Zusammenfassung
Wir bezeichnen den Prozess der organisatorischen Transformation durch den Einsatz digitaler Technologien zur radikalen Umgestaltung von Organisationen als digitale Transformation. Jedoch herrschen innerhalb und zwischen der Management-, Organisations- und Information-Systems-Literatur noch erhebliche Inkonsistenzen bezüglich der Merkmale der digitalen Transformation einer Organisation. Daher haben wir eine transdisziplinäre Recherche von 175 Artikeln zu digitaler Transformation durchgeführt. Als Ergebnis haben wir zwölf Denkschulen identifiziert, die das Phänomen der digitalen Transformation diskutieren. Wir zeigen, dass die digitale Transformation auf bestehenden und neuen Denkansätzen aufbaut, wie beispielsweise digitale Innovation und Ökosysteme.
Hierbei handelt es sich um eine Übersetzung des Artikels „Clarifying the Notion of Digital Transformation: A Transdisciplinary Review of Literature“ (Riasanow et al. 2019), veröffentlicht im Journal of Competences, Strategy & Management.
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1 Motivation
Der Markt entwickelt sich ständig weiter und bringt disruptive digitale Technologien wie 3-D-Druck, Data Analytics und Mobile Computing hervor (Nambisan et al. 2017; Floetgen et al. 2021a), die etablierte Organisationen zur Transformation zwingen, um wettbewerbsfähig zu bleiben (Lucas et al. 2013; Yoo et al. 2010; Schreieck et al. 2018). Wir bezeichnen den Prozess der organisatorischen Transformation (OT), bei welchem digitale Technologien auf neue Weise genutzt und kombiniert werden, um eine Organisation radikal zu verändern, als digitale Transformation (DT). Der Erfolg rein digitaler Unternehmen wie Netflix, Spotify oder Amazon, aber auch die Insolvenzen traditioneller Unternehmen wie Kodak oder Blockbuster sind Beispiele für digitale Transformation (Böttcher et al. 2021a; Goh et al. 2011). Unter dieser Überschrift tragen Wissenschaftler aus den Bereichen der Information Systems (IS), des Managements oder der Organisationswissenschaften zu einem wachsenden Wissensstand über dieses Phänomen bei (e.g., Ritu Agarwal et al. 2010; Fitzgerald et al. 2013; Majchrzak et al. 2016; Rowe 2018; Hermes et al. 2020; Riasanow et al. 2021).
Innerhalb und zwischen diesen Literaturströmen herrscht jedoch erhebliche Uneinigkeit darüber, was die Merkmale der DT einer Organisation sind. Dies spiegelt sich in Unstimmigkeiten, sich überschneidenden und widersprüchlichen Definitionen sowie unterschiedlichen und heterogenen Denkschulen wider (Straub et al. 2021; Floetgen et al. 2021b). Die Vielfalt an Theorien und Konzepten aus verschiedenen Disziplinen führt jedoch häufig zu einer Abschottung der Perspektiven, die sich nicht gegenseitig bereichern. So sind beispielsweise Technologien und ihr Einfluss auf Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse seit Langem von Interesse für die Organisationsforschung (e.g., Orlikowski 2000). Digitale Innovationen bauen jedoch auf neuartigen Merkmalen auf, die sich von früheren Technologien unterscheiden, z. B. die Reprogrammierbarkeit, die Homogenisierung von Daten und die selbstreferenzielle Natur digitaler Technologien (Yoo et al. 2010). In Anbetracht dieser Merkmale haben IS-Wissenschaftler den Einfluss digitaler Technologien auf Unternehmensstrategien, -strukturen und -prozesse analysiert (e.g., Bharadwaj et al. 2013; Fichman 2014; Schreieck et al. 2021; Hein et al. 2019b; Przybilla et al. 2021). Die Management- und Organisationswissenschaften konzentrieren sich auf die Entwicklung einer neuen Organisationslogik, um Innovationen in einer digitalen Welt zu organisieren (Yoo et al. 2012), einschließlich der Theorien zu Transformational Leadership, Identity, Cognition und Sensemaking (Nag et al. 2007; Rindova et al. 2011).
