten Versionen erwirbt. In der aktuellen Version 3.1 beläuft sich die Zahl der Beiträger – alle Texte stammen (bisher) von unterschiedlichen Autoren – auf 425, wobei anhand des Inhaltsverzeichnisses abzulesen ist, welche neuen Texte in jeder neuen Version jeweils hinzugekommen sind. Angestrebt sind also zunächst einmal tausend einzelne Texte. Die einleitenden Worte von Frohmann verweisen allerdings bereits auf die Spannung, welche innerhalb der Publikation zwischen Einzel- und Gesamttext entsteht.Footnote 8 Auch wenn die Texte in Inhalt, Stil und Genre sehr heterogen sind, bildet das Thema ‚Tod‘, welches (in der Regel) vor der Produktion der Texte vom Verlag gesetzt wurde, das zentrale Konzept, unter dem die Einzeltexte geschrieben wurden und werden und welches sie zur kompositorischen Einheit zusammenschließt.Footnote 9 Der Umfang des Korpus lässt dabei den Einzeltext zugunsten des polyphonen Gesamtwerks und der Wechselwirkungen zwischen dessen einzelnen Teilen in den Hintergrund treten.
Im Gegensatz zum ‚überzeitlichen‘ Grundsatzthema von Tausend Tode zeichnen sich die Einzeltexte von 0x0a insbesondere durch ihren Bezug zu aktuellen gesellschaftlich relevanten und trivialen Themen sowie durch explizite Referenzen auf bestehende literarische Werke aus. Das gemeinsame Verfahren des Sampling erzeugt dabei anhand der konzeptuell gesetzten Auswahl- und Kombinationskriterien eine spezifische Ordnung. So bietet Glaube, Liebe, Hoffnung eine Auswahl der Facebook-Kommentare von Pegida-Anhängern, die „mit den paulinischen Tugenden aus dem Hohelied der Liebe konfrontiert werden“,Footnote 10 indem die Posts via Algorithmus nach den drei im Titel genannten Termini gefiltert wurden und das Ergebnis den Text bildet. Das Korpus unter dem Titel Chicken Infinite setzt sich zusammen aus „[c]ooking recipes from the web [which] have been collected and mixed randomly together.“Footnote 11
Das Herstellen von und Einbinden in Netzwerkstrukturen sowie das Ausschneiden aus und die Remodellierung von bestehenden Netzwerken, durch die sich die Produktionspraktiken von Tausend Tode und 0x0a auszeichnen, können mit Stalder als zentrale Elemente des für die „Kultur der Digitalität“ spezifischen Paradigmas der Referenzialität angesehen werden.Footnote 12 Die aus den Produktionsverfahren resultierenden Kompositionen reagieren auf den „Flickenteppich verbundener, konkurrierender oder auch einfach voneinander getrennter Sphären der Bedeutung mit jeweils spezifischen Handlungsperspektiven und Ressourcen, eigenen Voraussetzungen und Potenzialen“,Footnote 13 der im Rahmen der Digitalisierung zunehmend stabilere und autoritärere Ordnungssysteme zur Produktion und Manifestation von Bedeutung ersetzt.
Entsprechend bewirken diese Verfahren gerade nicht, wie in der Montage- und Collage-Kunst der klassischen Avantgarden, ein Ausstellen der „vielen Brüche innerhalb der Moderne, ihrer Fragmentierung und Zerrissenheit“, sondern vielmehr „deren Synthese in der Gegenwart“.Footnote 14 Die Verschiebung von Deutungshoheit und Autorität von einigen wenigen ‚Gatekeepern‘ hin zu unübersichtlichen und dynamischen Teilnetzwerken mit vielfältigen Akteuren schlägt sich in der digitalen Literatur – so lässt sich zumindest in Bezug auf die hier betrachteten Beispiele feststellen – in einer bedeutungsstiftenden Stabilisierung nieder. Das Ausschneiden von Elementen aus dem Meer des flüchtigen Schreibens im Internet und deren Remodellierung in konkreten Zusammenhängen ermöglicht dem Leser deren gemeinsame und vergleichende Rezeption. Diese stabilisierende Funktion zeigt sich in Bezug auf 0x0a explizit anhand des Dictionary of non-notable Artists,Footnote 15 welches im Stil eines klassischen (analogen) Autorenlexikons die auf der Seite von Wikipedia zum Löschen abgelegten Künstlerbiographie-Artikel der letzten zehn Jahre inklusive der jeweiligen Begründung für deren Irrelevanz alphabetisch und nach angegebenem ‚Berufsstand‘ (Architect, Author, Cartoonist etc.) sortiert auflistet. Die Flüchtigkeit von Wissen im Netz sowie dessen Abhängigkeit von der kollektiven Wertung der nicht greifbaren ‚Community‘ kommen hier aufs Deutlichste zum Ausdruck und werden gleichermaßen durch die Fixierung im Dictionary konterkariert. Das Dictionary erfüllt also eine dokumentierende Funktion, indem es die flüchtigen Wikipedia-Daten in „autorisierte Knotenpunkte (nodes) im Netz [digitaler; J. N.] sprachlicher Kommunikation“Footnote 16 überführt.
2.2 Paratextuelle Rahmung und Verkörperungen digitaler Textualität
Strukturen der paratextuellen Rahmung der Korpora sowie der ‚Verkörperung‘ der Texte im Zuge spezifisch elektronischer Publikationsformate ergänzen in entscheidender Weise die beschriebenen konzeptuellen intertextuellen Synthesen. Sie bilden die materiellen Charakteristika der Texte, indem sie das Resultat der kulturellen und technologischen Prozesse und Bedingungen sind, welche sie als rezipierbare Publikationen instanziieren, wobei die jeweilige Ausgestaltung dieser Strukturen signifizierende Funktion im Sinne bibliographischer ‚Codierungen‘Footnote 17 erlangt.Footnote 18
Aufgrund der bereits dargestellten verschiedenartigen Publikationsformen bestehen für 0x0a hierbei erweiterte Möglichkeiten der Semantisierung, da die gesamte Publikationsplattform von den Akteuren des Kollektivs selbst gestaltet ist. Raumaufteilung, farbliche Gestaltung, Schriftarten, die eigenwillige Kombination von Groß- und Kleinschreibung sowie das omnipräsente Logo bilden hier Elemente der individuellen Strukturierung als Strategie einer konsequenten literarischen Inszenierung, in welche eine variable Anzahl an Einzeltexten eingebettet ist. Die einheitsstiftende Funktion dieser Inszenierung veranschaulicht insbesondere die These,Footnote 19 welche sich unter einem eigenen Reiter abrufen lässt. Die dort explizierte Programmatik bezieht sich gerade nicht auf einen spezifischen der präsentierten Texte. Dies wird einerseits inhaltlich deutlich, zeigt sich aber ebenso signifikant anhand ihrer Positionierung im Netzwerk der Webseite. Der eigene Reiter neben jenem, der zu den einzelnen Texten führt, sowie der Umstand, dass eine gekürzte Version der These ebenfalls auf jeder der Unterseiten eingeblendet wird, legen es nahe, das Grundkonzept des Kollektivs, die Erforschung der „Möglichkeiten von Text im Digitalen“, sowie dessen Definition und Verständnis von digitaler Literatur auf alle literarischen Inhalte der Seite zu beziehen. In einem an die klassischen Avantgarden gemahnenden Gestus deklariert die These sämtliche auf der Webseite befindliche Texte als Teile des unter dem Banner 0x0a firmierenden „Workshop[s], Labor[s], Schaufenster[s]“ – also einer durch ihre spezifische Funktion definierten gemeinsamen Formation – und nimmt dabei gleichzeitig Einfluss auf deren theoretische und literaturgeschichtliche Einordnung.
Auch für Tausend Tode lassen sich aber – im Rahmen des vorgegebenen und (noch) stark von analogen Organisationsstrukturen geprägten sowie vom jeweiligen Lesegerät dependenten E-Book-Formats – spezifische paratextuelle und materielle Eigenschaften mit entscheidendem Einfluss auf die Gestalt der Publikation ausmachen. Diese beziehen sich gemäß der medial beschränkten Möglichkeiten verstärkt auf die Erscheinungsweise des textuellen Korpus selbst, unterstützen hier aber wiederum die Wahrnehmung von Tausend Tode als kompositorische Einheit und ‚offenes Kunstwerk‘ gleichermaßen: Die versionierte Publikation bringt es mit sich, dass im Gegensatz zu analogen Auflagen oder Reihenpublikationen jede neue Version die vorausgegangene ‚überschreibt‘. Tausend Tode besteht also immer nur in der jeweils aktuellen Form und bildet deshalb trotz permanenter Dynamik der konstituierenden Elemente stets eine publizierte Einheit. Den Eindruck einer seriellen Publikation stützt zwar die Angabe der ‚Versionengrenzen‘ im Inhaltsverzeichnis, allerdings setzt Tausend Tode den vom Ausgabeprogramm vorgesehenen (analogen) Mustern des Blätterns und der Seitenzahlen, die eine lineare Lektüre befördern, eine eigene digitale Strukturierung durch die Verlinkung des Inhaltsverzeichnisses mit den einzelnen Beiträgen entgegen, welche eine veränderte Rezeptionsweise nahelegt.Footnote 20 Jeder der Einzeltexte kann auf diese Weise zum unmittelbaren Ausgangspunkt der Lektüre werden.
