Schlüsselwörter

1 Einleitung

Der asiatisch-pazifische Raum gilt als Hauptnutzniesser der Post-Cold War Periode, mit wirtschaftlichem Aufschwung zunächst getragen von Japan („Flying Geese Pattern“) wobei die Gänse im Laufe der Zeit zu asiatischen Tigern mutierten. Derzeit sprechen alle Anzeichen dafür, dass der asiatisch-pazifische Raum angesichts seiner wirtschaftlichen und technologischen Stärke auch in der Zeit nach COVID-19 Motor der weltwirtschaftlichen Erholung bleiben wird, mit China im Zentrum des Geschehens.

Der Großmachtkonflikt China – US entfaltet sich in der Region, ein neues Machtgleichgewicht ist noch nicht gefunden, auch die Rolle der EU darin noch nicht definiert. Wachsende Unsicherheitsfaktoren sind Hongkong, Taiwan, Territorialkonflikte im Süd- und Ostchinesischen Meer, die kontinuierliche nukleare Aufrüstung von Nordkorea. Die künftige Orientierung von Indien im Spannungsfeld mit China (Grenzkonflikte), Pakistan und den USA wird die Ausgestaltung des Indo-Pazifischen Raumes mitbestimmen, der angesichts wachsender politischer und wirtschaftlicher Bedeutung immer mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt.

Dieser Beitrag geht den Fragen nach, wie sich die Politik Österreichs gegenüber Asien im Laufe der Zweiten Republik entwickelte hat und welche Faktoren diese Politik in diesem Zeitraum geprägt haben. Er zeigt auf, dass sie österreichische Außenpolitik gegenüber Asien erst mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union systematischer gestaltet und ansatzweise über den wirtschaftlichen Rahmen hinausgeht. Dies wird an einem kurzen historischen Aufriss, sowie vor allem an Hand der Mediatisierung der österreichischen Außenpolitik durch die Europäische Union aufgezeigt, deren politische Initiativen mitgetragen, aber wenig mitgestaltet werden. Im Gegensatz dazu orientiert sich die Außenhandelspolitik an einer eigenständigen Exportstrategie.

2 Österreichische Außenpolitik im Wandel

In der Nachkriegszeit kommt es zu einer allmählichen Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft vor allem durch die verstaatliche Industrie, unterstützt von einigen (verstaatlichten) Banken. Instrumental war die Außenhandelsförderung durch den nach dem Beitritt zur EU abgeschafften Außenhandelsförderungsbeitrag.

Das Netz österreichischer Botschaften wurde erst in der Ära des Bundeskanzler Kreisky (SPÖ) verdichtet und allmählich auf Asien rund um Langzeitbotschaften wie in Tokio und Djakarta ausgedehnt. Kreiskys Interesse an der Blockfreien Bewegung, sowie allgemein sein Interesse an Entspannung am Nord-Süd-Konflikt gemeinsam mit Willy Brandt und Olof Palme waren Triebkräfte (SPÖ 2011 und Köchler, n. d.).

Mit Stand 2022 gibt es 12 Botschaften (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, BmeiA n. d. a) und 14 Außenwirtschaftscentren in Süd-, Südost- und Ostasien und Ozeanien zu denen vier Generalkonsulate in China und eine Vielzahl von Honorarkonsulaten kommen. Die Österreichische Fremdenverkehrswerbung (Österreich Werbung 2021) ist in vier asiatischen Hauptstädten vertreten; Südostasien wird von Dubai aus betreut. An drei Botschaften gibt es Kulturforen – für die selbst ernannte ‘Kulturgrossmacht’ Österreich eine eher bescheidene Anzahl. In Bhutan, dem einzigen Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in Asien (BMeiA n. d. c), ist die Austrian Development Agency seit 1994 noch durch ein Koordinationsbüro für Entwicklungszusammenarbeit in der Hauptstadt Thimphu vertreten.