Da keine Klarheit über die Nature des Begriffs der DT herrscht, ist es schwierig, das Phänomen angemessen zu vergleichen, zu analysieren und zu diskutieren. Aus diesem Grund haben wir eine strukturierte Literaturrecherche durchgeführt, die sich auf bestehende DT-Artikel und frühere OT-Studien stützt, um die zugrunde liegenden Denkschulen der DT darzustellen und ihre Unterschiede zu diskutieren.
Dieser Beitrag ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird die literaturbasierte Forschungsmethodik vorgestellt. Anschließend präsentieren wir die Ergebnisse der Literaturrecherche, die Unstimmigkeiten im Verständnis von DT in der Management-, Organisations- und IS-Literatur aufzeigt, und stellen zwölf verschiedene Denkschulen im Kontext von DT vor. Darauf aufbauend klären wir den Begriff der DT auf der Grundlage dieser Denkschulen und zeigen, wie frühere Forschungserkenntnisse in der OT die Diskussionen über DT beeinflussen. Anschließend diskutieren wir die Beiträge und Limitationen unserer Ergebnisse. Der Beitrag endet mit Ideen für zukünftige Forschungsfragen.
2 Aufbau der Literaturrecherche
Nachfolgend wird der Aufbau unserer Literaturrecherche beschrieben. Wir folgten den Richtlinien von Webster und Watson (2002), um eine konzeptzentrierte Literaturanalyse durchzuführen. Passend zum Titel dieses Kapitels haben wir uns bei unserer strukturierten Literaturrecherche auf DT und frühere Forschungserkenntnisse in Bezug auf OT in einigen wichtigen Dimensionen beschränkt. Vor allem haben wir uns auf die Literatur aus den Bereichen Management, Organisationswissenschaft und IS konzentriert. Diese Entscheidung wird durch zwei Überlegungen gestützt. Erstens ist das Thema DT zu umfangreich, um es detailliert in diesem relativ kurzen Beitrag zu behandeln. Zweitens wird OT zunehmend durch digitale Technologien unterstützt. Zweitens ist im Hinblick auf den Umfang dieses Beitrags zu erwähnen, dass er über die OT hinausgeht. Daher haben wir explizit nach DT-Artikeln gesucht, die nicht in früheren hervorragenden Literaturrecherchen zu OT enthalten waren, wie z. B. in der von Besson und Rowe (2012). Sie analysierten den Diskurs über OT und schlugen vor, IS-gestützte OT als einen Prozess und nicht als ein teleologisches Modell der Verbreitung zu verstehen. Vor allem wiesen sie darauf hin, dass die meisten OT-Theorien in den 1980er-Jahren entwickelt wurden und daher als „Prä-Internet-Theorien der Transformation“ betrachtet werden sollten. Dies nahmen wir zum Anlass, die frühere OT-Literatur in der Ära der digitalen Kommunikation neu zu bewerten, insbesondere weil sich digitale Technologien grundlegend von früheren Technologien unterscheiden (Yoo et al. 2010). Die dritte zu erwähnende Unterscheidung besteht daher darin, dass wir uns auf die Klärung des Begriffs der DT konzentrieren, den wir durch einen Vergleich mit der bisherigen OT-Forschung herleiten wollen.