Als zentrale paratextuelle Elemente der Zusammenhangsstiftung erweisen sich die Titel der beiden Projekte: In beiden Fällen markieren sie die literarischen Erzeugnisse mehrerer Autoren als Gesamtkompositionen. In Tausend Tode haben die Einzeltexte überhaupt keine eigenen Titel, sondern lediglich (Kapitel-)Nummern. Der Gesamttitel stellt damit den Bezugspunkt aller Texte dar. Für 0x0a lassen sich hingegen zwei Stufen unterscheiden: Die Einzeltexte haben jeweils eigene Titel, die auf der obersten Publikationsebene, welche hier die Webseite darstellt, unter dem Namen 0x0a zusammengefasst sind. Dessen Wirkung als einheitsstiftende Benennung wird durch die weitere Gestaltung der Webseite als Paratext gestützt. Wie die These bleibt auch der Titel für jede der Unterseiten auch auf verschiedenen Lesegeräten erhalten. Er bildet also eine Konstante im Rahmen der Dynamik der Webseite und fungiert dabei gleichermaßen als Titel jenes dynamischen „Schaufensters“ und als Name des (variablen) Kollektivs der Künstler, die hier am Werk sind.Footnote 21
Sowohl für Tausend Tode als auch für 0x0a gewinnen die Haupttitel an Relevanz, da die unter diesen ‚Labels‘ publizierenden Künstler wechseln. Die Titel repräsentieren hingegen in einer komplexen Verschaltung von Signifikationsebenen die gemeinsamen Referenzrahmen der Kompositionen, indem sie an die Stelle des einheitsstiftenden Autornamens treten, dabei jeweils das vereinende Konzept der Einzeltexte explizieren und zusätzlich selbstreflexiv auf deren spezifische Produktions- und Distributionspraktiken mithilfe digitaler Programme und Kommunikationskanäle verweisen: So benennt der Titel Tausend Tode schreiben nicht nur das gemeinsame Thema der Texte, sondern das Verb ‚schreiben‘ im Präsens bringt zudem den Status des Bandes als ‚Work in Progress‘ zum Ausdruck, wobei einerseits die Tätigkeit der verschiedenen Autoren angesprochen ist, andererseits aber auch die Interpretation einer ‚Selbsteinschreibung‘ der Tode nahegelegt wird, was wiederum die Autoren in den Hintergrund treten lässt.
0x0a demonstriert als Hexadezimalcode für den Zeilenumbruch die Differenz der Texte zu den Praktiken der analogen Literaturproduktion und antizipiert das Moment der Maschinenlesbarkeit, welches das den Texten gemeinsame Verfahren ermöglicht.Footnote 22 Indem das Logo auf der Webseite mit einem dynamisierenden Algorithmus unterlegt ist,Footnote 23 wird der nur visuell repräsentierte „broken code“Footnote 24 auf anderer Ebene wieder zum ‚laufenden‘, weil ausgeführten Code. Das Logo verkörpert so die Variabilität auf den beiden durch 0x0a benannten Ebenen der Texte und der Künstler und verweist dabei gleichzeitig auf die verschiedenen Ebenen digitaler Schrift zwischen Binärcode und Oberflächentext,Footnote 25 die deren spezifische und von der stabilen Druckschrift konstitutiv verschiedene Funktionsweise ausmachen.Footnote 26 Der beim Überfahren mit dem Curser angezeigte ‚Untertitel‘ „Eskaliertes Schreibenlassen“ thematisiert zudem analog und gleichzeitig komplementär zum Titel Tausend Tode schreiben die (Nicht-)Schreibpraxis des Kollektivs.
Die Einbettung der Einzeltexte in Korpus-übergreifende materielle und paratextuelle Strukturen trägt maßgeblich zur Konstituierung kompositioneller Einheiten bei. Dabei stabilisieren sie das bedeutungsstiftende Referenznetzwerk durch eine dynamische Begrenzung, die jeweils in Verbindung zu einem spezifischen Konzept steht.Footnote 27 Die Einzeltexte von Tausend Tode und 0x0a erscheinen durch diese Verkörperungen aus der „Masse der in einer Gemeinschaft umlaufenden sprachlichen [bzw. hier eher ‚schriftlichen‘; J. N.] Mitteilungen“ in sozialen Netzwerken, Kommentarbereichen etc. herausgehoben.Footnote 28 Diese Stabilisierung verleiht ihnen – so könnte man mit Lotman argumentieren – Textstatus,Footnote 29 ohne dabei jedoch ihr dynamisches Verhältnis zu anderen medialen Äußerungen gänzlich aufzuheben.
3 Vervielfältigte Autorschaft und Dispersion der Autorfunktionen
Diese einheitsstiftende materielle Verkörperung steht, wie bereits angedeutet, im Kontrast zur Vervielfältigung der Autorschaft in beiden Korpora. Digitale Autorschaft ist durch Kollaboration, Kompilation und Unabgeschlossenheit geprägt und repräsentiert auf diese Weise zentrale Elemente der Kultur der Digitalität. Tausend Tode und 0x0a repräsentieren zwei verschiedene Spielarten dieser Zusammenarbeit, die an die unterschiedlichen Produktionspraktiken gebunden sind, aber gleichermaßen zu Diversifizierungen und Verschränkungen der Kategorien ‚Urheber‘ und ‚Schöpfer‘Footnote 30 führen: Tausend Tode kennzeichnet eine akkumulative Kooperation, d.h. die einzelnen Autoren produzieren ihre Texte grundsätzlich unabhängig voneinander. Aufgrund der versionierten Publikation entstehen aber alle Texte, die im Anschluss an Version 1 hinzukommen, im Bewusstsein der bereits bestehenden ‚Kapitel‘ und fließen im Moment der Publikation in denselben paratextuellen Rahmen ein. So werden sie Teil der Verkörperung des vom Verlag gesetzten Gesamtkonzepts, das gerade nicht individuell ist, sondern vielmehr den gemeinsamen Referenzpunkt der akkumulierten Texte darstellt. Hierbei handelt es sich also um eine projektspezifische Kooperation, an der – begünstigt durch die medialen Bedingungen – eine Vielzahl von Autoren beteiligt ist, ohne dass hierfür Rücksprachen zwischen den einzelnen Verfassern notwendig sind.Footnote 31
In den Texten von 0x0a findet maßgeblich ‚Sprachmaterial‘ anderer Autoren Verwendung, wodurch bereits die Einzeltexte in den meisten Fällen polyphon sind. Zentrales Moment der Textproduktion ist bei 0x0a nicht das Schreiben der publizierten Texte, sondern vielmehr das Schreiben der technischen Skripte, die anhand der ausgewählten Korpora und der gesetzten Bedingungen Such-, Selektions-, Sortier- und Kombinationsaktionen ausführen und so die einzelnen Texte gemäß dem gesetzten Konzept erzeugen. Diese neue Ebene des Schreibens von digitaler Literatur thematisieren die den Einzeltexten von 0x0a jeweils vorgeschalteten Erklärungen, in denen dargestellt wird, welche Programme hier wofür geschrieben und eingesetzt wurden. Diese mit auktorialen Vorworten vergleichbaren Texte zeugen von der künstlerischen Relevanz des technischen Schreibens für die Literatur von 0x0a, die sich ebenfalls in der Gestaltung des paratextuellen Rahmens der Webseite niederschlägt. Die Erklärungen des Kollektivs inszenieren zum einen Autorschaft als kreativen und technischen Produktionsprozess und machen letzteren dabei zum anderen transparent. Dieser Transparenz entspricht auch die begleitende Publikation des für die ‚Samples‘ verwendeten Gesamtkorpus, etwa bei Glaube, Liebe, Hoffnung.Footnote 32
Autorschaft wird in ihren Ausprägungen von Urheberschaft und Schöpfertum deshalb zwar disparat, aber keinesfalls obsolet.Footnote 33 Für 0x0a sind prinzipiell verschiedene Kompetenzen zwischen programmiertechnischem Know-how, der Kenntnis der vielfältigen Diskurse, auf die sich die Texte beziehen, und kreativen Überlegungen zur Konzeptionierung der Samples gefragt. Auf deren Basis entsteht in der Interaktion von Mensch und Maschine, von ‚fremden Stimmen‘ und rekonzeptualisierender Modellierung zunächst jeder einzelne Text, der mit seinen inkorporierten Textfragmenten letztlich in den „konzeptuellen Rahmen“Footnote 34 unter dem gemeinsamen Label 0x0a eingeht. Rezipientenseitig lässt sich erst hier „das Konzept in seiner umfassenden Gestalt ablesen, deren Umfang dem Erfinder oder der Erfinderin selbst nicht bewusst gewesen sein muss“,Footnote 35 wodurch das Korpus zum Objekt von Interpretationsprozessen werden kann.
Auch digitale Literatur hat also Autoren; die Ausgestaltung digitaler Texte vollzieht sich allerdings verstärkt im Rahmen variabler Gruppierungen von (beabsichtigt oder unbeabsichtigt) am Prozess der konzeptionellen, konkret-textuellen, technischen und materiellen Erzeugung beteiligter Akteure. Tausend Tode und 0x0a zeigen, dass hierbei für das Feld digitaler Literatur nicht eindeutig zwischen spezifischen Zuständigkeiten im Sinne von ‚Schöpfern‘ und ‚Urhebern‘ zu unterscheiden ist, sondern vielmehr verschiedene Möglichkeiten der Verteilung und des Zusammenfallens auktorialer Funktionen bestehen.Footnote 36
Die von Foucault herausgestellte Funktion der Gruppierung und „In-Beziehung-Setzen der Texte untereinander“Footnote 37 erfüllen für die beiden hier diskutierten Beispiele nicht die Autoren bzw. deren Namen, sondern maßgeblich die Titel in Wechselwirkung mit der Einbettung der Texte in ihre Publikationsformate.Footnote 38 Ein von einem Verlag gesetztes Thema kann hierbei ebenso zum konzeptuellen Ausgangs- und Bezugspunkt einer Publikation werden wie das Hohelied der Hoffnung (bei Glaube, Liebe, Hoffnung) oder der literarische Text eines anderen Autors (z.B. bei LENZFootnote 39). Auch das Sampling verweist als gemeinsames Verfahren der Textproduktion von 0x0a auf eine Autorfunktion, wobei technische Fähigkeiten die Möglichkeiten der Literaturproduktion determinieren.
