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1 Fiktion in der Allgemeinen Staatslehre

Die Allgemeine Staatslehre nimmt für sich in Anspruch, eine Wissenschaft zu sein, die ihre Erkenntnisse nicht aus der Untersuchung eines einzigen Staats ableitet oder auf einen einzigen Staat projiziert, sondern vielmehr abstrahiert und generalisiert. Sie will das Phänomen „Staat“ letztlich durch seine gesamte bisherige Geschichte und in globaler Dimension erfassen.Footnote 1 Dass dabei aber nicht nur Realität, sondern auch Fiktion eine Rolle spielt, belegen bereits früheste staatsphilosophische Werke: Platons „Politeia“ wie auch seine anderen Dialoge sind in der Form fiktiver Streitgespräche zwischen verschiedenen Gesprächspartnern verfasst, die unter anderem über das Wesen des Staates diskutieren. Die Verteidigungsreden des Sokrates in der „Apologie“ haben zwar einen wahren historischen Hintergrund, stellen gleichzeitig aber ein Stück Weltliteratur dar. Auch in späterer Zeit erweisen sich staatstheoretisch bedeutsame Werke gleichzeitig als bedeutende literarische, ja fiktionale Werke: Die „Utopia“ von Thomas Morus ist ein Beispiel dafür. Thomas Hobbes wiederum nannte sein Hauptwerk „Leviathan“ – der Name des im Buch Hiob beschriebenen drachenartigenFootnote 2 Meeresungeheuers, auch wenn der Zusatztitel „or The Matter, Forme and Power of a Commonwealth Ecclesiasticall and Civil“ wesentlich nüchterner klingt. Während John LockeFootnote 3 die Figur des Gesellschaftsvertrags mit Nachweisen auf den Abschluss historisch-realer Gesellschaftsverträge zu entfiktionalisieren versuchte, fiktionalisierte Jean-Jacques Rousseau diesen sogar in Form seines Erziehungsromans „Émile ou De l’éducation“.

Der Allgemeinen Staatslehre waren und sind mithin keine Grenzen, sei es in Bezug auf die Fiktionalität der von ihr untersuchten Staaten oder der verwendeten Literaturgattung, gesetzt. Der Sprung von den großen staatstheoretischen Utopiasten zu einem zeitgenössischen Beststellerautor wie George R. R. Martin erscheint dennoch zugegebenermaßen gewaltig. Bei näherem Blick zeigt sich allerdings, dass die von Martin in seiner – durch die Verfilmung als TV-Serie auch als Game of Thrones bekannt gewordene – Romanreihe „A Song of Ice and Fire“Footnote 4 geschaffene Welt erstaunlich viele Themengebiete der Allgemeinen Staatslehre berührt: Diese reichen von der Staats- und Regierungsformenlehre über Föderalismus und Sezession, Staatsgrenzen und Migration, Grundrechte, Sklaverei und Widerstandsrecht bis hin zur Frage der Zulässigkeit des Tyrann(innen)mords.

Im Rahmen einer interdisziplinären wissenschaftlichen Untersuchung von Game of Thrones – hier primär verstanden als die mittlerweile abgeschlossene TV-Serie, da die Romanvorlagen bislang nur fünf (von sieben) Bände umfassen – soll die Sicht der Allgemeinen Staatslehre daher nicht fehlen. Abseits des Unterhaltungswerts eines aus Sicht der Rechtswissenschaft einigermaßen unkonventionellen Themas, soll im Folgenden dargestellt werden, dass die Allgemeine Staatslehre weit genug ist, um selbst die Monumentalwelt von Westeros und Essos problemlos in ihre Kategorien einzufügen.

2 Zentralisierung, Dezentralisierung und Sezession in der Welt von Eis und Feuer

Zentralisierung und Dezentralisierung sind permanente Prozesse in der realen Staatenwelt wie auch in der von Game of Thrones. In der bisher nicht verfilmten, in Buchform erschienenen Vorgeschichte „Fire and Blood“ (Martin 2018) wie auch „The World of Ice and Fire“ (Martin et al. 2014) wird in epischer Breite erzählt, wie der Targaryen-Herrscher Aegon I und seine Nachfolger ein den Kontinent Westeros umfassendes Gesamtreich vornehmlich aus der Eroberung bis dahin unabhängiger, zersplitterter Fürstentümer und Königreiche schufen. Eingedenk seiner Entstehungsgeschichte trägt dieses Gesamtreich den Namen Seven Kingdoms.

Während die Seven Kingdoms am Ende der Serie als zwar um den „Norden“ territorial reduzierter, ansonsten aber wiederum stabilisierter Staat (Six Kingdoms) übrigbleiben, durchzieht die vorhergehende Handlung eine rasche Abfolge von failed states: Zu diesen gescheiterten Staaten zählen zunächst die verschiedenen Diadochenreiche nach Robert Baratheons Tod, aber auch die versuchte Errichtung einer Theokratie sowie eines Bündnisses von Thron und Altar durch den radikalen Bettelorden der Sparrows.