Wir konzentrierten uns zunächst auf führende IS-Zeitschriften, d. h. den AIS Senior Scholars' Basket of Journals (Association for Information Systems 2011). In Anlehnung an Besson und Rowe (2012) wendeten wir die in Tab. 1 aufgeführten Begriffe in der Datenbank Scopus auf die Felder Titel, Zusammenfassungen und Schlüsselwörter der Veröffentlichungen an. Mit den beschriebenen Suchbegriffen konnten wir 107 relevante Zeitschriftenartikel identifizieren. Eine Vorwärts- und Rückwärtssuche (Webster und Watson 2002), die auf den gesammelten Artikeln basierte, lieferte zehn weitere Artikel in führenden IS-Zeitschriften, was insgesamt 117 Artikel ergab. Wir haben das Erscheinungsjahr, den Kontext oder die Methode der Artikel nicht eingeschränkt. In Anlehnung an Okoli und Schabram (2010) überprüften wir die Artikel manuell und filterten sie nach einem iterativen Satz von Ausschlusskriterien. Daher wurden Artikel ausgeschlossen, die sich nicht mit DT befassten oder sich auf irrelevante Aspekte der OT konzentrierten, wie z. B. Otim et al. (2012). Anhand dieser Ausschlussvariablen schieden 32 Artikel aus. Letztendlich wurden 85 relevante Artikel ausgewählt.
Zweitens haben wir zur Untersuchung der management- und organisationswissenschaftlichen Literatur die gleichen Suchbegriffe auf die Felder Titel, Zusammenfassungen und Schlüsselwörter von Artikeln angewandt, die in sechs ausgewählten, nach dem FT50-Ranking hochrangigen management- und organisationswissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Wir beschränkten das Erscheinungsjahr auf 2003, schränkten aber weder den Kontext noch die verwendete Forschungsmethode ein und fanden 89 Artikel. Wir verwendeten erneut dieselbe Reihe von Ausschlussvariablen (Okoli und Schabram 2010) und schlossen 38 Artikel aus, die sich nicht auf OT konzentrierten, was zu einer Auswahl von 51 relevanten Artikeln führte.
In einem dritten Schritt haben wir unsere Suche mit dem Suchbegriff „digital transformation“ auf führende IS-Konferenzen ausgeweitet (siehe Tab. 1). Wir beschränkten unsere Suche auf Beiträge seit 2015, da wir davon ausgehen, dass ältere, qualitativ hochwertige Konferenzbeiträge bereits in führenden Fachzeitschriften veröffentlicht worden sind. Die aus der Suche resultierenden Artikel wurden wiederum nach den oben definierten Ausschlusskriterien ausgewählt. Dieser Schritt führte zu weiteren 39 Artikeln, sodass sich insgesamt 175 Artikel ergaben.
3 Erkenntnisse aus der Literaturrecherche
Um die Ergebnisse der Literaturrecherche zu strukturieren, analysieren wir zunächst die Inkonsistenzen im Verständnis der digitalen Transformation innerhalb und zwischen Management, Organisationswissenschaft und IS. Außerdem stellen wir zwölf verschiedene und heterogene Denkschulen vor, die wir in der DT- und OT-Literatur identifiziert haben. Anschließend diskutieren wir den Begriff der digitalen Transformation anhand der identifizierten Denkschulen.
3.1 Inkonsistenzen im Verständnis der digitalen Transformation in der Management-, Organisations- und IS-Literatur
In einem ersten Schritt zur Klärung des Begriffs DT und um einen Überblick über das bestehende Verständnis von DT zu erhalten, haben wir nach expliziten Definitionen gesucht. In den ausgewählten Publikationen fanden wir 51 Artikel, in denen der Begriff DT explizit verwendet wurde: Zwölf in IS-Zeitschriften und 39 in IS-Konferenzen. Bei der Lektüre der ausgewählten Artikel fanden wir sechs verschiedene Definitionen, die in Tab. 2 nach der Anzahl der Zitate in Scopus sortiert dargestellt sind.
Die am häufigsten verwendete Definition von DT stammt von den Management-Wissenschaftlern Fitzgerald et al. (2013). Nach ihrer Definition ist das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen DT-Initiativen und jeder anderen OT-Initiative, die die Implementierung digitaler Technologien beinhaltet, der Begriff der Neuheit, die mit den implementierten Technologien verbunden ist. Die Beschränkung von DT-Initiativen auf solche, die neue digitale Technologien beinhalten, ist jedoch problematisch, da die Wahrnehmung der Neuartigkeit immer eine Frage der Sichtweise ist.