Diese einheitsstiftenden Momente stehen in beiden Beispielen allerdings in permanenter Spannung zur Dispersion auktorialer Signale in Stil, Sprache und Inhalt, was weitere notwendige Differenzierungen bedingt: Autorschaft bezieht sich auf ganze Texte oder auf die kombinierten Einzeltexte oder Textfragmente, geschrieben von professionellen und Laienautoren, deren Schreiben sich im Lichte des gesetzten Konzepts oder mit völlig anderer Zielrichtung vollzieht und letzterem erst nachträglich einverleibt wird. Dennoch erscheinen auch für 0x0a nicht nur die Tätigkeiten der aktuellen Autoren für die Wirkung der digitalen Texte relevant, sondern häufig auch die der ‚unfreiwilligen‘ Autoren, deren jeweils spezifischer Status bzw. Zugehörigkeit zu einem spezifischen Referenzfeld (Autoren des Kanons für Durchschnitt,Footnote 40 Facebook-Community von Pegida für Glaube, Liebe, Hoffnung) sich entscheidend auf die Semantisierung der Texte auswirkt.
Autorschaft funktioniert nicht mehr als Garant für die „Einheit des Schreibens“.Footnote 41 Stattdessen sind verschiedene ‚textuelle Handlungen‘ hinsichtlich der unterschiedlichen in ihnen zum Ausdruck kommenden Autorfunktionen jeweils individuell zu differenzieren und in ihren Interaktionen zu beschreiben, da sich auf diese Weise Aussagen über das Zusammenwirken von Schreib-, Kompositions-, Kompilations- und Referenzstiftungsstrategien im jeweiligen Korpus treffen lassen.
4 Werkhaftigkeit als digitale Kommunikationsstrategie
Die Vorstellung des in sich (ab)geschlossenen und stabilen TextesFootnote 42 mit eindeutig zuordenbarer Autorschaft, der sich im Buch als „immutable mobile“Footnote 43 realisiert, verliert für die untersuchten Beispiele an Relevanz. Als Garanten für die textuelle (Werk-)Einheit können aufgrund der verschiedenen Formen kompilativer Textproduktion zudem weder der Autor noch die konventionell hierfür veranschlagten Textebenen der Handlung, des Stils oder der SpracheFootnote 44 herangezogen werden.
In systematischer Spannung zur konstitutiven Unabgeschlossenheit und auktorialen Vielfalt der Korpora stehen allerdings die dezidierte konzeptionelle Einfassung und die Einbettung in (spezifisch elektronische) Publikationsformate als zentrale Merkmale von Werkhaftigkeit.Footnote 45 Verbundenheit konstituiert sich in beiden Beispielen nicht durch auktorial verfügte oder am Text ablesbare Geschlossenheit, sondern vielmehr anhand gemeinsamer konzeptioneller, struktureller, paratextueller und/oder inhaltlicher Parameter, die eine dynamische Formation variabler, aber stets aufeinander bezogener Positionen, Äußerungen und Akteure definieren.Footnote 46 Tausend Tode und 0x0a zeugen damit von einer grundsätzlichen Verschiebung im Verhältnis von Autorschaft, Text und Werk: Nicht mehr der einzelne Autor personifiziert die materielle Arbeit an einem Text bzw. auf diesen hin mit seiner Schaffenszeit. Deshalb existiert ebenfalls keine singuläre Instanz mehr, die als individueller geistiger „Schöpfer“ des (immateriellen) Werks gelten kann.Footnote 47
Indem für Tausend Tode und 0x0a das jeweilige gemeinsame Konzept, die konkreten textuellen Realisierungen sowie die materielle Verkörperung in wechselseitiger Abhängigkeit die Wirkung der Korpora als „übergreifende ästhetische Kommunikationseinheit“Footnote 48 hervorbringen, fallen Kriterien für materielle Textualität und ideelle Werkhaftigkeit zusammen: Das Werk entsteht als ein sich unmittelbar materiell realisierendes und dabei interaktiv konzeptionell ausgestaltetes im Prozess des Zusammen-Schreibens (von Text und/oder durch mehrere Autoren).Footnote 49 Die Einzeltexte stellen dabei gleichzeitig individuelle Manifestationen der kollektiven Idee und Elemente des übergeordneten Programms dar. Ihre fortgesetzte Publikation als Teile der jeweils ‚überschriebenen‘ Einheit bewirkt die stetige Aktualisierung der Gesamtkomposition auf materieller und semantischer Ebene. Die Maschinenlesbarkeit der Korpora und im Fall von 0x0a deren freie Verfügbarkeit im NetzFootnote 50 bergen zudem immer das Potenzial des ‚Zurückfließens‘ der Texte in den Kommunikationsstrom bzw. für deren Verwendung in anderen Ko- und Kontexten.Footnote 51
Das Ineinandergreifen von Konzept und Realisierung kann als Spezifikum der Internet-Kultur gedeutet werden, deren mediale Praxis sich grundsätzlich durch die Unmittelbarkeit von Publikationsprozessen auszeichnet. Das digitale Paradigma ermöglicht einerseits die kostengünstigere „institutionelle Rahmung“Footnote 52 durch E-Book und Print-on-Demand, andererseits tritt die Notwendigkeit einer solchen offiziellen Sanktionierung zugunsten der technischen und kreativen Fähigkeiten der Künstler bei der Gestaltung einer eigenen Webpräsenz in den Hintergrund. Im Hinblick auf die Vielzahl und Vielfalt der digital umlaufenden Äußerungen fungiert dieses Ineinandergreifen aber, wie dargestellt, auch im Sinne einer semantisierenden Markierung der Texte durch Zusammenfassung in einer signifikanten Beobachtungseinheit.
Dies verweist auf eine geänderte Kommunikationssituation im Rahmen digitaler Publikation: Lesbarkeit ist im Internet bzw. mithilfe digitaler Leseprogramme schnell und kostengünstig erreicht, Aufmerksamkeit im Sinne tatsächlicher Lektüren garantiert diese aber noch lange nicht. Die gewandelte ‚institutionelle‘ Rahmung durch konzeptuelle Einfassung und exponierte Präsentation erweist sich also wiederum als diskursive Strategie, welche die Texte von der Masse flüchtiger digitaler Kommunikation abhebt. Die permanente Aktualisierung kann im Rahmen dieser Strategie ebenfalls als entscheidender Faktor gelten, der auf die gewandelten Mechanismen in der digitalen Umwelt reagiert: Referenzialität erlangt nach Stalder in der digitalen Kommunikation „performativen Charakter“, denn „[w]as nicht dauernd verwendet und erneuert wird, verschwindet“.Footnote 53 Tausend Tode stirbt in der digitalen Literatur nicht nur der Autor, sondern ebenso ‚sterben‘ tausende digital publizierte Texte, die aufgrund mangelnder Exponiertheit nicht (mehr) gelesen werden. Die stetig aktualisierte Akkumulation und konzeptionelle Einbindung befördern also auch Werkhaftigkeit im Sinne der von Reuß hierfür veranschlagten „Wirkungsgeschichte“.Footnote 54
5 Rezeptionsstrategien: Fragmentieren, Vernetzen, Mitschreiben
Durch ihre Unabgeschlossenheit und ihren (wachsenden) Umfang erscheinen Tausend Tode und 0x0a als „Produktion[en] ohne Produkt“, also mit Barthes als „schreibbare[] Text[e]“.Footnote 55 Nicht mehr eine auf Vollständigkeit bedachte, durchgehende Lektüre von Anfang bis Ende ist gegenüber diesen Korpora die angemessene Lektürehaltung. Sie verunmöglichen die reine „Konsumierung“Footnote 56 und forcieren eine rekursive und fragmentarische Rezeptionsweise. Ihre jeweils Einheit stiftenden referenziellen Bezugsfelder und die Kontrastierung der Linearität der Textabfolge durch die Linkstruktur der Inhaltsverzeichnisse regen zu individuellen Verknüpfungen zwischen ihren einzelnen Teilen an. Diese können im Fall von 0x0a zwischen den Texten des Korpus, den jeweils in Paratexten ausgeführten Konzepten ihrer Konstruktion sowie zwischen den jeweiligen digitalen ‚Überarbeitungen‘ und ihren (literarischen) Vorlagen erfolgen.
Die Relation von Gesamtkonzept und individuellen Einzeltexten sowie die unmittelbaren Wechselwirkungen zwischen beiden Ebenen legen verschiedene Rezeptionsstrategien zwischen übergreifender Synopse und fokussierendem ‚Close Up‘ nahe, welche sich stets im Spannungsfeld von strukturell vorgegebenen Mustern und individuellen Interventionen bewegen.Footnote 57
So erweisen sich die Texte von 0x0a insbesondere in der Zusammenschau in ihren vielfältigen Facetten zwischen trivialer Alltagskultur und gewichtigem Wertediskurs als Bestandsaufnahme aktueller kultureller und gesellschaftlicher Tendenzen und Befindlichkeiten, wie sie sich im Internet als quasi unbegrenzte „Weltbildmaschine“Footnote 58 präsentieren. Diese äußern sich maßgeblich durch die gesetzten Themen, aber – wie insbesondere Glaube, Liebe, Hoffnung zeigt – signifikant auch in spezifischen sprachlichen Formationen, die nur in der genauen Lektüre des Einzeltextes zu erfassen sind.Footnote 59
Die vergleichende Gegenüberstellung einzelner Texte und Konzepte von 0x0a eröffnet wiederum spezifische Reflexionsräume: Die parallele Betrachtung des Dictionary of non-notable Artists und des ‚Romans‘ Durchschnitt offenbart in der Relationierung der Konzepte im Verhältnis zu den durch sie restrukturierten Korpora die unterschiedlichen Funktionen und Wirkungen des Sampling in Abhängigkeit von den jeweiligen Ausgangstexten, wobei die Machtmechanismen verschiedener digitaler und analoger Ordnungssysteme bei der Zuschreibung von kultureller Relevanz zum zentralen Thema des Vergleichs avancieren. Während das Verfahren in Bezug auf die digitale (Un-)Ordnung eine stabilisierende Funktion erfüllt, lässt sich für dessen Anwendung auf ein nach den Parametern des traditionellen Literaturbetriebs organisiertes Korpus gerade das Gegenteil feststellen: Für Durchschnitt „wurden alle Bücher aus Der Kanon. Die deutsche Literatur: Romane, herausgegeben von Marcel Reich-Ranicki [...], als Textkorpus verwendet, mit Python dessen durchschnittliche Satzlänge bestimmt (18 Wörter), alle Sätze anderer Länge aussortiert und das Ergebnis anschließend alphabetisch geordnet“.Footnote 60 Das Ergebnis ist ein Durchschnitt durch den Kanon, der das emphatische, auf Einzigartigkeit gerichtete Werkverständnis Reich-Ranickis ad absurdum führt, indem das algorithmische Verfahren anhand des ‚profanen‘ Parameters der Satzlänge gerade auf die Durchschnittlichkeit der Romane zielt.Footnote 61 Dabei treten durch die alphabetische Ordnung auch sprachliche ‚Durchschnittlichkeiten‘ wie eine Vielzahl gleichlautender Satzanfänge zu Tage, die Ansatzpunkte für einen Vergleich der hier gesampelten literarischen ‚Stimmen‘ bieten.Footnote 62
Auch im Hinblick auf Tausend Tode erzeugt gerade die Heterogenität der ‚Stimmen‘, Genres und Zugriffe auf das Thema ‚Tod‘ den anvisierten überpersonellen ‚Metatext‘. Die einzelne Stimme verliert im Rahmen des Ganzen an Gewicht, steht aber im Moment des Close Reading, also wenn der Rezipient ihr seine Aufmerksamkeit zuteil werden lässt, wiederum für sich als subjektive Artikulation der mit der menschlichen Grundkonstante ‚Tod‘ verbundenen Erfahrungen, Vorstellungen und Deutungen. Je dichter sich der Rezipient einem der Einzeltexte annähert, desto spezifischer, konkreter, individueller artikuliert sich die Darstellung des Todes. Tausend Tode ist damit ein ‚Abbild‘ des menschlichen Verhältnisses zum Tod, der in vielen Versionen allgegenwärtig ist und sich doch nur aus der Nähe individualisiert und konkretisiert.
