Schlüsselwörter

1 Einleitung

Viele Länder in Sub-Sahara Afrika haben in den vergangen 20 Jahren eine erhebliche wirtschaftliche und menschliche Entwicklung erzielt. Vor der Pandemie waren die meisten der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt in Afrika. Durch die Pandemie wurden die positiven Ergebnisse der letzten 20 Jahre jedoch innerhalb eines Jahres (2020) zunichtegemacht: die Verschuldung wird massiv zunehmen, der Konsum wird einbrechen, ausländische Direktinvestitionen werden stark zurückgehen. Wie ökonomischen Daten zeigen, wird Afrika die Folge der Pandemie bis 2050 spüren (United Nations Development Program 2021, 5). Militärputsche in manchen afrikanischen Ländern wie zum Beispiel dem Tschad, Mali oder in Guinea untergraben demokratische Entwicklungen. Zudem haben Bürgerkriege, bewaffnete Auseinandersetzungen, fragile staatliche Strukturen, Ressourcen- und Verteilungskonflikte, Armut, Hunger, Raubbau an natürlichen Ressourcen, Flucht und Vertreibung in den letzten Jahren zugenommen statt abzunehmen. Der islamistische Terrorismus hat in der ostafrikanischen Region – angefangen von Mosambik bis Somalia, Kenia, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo – an Bedeutung gewonnen, nachdem er bereits vor Jahren zu einem ernsthaften Instabilitätsfaktor in der Sahel Region geworden ist. Und nicht zuletzt zeigt sich der Klimawandel in vielen Ländern in Form von ausbleibendem Regen, Überschwemmungen, Dürren, steigenden Temperaturen, Heuschreckenplagen, Armut und Hunger. Viele junge Menschen sehen daher wenig Perspektiven in der Landwirtschaft und in den ländlichen Regionen und ziehen in die Städte oder ins Ausland.

Angesichts dieser vielfältigen Herausforderungen, denen sich der afrikanische Kontinent gegenüber sieht, beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit der Frage, wie die Außenpolitik Österreichs gegenüber den Ländern Afrikas beschaffen ist und welche Faktoren diese Politik geprägt haben. Auch wenn die österreichische Afrikapolitik nicht so sichtbar ist wie jene der großen europäischen Staaten Deutschland, Großbritannien oder Frankreich, ist Österreich in Afrika in vielen Politikbereichen aktiv. Laut Außenministerium arbeitet Österreich an einer gesamtstaatlichen österreichischen Afrikastrategie, die die Partnerschaft mit Afrika auf eine neue Ebene heben soll (Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten 2021). Österreich engagiert sich in der Förderung der Zivilgesellschaft, in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, in der politischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit sowie in der Förderung des Bildungssektors. Im Rahmen der europäischen Afrikapolitik ist die Migration ein wichtiges Politikfeld für Österreich.

In diesem Beitrag werden die verschiedenen politischen Aktivitäten Österreichs dargestellt. Nach diesem einleitenden Kapitel wird im zweiten Kapitel die österreichische Politik im Zusammenhang mit der europäischen Afrikapolitik diskutiert. Das dritte Kapitel befasst sich mit der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit als weiteres Mittel seiner Außenpolitik. Im vierten Kapitel wird Bildungszusammenarbeit der österreichischen Entwicklungsagentur in den Schwerpunktländern Österreichs vorgestellt. Kapitel fünf befasst sich mit der österreichischen Außenpolitik im Bereich der Bildung und Kooperation zwischen den österreichischen und afrikanischen Universitäten. Der Beitrag wird mit Zusammenfassung, Schlussfolgerung und einigen Reflexionen über die österreichisch-afrikanischen Beziehungen abgeschlossen.

2 Europäische und Österreichische Afrikapolitik

Österreichs Kooperation mit den Ländern und Regionalorganisationen in Subsahara-Afrika (SSA) ist in die Afrika-Politik der EU eingebettet. (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten 2020, 4)

Die Europa-Afrika Beziehungen haben eine lange unerfreuliche Geschichte durchlebt: Sklaverei, Kolonisierung, brutale Kriege europäischer Mächte gegen Widerstandskämpfer (in Algerien, Äthiopien etc.), systematische Unterstützung für und Legitimation von Apartheid gegen die Südafrikaner*innen, Ausbeutung von Ressourcen, Bündnis mit afrikanischen Diktatoren usw.. Während des Kalten Krieges haben einflussreiche westeuropäische Staaten wie Frankreich oder Großbritannien mit jedem Diktator in Afrika kooperiert, solange er nicht kommunistisch gesonnen war. Diese Strategie hat der Glaubwürdigkeit Europas geschadet. Als der Kalte Krieg zu Ende ging und Europa in seiner entwicklungs- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit von afrikanischen Staaten Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung als Bedingung forderte, wurde Europa in Afrika als heuchlerisch betrachtet. Auch gegenwärtig ist die europäische Partnerschaft bi- oder multilateral mit afrikanischen Partnern nicht immer von einer langfristigen und nachhaltigen Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit geleitet. So haben zum Beispiel wichtige europäische Staaten bilateral ihre Partnerschaften auch mit autoritären Staats- und Regierungschefs bedingungslos gepflegt wie Frankreich mit Tschad oder Kamerun oder Italien mit Libyen.

