Als übergeordnete Zielsetzung entwirft die Studie eine theoretisch-analytische Perspektive, um ein differenziertes Bild der Handlungs- und Entscheidungspraxis verschiedener Organisationen hinter den drei Buchstaben „NGO“ aufzuzeichnen. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei auf der politischen Interessenvermittlung im Kontext der Veränderungstrends durch moderne Governance-Strukturen. Ausgangspunkt ist die doppelte Leerstelle im Wissensstand, einerseits zum umfänglichen Gebrauch des Labels „NGO“ als vermeintlicher Sammelbegriff in Politik und Medien, und andererseits im politikwissenschaftlichen Forschungsstand, der das Thema aus verschiedenen disziplinären Richtungen streift.

Politikwissenschaftlich stellt sich die grundsätzliche Frage, ob NGOs anders als andere Interessengruppen agieren bzw. ob sie anders verstanden werden müssen. Denn im Unterschied zu Verbänden verfügen sie im Regelfall nicht über etablierte Mitgliedschaftsstrukturen, können dadurch allerdings flexibler und agiler reagieren. Diese Frage schließt an die bekannten Veränderungstrends der Interessenlandschaft im Kontext von strukturellen Herausforderungen durch Pluralisierung, Professionalisierung und Mediatisierung der Interessenvermittlung an (u. a. Winter 2004; Lösche 2007; Willems und Winter 2007; Speth und Zimmer 2015; Donges und Jarren 2017; Reutter 2018; Tallberg et al. 2018, Donges 2020). Neben Verbänden und NGOs bringen sich im politischen Prozess vermehrt Unternehmen, Beratungsfirmen, Stiftungen und Think Tanks ein. Das Beispiel „NGO“ zeigt, dass die Professionalisierung in den Bereichen der Handlungsweisen, der internen Struktur und Willensbildung, der Finanzierungsquellen und der demokratischen Legitimation verstärkt als begründungspflichtig wahrgenommen wird.

Die sozialwissenschaftliche Forschung zu NGO-Themen wird durch eine Perspektivenpluralität charakterisiert (ausführlich zum Forschungsstand, siehe Schiffers/Körner 2019). Ein Forschungsinteresse besteht von Seiten der Interessengruppen- und Verbändeforschung, der Internationalen Beziehungen, der Protest- und Bürgerschaftlichen-Engagement-Forschung sowie im Überschneidungsbereich der Governance-, Policy- und Regierungsforschung (u. a. Lowery 2014; Simsa und Zimmer 2014; da Conceição-Heldt et al. 2014; Klüver et al. 2015; Strünck und Sack 2017; Eising et al. 2017; Grønbjerg und Prakash 2017; Speth 2018). Der Begriff NGO steht hierbei für eine Reihe von verschiedenen Arten von Interessenorganisationen. Daher existiert auch nicht der eine Forschungsstand zu NGOs. Der Gegenstand liegt vielmehr in Abhängigkeit des Perspektivenschwerpunkts im Grenzbereich zahlreicher Forschungs- und Wissensstände, in denen das NGO-Thema einen Nebenschauplatz ausmacht.

Das Erkenntnisinteresse der Studie (siehe Abbildung 1.1) zielt darauf ab, auf theoriegeleitetem und empiriebasiertem Wege Erkenntnisse zu gewinnen und weiterführende forschungsleitende Hypothesen zu generieren, um die Leerstelle im Forschungsstand systematisch zu adressieren. Der wissenschaftliche Ausgangspunkt ist die Asymmetrie der Interessenlandschaft zwischen business interests und public interests. Dieser vielfach thematisierte Befund beschreibt eine wirtschaftsdominierte Mehrheit gegenüber einem zivilgesellschaftlichen Gegengewicht in der Minderheit (Wonka/Baumgartner et al. 2010, Winter 2007). An diese Asymmetrie schließt das analytische Spannungsfeld der politischen Interessenvermittlung an, bestehend aus Einfluss- und Mitgliedschaftslogik sowie einer Akzentuierung auf gemeinschaftliche bzw. advokatorische Interessenvertretung von public interests. In diesem Spannungsfeld lassen sich verschiedene Handlungslogiken der Interessenakteure zuschreiben (u. a. Schmitter/Streeck [1981] 1999, Pritoni/Wagemann 2015, Sack 2017a).

Für das Forschungspuzzle der Studie wird hierzu das theoretische Konzept der politischen Rationalität herangezogen, um das Akteurshandeln als Kombination verschiedener Handlungslogiken zu analysieren (Korte/Fröhlich 2009, Florack/Grunden/Korte 2011). Durch die Verknüpfung der zwei Stränge der Verbände- und Interessengruppenforschung sowie der Governance- bzw. Regierungsforschung ergibt sich ein klarer umrissenes Forschungsfeld, in dem die strategischen Handlungsoptionen und fluiden Gelegenheitsstrukturen der Akteure der Interessengruppenlandschaft im Fokus einer Untersuchung stehen können (Florack/Schiffers 2018: 2). Anhand der eingangs formulierten Forschungsfrage nach dem Handeln verschiedener NGOs in Prozessen der Interessenvermittlung, verfolgt die Studie eine zweigliedrige Forschungsstrategie: (1) entlang der theoretischen Perspektive eines Dreiecks der Handlungsrationalität im Kontext moderner Governance-Strukturen (Schiffers 2019b, Schiffers/Körner 2019) und (2) entlang der empirischen Beobachtungen in den Ausprägungen der Untersuchungskategorien (ausführlich in Kapitel 3). Dieses Grundgerüst soll zum tiefergehenden Verständnis der Frage beitragen, in welchem Umfang NGOs auf Grundlage einer spezifischen politischen Rationalität handeln. Das Kapitel widmet sich der doppelten Leerstelle im Wissensstand, indem es zunächst die thematische Relevanz der wissenschaftlichen Forschungslücke (Abschnitt 2.1) und die Probleme der ungenauen Begrifflichkeit (2.2) aufzeigt. Dem folgt ein Überblick über den Forschungsstand zu NGOs in der Interessenvermittlung (2.3).

2.1 Relevanz der Fragestellung

NGOs nehmen als politische Akteure eine besondere Rolle im System der organisierten Interessen bzw. der Zivilgesellschaft ein. Seit den 1990er Jahren und einer breiten Welle an Neugründungen haben sie in der öffentlichen Wahrnehmung von Medien, Politik und Gesellschaft einen bedeutenden Status erreicht. Sie nehmen einen selbstverständlichen, festen Platz in der Landschaft der politischen Interessenvermittlung ein („NGOs obtained taken-for-grantedness“, Marberg/Kranenburg/Korzilius 2016: 2.737). Ihnen wird im Vergleich zu anderen politischen Akteuren ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Vertrauen zugeschrieben. In verschiedenen international vergleichenden Stimmungsanalysen zeigte sich ein Vertrauensboom Anfang der 2000er Jahre, der sich im Lauf der Zeit auf einem hohen Niveau einpendelte. Die Vertrauenswerte von NGOs liegen in vergleichbarer Höhe zu Unternehmen – und beide über den Vertrauenswerten zu Medien und Regierung. Zudem können sich junge Menschen deutlich eher ein Engagement in einer NGO als eine Mitgliedschaft in einer Partei vorstellen (u. a. Edelman Trust Barometer 2015, 2017, 2019, SINUS et al. 2017).