Die Staaten des Ostens erscheinen dagegen zunächst als buntes Mosaik von Stadtstaaten, zu denen die Free Cities genauso gehören wie die Sklavenhalterhochburgen von Astapor, Yunkai und Meereen. Während die Free Cities ihre Unabhängigkeit bewahren, gilt dies nicht für die drei letztgenannten Städte, die von Daenerys Targaryen erobert und trotz eines Rückeroberungsversuchs der früheren Sklavenhalter gehalten werden. Kein geschlossenes Siedlungsgebiet weisen die Dothraki auf, die zunächst als nomadisierende Stämme ohne gemeinsame Spitze in die städtischen Gebiete einfallen, unter Khal Drogo hingegen geeint und nach kurzfristigem erneuten Zerfall durch Daenerys wiedervereint werden. Da Daenerys zwar in Personalunion Herrscherin sowohl der von ihr eroberten Stadtstädte als auch der Dothraki und der von ihr befreiten Sklavenarmee der Unsullied ist, jedoch keine Regelungen über ihre Nachfolge hinterlässt, ist zu vermuten, dass es nach ihrem Tod keine geordnete Herrschaft über diese „Völker“ und Territorien geben wird. Vielmehr ist deren Auflösung in Anarchie oder miteinander rivalisierende Gruppen, aber auch ein Wiederaufleben der Sklavenherrschaft – wenn auch zumindest nicht über die Unsullied, die nach Naath segeln – sehr wahrscheinlich.

Das Reich der Seven Kingdoms, wie es zu Beginn der Serie existiert, ist ein durchaus der Drei-Elemente-LehreFootnote 5 nachempfundener Staat mit Staatsgebiet, Staatsvolk und einer stark zentralistisch ausgeübten Staatsgewalt. Die Herausbildung einer territorialen Identität des Staats wird besonders an den nördlichen Staatsgrenzen und der dort errichteten Mauer sichtbar, die das Staatsvolk vor den „Wildlingen“ schützen soll. Migration ist illegal, wobei die „Wildlinge“ diese freilich auch nicht mit friedlichen Mitteln betreiben. Bemerkenswert ist ihr Versuch, sich eine kephale Herrschaftsordnung mit Mance Rayder als King-Beyond-the-Wall zu geben, um derjenigen der Seven Kingdoms Geschlossenheit und Stärke entgegenzusetzen: Freilich ist Mance kein Erbmonarch, sondern ein nach dem Leistungsprinzip erkorener Führer des Free Folk, das bei aller Grausamkeit und Archaik zumindest ein höheres Demokratiebewusstsein als die Völker diesseits der Mauer, aber auch im Vergleich zu den ihnen zivilisatorisch sonst eher vergleichbaren Dothraki entwickelt hat.

Die Seven Kingdoms unter Robert Baratheons Herrschaft könnten am ehesten als asymmetrischer Regionalstaat qualifiziert werden, in dem einzig Dorne, als weitgehend autonomes, obzwar nicht vollständig souveränes Fürstentum, einen Sonderstatus genießt. Zum Bundesstaat jedoch fehlt einiges, was den Eigennamen des Gesamtreichs – Seven Kingdoms – als falsa nominatio erscheinen lässt. Weder sind die subnationalen Regionen der Seven Kingdoms nämlich die kontinuierten Sukzessoren der historischen Königreiche noch verfügen sie über selbstständige regionale Parlamente mit Gesetzgebungskompetenzen und Verfassungsautonomie; Parlamentarismus ist freilich auch auf nationaler Ebene unbekannt. Die Regionen der Seven Kingdoms bilden gewissermaßen Verwaltungssprengel, an deren Spitze ein dem Monarch unterworfener Warden des Nordens, Südens, Westens und Ostens steht, der vom Monarchen ernannt wird, wofür die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Dynastie regelmäßig Voraussetzung ist; auch Wechsel sind dabei jedoch möglich, wie die Ablöse der Starks durch die Boltons in der Funktion des Warden of the North zeigt.

Der viele Jahrhunderte währende Einigungsprozess von Westeros stieß immer wieder auf – letztlich erfolglosen – Widerstand einzelner Regionen wie des Nordens, der Iron Islands oder Dornes, die ihre Unabhängigkeit wiederzuerlangen oder, wie im Fall der Iron Islands, ihre Herrschaft sogar auszuweiten versuchten. Gleichwohl kann die offene Revolution gegenüber dem letzten Targaryen-König Aerys II nicht primär als Versuch gedeutet werden, den Zentralstaat zu zerschlagen. Vielmehr kommt mit dem einem anderen Adelsgeschlecht entstammenden Robert Baratheon ein neuer Zentralherrscher an die Macht, ohne dass an der Organisationsstruktur des Reichs Wesentliches geändert wird. Dass es freilich dennoch (auch) ein Föderalismusproblem ist, das nach der Ermordung Roberts auflodert, wird insbesondere an der Ausrufung des Nordens wie auch der Iron Islands als selbstständige Königreiche sichtbar. Während die Truppen Robb Starks jedoch primär die Rache für die Hinrichtung Ned Starks zum Ziel haben und Balon Greyjoy zwar Teile des Nordens erobert, dabei jedoch nicht das Gesamtreich zum Ziel hat, geht es Stannis bzw. Renly Baratheon um die Nachfolge als Gesamtherrscher des Reichs. Auch das Fürstentum Dorne nützt das kriegerische Geschehen, um wieder unabhängig zu werden, scheitert damit jedoch letztlich ebenso wie die Iron Islands.