Nambisan et al. (2017) versuchten, dieses Problem zu lösen, indem sie digitale Innovation als die Nutzung digitaler Technologien während des Innovationsprozesses definierten, die für das Unternehmen, das sie einführt, neu ist, aber in anderen Unternehmen bereits etabliert sein kann. Ein typisches Beispiel ist die Nutzung von Cloud-Diensten in der Zeitungsbranche (Karimi und Walter 2015), auch wenn solche Dienste in der Softwarebranche bereits gut etabliert sind (Leimeister et al. 2010). Überraschenderweise wird der Begriff DT in der Literatur zur digitalen Innovation, die in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen hat, nur selten erwähnt. Die Literatur zu digitaler Innovation konzentriert sich auf die Verbesserung physischer Produkte oder eine neue Organisationslogik (Yoo et al. 2010) oder die Orchestrierung digitaler Innovationen (Nambisan et al. 2017), die ebenfalls kritische Elemente von Transformationen sind (Fichman 2014). Diese Denkschule hat ihren Ursprung in der Marketingtheorie und wurde später von der Informations- und Organisationswissenschaft übernommen (e.g., Lusch und Nambisan 2015; Vargo und Lusch 2004).
In einigen Fällen, meist auf Initiative von IS-Wissenschaftlern, wird DT mit spezifischen digitalen Technologien in Verbindung gebracht. Nwankpa und Roumani (2016) zum Beispiel identifizierten DT mit spezifischen Technologien wie Cloud Computing, Big Data sowie mobilen und Social-Media-Plattformen. Die drastische Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts deutet jedoch darauf hin, dass DT nicht durch die Verwendung sehr spezifischer Technologien definiert werden sollte, die in nur wenigen Jahren veraltet sein könnten.
Besonders häufig werden in der IS-Disziplin die Entwicklung von technologiegestützten Geschäftsmodellen und ihre Auswirkungen auf die Führung und den Betrieb einer Organisation untersucht (e.g., Horlacher et al. 2016; Nwankpa und Roumani 2016; Piccinini et al. 2015; Böttcher und Weking 2020). Diese Denkschule betrachtet die Geschäftsmodellinnovation als ein konstitutives Element der DT. Es geht jedoch auch um die Entwicklung digitaler Geschäftsstrategien (Bharadwaj et al. 2013), neuer Managementrollen, z. B. Chief Digital Officers (CDOs) (Tumbas et al. 2017), neuer Organisationskulturen (Piccinini et al. 2015) und Fähigkeiten/Ressourcen, z. B. für die Entwicklung eines digitalen Plattform-Ökosystems (Tan et al. 2015; s. auch Hein et al. 2020).
Bis zu diesem Punkt beruht die Debatte auf einer unternehmensinternen Sichtweise, bei der die OT-Prozesse unabhängig von ihren Auswirkungen auf das externe Umfeld des Unternehmens untersucht werden. Die Innovation von Geschäftsmodellen bedeutet jedoch, dass sich die Art und Weise der Value Delivery gegenüber Kunden ändert. Haffke et al. (2016: 2) betonen insbesondere die Auswirkungen auf Vertriebs- und Kommunikationskanäle, die neue Wege der Interaktion und des Engagements mit Kunden bieten, sowie auf die Angebote (Produkte und Dienstleistungen) eines Unternehmens, welche physische Angebote ersetzen oder ergänzen. Um erfolgreich zu sein, muss die Entwicklung des Geschäftsmodells eines Unternehmens durch eine Ko-Evolution auf der Kunden- und Partnerseite ergänzt werden (Rai und Tang 2014; Böttcher et al. 2021c). Das Beispiel des App Stores von Apple zeigt, dass DT nicht nur die Organisation mit ihren internen Wertschöpfungsprozessen betrifft. Apple investierte stark in Ressourcen (z. B. das Software Development Kit für iOS), die das Unternehmen unterstützten, ein Ökosystem aus Entwicklern und Kunden aufzubauen (Eaton et al. 2015). Heute wird die Mehrheit der Anwendungen von externen Softwareentwicklungsunternehmen oder externen Entwicklern erstellt (Sarker et al. 2012). Daher haben Forscher die intraorganisationale Perspektive um eine interorganisationale Perspektive erweitert (e.g., Riasanow et al. 2018).