Europa pflegte mit den Yaoundé (1963 bis 1975), Lomé (1975 bis 2000) und Cotonou Abkommen (seit 2000) sowie mit wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen eine wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit hat aus dem kolonialpolitischen Hintergrund eine besondere Bedeutung gehabt. Während des Kalten Krieges haben die ehemaligen Kolonien als Pufferzone gegen die Verbreitung des Kommunismus gedient. Dabei waren autoritäre Regierungen in Afrika für Europa kein Problem, obwohl in den Lomé und Cotonou Abkommen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung fest verankert waren.

Nach dem Ende des Kalten Krieges und nach dem Zerfall der UdSSR begannen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung wieder eine Rolle zu spielen. Es gab keine kommunistische Gefahr mehr. Daher verlangten die Europäer für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit Einhaltung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung. Damit begann eine Phase der sogenannten die politische Konditionalität. Trotz dieser Konditionalität hat vor allem Frankreich seine Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen afrikanischen Kolonien wie Tschad oder Kamerun ungeachtet der Verletzung von Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Regierungsführung weiter gepflegt.

Seit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre begann wieder die enge Kooperation mit autoritären Staats- und Regierungschefs. Hierfür hat die verbreitete Präsenz des islamischen Terrorismus allen voran Al-Qaida von der arabischen Halbinsel aus in Ost- und Nordafrika eine entscheidende Rolle gespielt. Die terroristischen Attentate auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia 1998 und die Flucht Osama Bin Ladens in den Sudan haben nicht nur die Präsenz der USA, sondern auch die von Europa intensiviert. Der Zerfall Somalias 1991, der Genozid von Ruanda 1994 und der verheerende Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo seit Mitte 1990er-Jahre sowie der Bürgerkrieg im Sudan seit Anfang 1980er-Jahre haben zu vermehrten Aktivität Europas in Afrika geführt.

Der erste wichtigste militärische Einsatz der Europäer in Afrika war die Operation Artemis in der demokratischen Republik Kongo 2003. Die EU war in diesem Land nicht nur in Friedenseinsätzen tätig, sondern auch in der Polizei-, Sicherheits- und Justizreform. Auch wenn Liberia, Sierra Leone und Guinea im Westafrika der 1980er- und 1990er-Jahre auch von Bürgerkriegen betroffen waren, war die europäische Präsenz in der zentral- und ostafrikanischen Regionen viel sichtbarer als im westlichen Afrika. Die bis vor einigen Jahren massiv gestiegene Piraterie auf dem Roten Meer und dem Indischen Ozean hat auch zu dieser verstärkten Präsenz Europas im östlichen Afrika beigetragen.

Nachdem der islamistische Terrorismus in Ostafrika (Mozambique, Somalia, Uganda, Kenia) und in der Sahel Region (Tschad, Niger, Mali, Burkina Faso und Mauretanien) zugenommen hat, ist die europäische Präsenz auch in diesen Regionen immer stärker geworden. Sicherheitspolitische Gefahren wie der islamistische Terrorismus in Form von Al-Shabab, Boko-Haram und Islamischer Staat, haben fast immer zu Nachteilen der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Afrika geführt, weil angesichts der sicherheitspolitischen Dringlichkeit die politische Konditionalität zurückgesteckt wurde. Auf der anderen Seite war es auch oft so, dass politische Konditionalität als westliche Einmischung in die innere Angelegenheit von der afrikanischen Seite abgelehnt wurde, wie etwa die Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten in Simbabwe, Uganda, Ruanda, Äthiopien, Sudan und der Elfenbeinküste gezeigt haben.

Der zunehmende Einfluss externer nicht-demokratischer Akteure in Afrika wie China, Russland, Iran, Türkei, Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emiraten, also Staaten, die nicht viel von demokratischen Institutionen halten, wird das Engagement und die Relevanz Europas in Afrika zurückdrängen. Für die genannten Staaten sind Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit innere Angelegenheiten, die in der internationalen strategischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit keine Rolle spielen. Auf der anderen Seite haben aber Europa und Afrika in der EU-Afrikastrategie von 2005 und in der gemeinsamen EU-Afrika-Strategie 2007 die Wichtigkeit der guten Regierungsführung, der Menschenrechte, der Grundfreiheiten, der Gleichheit von Mann und Frau sowie der Stärkung der Zivilgesellschaft und der nachhaltigen Entwicklung etc. hervorgehoben. Nun ist die Frage, ob Europa angesichts des Wettlaufs mit den oben genannten externen Akteuren an den Werten Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit weiterhin festhalten oder es sie fallen lassen wird, um mit diesen nichtdemokratischen externen Akteuren in Afrika für das eigene Interesse konkurrieren zu können.