Anders der Norden: Dort wird unmittelbar nach der Hinrichtung Ned Starks ein eigenes Königreich mit Robb Stark als König ausgerufen. Der Vorgang wiederholt sich einige Zeit später mit der Proklamation Jon Snows zum King in the North. Beide Könige scheitern aus unterschiedlichen Gründen, und mit ihnen der unabhängige Norden. Nicht zuletzt spielt die Frage der Wiedereingliederung des Nordens in das Gefüge des Gesamtstaats eine besondere Rolle im schwelenden Disput zwischen Jon Snow und Daenerys Targaryen. Während Jon die Wiedereingliederung zunächst akzeptiert und sich aus Staatsräson auch persönlich als King in the North Daenerys unterwirft, ist es Sansa Stark, die nach dem Tod von Daenerys ihre Zustimmung zur Einsetzung ihres Bruders Bran als Wahlmonarch der Seven Kingdoms an das Versprechen knüpft, dem Norden seine Unabhängigkeit zu gewährleisten. Letztlich setzt es daher nur Sansa als spätere Queen in the North durch, dem Norden eine unbestrittene und von allen Teilen des Reichs akzeptierte Unabhängigkeit zu verschaffen – mit anderen Worten: seine Sezession erfolgreich durchzuführen. Die Königswürde des Nordens ist bezeichnenderweise als „in the North“ und nicht „of the North“ intituliert, was als zarte demokratische Andeutung einer auf den Willen eines souveränen Volks (und nicht eines souveränen Herrschers, wie auch die Herrschertitel „Kaiser der Franzosen“ oder „König der Belgier“ zu konnotieren suchten) gestützten Monarchie – nach dem Modell des britischen „king in parliament“ – verstanden werden könnte. Demokratisch legitimiert ist die Königswürde des Nordens freilich trotzdem nicht, da es lediglich die Vertreter verschiedener regionaler Adelshäuser sind, die Robb Stark, später Jon Snow und letztlich Sansa Stark zum König bzw. zur Königin ausrufen. Sie orientieren sich dabei zudem an der dynastischen (auf ehelicher oder, wie im Falle Jon Snows zumindest angenommen wird, nicht-ehelicher Abstammung beruhenden) Zugehörigkeit zum Haus Stark, dem alle diese Personen entstammen. Eine strikte Rangfolge, etwa nach Primogenitur oder ehelicher Abstammung, gibt es dabei nicht, auch Frauen sind, wie die Krönung Sansa Starks zeigt, nicht gehindert, Königin zu werden, auch obwohl ihr jüngerer Bruder Bran Stark theoretisch in Personalunion zur Königswürde der Six Kingdoms diejenige des Nordens hätte mitausüben können.

Die verschiedenen Sezessionsversuche von Teilen der Seven Kingdoms erinnern durchaus an bekannte Modelle der Sezessionismustheorie. Zunächst einmal erweist sich die Erfolglosigkeit sämtlicher einseitig herbeigeführter Sezessionen. Es fehlt eine „geschriebene“ Verfassung, die eine Sezession verbietet oder – was freilich nur wenige Verfassungen der realen Welt tun –Footnote 6 unter bestimmten Bedingungen ermöglicht. Sieht man die unbeschränkte Herrschaftsmacht eines zentralen Herrschers innerhalb des gesamten seiner Herrschaft unterworfenen Territoriums als eine Art von Gewohnheitsrecht, ist die Abspaltung eines Teils des Reichs jedenfalls unzulässig. Ein Verfassungsgericht, das – so wie im Fall des katalanischen Gesetzes über das SelbstbestimmungsreferendumFootnote 7 – die Verfassungswidrigkeit der Sezession aussprechen könnte, fehlt in der Welt von Eis und Feuer gänzlich.

Bemerkenswerterweise liegen die Motive für die genannten Sezessionsversuche jedoch in beiden vom Völkerrecht (teilweise) anerkannten Legitimationsgründen einer Sezession (Mancini 2008, S. 554 ff., 2013, S. 487 ff.; Novic und Urs 2016, Rz. 2; Tancredi 2016, S. 90 ff.), nämlich Dekolonisierung sowie (im Fall der [umstrittenen] remedial secession) krassen Menschenrechtsverletzungen. Sowohl die vielen Eroberungszüge der Targaryens, mit denen bislang selbständige territoriale Einheiten zugunsten eines Großreichs vernichtet und auch der Norden erobert wurden, als auch die Unterdrückung und Gräuel gegenüber der Familie Stark und ihren nördlichen Gefolgsleuten würden nach diesen Maßstäben das Streben nach Unabhängigkeit rechtfertigen.