Indem der thematische Referenzrahmen von Tausend Tode deutlich enger ist als jener von 0x0a, ermöglicht das Werk – vermittelt durch seine digitalen Produktions- und Rezeptionsbedingungen – über die Textauswahl hinaus spezifische Formen des leserseitigen Agierens in Bezug auf den Gesamttext: Die vom E-Book-Reader vorgesehene Suchfunktion kann zur Erzeugung individueller intertextueller Verknüpfungen eingesetzt werden, die wiederum die selektive Lektüre befördern. Im Prinzip ist eine solche individuelle Intertextualität für alle als maschinenlesbare Dokumente veröffentlichten Texte möglich. Allerdings befördert der thematische Zusammenhang von Tausend Tode in mehrfacher Hinsicht das Auffinden von Verbindungen. Die durch die Wörter und Wortkombinationen der Texte vorgegebenen möglichen Verknüpfungen sind zum einen bei einem gemeinsamen Thema (höchst wahrscheinlich) umfangreicher als bei thematischer Kontingenz. Zum anderen werden die erzeugten Intertexte sowie die vom Rezipienten angesteuerten Kombinationen durch das Grundthema des Korpus beeinflusst. Zwar ist der Suchradius hochgradig individuell und im Rahmen des ‚Wortmaterials‘ von Tausend Tode bis zur thematischen Unabhängigkeit erweiterbar. Auch bei (vermeintlich) originärer Suche stellt die Einbettung in das textuelle Umfeld, von dem bei jeder Suche ein Ausschnitt mitgeliefert wird, allerdings häufig eine thematische Anbindung an das Thema ‚Tod‘ her. Die konzeptuelle Einbindung und Maschinenlesbarkeit der Texte ermöglichen es also, dass der Rezipient zum Mitschreibenden, zum „Textproduzenten“Footnote 63 avanciert, wobei die Vorgehensweise jener der maschinellen Texterzeugung von 0x0a ähnelt. Das „pre-reading“, welches Weel anknüpfend an Giffard als zentrales Moment des Lesens im „docuverse“ beschreibt,Footnote 64 ist bei 0x0a dem Publikationsprozess vorgeschaltet. Es vollzieht sich bereits in der Interaktion von menschlichen Produzenten und Programmen. Bei Tausend Tode spalten sich dessen Elemente des „finding and selecting“ hingegen zwischen menschlicher Produktion und maschinengestützter Rezeption auf: Die auf diese Weise entstehenden Intertexte sind das Produkt aus der Publikation Tausend Tode und der kreativen Einflussnahme des Rezipienten, welches durch die maschinenlesbare Form ermöglicht wird.
0x0a und Tausend Tode legen für das Feld der digitalen Literatur eine Diversifizierung von Lektürepraktiken nahe, welche in Abhängigkeit von den jeweiligen Texten und deren werkförmiger Einbindung verschiedene Aktivitäts- und Aktivierungsmodi des Rezipienten zwischen Close Reading und Distant Reading bedingen. Im Spannungsfeld von produzenten- und rezipientenseitiger Selektion, Kombination und Korrelation rücken dabei jeweils verschiedene Aspekte des Gesamtwerks in den Fokus.
6 Dynamische Dokumentation
Die räumliche Fixierung an einem in sich unveränderlichen Ort bietet keinen grundlegenden Orientierungspunkt für die Rezeption dynamisch-unabgeschlossener digitaler Werke. Sie wird aber gewissermaßen durch eine zeitliche Strukturierung ersetzt, die allerdings gerade nicht „immutable“, sondern unmittelbar an die spezifischen Abläufe der Produktion, Veröffentlichung und Rezeption geknüpft ist.Footnote 65 Das Moment der Verschränkung dieser Praktiken des literarischen Diskurses gewinnt in der „ortlose[n] Dauergegenwart“Footnote 66 digitaler Kommunikation wiederum stabilisierende Funktion: Indem der Rezipient Ausschnitte der ‚textuellen Formationen‘ in einem spezifischen Zustand liest, interpretiert, zitiert, speichert und/oder vervielfältigt, erzeugt er durch seinen Bezug zu diesem Zustand einen zeitlich bestimmbaren, metatextuell fixierten Orientierungspunkt, der die unüberschaubaren Textmengen nach bestimmten Kriterien gliedert und sich zwischen die fortlaufenden Erweiterungen schiebt.Footnote 67 Dieser kann als Ausgangs- und Bezugspunkt für die weitere Kommunikation über das Gesamtkorpus sowie für die Beobachtung und Beschreibung von Veränderungen innerhalb desselben dienen. Für die Untersuchung des Gesamtkorpus von Tausend Tode oder bereits eines der Texte von 0x0a könnten sich insbesondere quantitative Analysemethoden als sinnvoll bspw. für die Detektion sprachlicher Charakteristika erweisen, die aufgrund der Stimmenvielfalt der Werke Hinweise entweder auf die sprachliche Gestaltung in Bezug auf bestimmte Themenbereiche oder – aufgrund der Verfügbarkeit der ‚Grundkorpora‘ bei 0x0a – auf die sprachlichen Konsequenzen der künstlerischen Modellierung geben könnten.Footnote 68
In beiden Beispielen wird die zeitliche Orientierung des Rezipienten auf Ebene der linguistischen Codes produktionsseitig gestützt durch die explizite Angabe von Veröffentlichungsdaten bzw. der zu jeder Version gehörigen Einzeltexte. Jedem nachträglichen Leser ist auf diese Weise die Möglichkeit des unmittelbaren Nachvollzugs zumindest der Grundlage des jeweils festgehaltenen Zustands der ‚Kommunikationssituation‘ zwischen Text und Leser gegeben.Footnote 69 Potenzielle Veränderungen auf Ebene der bibliographischen Codes sind in beiden Fällen allerdings ausschließlich durch die rezipientenseitige Speicherung in Form von Screenshots oder die Archivierung der jeweiligen Stylesheets und/oder Lesegeräte sowie der hierfür notwendigen Programme erfassbar.Footnote 70
Während die produzentenseitigen textstabilisierenden Faktoren der Referenzialität und der paratextuellen Rahmung rezipientenseitige Dynamisierungen durch das Stiften eigener Verbindungen ermöglichen, erlangt der Leser im Hinblick auf die destabilisierenden Tendenzen digitaler Literatur – Unabgeschlossenheit, Unüberschaubarkeit und (potenziell nicht gekennzeichnete) Revision – dokumentierende und damit stabilisierende Funktion. In diesem sich durch Interaktion zwischen Produktion bzw. Veröffentlichung und (dokumentierter bzw. dokumentierender) Rezeption konstituierendem dynamischen Netz stellen Vor- und Nachzeitigkeit keine fixen Größen dar. Die wechselseitige Beziehung von Publikations- und Rezeptionszeitpunkten konstituiert aber jeweils zeitlich markierte ‚Fassungen‘ der Korpora und der Analysen, welche strukturierend wirken und auf diese Weise weitere metatextuelle Referenzen ermöglichen.Footnote 71 Während also die Vorstellung einer Textfassung hinsichtlich analoger Literatur ausschließlich am Autor und dessen Produktion orientiert ist (wenngleich auch hier häufig eine [Re-]Konstruktion seitens des Editors erfolgt), lässt sie sich bei digitaler Literatur gerade auf das Verhältnis zwischen Produzenten und Rezipienten beziehen: Letztere haben durch ihre ‚rahmende Intervention‘Footnote 72 entscheidenden Anteil an der Dokumentation – und das heißt wortwörtlich der Zuschreibung eines Dokumentenstatus durch ‚Archivierung‘ – eines Textzustands.Footnote 73 Diese metatextuellen Fixierungen durch die „literarische Öffentlichkeit“Footnote 74 binden die Texte unter bestimmten Kriterien wiederum zu Referenz-Netzwerken zusammen, deren Ausgestaltung von der jeweiligen textuellen Grundlage ebenso abhängig ist wie von den spezifischen heuristischen Schwerpunktsetzungen der Interpreten. Die literarische Wirkungsgeschichte dokumentiert sich mithin prozesshaft in Interaktion mit der fortgesetzten Produktion und Publikation der Werke selbst. Werk und Wirkungsgeschichte bringen sich daher tatsächlich „wechselseitig allererst im Verlauf der Geschichte hervor“.Footnote 75
7 Interferenzen von digitalen und analogen Ordnungsmustern
Bisher standen maßgeblich die durch digitale Literatur ausgelösten Verschiebungen, also die Differenzen zu analogen Ordnungsmustern, im Zentrum der Betrachtungen. Allerdings sind diese Differenzen nicht im Sinne unüberbrückbarer Gegensätze zu verstehen. Vielmehr zeichnen sich sowohl Tausend Tode als auch 0x0a durch Wechselwirkungen zwischen digitalen und analogen Ordnungsmustern aus. Dies erzeugt „complex feedback loops [that] connect humans and machines, old technologies and new, language and code, analog processes and digital fragmentations“.Footnote 76 Dieser Umstand soll abschließend anhand einzelner technologischer und institutioneller Spezifika zumindest angedeutet werden.