Gerade in der politischen und medialen Wahrnehmung verschwimmt die Einschätzung des vermeintlich homogenen Akteurstypus, je nachdem, ob NGOs als zivilgesellschaftliches Gegengewicht zu mächtigen Wirtschaftsinteressen oder als vermeintlich ‚neuer Goliath‘ (vgl. Frantz/Martens 2006: 127) der „Klageindustrie“ oder der „Empörungsindustrie“ (Zeit online 26. Mai 2016) gesehen werden. Die Befürchtung vor einem ‚neuen Goliath‘ artikuliert, dass in der idealtypischen Gegenüberstellung zwischen starken business interests und tendenziell schwachen public interests eine neue Schieflage zulasten von wirtschaftlichen Interessen entsteht. Auch in der normativen Zuschreibung überwiegt eine scheinbar klare Trennung zwischen „‚Guten‘ [und schlechten] Lobbyisten“ (Deutschlandfunk 2017), bzw. die Perzeption von „Gute[r] Lobby, böse[r] Lobby“ (Bayerischer Rundfunk 2017). Stellvertretend soll hier auf einen vieldiskutierten Zeitungsartikel „Steuergelder für die Ungewählten“ (Welt am Sonntag vom 12.Mai 2019, vgl. Meedia.de 15.05.2019) verwiesen werden, der der Finanzierung verschiedener Organisationen aus Mitteln der Bundesministerien nachgeht. Unter dem Label NGO werden allerdings neben den eng definierten NGOs auch ein Umweltverband, ein Wohlfahrtsverband, ein Verbraucherschutzverband, ein Wirtschaftsverband, eine Stiftung sowie ein Forschungsinstitut der Leibniz-Gemeinschaft subsumiert. Dies verdeutlicht die mangelnde Differenzierung und die große Spannweite des Begriffs in der medialen Verwendung.

Die Diskussion um die Frage der übermäßigen Macht oder Ohnmacht von NGOs zeigt sich an der intensiv geführten Diskussion um die eingangs erwähnten Fälle des Attac-Urteils (Droege 2019: 358, siehe Kapitel 4) und der Gemeinnützigkeitsprüfung der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Das Attac-Urteil wurde in Folge zum Politikum der Regierungskoalition. Als Reaktion auf das Urteil strebte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Herbst 2020 eine gesetzliche Reform des Gemeinnützigkeitsrechts an, konnte sich jedoch nicht gegen den Koalitionspartner (CDU/CSU) durchsetzen. Eine weitere Initiative über den Weg einer Änderung des Anwendungserlasses für die Finanzverwaltungen der Länder scheiterte Mitte 2021 an den Bundesländern Hessen, Bayern und Niedersachsen (Süddeutsche.de 2021). Auf der einen Seite der öffentlichen Diskussion gelten die Beispiele als staatliche Reaktion auf den gesteigerten Machtzuwachs gesellschaftlicher Akteure. Eine andere Seite sieht darin einen illegitimen Eingriff gegen unliebsame und kritische Stellen der Zivilgesellschaft. Die Fälle schließen an die international geführte Debatte über shrinking spaces der Zivilgesellschaft an (u. a. Alscher et al. 2017, Krimmer 2018, Strachwitz 2019, Bouchet/Wachsmann 2019, Strachwitz et al. 2020: 273), die auch bei Restriktionen in westeuropäischen Ländern zur Vorsicht mahnt.

Die politische Diskussion zur Rolle von NGOs wird auch in der politikwissenschaftlichen Forschung u. a. in der Governance-, Interessengruppen- und Regierungsforschung aufgenommen (u. a. werden NGOs als „mächtige Zwerge [und] umstrittene Riesen“ charakterisiert; siehe Brunnengräber/Klein/Walk 2005, vgl. Grande 2012, 2018, Töller 2012; Korte/Grunden 2013, Reuter 2018, Zimmer 2018). Die Debatte ist dort aber weniger emotional aufgeheizt und thematisiert die strukturellen Hintergründe und die gewachsenen Pfadabhängigkeiten. In dieser Diskrepanz zwischen politischer und wissenschaftlicher Debatte liegt die politische Relevanz des Themas der NGOs in der politischen Interessenvermittlung. Der zentrale politikwissenschaftliche Bezugspunkt ist die Asymmetrie der Interessenlandschaft (Wonka/Baumgartner et al. 2010, Winter 2007, vgl. Willems/Winter 2000, Clement et al. 2010). Da es ohne Lobbyregister in Deutschland keine verlässlichen Zahlen über die exakte Verteilung der Interessenvertreter gibt, müssen allerdings zumeist die Zahlen aus dem Europäischen Transparenzregister herangezogen werden, in dem auch zahlreiche deutsche Organisationen eingetragen sind. Als empirische Annäherung gilt das grundlegende Größenverhältnis zwischen public interests und business interests als prinzipiell vergleichbar und übertragbar. Wirtschaftsinteressen aus Industrie-, Handels-, Berufsverbänden und Unternehmen stellen darin über zwei Drittel der Interessenorganisationen. Die öffentlichen Interessen werden von knapp einem Viertel der Akteure vertreten, wenn zusätzlich zu den mitgliedschaftsbasierten Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden und NGOs noch Gewerkschaften, Stiftungen sowie Jugend- und Bildungsorganisationen zugezählt werden. Charakterisiert wird diese Asymmetrie als „story of business dominance“. Das zivilgesellschaftliche Gegengewicht der public interests bleibt in der Minderheit („counterbalance […] remained in the minority“; Wonka/Baumgartner et al. 2010: 8). Mit verschiedenen Strategien zur Datenerhebung kommen die einschlägigen Studien zum Teil auf noch ausgeprägtere Unterschiede mit bis zu 76 Prozent zu 14 Prozent (Wonka et al. 2010; Berkhout et al. 2018; Hanegraaff und Berkhout 2019, im Vergleich 68 Prozent zu 24 Prozent bei Wonka/Baumgartner et al. 2010).

Aus der aufgezeigten Verteilung resultiert eine Schieflage zwischen den ressourcenstarken business interests und den eher ressourcenschwachen public interest Verbänden und NGOs. In Deutschland überwiegen noch immer die klassischen Mitgliedschaftsverbände mit einer Größenordnung von ca. 80 Prozent der Beschäftigten im Bereich der organisierten Interessen (Speth 2014: 12). Die Kritik an der gewichteten Rolle von NGOs muss daher vor der Vergleichsfolie der strukturellen Schieflagen gesehen werden. Dennoch zeigt sich auch hier, dass eine differenzierende Perspektive notwendig ist.