2.1 Bi- und multilaterale Ansätze

In der bilateralen Diplomatie stechen Jubiläen heraus, wie 50, 100, 150 Jahr Feiern anlässlich der Aufnahme diplomatischer Beziehungen (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort 2019), wobei beispielsweise im Fall von Japan auf k.u.k. Zeiten und Abschluss eines Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags zwischen Japan und Österreich-Ungarn im Jahr 1869 zurückgegriffen wird (Stanzl 2012; Thailand: BMeiA 2003). Anlässlich des 50 Jahr Jubiläums der Beziehungen mit der VR China wurden 2021 COVID-19 bedingt nur diplomatische Noten ausgetauscht; eine Ordensverleihung an den chinesischen Botschafter durch die Stadt Wien zu den Zeiten von EU-Sanktionen gegenüber von China wegen Menschrechtsverletzungen an den Uighuren war kontroversiell (APA 2021a).

Die multilaterale Dimension soll beispielhaft an ASEM, dem multilateralen Dialograhmen zwischen Europa und Asien, sowie am Menschenrechtsrat der UN skizziert werden.

Bundesminister (BM) Schallenberg nahm im Dezember 2019 am ASEM Außenministertreffen in Madrid teil. Auf der Website des BmeiA ist kein Redetext verfügbar; laut Salzburger Nachrichten wurde darauf verwiesen „Europa und Asien müssen Partner bei der Bekämpfung von globalen Herausforderungen sein. Ein regelmäßiger, offener Austausch mit den Vertretern der asiatischen Länder ist dafür entscheidend“ (APA 2019). Eine konkrete Implementierung dieser Ansage konnte nicht nachgewiesen werden.

Im Rahmen des VN-Menschenrechtsrats (MRR) ist die EU bei einigen der wichtigsten Initiativen zu asiatischen Ländersituationen federführend. So bringt die EU etwa zu Myanmar und Nordkorea, seit der Schaffung des MRR im Jahr 2006 jährliche Resolutionsinitiativen ein.

Ein zentraler Mechanismus des VN-MRR zur Thematisierung von Menschenrecht Situationen ist die „Universelle Staatenüberprüfung – Universal Periodic Review (UPR)“, an denen sich Österreich drei Mal pro Jahr an den Überprüfungen asiatischer Staaten durch Erklärungen beteiligt und Empfehlungen abgibt. Das trifft auch auf China zu: bei der 2018 UPR brachte sich Österreich mit einer Reihe von Fragen und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation ethnischer und religiöser Minderheiten, insbesondere in den Regionen Tibet und Xinjiang ein (Ständige Vertretung Österreich bei VN).

2.2 Mediatisierung der österreichischen Außenpolitik durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union

Die Beziehungen zu Asien sind zum einen bilateral, zum anderen seit dem Beitritt zur Europäischen Union durch die EU mediatisiert. Gemäss der Arbeitsweise der europäischen Institutionen verfassen diese regelmässig Grundsatzpapiere allgemeiner Art, wie bspw. Global Strategy (European Union External Action Service, n.d.), spezifische Asienstrategien (Europäische Kommission 1994, 2001), länderspezifische, wie am Beispiel China (Europäische Kommission 2019) oder auf regionale Organisationen abgestimmt, ua. der Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) (HRVP und Europäische Kommission 2015), oder funktionelle, bspw. Connectivity (EEAS 2019) oder Verstärkte Sicherheitskooperation in und mit Asien (Rat der Europäischen Union 2018; Reiterer 2017), meist unter Federführung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) in Zusammenarbeit mit den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission (Reiterer 2016a, b).

Diese Mediatisierung ist in der parlamentarischen Anfragebeanwortung von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bestätigt:

Als Basis der strategischen Positionierung der österreichischen Diplomatie gegenüber China dienen die Prinzipien und Leitlinien der gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union (EU), die im Sinne der österreichischen Interessen ausgestaltet werden. Dazu zählen unter anderem die China Strategie der EU oder die jüngst verabschiedete EU Konnektivitätsstrategie mit Asien. Letztere ist auch Basis für die Positionierung Österreichs mit Bezug auf die „One Belt One Road“-Initiative (OBOR) der VR China. ... Konkrete Verhandlungen bezüglich eines österreichischen Abkommens mit der VR China im Rahmen der OBOR-Initiative sind nicht geplant. Das chinesische Engagement bei Auslandsinvestitionen wird von Österreich sehr genau beobachtet und ist auch regelmäßig Gegenstand von Debatten in EU-Ratsgremien. Das gilt insbesondere für das chinesische Engagement am Westbalkan. Gerade hier besteht oft auch ein direktes Konkurrenzverhältnis zwischen den europäischen bzw. österreichischen Investitionen mit jenen der VR China. Wesentlicher Fokus muss daher auch weiterhin bleiben, darauf zu achten, dass das Engagement der VR China mit der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung der Region und den Reformprozessen in diesen Ländern kompatibel ist und bei der Ausschreibung und Durchführung von Projekten EU-Standards insbesondere in Bereichen wie Rechtsstaatlichkeit und Transparenz eingehalten werden (Schallenberg 2019, 2).

Prophetisch die Ausführungen von Otmar Höll, der bereits in seinem Buch über die Ära Schüssel anzweifelte, ob Österreich die für ein mehr globales Auftreten notwendigen Ressourcen bereitstellen kann und wird (Höll 2010, 177). Die Antwort ist offensichtlich nein, wenngleich abgeschwächt durch die Mediatisierung vor allem der Asienpolitik durch die EU (Schallenberg 2019). Höll kommt ebenfalls zum Schluss, dass sich bereits Außenminister Schüssel (ÖVP) in seiner Politik an der EU orientierte (Höll 2010, 162).

2.3 Eine österreichische Asien Strategie?

Die ÖVP-FPÖ Regierung hatte 2017 in ihrem Regierungsprogram als Ziel festgelegt, das internationale Engagement und die Vernetzung Österreichs vor dem Hintergrund seiner Neutralität zu stärken und dabei „neue(n) geopolitischen Gegebenheiten mit Fokus auf China bei der Erarbeitung einer außenpolitischen Strategie Österreichs“ (Bundeskanzleramt 2017, 24) besonders zu berücksichtigen.

In Beantwortung einer mündlichen parlamentarischen Anfrage an die Bundesministerin Karin Kneissl, betreffend Einbindung des Parlaments in die Ausarbeitung der im Koalitionsabkommen stipuliereten Asienstrategie durch das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (Jachs 2018), führte die Ressortchefin aus:

Die Asienstrategie wird sich aber in keiner Weise auf die Volksrepublik China reduzieren, ich sehe es eher unter der Erweiterung des Asian-Pacific-Rim, wo eben auch Australien, Neuseeland et cetera hineinfallen – als ein wesentlicher Wirtschaftsmarkt für die österreichische Exportwirtschaft. Ich werde bei allen Aspekten das Parlament immer wieder informieren, sei es im Außenpolitischen Ausschuss, sei es auch andernorts, beziehungsweise stehen selbstverständlich auch die Kollegen und Kolleginnen des Außenministeriums für Anfragen von Ihnen und Ihren Kollegen unter den Abgeordneten zur Verfügung.

Nach dem Regierungswechsel von ÖVP-FPÖ zu ÖVP-Grüne wurde der dargestellte Asienansatz jedoch nicht weiterverfolgt: Im neuen Regierungsprogramm 2020–2024 wurde jedoch eine Chinastratgie angekündigt: „Ausarbeitung einer gesamtstaatlichen Länderstrategie zu China und stärkerer Fokus auf Wachstumsmärkte in Asien. Einrichtung eines „Österreich-Hauses“ in Peking als one-stop-shop für Visa, Wirtschaftsangelegenheiten, Kulturvermittlung und Spracherwerb“ (Bundeskanzleramt 2020).

2.3.1 China

In China, wo Österreich seit 1971 eine im Zuge der Kreiskyischen Internationalisierung eröffnete Botschaft unterhält, versuchte Bundeskanzler Vranitzky (SPÖ) 1993 mit einem Besuch in relativer zeitlicher Nähe zu Tianamen (1989) die österreichische Wirtschaft sowie den anlaufenden incoming-Tourismus zu unterstützen, was zur Eröffnung eines Kulturforums führte. Vereinzelte hochrangige Besuche waren der Eröffnung von Firmenniederlassungen, Ausstellungen moderner Kunst, sowie Teilnahme am Asiendialog in Boao gewidmet.