Die beiden hier untersuchten Beispiele weisen signifikante Unterschiede hinsichtlich der beobachtbaren Interferenzen von digitalen und analogen Paradigmen auf: Digitale Paradigmen realisieren sich bei 0x0a maßgeblich im Rahmen der Produktion der Texte (Algorithmen, Sampling digital verfügbarer Texte, Referenz auf digitale Kommunikationskanäle wie Facebook, Wikipedia), der Präsentation des Kollektivs (Webseite, Oszillieren zwischen Gruppen- und Werktitel) sowie in der Open-Access-Politik hinsichtlich des Zugangs zu den Texten. Diese Hinwendung zu digitalen Paradigmen wird allerdings dadurch konterkariert, dass die Einzeltext-Publikationen in den allermeisten Fällen als PDFs erfolgen,Footnote 77 also in einem Format, welches in hohem Maße durch die Strukturierungspraktiken der Gutenberg-Ära geprägt istFootnote 78 und bereits in seiner Benennung auf Latours „immutable mobiles“ zu verweisen scheint. Diese, auch durch die Angabe der Veröffentlichungsdaten gestützte ‚Dokumentation‘ knüpft an analoge Praktiken der Stabilisierung und Institutionalisierung an und steht im Kontrast zur Dynamik digitaler Strukturen.Footnote 79 Diese Praktik kann als Reverenz an die grundlegenden Mechanismen des literarischen Diskurses verstanden werden, für dessen Wechselverhältnis von Text und interpretierender Lektüre ‚Beobachtbarkeit‘ unabdingbar ist, die nur im Rahmen einer gewissen Stabilität erreicht werden kann.Footnote 80
Die Texte in Tausend Tode hingegen sind nach analogen Prinzipien produziert und die Distribution über den Verlag bzw. angeschlossene kommerzielle Dienste folgt den klassischen Prinzipien des Buchmarkts.Footnote 81 Die Verschränkung von Produktion, Publikation und Rezeption sowie die stetigen Wechsel von Genres und Autoren gestalten aber insbesondere das Lektüreerlebnis als ein spezifisch digitales. Die typographische Gestaltung der ‚Ausgabe‘ erfolgt – ähnlich wie für 0x0a festgestellt – im Spannungsfeld von digitalen dynamisierenden und analogen schriftfixierenden Codierungen, indem bestimmte Zeilenumbrüche innerhalb des Korpus im Gegensatz zum grundsätzlich dynamisierten Erscheinungsbild der Schrift stabilisiert sind. Die auf diese Weise ‚markierten‘ Textstellen erscheinen dadurch in Bezug auf ihr dynamisiertes Umfeld besonders betont.
Inwieweit bezüglich der Interferenzen von analogen und digitalen Ordnungsmustern von einer „period of ‚imitation‘“Footnote 82 gesprochen werden kann, die überwunden werden wird, bleibt abzuwarten. Dies mag für die expliziten Abgrenzungsbewegungen digitaler Literatur von analogen Paradigmen bzw. die selbstreflexiven Verweise auf den eigenen digitalen Status gelten, wie sie insbesondere bei 0x0a feststellbar sind. In Bezug auf bestimmte Phänomene wie z.B. die Dokumentation von Versionen und die Schriftgestaltung verweisen Tausend Tode und 0x0a allerdings auf die spezifische bedeutungstragende Funktion analoger Paradigmen für den literarischen Diskurs und/oder die Textsemantik. In diesem Sinne lässt sich ebenso postulieren, dass sich digitale Literatur weiterhin spezifischer analoger Signifikationsstrategien und Publikationspraktiken bedienen wird. Diese Übernahmen verändern sowohl das ‚aufnehmende‘ mediale Format als auch die Wirkung der angeeigneten Strategien und Praktiken.
8 Dynamisierung und Restabilisierung als Paradigmen digitaler Textualität
Die beiden untersuchten Beispiele genuin digitaler Literatur erweisen sich in ihren Produktions- und Distributionspraktiken und vor allem hinsichtlich der Paradigmen der Ausgestaltung literarischer Zusammenhänge von den Merkmalen der Kultur der Digitalität affiziert: Algorithmizität, neue Formen der Gemeinschaftlichkeit und insbesondere das Prinzip der ReferenzialitätFootnote 83 bestimmen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen die ‚Funktionsweise‘ und Wirkung der Korpora und beeinflussen – so wurde hier postuliert – auf diese Weise auch das Rezeptionsverhalten.
Zentrale Strukturen, welche die Konzeptionierung literarischer Textualität prägen, unterliegen in diesem Zusammenhang signifikanten Veränderungen. Dies gilt insbesondere für das (ohnehin komplizierte) Beziehungsgefüge zwischen Autorschaft, Text und Werk sowie für den Prozess zwischen Textproduktion und Lektüre. Dabei ist weniger von einem Bedeutungsverlust einzelner Parameter und Instanzen als von wechselwirkenden Verschiebungen ihrer Funktionen zu sprechen. Diese rühren maßgeblich daher, dass der einzelne Text direkt als Teil eines ideellen und materiellen Referenznetzes publiziert wird. Dieses stabilisiert die Beiträge als Texte und verleiht den Korpora durch Strategien der Formation und Präsentation Werkstatus, dem jedoch der Absolutheitsanspruch analoger Werke fehlt: Die referenzielle Einbindung folgt zwar spezifischen Kriterien, diese sind aber gerade nicht verbindlich. Die Texte können genauso oder in veränderter Form, insgesamt oder in Ausschnitten ebenso in anderen Formationen erscheinen. Gleichzeitig unterliegen die Werke durch das Hinzukommen weiterer Texte permanenten Dynamisierungen auf materieller und semantischer Ebene. Beziehungsstiftende Zuschreibungen, die sich an Autorschaft oder GenreFootnote 84 orientieren, erscheinen für die untersuchten Beispiele daher nicht nur unmöglich, sondern erweisen sich als unnötig, weil der einzelne Text unmittelbar in seinem jeweiligen Referenzfeld rezipiert werden kann. Die Gestaltung der referenziellen Strukturen sowie der sie dynamisch konstituierenden Texte rücken das Verhältnis des Einzeltextes zu seinem jeweils spezifischen Umfeld sowie vergleichende Betrachtungen der Wirkung des Textes in anderen oder sich verändernden Kompositionen in den Fokus. Die anhand der beiden Beispiele beobachtbaren Format- und Formatierungsunterschiede verweisen in diesem Zusammenhang auf die prinzipielle Notwendigkeit der Differenzierung verschiedener Ausgabeformen von digitaler Literatur jenseits verallgemeinernder Abgrenzungen des digitalen Mediums von analogen Repräsentationsformen. Jene Ausgabeformen prägen, vergleichbar mit der unterschiedlichen Formatierung analoger Literatur etwa durch die ‚Ausgabe‘ in einem Buch oder einer Zeitschrift, die grundsätzlichen Erscheinungsweisen der Texte. Sie müssen daher aufgrund ihrer formierenden Wirkungen auf die in ihnen verkörperten Texte in eine Untersuchung der jeweiligen Text-Kontext-Verhältnisse einbezogen werden.
Für einen an digitalen Paradigmen orientierten Textbegriff erweist sich auf Grundlage der untersuchten Beispiele insbesondere das für die Korpora als entscheidend herausgearbeitete Wechselverhältnis von dynamisierender Destabilisierung und formierender Restabilisierung als konstitutiv: Textualität realisiert und dokumentiert sich in der Verschränkung von Produktion, Publikation und Rezeption als bedeutungsstiftende Relation zwischen markierten Einzelelementen und einem Werk als im Vollzug beobachtbares Projekt mit vielen Akteuren sowie einer spezifisch organisierten medialen Verkörperung.Footnote 85
Notes
- 1.
Felix Stalder, Kultur der Digitalität, Frankfurt a. M. 2016, 95.
- 2.
Vgl. Hannes Bajohr, „Das Reskilling der Literatur. Einleitung zu Code und Konzept“, in: Ders. (Hg.), Code und Konzept. Literatur und das Digitale, Berlin 2016, 9.
- 3.
Christiane Frohmann (Hg.), Tausend Tode schreiben, Version 3.1., Berlin 2015.
- 4.
http://0x0a.li/de/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 5.
Zu alternativen Benennungen und deren Differenzierung vgl. Heiko Zimmermann, Autorschaft und digitale Literatur. Geschichte, Medienpraxis und Theoriebildung, Trier 2015, 9–14.
- 6.
Bajohr (Anm. 2), 9.
- 7.
So Frohmann (Anm. 3), Vorwort.
- 8.