2.2 Probleme der ungenauen Begriffsbestimmung

Die scheinbar eindeutige Vorstellung von NGOs als homogenem Akteurstypus verschleiert die Vielfalt, die sich im Feld der organisierten Interessen zeigt. Hierzu zählen u. a. Mitgliedschaftsverbände, Stiftungen, Think Tanks und Bürgerinitiativen. Daher ringt die Sozialwissenschaft um eine trennscharfe Abgrenzung verschiedener Arten von Interessenorganisationen. Im Bereich der Interessengruppen-, Verbände- und NGO-Forschung herrscht ein ausuferndes Durcheinander an verwendeten Begriffen (beispielhaft zum Verbandsbegriff in Oehmer 2012 und Lösche 2007). Es ist aufgrund der Vielschichtigkeit der Begriffe und der unterschiedlichen Forschungsperspektiven kaum möglich, generalisierbare und trennscharfe Begriffe zu fordern. Allerdings ist es hilfreich, eine systematische Annäherung an den Begriffskern vorzunehmen, um Verwirrungen und Falschwahrnehmungen zu verringern.

In der politikwissenschaftlichen Debatte hat sich in der vergangenen Dekade der Begriff der Interessengruppen als übergeordnetes und weitgefasstes Begriffskonzept etabliert (siehe Zimmer 2021, Schiffers 2021). Als Oberbegriff für alle Akteure der Interessenvermittlung wird er verwendet, da er sowohl die Abgrenzung zu apolitischen Vereinigungen als auch zu Parteien und zu politischen Institutionen deutlich macht. Der zusätzliche Vorteil ist, dass er einen Schirm spannt, unter dem eine sehr heterogene Gruppe an Organisationen aufgenommen werden kann. Interessengruppe ist die direkte deutsche Entsprechung des international geläufigen Begriffs von „interest groups“ und kann über drei funktionelle Aspekte „organisation, political interest, informality“ definiert werden (Beyers/Eising/Maloney 2008: 1.106). Die Hürden dieser Definition schließen Akteure aus, die (1) unterhalb eines gewissen Organisationsgrades liegen (z. B. Bewegungen), (2) deren Tätigkeiten nicht im weitgefassten Sinne im politischen oder advokatorischen Bereich liegen, oder die (3) formal politische Ämter anstreben. Der Begriff des Verbandes ist für die vorliegende Fragestellung nicht trennscharf genug und wird daher konsequent ausgeschlossen. Interessengruppen können inhaltlich unterteilt werden in business interest (Vertretung von materiellen Interessen aus den tendenziell gut organisierbaren Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen) und public interest groups (Vertretung von gesellschaftlichen bzw. nicht-materiellen Interessen, die tendenziell schwerer zu organisieren sind).

Auch für den Begriff NGO gibt es keine einheitliche Definition (vgl. Zimmer 2018, Frantz/Martens 2006). Als begrifflicher Konsens hat sich allerdings eine Auflistung bestimmter Eigenschaften etabliert. Darunter fallen fünf Faktoren, nach denen NGOs (a) formal organisiert, (b) unabhängig vom Staat sind, (c) auf Freiwilligkeit beruhen, (d) getragen sind von freiwilligen Leistungen (Mitgliedsbeiträge/Spenden) sowie (e) dem nonprofitconstraint unterliegen (Salamon/Anheier 1992, Zimmer 2018). Diese aufzählende Herangehensweise ist notwendig, nicht zuletzt aufgrund der zentralen Abgrenzungen durch „Nicht-“ im Namen der Nichtregierungsorganisationen. Der begriffliche Konsens im Forschungsstand weist auf gemeinsame Kernkriterien, die durch zusätzliche Schwerpunktlegung akzentuiert werden (anschaulich in Schwenger 2013, S. 32–37; Otten 2017, S. 32–34; Fitzpatrick 2018, S. 39 ff.). Auf begrifflich-konzeptioneller Ebene entscheidet sich erst im konkreten Fall, ob das NGO-Label für mitgliedschaftsbasierte Umweltverbände, wirtschafts- und industrienahe Kampagnenorganisationen oder bewegungsorientierte Gruppierungen wie Fridays for Future genutzt wird (siehe Haunss/Sommer 2020). Gleiches trifft somit für Organisationen der „rechten [… und] rechtsradikalen Zivilgesellschaft“ wie Pegida zu (u. a. Borstel et al. 2008; Leggewie 2016; Rucht 2017, Schroeder et al. 2020, Strachwitz et al. 2020: 314).

Für die vorliegende Fragestellung wird die Definition von NGOs anhand ihrer Funktionsweise – analog zu verhaltensbezogenen Definitionsarten und in Abgrenzung zu organisationsbezogenen oder selbstzugeschriebenen Definitionen (Baroni/Carroll et al. 2014) – in fünf Dimensionen erfasst. Die drei funktionalen Definitionskriterien der public interest Interessengruppen nach Beyers, Eising und Maloney werden um zwei Kriterien der NGO-Eigenschaften erweitert. Dabei handelt es sich zunächst um die (4) Unterscheidungsdimension zwischen nicht-materiellen, public interests bzw. materiellen, business interests. Hinzu kommt die zweite Ergänzung, (5) die die Unterscheidungsdimension zwischen losem Unterstützungskreis und der klassischen festen Mitgliedschaft eröffnet. Statt einer dichotomen Trennung (nicht-materiell ODER kommerziell, lose Unterstützung ODER Mitgliedschaft) eröffnet sich damit ein organisationales Kontinuum, auf der sich die NGOs im Sinne einer Tendenzausprägung verorten lassen. Mit dieser erweiterten Definition ist es möglich, spezifische Organisationstypen zu erfassen, die sonst außerhalb der oder quer zu den binär angelegten Systematiken liegen. Diese Differenzierung eines eng gefassten NGO-Verständnisses als Subtypus und eines breiter verstandenen public interests Begriffes ermöglicht es, die Rolle von NGOs als besondere Akteure der Interessenvermittlung zu thematisieren (Florack/Schiffers 2018: 4).

2.3 Forschungsstand zu Handlungslogiken von NGOs in der politischen Interessenvermittlung

Die europäisch orientierte Interessengruppenforschung erzielte im vergangenen Jahrzehnt große Fortschritte, von denen auch die Wissensstände über NGOs profitieren können. Durch die verbesserte Datenlage und die Ergebnisse im aktuellen Forschungsstand ergibt sich ein deutlich differenzierteres Bild der Strategiearten und der Strategieauswahl von Interessengruppen.

Als etablierter theoretischer Rahmen bzw. als Grundannahmen dienen die über die Organisationsfähigkeit von Interessen von Mancur Olson (Olson 2004 [1965]) mit Weiterentwicklungen zur Differenzierung von „starken“ und „schwachen“ Interessen (u. a. Willems/Winter 2000, Clement et al. 2010, Winter 2007), und die verbändezentrierte Vierer-Typologie der Sets von Organisations-Logiken nach Wolfgang Streeck und Philippe Schmitter aus den 1980 Jahren (Mitgliedschafts- und Einflusslogik, Logik der Zielformulierung und der effektiven Zielverwirklichung; Streeck/Schmitter 1999 [1981]). An diesen einflussreichen Beitrag setzten zahlreiche Weiterentwicklungen an (Pritoni/ Wagemann 2015, Schmitter 2008, Berkhout 2010, 2013). Von besonderer Bedeutung ist darin die Austauschtheorie politisch wertvoller Güter (u. a. Winter 2004, Bouwen 2004, Dür/Mateo 2013, Binderkrantz/Christiansen/Pedersen 2014, Klüver/Braun/Beyers 2015, Chaqués-Bonafont/Márquez 2016). Zu diesen theoretischen Grundüberlegungen stellt sich eine Vielzahl verschiedener Herangehensweisen zu NGO-Handeln, die u. a. Anleihen aus organisationssoziologischer, zivilgesellschafts- und politikwissenschaftlicher Verbändeforschung nehmen (ausführlich in Johnson/Prakash 2007, Anheier 2014, Simsa/Zimmer 2014, Bibisidis et al. 2015, Salamon/Sokolowski 2016, Grønbjerg/Prakash 2017, Laurett/Ferreira 2018, Zimmer 2018).