Die am Schluss der Serie in der zur Bestimmung eines neuen Gesamtherrschers abgehaltenen Wahlversammlung (Game of Thrones S08E06) vereinbarte Unabhängigkeit des Nordens erinnert dagegen an das in der bekannten Entscheidung des kanadischen Supreme Court zur Sezession QuebecsFootnote 8 skizzierte Verhandlungsmodell: Der Supreme Court hatte darin eine Unabhängigkeit Quebecs dann als zulässig erachtet, wenn in Verhandlungen der abspaltungswilligen Provinz sowohl mit dem Bund als auch den anderen Territorien und Provinzen Kanadas Einvernehmen darüber erzielt worden sei. Dies geschieht, wenn auch stark verkürzt, in der erwähnten Wahlversammlung. Die Bedingung Sansa Starks zur Kür ihres Bruders als neuem Herrscher ist die Unabhängigkeit des Nordens. Die Wahlversammlung stimmt dieser Bedingung zu, worauf auch sie der Wahl Brans zustimmt. Eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeitsfrage findet freilich nicht statt.

3 Von der Erb- zur Wahlmonarchie: Wird Westeros eine Demokratie?

Auf derselben Wahlversammlung (Game of Thrones S08E06) geschieht noch anderes Bemerkenswerte: Die bisherige Staatsform der Erbmonarchie wird in eine Wahlmonarchie umgewandelt. Dies gilt offenbar nicht nur für den einmaligen Akt der Wahl Bran Starks zum neuen König, sondern auch für dessen Nachfolge, wird er selbst doch auf Grund seiner Lähmung ohne direkte Nachfahren bleiben. Ein Rotationsprinzip ist dafür augenscheinlich nicht vorgesehen. Ob Sansa Stark oder ein ihr nachfolgendes Staatsoberhaupt des nunmehr unabhängigen Nordens bei späteren Wahlversammlungen zur Bestimmung eines neuen Monarchen stimmberechtigt sein wird, wird nicht festgelegt. Da der Norden nicht mehr länger Teil der Seven Kingdoms – es findet in der letzten Folge daher ein Begriffswandel (Six Kingdoms) statt – ist, muss wohl davon ausgegangen werden, dass damit auch die Stimme des Nordens in der Wahlversammlung verlorenging. Über derartige Konsequenzen der Unabhängigwerdung des Nordens diskutiert man in der Wahlversammlung jedoch nicht. Spätere Konflikte scheinen dadurch zumindest möglich.

Wahlberechtigt ist freilich nicht das Volk der Seven Kingdoms, sondern einzelne – die Kampfhandlungen überlebt habende – Vertreter der wichtigsten Adelsdynastien von Westeros, die in dieser Vertretungsfunktion ihrerseits jedoch keiner Wahl unterlagen. Dies entspricht indes keiner repräsentativen Demokratie, sondern einer aristokratischFootnote 9 geprägten Oligarchie. Kontrastierend kann diese Königswahl mit der einige Zeit zuvor stattgefundenen Wahl der Nachfolge Balon Greyjoys auf den Iron Islands (Game of Thrones S06E05) verglichen werden, für die ebenfalls eine Wahlversammlung abgehalten wurde. Zwar werden mit dem Sohn, dann der Tochter und dem Bruder Balons Angehörige der bisherigen Dynastie als dessen Nachfolger vorgeschlagen, doch erfolgt diese Wahl nicht nach zwingend festgelegten Nachfolgeregeln, sondern nach politischer Opportunität und muss darüber hinaus durch ein Überlebensritual im Meer abgesichert werden.

Anders als die Wahl Euron Greyjoys, unterliegt die Wahl Bran Starks offenkundig einem „ungeschriebenen“ Einstimmigkeitsprinzip, was sich daran zeigt, dass Sansa Stark ihre Zustimmung zur Wahl Brans an die Bedingung der Unabhängigkeit des Nordens zu knüpfen vermag. Setzt man die Mitglieder der Wahlversammlung mit Vertretern der verschiedenen Regionen des Reichs gleich, ähnelt der Vorgang in manchen Zügen der Wahl des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation oder, in der Gegenwart, des malaysischen Yang di-Pertuan Agong durch die Herrscher der einzelnen Gliedstaaten MalaysiasFootnote 10 bzw. des Herrschers der Vereinigten Arabischen Emirate durch die im Höchsten Föderationsrat vertretenen HerrscherFootnote 11.