Neben der Terrorbekämpfung wurde in Afrika in letzten 20 Jahren vor allem auch die Migration von Afrika nach Europa zu einem relevanten Thema. Diese ist zu einem wesentlichen Teil – neben den innerafrikanischen Ursachen – das Ergebnis der kolonial- und sklavereipolitischen Ausbeutung und Entmenschlichung von Afrikaner*innen. Als 2014 und 2015 die Immigration nach Europa zunahm, entwickelte Europa rasch den sogenannten Valletta Aktionsplan (2015), wobei es hier primär um Migrationsmanagement ging. Dieses Migrationsmanagement besteht aus vier Säulen: den Anreiz für irreguläre Migration reduzieren, Grenzkontrolle, gemeinsame Asylpolitik und eine neue Politik für legale Migration. Die Folge dieses Aktionsplans war ein wichtiges 5 Mrd. Euro schweres Instrumentarium, der EU-Treuhandfond, mit folgenden Schwerpunkten in drei wichtigen afrikanischen Regionen: i) wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung, ii) Stärkung der Resilienz der von Klimawandel und Ernährungsunsicherheit betroffenen Staaten, iii) verbessertes Migrationsmanagement, und iv) gute Regierungsführung und Konfliktprävention (European Commission 2021).

Dies ist auch der Rahmen, in dem Österreich seine Afrikapolitik zusammen mit der europäischen Politik koordiniert. Trotzdem tritt Österreich auch als eigenständiger außenpolitischer Akteur in Afrika auf. Im folgenden Teil wird dies anhand von einigen sicherheitspolitischen Aktivitäten Österreichs gezeigt.

3 Entwicklungs- und Bildungszusammenarbeit

In der Entwicklungszusammenarbeit ist Österreich in einigen Schwerpunktländern in Afrika aktiv, die oft von sozialen Problemen wie Armut oder Ernährungsknappheit betroffen sind. Mit unterschiedlichen Herangehensweisen und Instrumenten in Kooperation mit Partnerorganisationen insbesondere der EU arbeitet Österreich in ausgewählten afrikanischen Ländern im Bereich der Armutsbekämpfung. Im westlichen Afrika in Burkina Faso, in Ostafrika in Äthiopien und Uganda und im südlichen Afrika in Mozambik.

Die Partnerschaft zwischen Burkina Faso und Österreich ist in den 1960er Jahren entstanden. Durch eine integrierte Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und der Regierung von Burkina Faso einigten sich Österreich und Burkina Faso im Jahr 1997 auf einen indikativen Rahmen der Zusammenarbeit (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres 2019, 3). Es ist dabei das Ziel der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit mit Burkina Faso, zur Erreichung der erwarteten Ergebnisse in den folgenden Bereichen beizutragen:

Verbesserung der Wirksamkeit der politischen, administrativen, wirtschaftlichen, lokalen und umweltpolitischen, Regierungsführung; Entstehen einer modernen Wirtschaft, die auf einen progressiven, kompetitiven und dynamischen Primärsektor beruht und um den sich verarbeitende Industrie und Dienstleistungsbranchen weiterentwickeln (...); Rückgang der nationalen Armutsinzidenz; Rückgang des jährlichen Bevölkerungswachstums; schneller Anstieg des Entwicklungsniveaus von Humankapital; und Veränderung der Produktions- und Konsummuster die sich der Perspektive nachhaltiger Entwicklung unterordnen. (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres 2019, 3).

Diese waren strategische Zielen des Nationalen Entwicklungsplans Burkina Fasos für den Zeitraum 2016–20. Durch seinen Beitrag zu Frieden, Entwicklung, Sicherheit, wirtschaftlichen Aktivitäten, Beschäftigung, sozialer Inklusion, Gleichstellung der Geschlechter, Umweltschutz, Stärkung guter Regierungsführung, technischer und beruflicher Bildung und Ausbildung will Österreich zwei wichtige und große Ziele erreichen helfen: nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Resilienz in ländlichen Gebieten (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres 2019, 5). Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und die Austrian Development Agency (ADA) haben für ihre strategische Zusammenarbeit mit Burkina Faso folgende bestehende und potenzielle österreichische Akteure identifiziert: Bundesministerien, Regionen und Gemeinden; Österreichische Nichtregierungsorganisationen (NROs) / Zivilgesellschaftsorganisationen und der Privatsektor; Österreichs Entwicklungsbank, OeEB (Investitionen für Klimawandelprävention); und Österreichs Exportkreditagentur (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres 2019, 9).