Als Reaktion auf die Herausforderungen moderner Governance-Strukturen verwenden NGOs spezifische Strategien, die über die Brille der verbändezentrierten Organisations- und Handlungslogiken hinausgehen. Zu nennen sind u. a. die professionalisierte Kampagnenführung, die Personalisierung von Expertise, die punktuelle Mobilisierung diffuser Unterstützungskreise und die eigene Projektarbeit abseits der Interessenvertretung (u. a. Beer/Bartley/Roberts 2012, Hilton/McKay et al. 2013, Fyall 2017, vgl. Altvater/Brunnengräber 2002). Allerdings erschwert auch hier ein undifferenziertes Verständnis von NGOs als Teil des breiten Feldes von public interest Organisationen bzw. als Teil der Zivilgesellschaft, die Besonderheiten von NGOs als Akteure der Interessenvermittlung zu sehen. Dabei können die gewonnenen Erkenntnisse der Interessengruppenforschung durchaus auf NGOs übertragen werden. Dies gilt insbesondere für akteurszentrierte Faktoren (u. a. Ressourcen, Organisations-, Konflikt- und Mobilisierungsfähigkeit, öffentliche Unterstützung, Zugang), für handlungsbasierte Faktoren (wie interest group bzw. lobbying activity und die Strategiewahl der Akteurstypen) und für policy- und kontextspezifische Faktoren (wie Kongruenz der inhaltlichen Forderungen, Policy-Anpassung oder Status quo, Themenkomplexität und -salienz, Konfliktlevel; u. a. Klüver/Braun/Beyers 2015, Dür/Bernhagen/Marshall 2015, Eising/Rasch/Rozbicka 2017, Strünck/Sack 2017, Fagan/Brooke 2020, Rasch et al. 2020, Binderkrantz et al. 2020, Pakull/Goldberg/Bernhagen 2020, Rasmussen/ Binderkrantz/Klüver 2021). Hierfür ist allerdings eine NGO-spezifische Übersetzungsleistung notwendig, die ein zugespitztes Begriffsverständnis nutzt.

Grundlegender Kontext der politischen Interessenvermittlung der Interessengruppenforschung

Die Forschung wird bislang von zwei Metatheorien dominiert: dem Neo-Pluralismus und dem Neo-Korporatismus. Seit einigen Jahren rückt auch die Lobbyismus-Forschung ins Zentrum, kann aber noch nicht als Metatheorie begriffen werden (vgl. u. a. Winter 2004, Lösche 2007, Reutter 2018, 2012, Zimmer/Speth 2015, Zimmer 2021). Im Neopluralismus, der in den 1950er und 60er Jahren die Forschung dominierte, wird der Staat als Schiedsrichter zwischen konkurrierenden, aber gleichwertigen und vielfältigen (Einzel-) Interessen gesehen; Interessengruppen sind dem politischen System vorgelagert (Zimmer/Speth 2009: 274). Durch einen fairen (staatlichen) Prozess werden die Einzelinteressen ausgeglichen; aus der Perspektive des Pluralismus ist Ergebnis dieses Ausgleichsprozesses der Einzelinteressen gesamtgesellschaftliches Gemeinwohl.

In der neokorporatistischen Perspektive, die ab den 1970er Jahren relevant wurde, rückt der Aspekt der Effizienz von politischen Entscheidungen in den Fokus. Interessengruppen, vor allem Dach- und Spitzenverbände, aggregieren Einzelinteressen und werden als Partner von Regierungen in politische Steuerungsprozesse eingebunden. Sie werden an Entscheidungen beteiligt, stellen aber auch Leistungen bereit, um die Regierbarkeit und Akzeptanz für staatliches Handeln garantieren zu können (Reutter 2018). Deutliche Kritik am neokorporatistischen Theorem kommt nicht nur aufgrund von demokratietheoretischen Fragen nach der Legitimation von inkorporierten Verbänden auf, die immer mehr staatliche Aufgaben – teils völlig selbstverantwortlich – übernehmen. Auch der Befund der gesellschaftlichen Individualisierung, Pluralisierung und Spezialisierung bei gleichzeitigem Mitgliederschwund der klassischen Verbände von Kapital und Arbeit und zunehmender Verlagerung von Politikprozessen auf die europäische und internationale Ebene lässt viele Forscher seit Jahren daran zweifeln, ob der Neokorporatismus die gesellschaftliche Realität noch abbilden kann – oder überhaupt noch etwas damit zu tun hat (Lösche 2007: 111, Winter 2004, Reutter 2018).

Aktueller Forschungsschwerpunkt in der Interessengruppen- und Verbändeforschung ist daher das Paradigma des Lobbyismus als mögliche zukünftige „Großtheorie“ (Winter 2004). Hier wird die faktische Auflösung der korporatistischen Praxis anerkannt, es löst sich damit von der verbandlichen Funktionslogik und stellt die Frage in den Mittelpunkt, wie Interessen punktuell und strategisch im politischen System effektiv eingebracht werden können. Im Fokus stehen eher Fragen der professionalisierten Formen der Einbeziehung bestimmter Interessen in einem veränderten Tauschhandel zwischen Lobbyisten und politischen Entscheidungsträgern (Reutter 2018; Schiffers 2019a).

Lobbying ist aufgrund der Vielfalt der Akteure und Strategien bisher kein theoretisches Großkonzept, sondern beschreibt strukturelle Entwicklungen rund um Professionalisierung, Handlungsalternativen/Taktiken, aber auch Governance-Strukturen (Winter 2004: 763). Die Lobbying-Forschung kann im Moment eher als eine Sammlung von Theorien mittlerer Reichweite aufgefasst werden, der die Breite der Forschungsagenda mit einem klaren Bezugspunkt einer gemeinsamen Meta-Theorie, wie sie die Korporatismusforschung prägte, fehlt (vgl. Schmitter/Streeck 1999, Lehmbruch 1988, Reutter 2012, Czada 2012). Dies führt einerseits zu einer großen thematischen Anschlussfähigkeit und damit zu einem Forschungsboom, allerdings gibt es in dieser Forschungsvielfalt eher ein Nebeneinander als eine theoretische Verdichtung der Ansätze.

Trotz dieses fehlenden, gemeinschaftlichen Bezugspunktes gibt es dennoch das übergreifende Verständnis, Lobbying als Tauschgeschäft politisch wertvoller Güter zu verstehen (Winter 2004: 774). Eingetauscht werden (Fach-)Informationen und Positionen sowie öffentlicher Druck, Mobilisierung oder Unterstützung auf Seite der Interessengruppen gegen die Berücksichtigung von Anliegen auf Seite der politischen Einflussträger, wodurch ausgewählte (Partikular-)Interessen situativ viel Gewicht erhalten (Strässer/Meerkamp 2015: 219, Zimmer/Speth 2015: 12).