Ähnlichkeiten finden sich aber auch zu den Vorgängen, die zur Ausrufung Robb Starks, später Jon Snows und Sansa Starks zum King oder zur Queen in the North führen. Während in den ersten beiden Fällen, wie erwähnt, eine aus Vertretern regionaler Adelshäuser bestehende Wahlversammlung die jeweilige, zum Teil sehr spontan verlaufende Kür vornimmt, ist der Zuseher zwar mit Sansa Starks Krönung und der ihr entgegengebrachten Huldigung durch die Adeligen des Nordens, jedoch keinem davor stattfindenden Wahlvorgang konfrontiert. Im Gegensatz zur Wahl Bran Starks, die keiner Präferenz für eine bestimmte Dynastie, sondern seiner persönlichen Qualifikation geschuldet war, scheint jedoch vorgezeichnet, dass die Kings und Queens in the North stets Haus Stark entstammen.

An der Machtfülle des Herrschers der Six Kingdoms scheint sich jedoch durch den Wahlvorgang nichts verändert zu haben. Zwar wird der Herrscher weiterhin durch sein Small Council beraten und durch die Hand of the King vertreten, das Volk kann sich jedoch weder unmittelbar noch mittelbar an der Herrschaftsausübung beteiligen. Weder demokratische Wahlen noch Plebiszite sind vorgesehen. Nur sehr kurz wird eine demokratische Wahl durch „everyone“ von Samwell Tarly vorgeschlagen, was von anderen Mitgliedern der Wahlversammlung mit Gelächter und der verächtlichen Bemerkung, ob dann auch Hunde und Pferde wählen sollten, abgetan wird. Der Zuschauer wird dennoch verlockt, an eine Demokratisierung des Gemeinwesens zu glauben, die scheinbar mit dem Abgehen von der Erbmonarchie und der Bestimmung eines Herrschers nach sachlichen und gemeinwohlorientierten Kriterien wie Weisheit, Wissen und Uneigennützigkeit verbunden ist. Die Wahlmonarchie mag durch die positiv gezeichnete Figur Bran Starks bestechen, sie mag dem Reich einen föderalistischen Zug verleihen, sie beseitigt den strukturellen Demokratiemangel jedoch nicht, solange der Herrscher bloß von einer selbst nicht demokratisch legitimierten Wahlversammlung aus deren Mitte gewählt wird.

Die Monarchie bleibt, soweit ersichtlich, eine absolute. Keine „geschriebene“ Verfassung verankert Demokratie und Gewaltenteilung. Auch von Grundrechten ist wenig zu bemerken, bedenkt man, auf welch kurzem Wege Jon Snow in die Verbannung geschickt wird. Ein freilich noch weniger faires Verfahren stellte seinerzeit der infame Prozess gegen Tyrion Lannister dar, dem unter haarsträubenden verfahrensrechtlichen Bedingungen vorgeworfen wurde, seinen Neffen Joffrey ermordet zu haben. Unabhängige Richter gibt es nicht, selten objektive Beweisverfahren oder das Recht zur Verteidigung, auch keine menschenwürdigen Haftbedingungen oder Strafen, was übrigens auch unter dem kurzlebigen Regime der Sparrows nicht anders wird, wie Cersei Lannisters Bußgang dramatisch belegt. Somit ist es bis zum Schluss der persönlichen Entscheidung des Herrschers am Eisernen Thron überlassen, Willkür zu üben oder nicht, gerecht zu sein oder nicht, das Gemeinwohl im Auge zu haben oder eben nicht. Ob Bran Stark den Willen und die politische Kraft haben wird, dem Reich zukünftig eine andere Verfasstheit zu geben, bleibt ungewiss.

4 Das Paradoxon der „guten“ Tyrannin

Weit von einer liberalen Demokratie entfernt, wirkt Westeros dennoch – freilich nur relativ – liberaler und demokratischer als Essos (jedenfalls östlich der Free Cities). Demokratie, Gleichbehandlung und Abschaffung der Sklaverei sind daher das revolutionäre politische Programm, mit dem Daenerys Targaryen durch die östlichen Lande zieht. „To break the wheel“ – „not to stop the wheel“ – ist ihre im Gespräch mit Tyrion Lannister (Game of Thrones S05E08) erklärte Absicht, die sie letztendlich in der gesamten Welt realisieren will. Sie unterliegt dabei dem fundamentalen Irrtum, dass die bloße Persönlichkeit eines Herrschers imstande sein soll, ein institutionelles System zu ändern. Wie in der antikenFootnote 12 Vorstellung vom guten „König“ und dem schlechten „Tyrannen“ will sie ihre Monokratie damit rechtfertigen, im Gegensatz zu anderen Herrschern das Gemeinwohl vor Augen zu haben. Dies verkennt den grundsätzlichen Unterschied zwischen Monokratie und Demokratie, der von der Persönlichkeit des Staatsoberhaupts zu lösen ist.