Gegenwärtig ist Österreich in Burkina Faso mit mehr als 26 Mio. Euro in 17 Projekten involviert: davon für soziale Infrastruktur und Dienst 40 %, Landwirtschaft 16 %, Nahrungsmittelhilfe 10 %, Bildung 10 % Industrie und Gewerbe 8 %, humanitäre Hilfe 6 %, Energie 5 %; Staat und Zivilgesellschaft 1 % und multisektorale Maßnahmen 1 % (Austrian Development Agency 2021a). Fünfzehn ähnliche Projekte führt Österreich in Mosambik mit über 27,7 Mio. Euro, davon in den Bereichen Frieden und Sicherheit (37 %), Landwirtschaft (28 %), Wasserversorgung und Abwasser- und Abfallentsorgung (18 %), soziale Infrastruktur und Dienste (10 %), Staat und Zivilgesellschaft (3 %), Humanitäre Hilfe (1 %) und Multisektorale Maßnahmen (1 %). (Austrian Development Agency 2021c).

Mosambik ist für Österreich schon seit 1992 ein Schwerpunktland. Die EU und Mosambik haben 2015 das sogenannten National Indicative Programme (NIP) im Rahmen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds für den Zeitraum 2014–2020 unterschrieben. Ziel dieses Programms sind die Förderung demokratischer Institutionen, Frieden und Sicherheit, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit, Armutsreduktion, nachhaltige und inklusive Entwicklung, nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung und Ernährungssicherheit und ein unternehmensfreundliches Umfeld. (Federal Ministry for Europe, Integration und Foreign Affairs 2019a, 2). Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit baut auch auf diesem Kooperationsrahmen auf.

Im östlichen Afrika sind Äthiopien und Uganda weitere Schwerpunktländer Österreichs. Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit mit Äthiopien existiert seit 1993. Mit mehr als 22,8 Millionen Euro gibt es aktuell 17 Projekte in Äthiopien in verschiedenen Bereichen: Soziale Infrastruktur und Dienste (51 %), Staat und Zivilgesellschaft (37 %), humanitäre Hilfe (8 %), Landwirtschaft (2 %) multisektorale Maßnahmen (1 %) (Austrian Development Agency 2021b). Dabei unterstützt Österreich den sogenannten „Third Growth and Transformation Plan 2020/21–2024/25“ Äthiopiens. Angesichts der klimabedingten Vulnerabilität Äthiopiens fokussiert österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Äthiopien u. a. auf Resilienz (Federal Ministry for Europe, Integration und Foreign Affairs 2019b, 3). Die strategischen Ziele der Kooperation beziehen sich auf Resilienz in den Bereichen der sozioökonomischen Entwicklung und Umwelt, Ernährungssicherheit, Empowerment von Frauen, Förderung von Jugend und Menschen mit Beeinträchtigung (Federal Ministry for Europe, Integration und Foreign Affairs 2019b, 4).

Die Entwicklungszusammenarbeit Österreichs mit Uganda existiert seit 1992. Die gegenwärtige Kooperation besteht u. a. aus nachhaltiger Armutsreduktion, Wasserversorgung, Hygiene, Umweltschutz, Frauenförderung, Konfliktprävention, Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (Federal Ministry for Europe, Integration and Foreign Affairs 2019c, 3). Mit knapp 20 Mio. Euro unterstützt Österreich in Uganda 24 verschiedene Projekte in den genannten Bereichen. Davon machen Staat und Gesellschaft 68 % aus, Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung 12 %, humanitäre Hilfe 9 %, Landwirtschaft 3 %, Umweltschutz 1 %, Bildung 1 %, Banken und Finanzen 1 %, Energie 1 %, Tourismus 1 %, soziale Infrastruktur und Dienste 1 % (Austrian Development Agency 2021d).

Die ADA (Austria Development Agency) und das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) setzen ihren thematischen Fokus in der Kooperation mit ins besonderem Subsahara Afrika auf Frieden und menschliche Sicherheit und grenzüberschreitendem integriertem Wasserressourcenmanagement. Die allgemeinen Ziele sind: Unterstützung der afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur, Unterstützung für regionale und panafrikanische Aktivitäten und aktive Teilnahme am Politikdialog zwischen Afrikanischer Union (AU) und Europäischer Union (EU) (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten 2020, 8). In Westafrika kooperiert Österreich mit der Economic Community of West African States (ECOWAS), im östlichen Afrika mit Intergovernmental Authority on Development (IGAD) (mit Sitz in Dschibuti) und der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAC – East African Community – mit Sitz in Tansania), im südlichen Afrika mit Southern African Development Community (SADC) (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten 2020, 8–10).

Auch Nichtregierungsorganisationen wie die Caritas arbeiten in unterschiedlichen Ländern in Afrika. Ein Schwerpunkt für die Caritas Österreich in Mali ist es, die Kinder, die auf der Straße leben, zu versorgen und den Kindern in Notsituationen Schutz und Zuflucht zu geben. In Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo und Äthiopien werden Bäuerinnen und Bauern beim Anbau unterstützt. „Kleinbäuerinnen und -bauern erhalten Saatgut, Nutztiere und werden entsprechend geschult“ (Caritas 2021). Kinder und Mütter werden auch in Ernährungszentren und Schulspeisungen unterstützt und versorgt (Caritas 2021). Durch Übernahme von Schul- bzw. Studiengebühren sowie der Kosten für Unterkunft und Verpflegung arbeitet die Caritas in Burundi. Rund 4.900 besonders bedürftige Flüchtlinge aus Burundi werden im Camp Mahama in Ruanda durch die Caritas unterstützt (Caritas 2021). Ernährungssicherung durch verbesserte Landwirtschaft ist ein wesentlicher Teil der Projekte in Senegal, Mali und Kenia. Im Nahrungsbereich, Landwirtschaft und Grundschule arbeitet die Caritas im Südsudan. Das von Dürre, Ernteausfällen, Jugendarbeitslosigkeit stark betroffene Uganda ist ein weiteres Land, wo die Caritas entwicklungspolitisch tätig ist (Caritas 2021).