Eine ähnliche Anlage weisen die beiden digitalen ‚Erinnerungsprojekte‘ von Jan U. Hasecke, Das Generationenprojekt (seit 1997), https://www.generationenprojekt.de und Guido Grigat, 23:40 (seit 1997), http://www.dreiundzwanzigvierzig.de (letzter Aufruf der Links 4.5.2018) auf, deren einheitsstiftende Grundlage jeweils bestimmte Zeiträume bilden, die es mit Erinnerungen zu füllen gilt. Während das Generationenprojekt auf die kollektiven Erinnerungen zu bedeutenden Ereignissen zielt, werden in 23:40 persönliche Erinnerungen beschrieben (vgl. Roberto Simanowski, Interfictions. Vom Schreiben im Netz, Frankfurt a. M. 2002, 37–43). Die beiden Projekte markieren damit die Pole ‚kollektive Erfahrung‘ und ‚radikale Subjektivität‘, zwischen denen sich Tausend Tode (Frohmann [Anm. 3]) konzeptuell bewegt.
- 9.
Natürlich lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Texte erst im Anschluss an die Setzung des Konzepts geschrieben wurden. Es könnte sich teilweise auch um bereits zuvor Produziertes handeln. Von den aktuell 425 Texten wurden aber – wie am Ende der Publikation ausgewiesen – lediglich 18 zuvor oder gleichzeitig über andere Kanäle publiziert, sodass grundsätzlich von einer starken Dependenz von Konzept und Schreiben auszugehen ist.
- 10.
Hannes Bajohr/Gregor Weichbrodt, Glaube Liebe Hoffnung (2015), http://0x0a.li/de/text/glaube-liebe-hoffnung/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 11.
Gregor Weichbrodt, Chicken Infinite (2014), http://0x0a.li/de/text/chicken-infinite/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 12.
„Eine, wenn nicht die grundlegende Methode, mit der Menschen – alleine und in Gruppen – an der kollektiven Verhandlung von Bedeutung teilnehmen, besteht in der Kultur der Digitalität darin, Bezüge herzustellen.“ Stalder (Anm. 1), 96; vgl. insgesamt zum Paradigma der Referenzialität auch ebd., 96–101 sowie Joseph Tabbi, „Locating the Literary in New Media“, in: electronic book review (23. September 2008), http://www.electronicbookreview.com/thread/criticalecologies/interpretive (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 13.
Stalder (Anm. 1), 164; vgl. zur Notwendigkeit des eigenen Auswählens und Ordnens in dieser Situation auch ebd., 116f.
- 14.
Ebd., 98f.
- 15.
Gregor Weichbrodt, Dictionary of non-notable Artists (2016), http://0x0a.li/de/text/dictionary-of-non-notable-artists/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 16.
Christine Ivanovic, „Die Vernetzung des Textes: Im Möglichkeitsraum digitaler Literaturanalyse“, in: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (2017), Kap. 4, o.S., https://doi.org/10.17175/2016_010.
- 17.
Dieser Terminus bezieht sich auf die von McGann (in Bezug auf analoge Formate) eingeführte Differenzierung signifizierender literarischer Strukturen in „linguistic“ und „bibliographical codes“, vgl. Jerome J. McGann, The Textual Condition, Princeton 1991, 77.
- 18.
Materialität verstehe ich also nicht (ausschließlich) im Sinne von physikalischer Gegenständlichkeit, sondern im Sinne von Hayles an McKenzie anknüpfende Vorstellung vom „embodied text“ (Nancy K. Hayles, My Mother was a Computer. Digital Subjects and Literary Texts, Chicago 2005, 103; vgl. dazu auch Johanna Drucker, What is? (a letter, writing, a word’s body, a document, graphic textuality ...) Nine epistemological essays, Victoria, TX, 2013, 123ff.
- 19.
Hannes Bajohr/Gregor Weichbrodt, These, http://0x0a.li/de/these/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 20.
Vgl. hierzu Hayles (Anm. 18), 90f.: „[N]avigational functionalities are not merely ways to access the work but part of a work’s signifying structure. An encyclopedia signifies differently than does a realistic novel in part because its navigational functionalites anticipate and structure different reading patterns“.
- 21.
Das Zentrum des Kollektivs bilden die beiden prominent in der These genannten Autoren Gregor Weichbrodt und Hannes Bajohr. Die Texte entstehen allerdings (wie in den jeweils vorgeschalteten Einleitungen ausgewiesen) z.T. in Kollaboration der beiden Künstler und mit anderen Künstlern. Unter den Texten befindet sich zudem (bisher) ein Text: LENZ von Dagmar Kraus (2016), http://0x0a.li/de/text/lenz/ (letzter Aufruf 4.5.2018). Deshalb gehe ich von einer grundsätzlichen Variabilität der Beteiligten aus.
- 22.
Entgegen den programmatischen Aussagen auf der Homepage des Kollektivs lässt sich ‚0x0a‘ sehr wohl aussprechen und analog darstellen, wobei die Buchstaben-Zahlen-Kombination aber – wie das Logo selbst demonstriert – eben nicht denselben Zweck erfüllt wie als maschinenlesbarer Code.
- 23.
Der Schriftzug ‚0x0a‘ wird im Abstand von zwanzig Sekunden von verschiedenen Buchstaben ‚durchlaufen‘, deren genaue Kombination mit bloßem Auge nicht auszumachen ist, bevor er wieder bei der Ausgangskombination anhält. Der Blick in den Quellcode verrät, dass hierfür ein Algorithmus jeweils zufällig zehn Buchstaben aus dem Alphabet pro Buchstabe und Ziffer auswählt.
- 24.
John Cayley, „The Code is not the Text (unless it is the Text)“, in: electronic book review (10. September 2002), http://www.electronicbookreview.com/thread/electropoetics/literal (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 25.
Vgl. ebd.
- 26.
Vgl. Hayles (Anm. 18), 100f.
- 27.
Diese Stabilisierung repräsentieren wiederum die gegenüber ihrem dynamischen Umfeld stabilen Titelstrukturen.
- 28.
Juri M. Lotman: Kunst als Sprache. Untersuchungen zum Zeichencharakter von Literatur und Kunst, Leipzig 1981, 35.
- 29.
Lotman (ebd.) definiert einen ‚kulturbezogenen Textbegriff‘ in Abgrenzung zu einem rein linguistischen: „Demzufolge wird die gesamte Masse der in einer Gemeinschaft umlaufenden sprachlichen Mitteilungen aufgefaßt als Nichttexte, vor deren Hintergrund sich eine Gruppe von Texten abhebt, die Merkmale einer zusätzlichen, im System der betreffenden Kultur signifikanten Realisierung aufweisen.“
- 30.
Vgl. zu dieser Unterscheidung u.a. Matías Martínez, „Autorschaft und Intertextualität“, in: Ders./Fotis Jannidis/Gerhard Lauer u.a. (Hg.), Die Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, Tübingen 1999, 474.
- 31.
Im Gegensatz dazu basieren kollaborative Schreibprojekte wie Fan Fictions und Mitschreibeprojekte im Netz auf einer stärkeren Interaktion zwischen den einzelnen Autoren bzw. einem narrativen Zusammenhang der einzelnen Texte (vgl. dazu den Beitrag von Thomas Ernst in diesem Band). Hierbei spielt allerdings ebenfalls teilweise die Initiation und/oder Präsentation durch eine moderierende Instanz eine Rolle (vgl. z.B. das vom Penguin-Verlag begonnene und verantwortete Projekt A Million Penguins). Dies gilt auch für Beim Bäcker (1996–2000), initiiert von Claudia Klinger, das zudem in seiner Organisation nach mit den Namen der Verfasser benannten Kapiteln, die einen losen thematischen Zusammenhang aufweisen, wie Tausend Tode (Frohmann [Anm. 3]) eher kooperativ funktioniert. Neben einer (abgestuften) Differenzierung in kooperative und kollaborative Projekte gilt es daher, produktionsästhetisch verschiedene Abstufungen der (De-)Hierarchisierung und der Sichtbarkeit von Autorschaft im Rahmen gemeinschaftlicher digitaler Literaturproduktion zu unterscheiden (vgl. die Differenzierung bei Florian Hartling, Der digitale Autor. Autorschaft im Zeitalter des Internets, Bielefeld 2009, 267; zur Autorschaft und zum Autor-Leser-Verhältnis in dem vom Penguin-Verlag initiierten Projekt A Million Penguins (2007) ausführlich Zimmermann (Anm. 5), 198–213 sowie insgesamt zu diesem Thema auch Julia Nantke, „Multiple Autorschaft als digitales Paradigma und dessen Auswirkungen auf den Werkbegriff“, in: Svetlana Efimova (Hg.), Textpraxis. Digitales Journal für Philologie 2 (2018), Sonderausgabe #3, https://doi.org/10.17879/77159516645.
- 32.
Nicht nur die algorithmische Produktionsweise, sondern auch diese Form der Offenlegung von Werkzeugen und Verfahren, mit denen bestehende Korpora be- und verarbeitet werden, sowie das Zurverfügungstellen der Gesamtkorpora weisen Parallelen zu den Arbeitstechniken der digitalen Literaturwissenschaften auf. Der Einsatz dieser Techniken erfolgt hier allerdings unter einer gänzlich anderen, nämlich künstlerischen Stoßrichtung, vgl. Annette Gilbert, „‚Möglichkeiten von Text im Digitalen‘. Ästhetische Urbarmachung von korpuslinguistischen Analysetools in der generativen Literatur der Gegenwart am Beispiel des Textkollektivs 0x0a“, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 91/203 (2017), https://doi.org/10.1007/s41245-017-0038-y. Diese zielt nicht auf Erkenntnisgewinn und Reliabilität, sondern auf die kreative Be- und Ausnutzung des Korpus. (Diese Überlegungen erfolgten im Anschluss an Gespräche im Rahmen des Symposiums u.a. mit Peer Trilcke, dem ich für Anregungen in diese Richtung sowie den Literaturhinweis danke.)
- 33.
Vgl. Hartling (Anm. 31), 10.
- 34.
Carlos Spoerhase, „Was ist ein Werk? Über philologische Werkfunktionen“, in: Scientia Poetica 11 (2007), 290.
- 35.
Bajohr (Anm. 2), 16.
- 36.