Darüber hinaus ist Daenerys Targaryen auch weniger gemeinwohlorientiert, als sie selbst von sich glaubt. Denn auch wenn sie Sklaven befreit und damit deren Menschenwürde schützt, lässt sie gleichzeitig unzählige Personen des Ancien Régime einschließlich der ihnen Untergebenen, die völlig schuldlos Befehlen unterlagen, umbringen. Während sie von einer gerechten, der Vorherrschaft bisheriger Dynastien entrückten Gesellschaft träumt, sieht sie sich selbst durchaus als von Geburt dazu bestimmte Alleinherrscherin. Während die auf keine bestimmte Dynastie fixierte, neue Wahlmonarchie in Westeros wenigstens die Möglichkeit einer konsekutiven persönlichen Gewaltenteilung mit sich bringt, verschlimmert Daenerys die Situation sogar durch ihren Absolutheitsanspruch, nur sie könne die einzig legitime Herrscherin, und zwar überhaupt der ganzen Welt, sein. Die „Mutter“ der Drachen Drogon, Rhaegal und Viserion wird dadurch nicht nur allegorisch zum Leviathan, von dem behauptet wird, dass „keine Macht auf Erden ihm vergleichbar sei“Footnote 13. Eine im Wesentlichen durch den todbringenden Einsatz ihrer Drachen ermöglichte Herrschaft kann von Beginn an nicht für sich beanspruchen, auf Friedensliebe und Gemeinwohlorientierung gegründet zu sein. Auch lässt Daenerys nicht erkennen, sich im Fall einer in ihrem Sinn durchgeführten Eroberung der Welt freiwillig aus ihrem Amt zurückziehen und eine Demokratie einführen zu wollen.

Die Abschaffung der Sklaverei, für die sie sich einsetzt, erfolgt zwar primär im ehrlichen Bestreben, allen Menschen die gleiche Würde und gleiche Rechte zu garantieren. Doch zeugt gleichzeitig gerade die Annahme ihrer persönlichen Hervorgehobenheit unter allen anderen Menschen davon, dass sie in Bezug auf die eigenen Privilegien nicht von gleicher Würde oder gleichen Rechten aller Menschen ausgeht. Zumindest als Nebeneffekt verfolgt sie die Abschaffung der Sklaverei außerdem mit dem Kalkül, aus den ehemaligen Sklaven Anhänger für ihre eigene Sache zu gewinnen, wenngleich sie formal deren Zustimmung dazu einholt; ähnliche Zwecke verfolgt ihre Propagandarede in der letzten Folge (Game of Thrones S08E06), in der sie Dothraki und Unsullied unter Einsatz gezielter Rhetorik aufruft, mit ihr zusammen die Welt zu „befreien“ und das „Rad zu brechen“. Doch um welche Befreiung und welchen Bruch des Rads geht es dabei?

Wie keine andere Person steht Daenerys für überbordenden Zentralismus, der in einen von ihr beherrschten „guten“ Weltstaat münden soll. Was freilich „gut“ sein soll, bestimmt sie: Weder ist die Unabhängigkeit des Nordens für sie akzeptabel, noch duldet sie einen anderen Herrscher neben sich. Unklar bleibt ihr letztes Angebot an Jon Snow, an ihrer Seite die Welt zu befreien (Game of Thrones S08E06); da sie ja weiß, dass er – stattFootnote 14 und nicht bloß neben ihr – der rechtmäßige Thronerbe wäre, ist dieses mutmaßliche Angebot einer DoppelregentschaftFootnote 15 von vornherein obskur.

Vergleicht man daher die absolute Monarchie nach den Vorstellungen Daenerys Targaryens mit der am Ende eingeführten, ebenfalls absoluten Wahlmonarchie unter Bran Stark, ist letzteres Modell zumindest das gelindere Übel, weil es weder den Anspruch auf die ganze Welt von Eis und Feuer noch auf den Norden stellt. Vor allem geht es nicht von einer Herrschaftslegitimation durch Geburt aus, sondern gründet sich auf eine Wahl, die es gestattet, unterschiedliche Personen aus unterschiedlichen Dynastien – wenn auch aus einem demokratisch eng begrenzten Kreis – zu wählen. Ironischerweise wird Daenerys’ Anspruch darauf, das Rad dynastischer Herrschaften zu beenden, zwar von ihr konsequent umzusetzen versucht, indem sie sich selbst als zur Weltherrschaft Berufene erklärt (wer ihr mangels Nachkommenschaft einst nachfolgen hätte sollen, bleibt freilich offen) und anderen Dynastien dafür die Legitimation abspricht. Wer sich vom „Bruch des Rads“ jedoch erhofft hätte, dass die Demokratie eingeführt würde, wird enttäuscht. Denn Daenerys will das Rad dynastischer Herrschaft lediglich durch die Quadratur ihrer eigenen absolutistischen Herrschaft ersetzen. Der Anwendung der Radbruchschen Formel (Radbruch 1946, S. 107), auf die sogleich zurückzukommen ist, wird durch diesen „Bruch des Rads“ jedenfalls bald neuer Anlass geboten.

Dagegen führt die Wahlmonarchie das Rad zwar weiter, solange es die Vertreter bestimmter Dynastien sind, die das aktive und passive Wahlrecht in der Wahlversammlung ausüben. Kreisrund ist dieses Rad aber nicht, da das Herrscheramt dabei individuell, und nicht kraft zwingender Rotation, vergeben wird.