Im Bereich der Bildungszusammenarbeit kooperiert Österreich im Rahmen des Austrian Partnership Programm for Education and Research (APPEAR) mit Äthiopien, Burkina Faso, Uganda und Mosambik auch in akademischen Bereichen. Dabei spielen die nachhaltigen Entwicklungsziele, der Auf- und Ausbau der wissenschaftlichen Kapazitäten der afrikanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die thematischen Schwerpunkte dieses Programms sind: Beseitigung von Armut und Erfüllung der Grundbedürfnisse im Bereich der Wasserversorgung, Sanitätsanlagen, Energiegewinnung, Ernährungssicherheit, Bildung, Sozialschutz und Beschäftigung, Menschenrechte, Migration, Geschlechtergleichheit, nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, Städteentwicklung, Digitalisierung, Umweltschutz, erneuerbare Energie, Frieden, Konfliktprävention und -management, Sicherheit und gute Regierungsführung (APPEAR 2021).

Anfang 2020 wurde auch ein Netzwerk österreichischer und afrikanischer Universitäten – Africa-UniNet – im Auftrag des österreichischen Bildungsministeriums gegründet. Ziel dieses Netzwerkes ist es u. a., eine langfristige und stabile Basis für die Kooperation der österreichischen und afrikanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen zu schaffen, durch Förderung von Kooperation der akademischen Institutionen gemeinsame Forschungsprojekte zu entwickeln, eine langfristige Plattform für den wissenschaftlichen Diskurs zu schaffen und Kontakte zwischen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen zu etablieren (Africa-UniNet 2021).

4 Sicherheitspolitische Zusammenarbeit

Auch wenn Österreich in Afrika überwiegend im entwicklungs- und bildungspolitischen Bereich aktiv ist, ist es in den afrikanischen Staaten auch in einigen sicherheitspolitischen Projekten involviert. Diese betreffen vor allem die Bekämpfung der Verbreitung von Waffen, die Beteiligung an militärischen Friedenseinsätzen, die Unterstützung für regionale sicherheitspolitische Organisationen wie der Intergovernmental Authority on Development am Horn von Afrika und die enge Kooperation mit wichtigen regionalen Akteuren wie Nigeria, Südafrika und Äthiopien.

Das Regional Centre on Small Arms in the Great Lakes Region, the Horn of Africa and Bordering States (RECSA) wurde im Jahre 2005 gegründet. Dieses RECSA besteht aus Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Ruanda, Sudan, Tansania und Uganda, Seychellen, Somalia, der Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik und Südsudan. Das Ziel ist die Bekämpfung von illegaler Verbreitung von Kleinwaffen, bewaffneten Konflikten, organisierter Kriminalität, Terrorismus und illegaler Ausbeutung von Bodenschätzen. Dabei spielen Prävention, Kontrolle und Reduzierung von illegalen Kleinwaffen eine zentrale Rolle. Das Bundesministerium für Landesverteidigung/das Bundesheer beteiligt sich an Trainingsaktivitäten und an Lagersicherheit bzw. Lagerverwaltung der illegalen Kleinwaffen. Österreich war 2019 neben Deutschland auch an der Vorbereitung der RECSA auf die Übernahme der Führung der Koordinierung des Trainingsprogramms und an der Umsetzungsstrategie beteiligt (Institut für Friedenssicherung Konfliktmanagement 2020a).

Ähnlich kooperiert Österreich mit Senegal im Training der Senegalesen für die Entsorgung von Sprengstoffen und Munitionen, die unsicher gelagert sind. Diesbezüglich wurde 2018 ein Abkommen zwischen den USA, Senegal und Österreich vereinbart und die erste Phase des Projektes gestartet. 2019 wurde die zweite Phase mit dem Training der senegalesischen Instruktoren begonnen. 2020 wäre ein Besuch der senegalesischen Experten in Österreich geplant gewesen. Für 2021 ist die Übergabe der Verantwortung für das Training an die Senegalesen geplant. Betreffend Geschlechtergleichheit, Sicherheitspolitik und Prävention von Verbreitung von Waffen und Munitionen gehört Westafrika zu den wichtigsten strategischen Regionen für Österreich (Institut für Friedenssicherung Konfliktmanagement 2020b). Die Wichtigkeit solcher sicherheitspolitischen Aktivitäten ist in den außenpolitischen Aspekten der Sicherheitspolitik fest verankert (Bundeskanzleramt 2013, 22).