Das Engagement für Menschenrechte, sei es in Ausübung der vormaligen Funktion der EU Präsidentschaft im kritischen Menschenrechtsdialog, sei es durch zwei Besuche des Dalai Lama (APA 2007, 2012) inklusive offizieller Treffen mit dem jeweiligen Bundeskanzler Gusenbauer und Fayman (beide SPÖ), wurde damals trotz chinesischer Proteste durchaus eigenständig und augenfällig gepflegt.

Die oben genannte China-Strategie wird in Zusammenarbeit mit Denkfabriken Mercator Institute for China Studies (MERICS), Austrian Institute for European and Security Policy (AIES), Center für Strategische Analysen (CSA) (CSA 2020) interministeriell angedacht, angesichts divergierender Ressortinteressen darf am Erfolg gezweifelt werden. Im Regierungsprogramm 2020–2024 ist auch festgehalten, dass sich Österreich im Zuge einer strategischen Ausrichtung der EU-Handelspolitik für die Änderung der überholten Stellung Chinas als Entwicklungsland in der Welthandelsorganisation (WTO) einsetzen wird (Bundeskanzleramt 2020, 63 und 125).

Als Ergebnis des Staatsbesuches von Bundespräsident Fischer (SPÖ) in China 2015 (APA 2015), wurde Österreich als Beobachter der 16 + 1 Bewegung zugelassen, ein Schritt der ebenfalls wirtschaftlich motiviert war (Stottmeyer 2019). Zwischenzeitlich büsste die Bewegung mangels Effizienz an Attraktivität ein, was sich in einer Absatzbewegung eingeleitet durch die baltischen Staaten ausdrückt.

Die Gemeinsame Erklärung zur Errichtung einer freundschaftlichen strategischen Partnerschaft zwischen der Volksrepublik China und der Republik Österreich (Österreichische Präsidentschaftskanzlei 2018) in der Österreich die „Ein-China“-Politik bestätigt, bietet einen Rahmen, der im Sinne einer Strategie operationalisiert, jedoch im Lichte der politischen Entwicklungen seit April 2018 ergänzt werden müsste.

Der im EU-China – A strategic outlook 2019 (Europäische Kommission 2019) niedergelegte Dreischritt der EU, China als Partner, Mitbewerber und systemischer Konkurrent  sieht, wurde von Österreich mitgetragen (Einstimmigkeit), was BM Schallenberg in der genannten Anfragebeantwortung auch bestätigte. Das klare Bekenntnis zur transatlantischen Beziehung durch BM Schallenberg (APA 2021b), die als Wertegemeinschaft keine Äquidistanz erlaube, schränkt den Handlungsspielraum Österreichs gegenüber China ein.

Lucas Erlbacher zeigt im Rahmen einer Studie über Chinas soft power in Österreich auf, dass die beiderseitigen Interessen (rein) wirtschaftlicher Natur sind und China nur eine marginale Rolle in der österreichischen Politik spielt. Er führt dies auf die nicht-konfrontative Politik gegenüber China sowie auf fehlende geo-politische Ambitionen Österreichs zurück. Daher gab es auch keine Kritik an China im Rahmen der COVID-19 Diskussion. Österreich hat sich bisher auch nicht in die Reihe der zunehmend China-kritischen EU-Staaten eingereiht – die Beibehaltung der „Nonchalance“ wird als Erfolg Chinesischer soft power angesehen (Erlbacher 2021, 19).

2.3.2 Indo-Pazifik Strategie der Europäischen Union

Angesichts der Erarbeitung einer Indo-Pazifischen Strategie der Europäischen Union (EEAS 2021b) von April bis September 2021 (EEAS 2021a) hätte sich die Gelegenheit für Österreich geboten, sich in die Erarbeitung eines umfassendes Konzept gestaltend einzubringen, wie dies einige Mitgliedstaaten (Frankreich, Deutschland, Niederlande) getan haben.