5 Sic semper tyrannis!?

Eng verknüpft mit der inhärenten Widersprüchlichkeit der vermeintlich „guten“ Tyrannin Daenerys Targaryen sind zwei weitere klassische Themen der Allgemeinen Staatslehre: Berechtigt die Ausübung von Unrecht zur Ausübung des WiderstandsrechtsFootnote 16? Berechtigt die Ausübung von Unrecht speziell sogar zum sogenannten „Tyrann(inn)enmord“Footnote 17?

Die erste Frage stellt sich in Game of Thrones in sehr vielen Kontexten, und zwar immer wieder in doppelter, gleichsam spiegelverkehrter Kombination: So etwa deutlich in Zusammenhang mit den Gräueln der Sklavenbefreiung in Astapor, Yunkai und Meereen, wenn Widerstand gegen (zumindest behauptetes) Unrecht zum eigenen Unrecht wird, aber auch an der Mauer, wenn Ser Alliser Thorne die Meuterei gegen Jon Snow damit begründet, dass dieser seinerseits die Gesetze der Night’s Watch verraten habe, nach deren Gelübde dieser die Funktion des „shield that guards the realms of men“Footnote 18 aufgetragen ist. Überhaupt durchzieht die ganze Serie fundamental die Frage, ob zwischen Übeln abgewogen und das geringere zugunsten des größeren Übels in Kauf genommen werden darf und muss. Eine „geschriebene“ Verfassung existiert nirgendwo, es fehlen aber auch „ungeschriebene“ Grundrechte sowie eine unabhängige Kontrollinstanz über Grundrechtsverletzungen. Während einzelne Targaryen-Herrscher, wie insbesondere Aegon I und Jaehaerys I, zumindest versuchten, lokale Rechtsvorschriften durch zentrale zu ersetzen, generell Rechtsvorschriften zu sammeln, zu modernisieren und zu vereinheitlichen, scheinen spezielle Regeln, die man als materielles Verfassungsrecht verstehen könnte, weitgehend zu fehlen. Gewohnheitsrecht dürfte eine größere Rolle spielen, garantiert ein limited governmentFootnote 19 aber ebenso wenig. Der fehlende rechtliche Schutz vor „unerträglicher Ungerechtigkeit“ (Radbruch 1946, S. 107) als Voraussetzung eines naturrechtlich begründeten Widerstandsrechts könnte daher durchaus ins Treffen geführt werden. Freilich beschränkt sich der geleistete Widerstand nicht auf Formen des zivilen UngehorsamsFootnote 20, sondern folgt vielmehr dem Talionsprinzip. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit werden dabei gerade nicht gewahrt: Wenn beispielsweise Daenerys die ganze Hauptstadt mit vielen Unschuldigen trotz der durch das Läuten der Glocken erfolgten Unterwerfung dafür büßen lässt, dass Cersei ihre Freundin und Ratgeberin Missandei umbringen ließ und sich Daenerys’ Herrschaftsansprüchen nicht beugen wollte, ist dies nicht das gelindeste Mittel, das diesem Unrecht entgegengesetzt werden könnte, sondern geradezu ein Widerstandsexzess.

Die zweite Frage, die unmittelbar mit dem Widerstandsrecht zusammenhängt, ist die nach der Legitimität des Tyrann(inn)enmords als einer ultima ratio des Widerstands gegen Unrecht. Dabei ist der Tyrann(inn)enmord eine auffällige Klammer zwischen Beginn und Ende von Game of Thrones: Der Usurpator Robert Baratheon ist am Thron, nachdem sein Vorgänger Aerys II vom damaligen Befehlshaber der Königswache Jaime Lannister ermordet wurde, den deshalb der Schmähname Kingslayer bis zum Ende seiner Tage verfolgen wird. Ob diese seine Verfemung gerecht ist, wird zu Recht bei verschiedenen Gelegenheiten diskutiert, scheint Jaime doch die Tat nicht aus purem Verrat und eigener Machtgier, sondern vor allem mit der Absicht unternommen zu haben, King’s Landing vor den pyromanischen Attacken des neronianische Züge tragenden Mad King zu bewahren.

Nachdem in der Serie viele weitere Fürsten und Könige ein anderen Motiven geschuldetes gewaltsames Ende fanden, steht auch am Ende der Serie (Game of Thrones S08E06) ein Tyrann(inn)enmord, in diesem Fall die Ermordung von Aerys’ Tochter Daenerys. Anders als ihrem Vater gelang es ihr davor noch, King’s Landing in Schutt und Asche zu legen. Die Beweggründe sind freilich unterschiedliche: Während Aerys II die Stadt aus Wahnsinn brennen sehen wollte, geht es Daenerys darum, den Tod Missandeis zu rächen sowie Cerseis Herrschaft im Allgemeinen ein Ende zu bereiten. Sie glaubt, einem höheren Wohl zu dienen, indem sie durch dieses Vorgehen die Stadt und das ganze Reich von einer Diktatur befreit. Paradoxerweise spielt auch hier das Motiv des Tyrann(inn)enmords eine Rolle, da Cerseis Unrecht von Daenerys als Anlass dafür genommen wird, die Stadt in Flammen zu setzen.