Als 2007 die Situation zwischen Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und dem Sudan vor allem durch den Bürgerkrieg in Darfur/Sudan zur Eskalation der Kämpfe und zur Vertreibung von sehr vielen Zivilist*innen führte, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1778 am 25. September 2007. Die Europäische Union und Albanien, Kroatien und Russland führten mit 3.700 Truppen (woran Österreich beteiligt war) eine Militäroperation (European Union Force/EUFOR) im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik (EUFOR Tschad/CAR) zwischen 28. Januar 2008 und 15. März 2009, welche letztendlich von der Mission der Vereinten Nationen (UN) MINURCAT am 15. März abgelöst wurde. EUFOR Tschad/RCA hatte folgende Ziele: Schutz der Zivilist*innen; Schutz der Flüchtlinge und Vertriebenen; Unterstützung bei der humanitären Hilfelieferung; Schutz des UN-Personals und der UN-Einrichtungen. 173 österreichische Soldat*innen waren im Einsatz sowohl in Headquarters als auch im Vorort im Einsatz gemäß dem Mandat und den Zielvorgaben (Hainzl and Feichtinger 2011, 181).

Im März 2012 übernahmen Putschisten die Macht in Mali. Nicht nur der Putsch, sondern auch die islamischen Terroristen destabilisierten das Land. Als Reaktion darauf haben viele externe Akteure, allen voran Frankreich, ihr Engagement in Mali intensiviert. Frankreich startete seine Operation Serval am 11. Jänner 2013. Diese Operation wurde auch durch African-led International Support Mission to Mali (AFISMA) unterstützt. Die United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA) wurde für die Stabilisierung vom Mali durch die Resolution 2100 des UN-Sicherheitsrates am 25. April 2013 ins Leben gerufen. Durch den Beschluss des Rates der Europäischen Union am 17. Januar 2013 wurde der Weg zur Militärmission der Europäischen Union als Beitrag zur Ausbildung der malischen Streitkräfte geebnet. Am 8. Februar 2013 kamen die ersten europäischen Truppen in Bamako, Mali an (EUTM 2021a). Unter den 22 daran beteiligten EU-Staaten war auch Österreich dabei, um die malischen Truppen zu trainieren (Hainzl 2013, 3). Für das 5. Mandat (Periode 2020–2024) hat die European Training Mission in Mali (EUTM) zwei wichtige Ziele: erstens, zur Verbesserung der Operationskapazität der malischen Armee beizutragen; zweitens, Unterstützung der Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Truppen G5 Sahel (Burkina Faso, Niger, Tschad, Mali und Mauretanien) und der Einzelstaaten dieser Gruppe. In diesen Trainingsaktivitäten sind 25 europäische Staaten involviert (22 EU-Staaten und 3 nicht-EU-Staaten). Österreich ist einer dieser EU-Staaten (EUTM Mali 2021b).

Mit mehreren Staaten Sub-Sahara Afrikas pflegt Österreich Beziehungen in unterschiedlichen Politikbereichen. Österreich engagiert sich für Frieden und Sicherheit am Horn von Afrika im Rahmen der Intergovernmental Authority on Development. In diesem Engagement geht es primär um die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus am Horn von Afrika und um den Wiederaufbau des zerfallen Staat Somalia (Äthiopische Botschaft Addis Abeba 2021).

In dieser Region ist Äthiopien einer der wichtigsten Kooperationspartner für Österreich, weil es bevölkerungsmäßig das zweitgrößte Land ist und für die Sicherheit und Stabilität am Horn von Afrika eines der wichtigsten Länder ist. Die äthiopisch-österreichischen Beziehungen gehen weit bis 1905 zurück. 1912 wurde in Addis Abeba ein Honorarkonsulat eingerichtet und 1964 folgte die österreichische Botschaft in Addis Abeba (Äthiopische Botschaft Addis Abeba 2021). Als erster österreichischer Regierungschef seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1905 besuchte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) 2018 Äthiopien. Äthiopien ist für Österreich u. a. deswegen wichtig, weil Addis Abeba der Sitz der Afrikanischen Union, der UN-Economic Commission for Africa, der Konferenz für Sicherheit, Stabilität, Entwicklung und Zusammenarbeit in Afrika (CSSDCA), des Frühwarnzentrums der Intergovernmental Authority on Development sowie des militärischen Hauptquartiers der African Stand-by Force ist. Die direkte Flugverbindung von Ethiopian Airlines zwischen Wien und Addis Abeba seit 2014 trägt auch zu dieser wichtigen Beziehung zwischen Österreich und Äthiopien bei (Österreichische Botschaft Addis Abeba 2021).