NGOs als Nebenschauplatz der Forschung zu politischer Interessenvermittlung im Dreieck Basis-Politik-Medien

Der aktuelle Wissensstand zu NGOs in der politischen Interessenvermittlung ist gleichermaßen facettenreich wie fragmentiert. Die Gründe liegen in den oben beschrieben begrifflichen Abgrenzungsproblemen und in der Rolle als Nebenschauplatz, den NGOs in den aktuellen Forschungsschwerpunkten der Interessengruppen-, Organisations-, Kommunikations- und Policy-Forschung einnehmen. Um die Vielschichtigkeit des Forschungsstands zu ordnen, verwendet das Kapitel ebenfalls die theoretische Perspektive des Dreiecks der Handlungsrationalität, um die aktuellen Forschungsschwerpunkte vorzustellenFootnote 1. Dessen Eckpunkte gegenüber Basis, Politik und Medien widmen sich der Unterstützungs-, Einfluss- und Reputationslogik im Kontext moderner Governance-Strukturen (ausführlich in Kapitel 3).

NGO-Handeln im Verhältnis zur Basis

Der erste Eckpunkt widmet sich den dem NGO-Handeln im Verhältnis zur Basis und lässt sich der Unterstützungslogik im Dreieck der Handlungsrationalität verorten. Die Beziehungen zur Basis umfassen den Austausch sowohl in top-down- als auch in bottom-up-Richtung zwischen der Organisationsspitze und dem Adressatenkreisen der Basis (vgl. Berkhout 2013, S. 234). Hier existieren besondere Herausforderungen für die Austauschbeziehungen, da NGOs – im Sinne des engen Begriffsverständnisses – nicht auf eine fest etablierte Mitgliedschaftsstruktur zurückgreifen können, sondern von einem lose organisierten oder punktuellen Unterstützungskreis getragen werden. Die Frage der Austauschbeziehungen schließt an eine intensive Debatte der „Mitgliederkrise“ von Organisationen an (Weßels 2013, Sack/Strünck 2017, zum Konflikt zwischen Außen- bzw. Legitimationskommunikation in Verbänden, siehe Hoffjann 2020). Allerdings galt die Partizipation in der Literatur zu sozialen Bewegungen und Freiwilligenorganisationen lange Zeit als eine Art „black box“ (Cohn et al. 2003, S. 311; vgl. Weßels 2013, S. 34–36). Dennoch nehmen gerade soziale Bewegungen, zivilgesellschaftliche Organisationen und andere partizipationsorientierte Akteure eine zentrale Rolle in der demokratietheoretischen Debatte zum Vertrauensrückgewinn moderner Demokratien ein (della Porta 2015).

Ein erster Forschungsbereich beschreibt die Organisations- und Mitgliedschaftsstruktur, die Partizipationsmöglichkeiten und den Basisinput. Grundlegend gelten die Organisationskultur der internen Entscheidungsstrukturen und Machtverteilungen (zentralisiert, dezentral; hierarchisch, nicht-hierarchisch), die vorhandenen materiellen und immateriellen Ressourcen und die identitätsstiftenden Normen (rational, wertegeleitet) als zentrale Unterscheidungskriterien, um Unterschiede im NGO-Handeln zu beschreiben (Vetterlein 2014; Marquez 2016; vgl. Stockemer 2013, Boulding 2014, Arlt 2010 und Heinze 2020: 73–79). Auch hier kommt die Professionalisierung der Interessenvermittlung im Governance-System und innerhalb der Organisationen zum Tragen. Gerade NGOs sind hier besonders herausgefordert durch den Rollenspagat zwischen strukturellen, technischen und aufgabenbezogenen Anforderungen und zwischen der Nähe und Verankerung in der Zivilgesellschaft, im Mitglieder- und Unterstützungskreis sowie in den sozialen Bewegungen (u. a. Bode und Frantz 2009, S. 176–179; Deth und Maloney 2012; Kohler-Koch und Quittkat 2013; Speth 2013, S. 18–19). Denn vergleichbar zu Verbänden öffentlicher Interessen müssen diffuse und teils schwer organisierbare Interessen zusammengeführt und aggregiert werden (Klug 2017). Hier stellt sich die Frage, wie groß die Distanz zwischen NGO-Spitze und Mitgliedern ausfällt (Bastgen 2016, Stockemer 2013: 3). Auf der einen Seite gilt ein enges Verhältnis zu den Mitgliedern und Unterstützer*innen für die NGOs als sehr wichtig. In vielen Fällen wird die Meinung der Mitglieder aktiv eingefordert. In anderen Fällen führt die Abwägung zwischen reibungslosen, hierarchischen Abläufen und konsensorientierter Basisbeteiligung zu Spannungen. Auf der anderen Seite führt das Professionalisierungsparadox dazu, dass die wachsende Komplexität und Detailarbeit der Organisationsspitze die konkrete Mitgliederbeteiligung erschwert (Bode und Frantz 2009, S. 174–175; Bastgen 2016, S. 245–249; Zelko 2017, S. 336–338). Die gesteigerten Erwartungen und Anforderungen der Unterstützer*innen gegenüber den Organisationsspitzen schlagen sich in hybriden Partizipationsangeboten nieder (Voss 2013; Baringhorst et al. 2017). Analog sind hier die Überlegungen zu „multi-speed membership parties“ zu nennen (Scarrow 2014).

Ein zweiter Forschungsbereich beschreibt die Basismobilisierung. Hier schließen die Ansätze zu NGOs an die Bewegungsforschung an und widmen sich der Mobilisierung von Ressourcen in Organisationen, dem Mobilisierungspotential in Bewegungen und den Parallelen von Organisationen zu Neuen Sozialen Bewegungen (ausführlich in Roose 2013). Thomas Kern unterscheidet vier grundlegende Mechanismen der Mobilisierung (Kern 2008, S. 111). Der erste Mechanismus umfasst die Koalitionsbildung in netzwerkartigen Akteurkonstellationen mit oftmals niedrigem Organisationsgrad und einer kollektiven Identität als Protestkoalition. Der zweite Mechanismus erfasst die Zusammenlegung von Ressourcen, die sowohl Emotionen, Identitätsansprüche der Beteiligten als auch Überzeugungsarbeit einschließt (Kern 2008, S. 122; vgl. Cohn et al. 2003, S. 325–332). Organisationen müssen ein Mindestmaß an sozialer Koordination erreichen, um passende Organisationsstrukturen anbieten, mit Bündnispartnern zusammenarbeiten oder einflussreiche Gegner konfrontieren zu können. Um diese Elemente zusammenzubringen, erscheinen Protestkampagnen oftmals wellenartig. Der dritte Mechanismus beschreibt „Framing“, um den Deutungsrahmen von Protestbewegungen zu charakterisieren und deren Mobilisierungspotential durch Motivation, Reflexion und Orientierungsangebote auszuschöpfen (Kern 2008, S. 141; Roose 2013, S. 146, vgl. Rucht/Rink 2020). Der vierte Mechanismus erfasst strukturelle und institutionelle Gelegenheitsstrukturen, die die Öffentlichkeit, Kommunikation und kulturelle Deutungsstrukturen beinhalten (Kern 2008, S. 152; vgl. Boulding 2014).