Eine rezente Studie des European Council on Foreign Relations (Grare und Reuter 2021) kommt gar zum Schluss, dass trotz der wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung des Indo-Pazifiks viele EU-Mitgliedstaaten sich weitgehend uninteressiert zeigen. Österreich befürwortet einen gemeinsamen Ansatz, sieht die Strategie als eine Möglichkeit Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren, weshalb China in Freihandelsabkommen eingebunden sein sollte. Die Strategie wird auch als Mittel angesehen, China in Schach zu halten. Die Bedeutung für die Sicherheit, insbesondere Cyber, Counter-terrorism und Umweltsicherheit, wird anerkannt. Insgesamt fällt die Bewertung der Wichtigkeit der Strategie mit „somewhat important“ wenig enthusiastisch aus.

3 Bestimmungsfaktoren der Außenpolitik

3.1 Vielfalt des asiatisch-pazfifischen/indo-pazifischen Raums

Angesichts der Vielfältigkeit Asiens lassen sich für einen Staat von der Grösse Österreichs nur schwer übergreifende Strategien, Konzepte und Handelsanleitungen formulieren. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union bietet diese einen solchen Rahmen, wobei im Vertrag von Lissabon insbesondere Art. 21 (EUV) bestimmend ist. In diesem breiten Rahmen und in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten können sich die bilateralen Beziehungen interessengesteuert aber auch wertegestützt entwickeln.

Angesichts der obengenannten Schwierigkeit der Vielfalt Asiens Rechnung zu tragen, handelt die Website des Außenministeriums den asiatisch-pazifischen Raum in vier geografischen und einer institutionellen Kategorie (BMeiA, n. d. b.) ab: Nordostasien, Südasien, Südostasien, Ozeanien, Regionale Integrationsforen. Eine Analyse der Beiträge zeigt, dass diese – ähnlich dem Außenpolitischen Jahrbuch – faktisch sind; an Hand der üblichen wirtschaftlichen Kriterien wird die Bedeutung der Länder für Handel und Investitionen belegt und Besuche protokolliert.

3.2 Wirtschaftsinteressen – die treibende Kraft

Da „mehr als 40 % Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums jedoch in Asien insbesondere in China“ stattfinden wird, ist Asien Teil der 2018 verabschiedeten Außenwirtschaftsstrategie (BMDW et al. 2019). Als Ziel wird formuliert, die „österreichischen Stärken auch außerhalb der klassischen Exportmärkte umsetzen, Wachstumsmärkte, speziell in Asien, werden nachhaltig erschlossen [...] Insbesondere für strategische Großprojekte, wie beispielsweise Infrastrukturprojekte in Asien“ soll gezielte politische Unterstützung geleistet werden. Positiv ist anzumerken, daß Asien als Gesamtregion und nicht nur China als Ziel- und Hoffnungsmarkt definiert ist. Die WKO hat diese Strategie mit zwei Regionalstrategien (2020–2022) für Süd- und Südostasien sowie Fernost (Nordostasien) im Stil einer Strategie konkretisiert (WKO 2021a, b).

Die EU-Handelspolitik bietet hierfür den Rahmen in Form von Freihandelsabkommen beispielsweise mit Südkorea, Japan, Singapur, Vietnam. In Südostasien (Soutullound Striegnitz 2020) sind Verhandlungen geplant mit ASEAN als Institution, bereits im Gang mit Thailand, Malaisien und Indonesien sowie Australien, Neuseeland. Es gilt auch die Interessen der europäischen Wirtschaftstreibenden angesichts regionaler Abkommen (Hilpert 2021) an denen die EU nicht beteiligt ist, zu sichern.

Ausschließlich wirtschaftlich motiviert unterhielt die Wirtschaftskammer von 1975 bis 1988 zur Unterstützung von österreichischen Anlagenbauern ein Büro in Nord-Korea/Pyonyeang (Lösch 2008, 35). Das Naheverhältnis des langjährigen nordkoreanischen Botschafters in Wien zur Führung in Pyonyeang – er war Schwiegersohn von Staatsgründer Kim Il-sung (APA 2020) – wurde nicht für politische Aktivitäten, vergleichbar Schweden, das sich vor allem mit track 1,5 Veranstaltungen einbringt, genutzt.