Vgl. den Hinweis hierauf bereits in Simone Winko, „Lost in Hypertext? Autorkonzepte und neue Medien“, in: Dies./Fotis Jannidis/Gerhard Lauer u.a.: Die Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, Tübingen 1999, 530, sowie in handlungstheoretischer Perspektive Hartling (Anm. 31).
- 37.
Michel Foucault, „Was ist ein Autor?“, in: Ders., Schriften zur Literatur, hg. von Daniel Defert/François Ewald, Frankfurt a. M. 2003, 244.
- 38.
Dies gilt noch verstärkt für Mitschreibe-Projekte im Netz, die einen narrativen Zusammenhang bilden, wie bspw. die beiden ‚interaktiven Netzromane‘ Magische Welt. Íja Macár (1999–2008), initiiert von Roger Nelke, http://www.drachental.de/ijamacar/im_index.htm, und Die Perlen von Caala-Elen (1999–2008), initiiert von Susann Ulshöfer, https://web.archive.org/web/20070314051902/ http://www.zauberfee.de:80/zauberbuch/caala~elen/index.htm (letzter Aufruf der Links 4.5.2018). Die Titel und die jeweilige Webseite bilden die zentralen Referenzpunkte der Texte; individuelle Autorschaften sind allerdings ebenfalls zu Beginn der einzelnen Kapitel und in der Übersicht ausgewiesen.
- 39.
Kraus (Anm. 21).
- 40.
Hannes Bajohr, Durchschnitt (2015), http://0x0a.li/de/text/durchschnitt/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 41.
Foucault (Anm. 37), 249. Dies gilt auf sprachlicher und stilistischer Ebene. Zu den komplexen Implikationen vervielfältigter Autorschaft für urheberrechtliche Fragen vgl. den Beitrag von Thomas Ernst in diesem Band und insbesondere zu den damit verbundenen Verantwortlichkeiten auch Gilbert (Anm. 32).
- 42.
U.a. Roland Reuß, „Text, Entwurf, Werk“, in: Text. Kritische Beiträge 10 (2005), 7, und Spoerhase (Anm. 34), 289, sehen gerade in der Stabilität des Geschriebenen das entscheidende Kriterium für dessen Textstatus (im Gegensatz zum Entwurf), der nach Spoerhases tendenziell produktionsästhetischem Verständnis wiederum die Voraussetzung für dessen „Werkwerdung“ bildet (vgl. ebd.). Reuß’ eher rezeptionsästhetischem Werkverständnis folgend, können hingegen in Abhängigkeit von literaturgeschichtlichen Zuschreibungen auch „Entwürfe [...] in einen Werkzusammenhang transzendieren“ (ebd., 10).
- 43.
Bruno Latour, „Drawing Things Together“, in: Michael Lynch/Steve Woolgar (Hg.), Representation in Scientific Practice, Cambridge, MA, 1990, 26. Zur Abhängigkeit dieser Stabilität von sozialen und kulturellen Konstruktionen vgl. Lisa Gitelman, Paper Knowledge. Toward a Media History of Documents, Durham/London 2014, 113.
- 44.
Neben den durch die verschiedenen ‚Stimmen‘ verursachten permanenten Duktus-Wechseln zeichnen sich beide Beispiele durch eine Mischung deutscher und englischer Texte aus. Bei 0x0a besteht zudem für die Paratexte der Webseite und z.B. auch für die These die Möglichkeit, zwischen Deutsch und Englisch zu wählen.
- 45.
Spoerhase nennt als einschlägige Kriterien für den Werkstatus eines Textes den Titel, den Veröffentlichungsakt, die Autorabsicht sowie den Geschlossenheits- bzw. Vollendungsgrad: Ders. (Anm. 34), 288.
- 46.
Letztlich erweist sich auch die vermeintliche Stabilität analoger Texte als kulturelle Konstruktion, die maßgeblich durch das Medium Buch und die Vorstellung einer (auch retrospektiv erfassbaren) Autorintentionalität forciert wird. Davon zeugen viele Digitale Editionen, welche die Stabilisierung nachträglich durch die parallele Präsentation verschiedener Fassungen redynamisieren. Grundlegende Unterschiede zu den hier diskutierten digitalen Texten bestehen aber dennoch in Bezug auf das Verhältnis von Produktion und Rezeption und die transportierten Vorstellungen von Autorschaft.
- 47.
Vgl. exemplarisch zur Trennung von Text als materiellem Träger, der einen Urheber hat, und Werk als Rahmen, der einem „konzeptuellen Schöpfer“ zugerechnet wird: Martínez (Anm. 30), 474f.
- 48.
Spoerhase (Anm. 34), 307.
- 49.
Ähnlich beschreibt Simanowski das „Zugleich der beiden Betrachtungsebenen Konzept und Inhalt“ als „Wesensmerkmal vieler kollaborativer Schreibprojekte“: Der. (Anm. 8), 45.
- 50.
Neben der freien Verfügbarkeit und der gesteigerten Frequenz der De- und Rekontextualisierung von Texten im Netz sind auch „die allgemeine Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der entsprechenden Tools [zu deren Bearbeitung; J. N.] und ihr Siegeszug in allen Bereichen des täglichen Lebens“ spezifisch für die Kultur der Digitalität und Differenzmerkmale zu „der ersten Welle generativer Literatur der 1960er Jahre“, siehe Gilbert (Anm. 32).
- 51.
Die Texte können also tatsächlich mehrere Werke „durchqueren“, vgl. Roland Barthes, „Vom Werk zum Text“ (1971), in: Stephan Kammer/Roger Lüdeke (Hg.), Texte zur Theorie des Textes, Stuttgart 2005, 42; die Werke sind dabei aber selbst dynamische Einheiten und nicht im Sinne von Barthes’ „bruchstückhafter Substanz“ (ebd.) als stabile materielle Schwundstufe der Texte zu begreifen.
- 52.
Spoerhase (Anm. 34), 287.
- 53.
Stalder (Anm. 1), 128.
- 54.
Reuß (Anm. 42), 10. Inwieweit diese Strategien allerdings als spezifisch digitale Markierungen von Literarizität im Diskurs funktionieren, d.h. tatsächlich zu einer rezipientenseitigen Akzeptanz der neuen ‚Rahmenbedingungen‘ beitragen, ist aktuell angesichts des Fehlens verbindlicher literarischer Strukturen im digitalen Raum schwer zu beurteilen.
- 55.
Roland Barthes, S/Z, Frankfurt a. M. 1976, 9. Dies gilt allerdings in etwas anderer Form als von Barthes (für die Dynamik analoger Literatur) veranschlagt. Für Barthes ist der „plurale Text“, dessen höchste/vollständigste Stufe der schreibbare Text darstellt, „immergleich und neu“ zugleich (ebd., 21), während die digitalen Korpora tatsächlichen Veränderungen unterliegen, die sich auf die pluralen Lektüre- und Deutungsmöglichkeiten des Rezipienten auswirken.
- 56.
Ebd., 20; vgl. dazu auch Barthes (Anm. 51), 48.
- 57.
Vgl. zu diesem Verständnis von Barthes’ Konzept des schreibbaren Textes in Abgrenzung zu George P. Landow, Hypertext 3.0. Critical Theory and New Media in an Era of Globalization, Baltimore 2006, auch Terry Harpold, Ex-foliations. Reading Machines and the Upgrade Path, Minneapolis 2009, 150f. und 172. Roberto Simanowski spricht in Bezug auf die von ihm diskutierten Beispiele digitaler Literatur in ähnlichem Sinne von einer „Verdopplung der Rezeptionshaltung“, siehe: Ders., „Autorschaft und digitale Medien. Eine unvollständige Phänomenologie“, in: Lucas Marco Gisi, Urs Meyer u.a. (Hg.), Medien der Autorschaft. Formen literarischer (Selbst-)Inszenierung von Brief und Tagebuch bis Interview und Fotografie, München 2013, 254.
- 58.
Stefan Schmitt, „Mehr Aber als Ja“, in: DIE ZEIT 44 (29. Oktober 2015).
- 59.
U.a. das Projekt dadaOverload (2016) des Künstlerkollektivs ANd-OR (http://www.and-or.ch/dadaoverload/, letzter Aufruf 4.5.2018), welches ebenfalls algorithmusbasiert funktioniert und mit der Verwendung von Twitter-Posts den ‚Output‘ digitaler Kommunikation mit literarischen Avantgarde-Texten konfrontiert, verweist im Vergleich mit den Texten von 0x0a darauf, dass hier wiederum zwischen verschiedenen Graden der Lesbarkeit differenziert werden muss, die nicht mit Unlesbarkeit gleichzusetzen sind, sondern vielmehr spezifische (Grenz-)Formen der Leseerfahrung bewirken (vgl. in diesem Zusammenhang auch Loss Pequeño Glazier, White faced bromeliads on 20 hectares (1999), http://collection.eliterature.org/1/works/glazier__white-faced_bromeliads_on_20_hectares.html (letzter Aufruf 4.5.2018). Im Gegenzug sind die Dynamik des Textes und der Aktivitätsgrad des Rezipienten in Bezug auf dadaOverload gesteigert, indem dieser am ‚Spiel‘ der De- und Rekomposition teilnehmen und selbst Textschnipsel zu dem sich permanent verändernden textuellen Gebilde beisteuern kann.
- 60.
http://0x0a.li/de/text/durchschnitt/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 61.
Auch dieses Verfahren stellt eine kreative ‚Umnutzung‘ quantitativer Analysemethoden der Digitalen Literaturwissenschaft dar und der Titel Durchschnitt kann in diesem Sinne auch als Hinweis auf die statistische Fokussierung auf Durchschnittswerte zur Bestimmung grundlegender Texteigenschaften großer Korpora verstanden werden. Gilbert verweist darauf, dass sich unter dieser Perspektive Durchschnitt „auch als Versuch lesen [lässt], auf das von Reich-Ranicki selbst benannte Problem der unzureichenden Kenntnis und Lektüre des Kanons eine überraschende, gleichermaßen verstörend aporetische wie überzeugend zeitgemäße Antwort zu finden und den Kanonverfechtern mit dem Instrumentarium der quantitativen Literaturwissenschaft zur Seite zu stehen, das in den letzten Jahren unter dem Schlagwort des Distant Reading zu neuer Blüte gelangt ist“, siehe: Gilbert (Anm. 32).