Ein dritter Forschungsbereich dreht sich um die öffentliche Sichtbarkeit der Basisbeziehungen. Zentral sind hier die Begriffe der Graswurzelkommunikation und des Grassroots-Campaigning, die sich konzeptionell mit den bottom-up- und der Kombination aus bottom-up und top-down-Beziehungen zur Basis beschäftigen (u. a. Irmisch 2013; Speth 2013, Hoffjann 2020). Aus Sicht der politischen Partizipation werden direkte und unkonventionelle Aktivitätsformen zielgerichtet gebündelt, um politische Entscheidungen zu beeinflussen. Im Mittelpunkt stehen dennoch die Mitglieder bzw. Unterstützer*innen, die über internetbasierte Strukturen, wie Online-Petitionen, Mailaktionen und Social Media genauso einbezogen werden, wie über Demonstrationen und Protestaktionen (Speth 2013, S. 9–11; Voss 2014, S. 154–156, Baringhorst et al. 2017, S. 176–181, Haunss/Sommer/Fritz 2020: 9). Gerade die unkonventionellen, punktuellen Beteiligungsmöglichkeiten treffen die veränderten Ansprüche und Lebenswelten der verstärkt heterogenen, individualistischen und pluralistischen Bürger*innen. Zudem rekurrieren die Organisationen mit diesen Kommunikationsformen und ihrer Informations- und Überzeugungsarbeit auf die persönliche Betroffenheit und die moralischen Interessen breiter Unterstützungskreise (Voss 2014, S. 154–156; Speth 2013, S. 15–18, Rucht/Rink 2020: 100–101). Systematisch gesehen, tragen diese Basisbeziehungen zur gesellschaftlichen Repräsentativität und Responsivität von etablierten Demokratien bei, welche durch den Mitgliederschwund bei traditionellen Verbänden und Parteien herausgefordert werden. Dennoch wird kritisch diskutiert, wie sich die Graswurzelkommunikation auf die Qualität und die Intensität des zivilgesellschaftlichen Engagements auswirkt, und wie bindend Aktivismus per Mausklick sein kann (Voss 2014, S. 154–158; Irmisch 2013, S. 205–207; Baringhorst et al. 2017, S. 173–176; vgl. Weßels 2013, S. 36–39).

NGO-Handeln in Beziehung zur Politik

Der zweite Eckpunkt des Forschungsstandes umfasst das Verhältnis von NGOs und Politik, speziell zu politischen Institutionen und Entscheidungsträger*innen. Er steht im Zeichen der Einflusslogik im Dreieck der Handlungsrationalität, welche sowohl die direkten Kontaktbeziehungen (inside lobbying) und die öffentliche Interessenvermittlung (outside lobbying), als auch Bündnisse und Themenkoalitionen beschreibt (Berkhout 2013, S. 237–239; Dür und Mateo 2013; Junk 2016, S. 238; Schiffers 2019b, S. 6–7).

Der Forschungsfokus aller Studien zum Lobbying bezieht sich auf die Frage, welche Interessengruppe auf welche Lobbying-Strategien zurückgreift und welche Strategie, im Sinne eines angestrebten Politikwandels, unter welchen Bedingungen wirksam wird (u. a. Wonka et al. 2010; Klüver et al. 2015; Dür/Bernhagen/Marshall 2015, Junk 2016; Binderkrantz 2005, 2008; Berkhout 2013; Hannegraaff und Pritoni 2019; De Bruycker und Beyers 2019; Dür und Mateo 2013, Pakull/Goldberg/Bernhagen 2020, Schiffers 2021). Anschlussfähig sind auch weitere Subdisziplinen, wie die Internationalen Beziehungen und Entwicklungspolitik, in denen bspw. der Frage nachgegangen wird, welchen Einfluss NGOs in Internationalen Organisationen haben (Tallberg et al. 2018, Brunnengräber 2011, Hellmann/Wagner/Baumann 2014) oder welche Rolle NGOs in transnationalen Advocacy-Netzwerken sowie in der Regionalpolitik übernehmen (Keck 1999).

Hohe Bedeutung wird dabei Lobbying- und Advocacy-Koalitionen zugeschrieben, an denen sich häufig auch NGOs beteiligen (Sabatier und Weible 2007; Klüver 2013, 2015; Dür und Mateo 2014). Über die Rolle und die Bedingungen, unter denen Interessengruppen in eine Koalition mit anderen Gruppen eintreten und unter welchen Aspekten dies für wen erfolgreich sein kann, wird aktuell in der Forschung stark diskutiert (De Bruycker und Beyers 2019; Hanegraaff und Pritoni 2019; Junk 2019, vgl. Dür/Bernhagen/Marshall 2015, Pakull/Goldberg/Bernhagen 2020). Hannegraaff und Pritoni formulieren auf Grundlage ihrer Ergebnisse das Argument, dass das Eingehen in eine Koalition ein Zeichen von organisationaler Schwäche sei und diese Strategie nur verwendet würde, wenn Organisationen keine andere Möglichkeit sehen, effektiv zu lobbyieren (als „Weapon of the Weak“). Die eigene Position dadurch gegenüber der Politik zu verbessern sei allerdings ein Trugschluss (Hannegraaff und Pritoni 2019). Junk widerspricht dieser Einschätzung und kann empirisch zeigen, dass Koalitionen nicht nur von vermeintlich schwachen Organisationen als Strategie verwendet werden und dass Koalitionen ein effektives Instrument für schwache Interessen sein können (Junk 2019).

Der spezifische und technokratisch geprägte Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene und die institutionellen Veränderungen hin zu einer besseren Einbindung von public interest groups bzw. NGOs in die Beratungsverfahren (um dem Vorwurf eines demokratischen Defizits besser entgegenwirken zu können) haben in den letzten Jahren spezifischere Forschung provoziert, die sich explizit mit den Besonderheiten und Determinanten des Lobbyings von NGOs, public interest groups und advocacy groups auseinandersetzt (Junk 2016; De Bruycker und Beyers 2019). Gleichzeitig muss festgehalten werden, dass die begriffliche Auseinandersetzung der Studien sehr knapp ausfällt, was genau unter den NGO-spezifischen Akteursbezeichnungen verstanden wird. Meist erfolgt die Abgrenzung lediglich negativ zu allen Organisationen, die keine business interest groups sind (vgl. bspw. Binderkrantz 2005, 2008; Junk 2016; De Bruycker und Beyers 2019).

Trotz dieser Einschränkung sind die Ergebnisse des Forschungsstands auch für NGOs und public interest Organisationen sehr relevant. Daher wird der aktuelle Forschungsstand nun mit einzelnen wichtigen Studien des vergangenen Jahrzehnts dargestellt, um die Fortschritte, aber vor allem auch die Relevanz der identifizierten Forschungslücke, präzisieren zu können. Bei dem Versuch der Systematisierung dieser Studien wird schnell deutlich, dass die Dichotomie des Strategiepaares Inside und Outside-Lobbying zentraler Ausgangspunkt war und ist. Inside-Lobbying als Strategie der engen, direkten Beziehung und Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern (bspw. im Parlament oder im Ministerium) und Outside-Lobbying als Strategie, bei der indirekt Anliegen durch die Medien und/oder Mobilisierung ihrer Unterstützer*innen in der Bevölkerung artikuliert werden (Binderkrantz 2005, 2008, Zimmer 2021).