3.3 Technologie & Investitionen

Interesse an Technologie spielt seit den 80er-Jahren eine zunehmend wichtige Rolle; die für Investitionsförderung in den USA gegründete ICD errichtete 1986 ein Büro im damaligen Technologiewunderland Japan, was u. a. zur Investition von SONY in ein CD-Werk in Anif bei Salzburg führte. Eine geschickte Verbindung von Kultur (Herbert von Karajan, Ausstellung Wien 1900 mit Besuch von Bundeskanzler Vranitzky (SPÖ)) und Wirtschaft begünstigte dieses Unterfangen.

Investitionsförderung zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, ist nun Aufgabe der ABA, Invest in Austria. Der asiatische Raum wird mit je einem/einer Vertreter*in in Japan und China im Rahmen des WKO Büros (ABA – Invest in Ausria 2021a, b) abgedeckt. 2019 war Asien die wichtigste Destination für Auslandsinvestitionen: 4,2 Mrd. Euro, wobei Malaisien, Hongkong und China unter den ersten zehn Destinationen firmieren. Investitionen aus Asien beliefen sich auf 890 Mio. Euro. Insgesamt beläuft sich der Anteil Asiens an österreichischen Direktinvestionen aktiv auf 10 %, passiv auf 11,8 % (BMDW 2020).

3.4 People-to-people

Der stetige Anstieg von Touristen aus Asien (Mohr 2021; Statistik Austria 2020) belegt Interesse in wichtigen Staaten, auf das die Politik aufbauen könnte. In Prä-COVID-19 Zeiten war Asien auf dem Radar der Österreich Werbung: „Seit Beginn des neuen Jahrtausends boomt Österreich in Asien als Urlaubsdestination. Die Volkswirtschaften wachsen rasant und mit ihnen die Mittelschicht, die Lust auf Reisen hat – und sich das Reisen auch leisten kann“ (Österreich Werbung 2019). Auf unterschiedliche Mentalitäten und Ansprüche an den Urlaub wird abgestellt und nicht über einen nicht existierenden Asienkamm geschoren.

4 Ausblick

In Südasien nimmt Indien eine Sonderrolle als dominierendes Land ein: „Any discussion of South Asia begins and ends with India“ (Haass 2021, 99). Die EU unternimmt derzeit einen neuerlichen Anlauf die Beziehungen zu intensivieren (Europäischer Rat 2021). Indien kommt auch wachsende Bedeutung als Gegenpol zu China zu und steht auch als Nuklearmacht mit seinem Konflikt mit Pakistan unter Beobachtung. Eine österreichische Position zu Indien, das China 2050 als bevölkerungsreichstes Land der Welt mit der grössten Muslimbevölkerung ablösen wird und noch einen starken Nachholbedarf in seiner Entwicklung hat, wäre notwendig, um in den EU-Institutionen effektiv mitarbeiten zu können.

„Singing from the same hymn sheet“, d. h. Bestätigung und Verstärkung der europäischen Position durch die Mitgliedstaaten ist eine wichtige Komponente der europäischen Außenpolitik. Klare Positionen österreichischer Politiker*innen in der Ausformulierung der Politik steigern deren Wert und damit das Interesse an ihnen als Gesprächspartner*in (Minister*in, Botschafter*in), was Einfluss schafft.

Dies hätte auch eine positiven Spill-over Effekt in den Wirtschaftsbereich, in dem EU-Mitgliedstaaten als Konkurrenten auftreten. Auch hier gilt, dass ein aktiver Teilnehmer an der Gestaltung der EU Handels- und WTO Politik ein interessanterer Gesprächspartner in der Handelsdiplomatie ist.