- 62.
Die hier vorgenommene genauere Ausdifferenzierung der Wirkung von Durchschnitt geht auf eine Diskussion mit Fotis Jannidis und Simone Winko während des Symposiums zurück, denen ich für ihre Anregungen danke. Vgl. detaillierter zu „aufschlussreiche[n] Beobachtungen“ bezüglich der Stimmenvielfalt in Durchschnitt auch Annette Gilbert (Anm. 32).
- 63.
Barthes (Anm. 55), 8.
- 64.
„Reading in the docuverse thus involves a greater amount of what Giffard calls ‚pre-reading‘. Finding and selecting – the navigation process through the entirety of connected nodes and documents – are intrinsically and continuously part of the actual act of reading.“ Siehe: Adriaan van der Weel, „Feeding our reading machines: From the typographic page to the docuverse“, in: Digital Studies/Le champ numérique 6 (2017), https://www.digitalstudies.org/articles/10.16995/dscn.15/ (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 65.
Auch Cayley beschreibt den digitalen Text als „complex, temporal object“, bezieht sich hierbei allerdings maßgeblich auf die grundsätzliche Zeitabhängigkeit digitaler Schrift als lesbares Oberflächenphänomen, siehe John Cayley, „Writing on Complex Surfaces“, in: Dichtung Digital 7/2 (2005), http://dichtung-digital.org/2005/2/Cayley/index.htm (letzter Aufruf 4.5.2018); vgl. ähnlich in Bezug auf das literarische Werk auch Jörgen Schäfer, „Reassembling the Literary. Toward a Theoretical Framework for Literary Communication in Computer-Based Media“, in: Ders./Peter Gendolla (Hg.), Beyond the Screen: Transformations of Literary Structures, Interfaces and Genres, Bielefeld 2010. Diese Zeitabhängigkeit bildet die Grundlage der beschriebenen Dynamiken, die hier im Fokus der Betrachtungen stehen.
- 66.
Stalder (Anm. 1), 147.
- 67.
In noch extremerem Maße wird diese ‚Archivierungsfunktion‘ des Rezipienten bei Texten relevant, deren Veränderungen – wie bei 0x0a durch das dynamisierte Logo angedeutet – eine deutlich höhere Frequenz aufweisen, als dies in den beiden hier diskutierten Beispielen der Fall ist. Dies gilt bspw. für algorithmisch dynamisierte Werke wie Loss Pequeño Glaziers White faced bromeliads on 20 hectares (Anm. 59) und für kollaborative Projekte, in denen sich keine klaren Beitragselemente mehr abgrenzen lassen, wie jenes von Davis Douglas initiierte The World’s First Collaborative Sentence (seit 1994), http://artport.whitney.org/collection/DouglasDavis/live/Sentence/sentence1.html (letzter Aufruf 4.5.2018). Analysierbarkeit wird hier jeweils nur noch durch Speicherung von Versionen ermöglicht (vgl. hierzu auch die auf der Eingangsseite des Sentence beschriebenen Strategien des Whitney Museums zur „preservation of the work“). Die signifikant unterschiedlichen Formen und Akteure der Textveränderungen verweisen gleichzeitig auf die Notwendigkeit zur weiteren Differenzierung der Relation von Text- und Leseraktivität. Dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis der hier verhandelten Phänomene zu den v.a. in den 1990er Jahren theoretisch vielfältig reflektierten Strukturen literarischer Hypertexte (vgl. hierzu exemplarisch Winko (Anm. 36) sowie die Beiträge in George P. Landow (Hg.), Hyper / Text / Theory, Baltimore/London 1994).
- 68.
Diese Überlegungen zur Nutzung quantitativer Methoden für die Analyse umfangreicher digitaler literarischer Werke basieren auf Gesprächen im Rahmen des Symposiums.
- 69.
Veränderungen der Korpora jenseits der Erweiterung durch neue Texte, also etwa durch Änderungen an den Einzeltexten oder durch Wegfallen selbiger, wären nur durch rezipientenseitige ‚Speicherung‘ oder, für 0x0a, durch Recherche mittels Wayback Machine feststellbar.
- 70.
Vgl. hierzu Harpold (Anm. 57), 4ff. Dies erscheint für 0x0a relevanter als für das genormte Layout von Tausend Tode (Frohmann [Anm. 3]). Alle Layout-Ressourcen von 0x0a lassen sich auf der Webseite einsehen, Veränderungen auf Ebene der linguistischen Codes können z.B. in der Rubrik „Aktuelles“ über die Wayback Machine nachvollzogen werden.
- 71.
Der Frohmann-Verlag und 0x0a explizieren diese wechselseitige Beziehung, indem Teile der jeweiligen Netze in Form von Rezensionen und Kommentaren auf der Webseite des Verlags, auf der Tausend Tode (Frohmann [Anm. 3]) angeboten wird, bzw. auf den zu den Einzeltexten gehörigen Unterwebseiten von 0x0a verlinkt sind.
- 72.
Vgl. Drucker, What is?, 58.
- 73.
In diesem Sinne verweist auch Kirschenbaum darauf, dass „[i]n the digital realm there is a real sense [...] in which archive can only ever be a verb, marking the latent potential for reconstruction and reconstitution“, siehe Matthew Kirschenbaum, „The .txtual Condition. Digital Humanities, Born-Digital Archives, and the Future Literary“, in: Digital Humanities Quarterly 7/1 [2013], Abschn. 12, http://www.digitalhumanities.org/dhq/vol/7/1/000151/000151.html (letzter Aufruf 4.5.2018). Vgl. zu dieser dokumentierenden Funktion des Rezipienten auch Kirschenbaums Beschreibung der ‚Überlieferungsgeschichte‘ von William Gibsons und Dennis Ashbaughs Agrippa (A Book of the Dead) (1992), http://agrippa.english.ucsb.edu (letzter Aufruf 4.5.2018), „which was intended to disappear from sight, [but] yet is one of the most stable an accessible electronic objects I know“ (Matthew Kirschenbaum, Mechanisms. New Media and the Forensic Imagination, Cambridge, MA, 2008, XII).
- 74.
Reuß (Anm. 42), 10.
- 75.
So ebd. – allerdings in Bezug auf die der Publikation nachfolgende Wirkungsgeschichte.
- 76.
So Hayles (Anm. 18), 31, hinsichtlich des von ihr unter dem Terminus der ‚intermediation‘ verhandelten Phänomens der „dialectic between analog and digital representations“ (ebd., 6).
- 77.
Zusätzlich wird meist eine Kaufoption angeboten, die entweder auf Print-on-Demand-Seiten oder auf Amazon verlinkt ist. Die einzigen Texte, welche unmittelbar auf der Webseite erscheinen, sind Hannes Bajohrs Wendekorpus (2014), http://0x0a.li/de/text/wendekorpus/, und dessen Identitätsdrama (2014), http://0x0a.li/de/text/identitaetsdrama/ (letzter Aufruf der Links 4.5.2018).
- 78.
Vgl. Gitelman (Anm. 43), 118f. und 131.
- 79.
Zum PDF als „archival standard“ vgl. ebd., 116.
- 80.
Von einer derartigen Reverenz zeugen auch die Publikationen der Electronic Literature Organization, welche zwar im Open Access erscheinen, allerdings mit dem expliziten Hinweis, dass weder kommerzielle Nutzung noch Modifikation erlaubt sind; vgl. http://collection.eliterature.org/1/aux/about.html (letzter Aufruf 4.5.2018).
- 81.
Differenzierungen entlang einer Grenze von Amateurstatus und Profession erscheinen in diesem Zusammenhang aktuell zwar naheliegend, erweisen sich aber als problematisch, da sich die Distributionspraktiken von digitaler Literatur in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, dessen weitere Ausgestaltung noch nicht absehbar ist.
- 82.
So van der Weel maßgeblich in Bezug auf „the typographical habit“, siehe ders. (Anm. 64).
- 83.
Diese drei „Formen der Digitalität“ sind für Stalder kennzeichnend für die „neue, spezifische kulturelle Umwelt, die vor unseren Augen deutliche Gestalt annimmt und mehr und mehr andere kulturelle Konstellationen überlagert beziehungsweise an den Rand drängt“, siehe Stalder (Anm. 1), 95.
- 84.
Dies gilt hier für die Zuschreibung der Einzeltexte zu einem etablierten literarischen Genre, wohingegen die systematische Ausdifferenzierung von ‚Gattungen‘ der digitalen Literatur trotz einiger Ansätze bislang ein Desiderat darstellt. Die vergleichende Betrachtung zweier auf verschiedenen Ebenen divergierender, dabei aber gleichzeitig übereinstimmender Funktions- und Wirkweisen zeitigender Beispiele sowie die punktuell vorgenommenen Vergleiche mit anderen Formen digitaler Literatur verweisen allerdings bereits darauf, dass eine Differenzierung digitaler literarischer Genres anhand ihrer Strukturen wahrscheinlich nicht für gesamte Texte funktioniert. Nicht zuletzt die Vervielfältigung von Schreibpraktiken und Schriftebenen lassen Differenzierungen für verschiedene Parameter gewinnbringender erscheinen, die auf unterschiedlichen Ebenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen digitalen literarischen Texten systematisierbar machen.
- 85.
Ich danke Thomas Ernst für seinen Kommentar sowie Maria Hinzmann und Sophia Krebs für ihre kritische Lektüre und hilfreichen Hinweise zu diesem Beitrag.
Literatur
Sämtliche digitalen Referenzen wurden letztmalig am 4.5.2018 eingesehen.
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Nantke, J. (2022). Tausend Tode, tausend Autoren, tausend Texte? Zur Textualität digitaler Literatur. In: Jannidis, F. (eds) Digitale Literaturwissenschaft. Germanistische Symposien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05886-7_7
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