Die aktuellen Studien arbeiten sich an den älteren, holzschnittartigen Ergebnissen früherer Forschung ab, nach der die Strategiewahl letztendlich auf den Organisationstyp zurückzuführen ist (bspw. Winter 2004, S. 765). So galt lange die Überzeugung, dass Inside-Lobbying (ausschließlich) von business interest groups eingesetzt wird, da sie ressourcenreicher sind und meist einen (noch aus korporatistischen Zeiten stammenden) privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern haben (Winter 2004, S. 765; Dür und Mateo 2013).

NGOs und andere public interest groups hingegen nutzen, so die Ergebnisse früherer Studien, Outside-Lobbying. Dies erfolgt jedoch ungewollt, weil ihnen der direkte Zugang verwehrt bleibt. Inside-Lobbying wird als präferierte und überlegene Strategie der „Insider“ verstanden – Outside-lobbying nur als nächstbeste Rückfalloption (Maloney et al. 1994; S. 18, Binderkrantz 2005, 2008; Berkhout 2010, S. 115, Fogarty 2011, Eising/Spohr 2017, Binderkrantz et al. 2020). Diese Annahmen finden sich in der Realität nicht bestätigt und so wird immer feingliedriger, mit immer elaborierteren Forschungsdesigns der Frage nachgegangen, welche weiteren Aspekte – außer des Organisationstyps – den Strategiezuschnitt beeinflussen oder gar determinieren. Exemplarisch nutzt Spohr (2021) Daten des Bundestages, die zum einen aus einer Klage der Organisation Abgeordnetenwatch stammen, die die Verwaltung zur Herausgabe von Informationen zur Vergabepraxis von Hausausweisen zwang, sowie zum anderen die öffentlich verfügbaren Informationen aus Einladungen zu öffentlichen Anhörungen. Er konnte feststellen, dass wirtschaftliche Interessen häufiger Hausausweise besitzen, während öffentliche Interessen überproportional oft als Sachverständige in öffentliche Anhörungen eingeladen werden.

Bei der Strategiewahl stehen vor allem der organisationale Aufbau und die organisationalen Ressourcen (insbesondere Unterstützerschaft und finanzielle Ressourcen), die Spezifika des jeweiligen politischen Streitpunkts (insbesondere der Vergleich der Konflikthaftigkeit von regulativen und distributiven Regulierungen, die Salienz des Themas, aber auch dessen Komplexität oder die Auswirkungen des jeweiligen politischen Systems auf EU-Ebene im Vergleich mit nationalstaatlichen Traditionen eines eher korporatistischen oder pluralistischen Systems) im Mittelpunkt der Untersuchungen (Binderkrantz 2005, 2008; Dür und Mateo 2013; Junk 2016; De Bruycker und Beyers 2019).

NGO-Handeln im Austausch mit Medien

Der dritte Eckpunkt des Forschungsstandes betrifft die Austauschbeziehungen zwischen NGOs und Medien. Im Sinne einer Reputationslogik im Dreieck der Handlungsrationalität streben die Organisationen die mediale Anerkennung als Akteur und ihres Themas an. Hierfür richten sie ihre Tätigkeiten kampagnenorientiert und an der öffentlichen Stimmung aus, um nachrichtenwerte Ergebnisse zu produzieren, die dann von den Medien aufgegriffen werden. NGOs waren in besonderem Maße in der Lage, von der Professionalisierung der politischen Kommunikation und Kampagnenarbeit zu profitieren (Berkhout 2013, S. 233–243; vgl. Dür und Mateo 2013; Lang 2013, S. 13–15; Junk 2016, S. 238–239; Spiller 2018, S. 101–103; Schiffers 2019b, S. 6–7).

Ausgangspunkt sind die Veränderungen des medialen und intermediären Systems, die die politischen Akteure vor neue Herausforderungen stellen (Donges und Jarren 2017, Donges 2020). Ein zentraler Schwerpunkt der politischen Kommunikation dreht sich um die Frage, wie bestimmte Themen von Akteuren in der medialen Öffentlichkeit gesetzt werden können. Auf theoretischer Ebene sind hier die Konzepte von agenda setting, framing und priming zu nennen (Scheufele und Tewksbury 2007). Die NGO-Kommunikation richtet sich neben der breiten Öffentlichkeit auch an die Zivilgesellschaft als Aushandlungsarena (Schuppert 2018). Die Interessengruppenforschung weist darauf hin, dass prinzipiell hohe Aufmerksamkeitsschwellen überwunden werden müssen, damit NGOs und andere Akteure ihre Themenschwerpunkte setzen können (u. a. Baumgartner et al. 2009; Hojnacki et al. 2012; Lowery 2013; Binderkrantz und Rasmussen 2015; Bernhagen et al. 2015, Dür/Bernhagen/Marshall 2015). Oftmals sind es selbst die großen, als einflussreich geltenden Akteure, die daran scheitern, ihre Themen auf die politische Agenda zu setzen. Hohe mediale Sichtbarkeit kann dabei gleichwohl Segen und Fluch für NGOs sein. Während politische Aufmerksamkeit – und damit eine politische Hebelwirkung – sichergestellt ist, können sich die formulierten Ziele gegenüber dem Kernpublikum und dem erweiterten Publikum allerdings auch negativ auf die Politikergebnisse auswirken, wenn diese nicht dem wahrgenommenen öffentlichen Interesse entsprechen (De Bruycker 2019, vgl. Will/Pies 2017). Als Instrument der Themensetzung können NGOs zudem die Funktion eines zivilgesellschaftlichen Watchdogs nutzen, der politische Missstände öffentlichkeitswirksam anprangert (ausführlich in Speth 2018; Mause 2020, vgl. Beer et al. 2012, S. 330–331). Analog zur politischen Einflussnahme im vorangegangenen Kapitel hängen die Themensetzungserfolge von einer breiten Palette von Einflussfaktoren ab. Vor dem Hintergrund aufgeheizter Mediendebatten unterstreicht die interdisziplinäre Skandalforschung die besondere Rolle der Medienlogik in Situationen mit unzureichendem Informationsstand. Entsprechend kommt dem frühzeitigen framing eines bestimmten Interpretationsrahmens eine große Bedeutung zu (Burkhardt 2018, S. 21–24, 28–31; Haller et al. 2018; Spiller 2018, S. 103). Die Kombination aus hohen Hürden für politische Themensetzung oder Politikwandel und aus schnelllebigen Aufmerksamkeitszyklen in den Medien stellt NGOs vor eine strategische Herausforderung. Konzeptionell nimmt das Agenda Setting eine doppelte Ausprägung an, die die Strategie punktueller Impulse und Interpretationsangebote in der medialen Debatte mit einer Strategie kontinuierlich Re-thematisierter Positionen im Sinne eines Auf-der-Agenda-haltens verbindet (Schiffers 2018a).