Im Sinne einer ganzheitlichen Außenpolitik und des Einsatzes von Stärken könnten der Pflege des in den asiatischen Zielmärkten positiv besetzten kulturellen, landschaftlichen und umweltfreundlichen Image Österreichs mehr Mittel gewidmet werden. Korea zeigt der Kulturnation Österreich vor, wie kulturelles Kapital geschaffen und im Sinne von soft power erfolgreich und zielgerichtet eingesetzt werden kann (Terry 2021).

5 Schlussfolgerungen

Die Rahmenbedingungen der österreichischen Außenpolitik gegenüber Asien haben sich durch die Mitgliedschaft in der EU grundsätzlich gewandelt. Neutralität spielt in dieser Relation eine nur sehr untergeordnete Rolle. Gute Dienste zur Anbahnung von Kontakten in den verschiedenen regionalen Konflikten wurde nicht angestrebt.

Derzeit und auch in historischer Betrachtung sieht das EU-Mitglied Österreich keinen Bedarf für eine eigenständige politische Asienstrategie. Österreich hat akzeptiert, dass die EU die strategische Politikgestaltung für Asien übernommen hat (2016 Globale Strategie; China policy; Enhanced Security Cooperation in and with Asia; Connectivity Strategy, Indo-Pacific Strategy…). Österreich kann sich in diesem Rahmen orientieren. Das Einstimmigkeitsprinzip in der Gestaltung der EU-Außenpolitik stellt sicher, daß keine Politiken vereinbart werden, die als nicht im österreichischen Interesse angesehen werden. Zumindest intern akkordierte Leitlinien, die einen Grundkonsens festschreiben und die interministerielle Koordination erleichtern, wären hilfreich, da sie den Bezugsrahmen für die Mitgestaltung innerhalb der EU lieferten und diese effizienter machten.

Länderspezifische Strategien wie die angedachte Chinastrategie können eine ähnliche Zielsetzungen verfolgen. Gerade in Hinblick auf China besteht innerhalb der EU-Mitgliedstaaten keine einheitliche Auffassung (prinzipieller Ansatz mit Kritik an chinesischer Politik inklusive Menschenrechte; pragmatischer Ansatz mit Rücksichtnahme auf Wirtschaftsinteressen), sodass Österreich innerhalb der Politikgestaltung Position beziehen muss, um als Mitentscheider aufzutreten. Zusätzlich sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass andere wichtige Partner wie Japan (Reiterer 2013; 2021), Indien, Korea, ASEAN-Staaten sowie Australien und Neuseeland politisch minder wichtig sind (like minded partners).

Der erste Besuch eines koreanischen Präsidenten (Moon 2021) in Österreich (Juni 2021) im Nachgang der Teilnahme von Präsident Moon Jae-in am G7 Gipfel in Cornwall ist ein solches Zeichen, das durch den Abschluss einer „strategischen Partnerschaft“ verstärkt wurde (Bundeskanzleramt 2021). Im übrigen gilt: Eine Chinapolitik ist keine Asienpolitik, aber keine Asienpolitik ohne Chinapolitik.

Das wirtschaftliche Engagement zeigt sich in der Ausarbeitung von Strategien durch das zuständige Ministerium in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich, der Mitgliedschaft in der Asiatischen Entwicklungsbank sowie der Asiatischen Infrastrukturbank (Gründungsmitglied seit 1966 bzw. 2015).

Dennoch spielt Asien eine nur untergeordnete Rolle in der österreichischen Außenpolitik, deren Schwerpunkt auf der Nachbarschaftspolitik liegt. Asienpolitik wird in erster Linie im Rahmen der Mitarbeit in den EU-Gremien gemacht, ergänzt durch eigenständige kulturelle Akzente. Während dies politisch verständlich ist – knappe Resourcen werden den nationalen Prioritäten gemäss eingesetzt – ist es doch bedenklich, dass die seit Jahrzehnten als Hoffnungsmarkt (Asiatisches Jahrhundert) eingestufte Region, nicht mehr politische Aufmerksamkeit findet.