Im westlichen Afrika ist Nigeria ein wichtiger Staat für die österreichische Außenpolitik. Nigeria ist eine militärische und ökonomische Macht in Westafrika und das bevölkerungsreichste Land in gesamt Afrika. Durch das 1909 errichtete Honorarkonsulat in Lagos konnte Österreich-Ungarn seine diplomatischen Beziehungen mit Nigeria Pflegen, bis das Konsulat wegen des Ausbruchs der 1. Weltkrieges geschlossen wurde. Die bilateralen Beziehungen wurden wieder 1962 aufgenommen. Durch bilaterale Verträge bauen Österreich und Nigeria – für Österreich nach Südafrika der zweitwichtigste Handelspartner in Subsahara-Afrika – seit 1982 ihre wirtschaftliche, industrielle und technische ihre Zusammenarbeit aus. LKW- und Traktorenwerk, Stahlwerk, Spitalserrichtung, Stromerzeugung etc. sind Bereiche, in denen österreichische Unternehmen engagiert sind. 2018 betrug das bilaterale Handelsvolumen zwischen Nigeria und Österreich etwas über 200 Mio. Euro Außerdem gibt es seit 2012 ein Rückübernahmeabkommen (Österreichische Botschaft in Abuja 2021).

Wie die seit der Eröffnung des Konsulats in Kapstadt 1852 bestehenden Beziehungen zwischen Südafrika und Österreich zeigen, ist Südafrika für Österreich wahrscheinlich das wichtigste Land im Sub-Sahara Afrika. Im Bereich der Wirtschaft und Technologie sind die Beziehungen sehr stark verwurzelt. Durch die Unterzeichnung der Kooperation im Jahr 2015 haben beide Länder ihre Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft, Technologie, Wissenschaft und Wirtschaft ausgebaut. Der bilaterale Handel zwischen Südafrika und Österreich wuchs von 834,2 Mio. im Jahr 2015 auf 1180,9 Mio. Euro 2019. Während es über 70 österreichische Unternehmen mit Niederlassungen oder Agenturen in Südafrika gibt, gibt es vier südafrikanische Unternehmen mit Investitionen in Österreich. Die Zahl der österreichischen Besucher in Südafrika im Jahr 2019 betrug 30.376 (Südafrikanische Botschaft und Ständige Vertretung in Wien 2021).

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die Ausführungen in diesem Beitrag haben aufgezeigt, dass Österreich im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, im Bildungsbereich und im sicherheitspolitischen Bereich in vielen afrikanischen Ländern aktiv ist. Die Rolle Österreichs ist durch sein politisches und ökonomisches Engagement in den afrikanischen Ländern sichtbar. Seine Aktivitäten in verschiedenen sozialen Bereichen sind wichtig und beachtlich. Die interuniversitären Partnerschaften sind für wirtschaftliche, wissenschaftliche und technologische Entwicklungen ausschlaggebend. In diesem Bereich sollte Österreich noch mehr investieren.

Aber was Österreich in der Zusammenarbeit mit Afrika bewirken kann, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Ein erster und wichtiger Erfolgsfaktor ist ein innerafrikanischer. Rechenschaftspflicht, gute Regierungsführung und demokratische Strukturen sind entscheidend für langfristige Erfolge der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit. Daher muss bedingungslose Kooperation mit autoritären Staats- und Regierungschefs Afrikas überdacht werden. Auch wenn diese Partner strategisch wichtig sind, zum Beispiel im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus, ist es wichtig, die Werte Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die für den Erfolg der Nachkriegsgeschichte des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstandes in Europa so maßgeblich waren, nicht aus den Augen zu verlieren.

Ein zweiter wichtiger Faktor für den Erfolg der österreichischen sicherheitspolitischen und ökonomischen Zusammenarbeit ist, ob alle externen Akteure an einem gemeinsam demokratischen Strang ziehen oder nicht. Angesichts des zunehmenden Einflusses externer nicht-demokratischer Akteure in Afrika wie China, Russland, Iran, Türkei, Saudi-Arabien oder der Vereinigten Arabischen Emirate, die nicht viel von demokratischen Institutionen halten, ist eine langfristige ökonomische und sicherheitspolitische Stabilisierung und Entwicklung Afrikas schwer umsetzbar. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind für eine nachhaltige politische und ökonomische Entwicklung Afrikas essenziell. Es ist weiterhin wichtig, dass Österreich in der entwicklungs-, wirtschafts- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Afrika die genannten Werte nicht als etwas Nebensächliches im strategischen Wettlauf mit den externen Akteuren betrachtet, sondern sie als tragende Säulen des Friedens, des Wohlstandes und der Sicherheit in Afrika in Zusammenarbeit mit europäischen und nicht-europäischen externen Akteuren fördert.