Gerade diese Fehlvorstellung von Schuld und Sühne, von der Inkaufnahme angeblich gelinderer Übel und einem absoluten, auf Geburt gegründeten Herrschaftsanspruch ist es aber, die Daenerys so gefährlich macht, was vom auf ihren Befehl inhaftierten Tyrion Lannister im Gespräch mit Jon Snow eindringlich aufgezeigt wird: Nur die Ermordung der Tyrannin könne verhindern, dass die ganze Welt ein Schicksal wie King’s Landing erleiden werde müssen.

Der durch die Verwüstung ihrer Residenz unausweichlich gewalttätige Tod einer Tyrannin, nämlich Cerseis, führt auf diese Weise rasch zur Ermordung einer anderen Tyrannin. Der Unterschied dabei ist freilich der, dass im zweiten Fall einzig Daenerys, nicht aber die mit ihr Verbündeten oder andere Menschen umgebracht werden. Es ist in diesem Fall tatsächlich die Ermordung einer Einzelnen, die ein Unrechtsregime zu beenden vermag. Die Vernichtung Cerseis, die von der unnötigen Ermordung vieler Unschuldiger begleitet wird, kann diese Bedingung von vornherein nicht erfüllen.

Ist die Ermordung von Daenerys also legitim, um die Welt vor Schlimmerem zu bewahren?

Die Antwort darauf hängt letztlich von der Gewichtung des quantitativen Arguments ab: Ist der Tod der Einzelnen in Kauf zu nehmen, wenn das Leben vieler dadurch gerettet werden kann? Nimmt die Einzelne, die Handlungen setzt oder setzen will, die unvereinbar mit elementarsten Rechten anderer Menschen, wie dem Recht auf Leben, sind, an, sich ihrer eigenen Rechte, wie des Rechts auf Leben, zu begeben? Mangels positiver Verankerung sowohl von Grundrechten als auch eines im Fall ihrer Verletzung ausübbaren Widerstandsrechts könnte dafür wohl überhaupt nur eine naturrechtliche Grundlage in Betracht kommen. Hat Daenerys mit ihrem Verhalten im Sinne des kategorischen Imperativs somit einen konkludenten Grundrechtsverzicht für ihr eigenes Recht auf Leben abgegeben und in der Folge die Sanktion zu ertragen, oder geht sie davon aus, dass es solche Rechte ohnehin nicht gibt, dann aber eben auch nicht für sie?

Von den jeweiligen Protagonisten des Game of Thrones wird der Tyrann(inn)enmord jedoch offenbar als unzulässig erachtet und – wenn auch unterschiedlich – sanktioniert. Während Jaime Lannister pardoniert wird, für lange Zeit Ehren und Würden wiedererlangt und zumeist nur hinter vorgehaltener Hand als Tyrannenmörder gebrandmarkt wird, ereilt ihn am Ende sein Schicksal mittelbar durch die Tochter des von ihm Ermordeten. Die Ermordung von Daenerys geschieht weniger als unmittelbare Sühne für die Vernichtung Cerseis und Verwüstung von King’s Landing als vielmehr vorbeugend, um der Welt solche Gräueltaten in Zukunft zu ersparen. Ihr Mörder Jon Snow wird trotz dieser grundsätzlich ehrenhaften Absicht dennoch verurteilt, den Rest seines Lebens als Mitglied der Night’s Watch zu verbringen, wofür im Übrigen keine Rolle zu spielen scheint, dass er selbst der rechtmäßige Thronerbe wäre und letztlich Mörder einer Königin war, die gar keinen Anspruch auf den Thron hatte und dies auch wusste.

6 Epilog

Dank seiner hochkomplexen Handlungsstränge stellt Game of Thrones eine Saga dar, die geradezu lehrbuchhaft – zumeist durchaus abschreckend – für viele Themen der Allgemeinen Staatslehre herangezogen werden kann. Nicht zuletzt tritt diese auffällige Themenlage auch aus dem Serientitel Game of Thrones selbst zutage, der ursprünglich nur der Titel des ersten Bandes der Romanreihe war. Anders als der eigentliche Originaltitel der Reihe („A Song of Ice and Fire”), akzentuiert Game of Thrones das vielleicht wichtigste Leitthema der Serie, nämlich den Kampf um Macht. Mit großem, im Sinne der antiken Tragödien Ἔλεος und Φόβος beim Zuschauer auslösen wollenden Drama, endet das Spiel der Throne schließlich auch in der Verbrennung des Eisernen Throns selbst – und damit des Symbols totalitärer Ansprüche und des bellum omnium contra omnesFootnote 21. Ein liberal-demokratischer Verfassungsstaat ist Westeros zwar auch am Ende der Serie nicht geworden: immerhin jedoch ihm ein kleines Stück näher gerückt.