Weitere Forschungsschwerpunkte beschäftigen sich mit den Strukturen und Prozessen, wie NGOs ihre Kommunikation, gerade auch im Online- und Social-Media-Bereich, gestalten. Untersucht werden die strategischen Motive der Kommunikation, die inhaltlichen und organisationalen Zielsetzungen von politischer Beeinflussung bis Ressourcensicherung, die eng- und weitgefassten Empfängergruppen sowie die Frage, wie sich insbesondere die Onlinekommunikation im Kommunikationsgefüge organisierter Interessen institutionalisiert (Tresch und Fischer 2015; Chalmers und Shotton 2016; Nitschke und Donges 2018; Fitzpatrick 2018; Nitschke 2019; weiterführend in Remus und Rademacher 2018). Speziell für die Zielgruppe der Unterstützer*innenschaft werden NGO-Magazine und andere Formate genutzt, um relevante Inhalte aus eigener Sicht präsentieren zu können (Frühbrodt 2017). NGOs stehen in ihren Beziehungen zu Medien in einem Spannungsverhältnis verschiedener Handlungsanforderungen, um die Ziele der Interessenvermittlung zu erreichen. Diese Anforderungen speisen sich aus ihrer Tätigkeit in institutionellen Strukturen und aus dem Verantwortungsbereich der Kommunikation, um in verschiedenen Öffentlichkeiten legitimiert zu sein, bzw. für bestimmte Kreise sprechen zu können (Lang 2013, S. 2–7).

Die Datenlage

Die NGO-Forschung ist auf dem Weg zu einer verbesserten Datenlage. Zum einen liegen deskriptive Arbeiten vor, die ganz grundsätzlich versuchen, die Interessengruppenlandschaft in ihrer Gänze beschreibbar und systematisierbar zu machen, bspw. über sogenanntes „organisational mapping“ (Berkhout et al. 2018; vgl. Halpin und Jordan 2012; Baroni et al. 2014; Lowery et al. 2015). Hinzu kommen immer mehr Studien im Grenzgebiet der Kommunikationswissenschaften, die sich vor allem mit der Beziehung von NGOs zu Onlinekommunikation und Social Media auseinandersetzen (De Bruycker 2019; Van der Graf et al. 2016; Marberg et al. 2016; Remus und Rademacher 2018; Nitschke 2019,). Auch mit organisationssoziologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Konzepten wird versucht, NGOs zu erforschen (u. a. Vetterlein 2014; Marquez 2016, Grotz 2018). Um einen breiteren Eindruck der Möglichkeiten von interest groups und NGOs zu erhalten, ist die Untersuchung dieser Gruppen als Dienstleister interessant – was passiert, wenn im politischen Prozess die eigenen Präferenzen nicht aufgenommen wurden, die nicht-staatliche Implementation allerdings noch einmal die Möglichkeit der Akzentuierung birgt (Euchner/Mettang 2018, Fyall 2017)?

Vor allem die Forschungsvorhaben der Comparative Interest Group Survey, welches durch das European Research Council, die Research Foundation-Flanders und die Slovenian Research Agency gegründet wurde, trägt mit seinem bisherigen Hauptprojekt ‚INTEREURO‘ zu einer stetig verbesserten Datenlage sowohl auf europäischer Ebene als auch für die einzelnen Mitgliedsstaaten bei. Große Surveys und das „systematic mapping of the interest group population“ liefern die Daten, um auf detailliertem empirischen Fundament Forschung zu betreiben. Bisher wurden zunächst Surveys auf EU-Ebene und dann in sieben europäischen Mitgliedsstaaten durchgeführt. Es folgen drei weitere Länder, darunter auch Deutschland. Für die Erhebung der Daten auf europäischer Ebene wurden 2038 Organisationen der Survey zugeschickt, 734 antworteten. Das entspricht einer Rücklaufquote von 36 %, ein Wert, der bei Surveys als extrem erfolgreich eingeschätzt werden kann (Comparative interest group survey 2019).

Ein mit dem Comparative Interest Group Survey assoziiertes Projekt war die Etablierung eines umfangreichen Datensatzes durch Beate Kohler-Koch und Christine Quittkat an der Universität Mannheim in dem Projektkontext Eurolob I und Eurolob II. Der Fokus der Forschung lag hier auf den Veränderungen und der Anpassung der business interest organisations an die institutionellen Veränderungen der EU, durch die die Einbeziehung von NGOs in viele Beratungsprozesse geschaffen wurde.

Der Forschungsverbund „Arenen der politischen Interessenvermittlung in Deutschland“ der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen untersucht ebenfalls die Strategien und den Einfluss von Interessengruppen, um eine grundlegende Dateninfrastruktur zu erstellen. Im Mittelpunkt stehen die vier Arenen Parlament, Recht, Medien und Netzwerke. Der Verbund kooperiert dazu auch mit dem dänischen INTERARENA-Projekt, welches ebenfalls zu Interessengruppen in Politik und Medien forscht (Binderkrantz et al. 2020).

Im Jahr 2018 erschien in Deutschland der Datenreport Zivilgesellschaft, der erstmals einen Überblick über den Stand der Entwicklung des bürgerlichen Engagements auf breiter Datengrundlage möglich macht. Zu dieser umfänglichen Datenstruktur tragen viele verschiedene Institutionen bei, die sich zum Forum Zivilgesellschaftsdaten (FDZ) zusammengeschlossen haben. Dazu gehören u. a. das Statistische Bundesamt, das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) am DIW-Berlin oder auch der Deutsche Olympische Sportbund – organisiert wird das Projekt vom ZiviZ Stifterverband. Ziel des verstetigten Projektes ist die Bündelung einzelner Erhebungen, um so ein umfängliches Bild für Deutschland liefern zu können. Interessante Ergebnisse der ersten Studie sind bspw., dass Stiftungen als Organisationsform gegenüber anderen Formen boomen. Das organisationsgebundene Engagement sank anteilig im Zeitraum von 1999–2014, individuelles Engagement stieg im gleichen Zeitraum an. Ein Zeichen für die personelle Professionalisierung kann man in dem Ergebnis sehen, dass zwischen 2007 und 2016 der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Jobs im gemeinnützigen Sektor von 2,9 Millionen auf 3,7 Millionen gestiegen ist (Krimmer 2019, S. 5).

Durch die Forschungsergebnisse dieser und anderer Projekte verbessern sich stetig die Datenlage und der Zugang zu bereits erhobenen Daten. Für den NGO-Kontext werden die bald erscheinenden Langzeit-, Panel- und Verlaufsstudien interessant, um Veränderungen und Trends für den Bereich der zivilgesellschaftlichen Interessenvermittlung nachzuzeichnen.

Zusammenfassung

Das Kapitel skizzierte die übergeordnete Studienzielsetzung, die ein differenziertes Bild der Handlungspraxis von NGOs in der politischen Interessenvermittlung zeichnen möchte. Es widmete sich dem Forschungspuzzle des NGO-Handelns im Kontext einer spezifischen politischen Rationalität. Hierzu stellte es die Forschungslücke und die Relevanz der Fragestellung heraus und diskutierte die Probleme der ungenauen Begrifflichkeit des Labels „NGO“. Dem folgte ein systematischer Überblick über den facettenreichen, aber fragmentierten Forschungsstand zu NGOs in der Interessenvermittlung sowie über die Datenlage der NGO-Forschung.