Migration aus Afrika ist für Europa zu einem wichtigen Handlungsfeld geworden. Ist für Europa jegliche Art von Kooperation mit afrikanischen Herkunfts- und Transitländern der Migration genehm, solange dadurch Migration von Afrika nach Europa sinkt? Österreich muss zusammen mit Europa die globale politische Ökonomie und Wirtschaftsordnung stark überdenken. Humanitärer Aktionismus der NROs oder Spendensammeln für afrikanische Staaten sind keine nachhaltigen Lösungen. Sie können vielleicht gewissensberuhigende Strategien wie das Modell von EU-Türkei-Flüchtlingsdeal sein. Sie sind kurzfristig öffentlichkeitswirksam oder hilfreich, aber ursachenpolitisch gesehen langfristig nicht brauchbar. Solche Deals und Aktionen sind eine Fortsetzung von Rassismus mit anderen Mitteln. Migration von Afrika nach Europa ist zu einem wesentlichen Teil – neben den internen Ursachen – das Ergebnis der kolonial- und sklavereipolitischen Ausbeutung und Entmenschlichung von Afrikaner*innen und das Ergebnis der ungerechten globalen wirtschaftlichen und umweltpolitischen Ordnung. Daher braucht Europa aus ethischen Gründen und Gründen der Gerechtigkeit das historische Bewusstsein und die Erkenntnis seiner Verantwortung, dass es selbst auch dazu beigetragen hat, dass Menschen vertrieben werden oder auswandern. Was Afrika braucht ist nicht eine europäische Afrikapolitik der Nächstenliebe, sondern eine veränderte globale politische Ökonomie, eine faire, korrekte und transparente globale Wirtschaftspolitik, Handelspolitik, Umweltpolitik und Sicherheitspolitik. Europäische Investitionen in Afrika, Technologietransfer, Förderung von Tourismus, Unterstützung beim Ausbau von Infrastruktur und Bildungssektor etc. wären wichtige Komponenten einer umfassenden sozioökonomischen, politischen und technologischen Entwicklung in Afrika. Dieser Weg würde beiden Seiten langfristig politisch und ökonomisch sehr viel nutzen.

Menschen, die kaum zum Klimawandel beigetragen haben, leiden am meisten darunter. Klimawandel vertreibt viele Menschen in Afrika. Viele junge Menschen verlassen ländliche Gegenden und ziehen in die Städte, weil durch den Klimawandel der Regen immer seltener wird, Überschwemmungen zunehmen, Hitzeperioden intensiver und länger werden. Städte werden immer voller, ländliche Gegenden unproduktiv, Slums werden immer mehr und größer. Es ist ungerecht, unmenschlich und unethisch, vorsätzlich das Leiden anderer zu verursachen. Einerseits arbeiten viele Staaten Europas mit afrikanischen Staaten in verschiedenen Wirtschafts- und sozialen Sektoren, aber gleichzeitig exportieren sie Waffen in verschiedene Staaten Afrikas, die schon von Konflikten heimgesucht sind. Hier braucht Europa eine kohärente und koordinierte Afrikapolitik.

Europa muss eine proaktive Rolle in Afrika spielen, indem es Partnerschaft mit wichtigen globalen Akteuren in Afrika initiiert, koordiniert und ausbaut. Europa muss eine führende Rolle spielen, dass globale Akteure im strategischen Wettlauf Afrika ökonomisch nicht ausbeuten, sicherheitspolitisch destabilisieren oder die politischen und ökonomischen Institutionen schwächen. Dies braucht eine starke und engagierte Diplomatie Europas zusammen mit globalen Akteuren in, für und mit Afrika. Dabei könnte Österreich eine zentrale diplomatische Rolle spielen, indem es die verschiedenen externen Akteure zusammenbringt und Konzepte für eine koordinierte Zusammenarbeit im Interesse aller Parteien entwickelt. Wien als Stadt der Diplomatie und Österreich als neutrales Land wären eine gute Grundlage für die Koordinierung der Zusammenarbeit in und mit Afrika.

Weiterführende Quellen

Erforth, Benedikt. 2019. Contemporary French Security Policy in Africa: On Ideas and Wars. London: Palgrave Macmillan.

Gebrewold, Belachew. 2009. Anatomy of Violence: Understanding the Systems of Conflict and Violence in Africa. Aldershot: Ashgate

Gebrewold, Belachew, und Tendayi Bloom. 2018. Understanding Migrant Decisions: From Sub-Saharan Africa to the Mediterranean Region. London: Routledge.

Gebrewold, Belachew, und Valeria Bello. 2013. A Global Security Triangle: European, African and Asian interaction. London: Routledge.

Gebrewold, Belachew, Hrsg. 2007. Africa and Fortress Europe: Threats and Opportunities. Aldershot: Ashgate.

In diesen Werken werden die europäisch-afrikanischen Beziehungen im Allgemeinen und die Migrations-, Sicherheits-, Entwicklungs-, Demokratie- und Menschenrechtspolitik im Speziellen behandelt. Als ehemalige Kolonialmacht hat Frankreich nach wie vor eine starke Militärpräsenz vor allem in seinen ehemaligen Kolonien in Afrika. In all diesen Büchern wird gezeigt wie Migration, Konflikte, politische Instabilität, Menschenrechtsverletzung und Armut sowohl inner-afrikanische und externe (u. a. europäische Ursachen) aufweisen. Die Rolle von Frankreich, Großbritannien, der europäischen Union, USA, China und Russland in den genannten Bereichen sind detailliert analysiert.