Es besteht Handlungsbedarf wie in der genannten Sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2021 des Bundesministerium für Landesverteidigung schlüssig argumentiert wird: „[…] unabhängig von den konkreten Sicherheitsrisiken sind mangelndes Verständnis der Komplexität und Volatilität sicherheitspolitischer Zusammenhänge einerseits sowie Defizite im strategischen Denken und Handeln andererseits zwei zentrale und bleibende Herausforderungen für Österreichs Sicherheit“ (Frank 2021, 18). Diese Analyse bestätigt, dass für Österreichs Sicherheit die „EU der entscheidende Handlungsrahmen“ ist und daher ein proaktives Engagement in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik notwendig ist (Kammel 2021, 45). Dies ist eine signifikante Weiterentwicklung des sicherheitspolitischen Denkens, die Österreichische Sicherheitspolitik aus 2013 kam noch ohne Asien aus (Bundeskanzleramt 2013).

Der Systemkonflikt USA-China wird als aktueller Konflikt mit Gefahrenpotenzial, das den Handlungsrahmen der europäischen und damit österreichischen Sicherheitspolitik beeinflusst, gesehen (Frank 2021, 28). Ebenso die geostrategische Rivalität im pazifischen Raum, der ein hohes Eskalationspotenzial bescheinigt wird (Frank 2021, 20–21).

Daher ist auch eine klare politische Positionierung in der Formulierung und Gestaltung der Asienpolitik sowie effektive Koordinationsmechanismen notwendig, die ein Zusammenspiel von Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium und deren Politiken sicherstellt. Auch wenn sich Österreich gut in der EU-Außenpolitik eingerichtet hat, eine Strategie oder zumindest ein Konzept, mit formulierten Zielen, die Österreich als aktives Mitglied der EU erreichen will, welche Mittel zu diesem Zweck bereitgestellt werden, wären sowohl inner-österreichisch als auch auf europäischer Ebene nicht nur von grossem Nutzen, sondern unumgänglich, um ein aktiver Mitspieler zu sein. Dies ist auch eine notwendige Annäherung an die Arbeitsweise der EU-Institutionen, die konzeptuell, inhaltlich und geografisch, vorgehen. Die Indo-Pazifik Strategie ist das jüngste Beispiel, das seinerseits wieder mit anderen Strategien, wie Connectivity, Global Gateway und Maritime Security verknüpft ist.

In der historischen Perspektive ist da offenbar etwas verloren gegangen: Das Weltmuseum in Wien zitiert Fürst Metternich, dem der Spruch in den Mund gelegt wird: „Asien beginnt im Südosten Wiens“.

Weiterführende Literatur

Christiansen, Thomas, Emil Kirchner und See Seng Tan, Hrsg. 2021. The European Union’s Security Relations with Asian Partners. London: Palgrave Macmillan.

Aktuelle Analyse der Sicherheitspolitik der EU in Asien, sowohl inhaltlich als auch länderspezifisch dargestellt. Literarturhinweise am Ende jedes Beitrages.

Medcalf, Rory. 2020. Indo-Pacific Empire. Manchester: Manchester University Press.

Umfassende Präsentation des im Grunde genommen nicht so neuen Konzepts des Indo-Pazifik vor dem Hintergrund des Wettbewerbes von China und den USA aus nicht-EU Sicht.

Song Weiquing und Jianwei Wang, Hrsg. 2019. The European Union in the Asia Pacific. Manchester: Manchester University Press.

Präzise Darstellung der Beziehungen EU-Asien-Pazifik mit dem Versuch die EU als globalen Akteur in der Globalisierung zu präsentieren, Schwerpunkt auf Politiken, mit individuellen Darstellungen der wichtigsten regionalen Akteuren.

University Libraries, Asian Studies. https://guides.library.unlv.edu/c.php?g=333144&p=2239559.

Übersichtliche Zusammenstellung von akademischen Quellen zu Asien.

ASEM Info Board (Asia Europe Meeting) https://www.aseminfoboard.org/about/overview.

Zugang zu Dokumenten des einzigen, 1996 von EU und ASEAN gegründeten Dialogforums, das die breite der Diskussion aufzeigt. In Verbindung: Asia Europe Foundation (ASEF) https://asef.org/mit Schwerpunkt auf People-to-people Beziehungen.