Eine der größten Herausforderungen für Forscher, die die Debatte über DT verfolgen, hängt mit der Abstraktionsebene zusammen, die auf das Phänomen angewendet wird. Einige Forscher betrachten DT als ein Phänomen auf Branchenebene (e.g., Bley et al. 2016), das die Art und Weise verändert, wie Organisationen innerhalb und zwischen Branchen konkurrieren. Andere betrachten DT als ein Phänomen auf Organisationsebene, wobei DT einen Veränderungsprozess darstellt, der wesentliche Teile einer Organisation durchdringt (e.g., Fitzgerald et al. 2013; Horlacher et al. 2016). Wieder andere interpretieren DT als eine unternehmensweite Transformationsstrategie, welche aus einer Reihe von separaten Transformationsinitiativen besteht (Matt et al. 2015). Die Debatte wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Begriffe DT und Digitalisierung im aktuellen Diskurs häufig synonym verwendet werden (Haffke et al. 2016). Insbesondere im Gesundheitswesen wird DT oft einfach als der Prozess der Digitalisierung verstanden, d. h. die Umwandlung von analog zu digital (e.g., Ritu Agarwal et al. 2010). Haffke et al. (2016) betonen, dass Digitalisierung synonym mit DT verwendet werden kann, was insbesondere für große Unternehmen mit einer analogen Historie relevant ist. Diese Vielzahl von Begriffen und Klassifizierungen erschwert es den Forschern, sich einen Überblick über den bestehenden Wissensbestand zu digitaler Transformation zu verschaffen.
Deshalb wollen wir die Begriffe klären und die Zusammenhänge der zugrunde liegenden Denkschulen aufzeigen.
3.2 Unterschiedliche Denkschulen zur Untersuchung der digitalen Transformation
Um einen vollständigen Überblick über die ausgewählten Artikel zu erhalten, folgten wir den Leitlinien von Webster und Watson (2002) und kodierten die Theorien der ausgewählten Artikel aus der Management-, Organisations- und IS-Literatur. Anschließend haben wir auf der Grundlage unserer Kodierung zwölf Denkschulen identifiziert (siehe Tab. 3).
Jeder der folgenden Abschnitte über die verschiedenen Denkschulen ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird eine kurze Beschreibung und Information über die Kodierung gegeben. Danach analysieren wir Artikel zu OT innerhalb und zwischen Management-, Organisationswissenschafts- und IS-Literatur. Im Anschluss daran diskutieren wir die Denkschule in Bezug auf DT. Sieben Studien konnten wir keiner Denkschule zuordnen, da sie keinen theoretischen Hintergrund aufführten (e.g., Loebbecke und Picot 2015).
3.2.1 Dynamic Capabilities/Resource-Based View
Auf der Grundlage der Resource-based View (RBV) eines Unternehmens erreichen Organisationen eine hohe Leistung durch Ressourcen und Capabilities, die unternehmensspezifisch sind. Organizational Capabilities sind die Fähigkeiten eines Unternehmens, Ressourcen effektiv zu organisieren, um strategische Ziele wie OT zu erreichen (Grant 1991). In einem sich verändernden Umfeld kann die Perspektive der Dynamic Capabilities helfen zu erklären, wie und warum sich Organisationen verändern (Teece et al. 1997). Aufbauend auf der Definition von Grant werden Dynamic Capabilities definiert als die Fähigkeit einer Organisation, interne und externe Kompetenzen zu integrieren, aufzubauen und neu zu konfigurieren, um auf sich schnell verändernde Umwelten zu reagieren (Teece et al. 1997: 516), was die Mehrheit der kodierten Artikel in dieser Denkschule widerspiegelt. Wir haben auch Artikel über organisatorische Ressourcen oder Arbeitsroutinen in diese Denkschule aufgenommen.
In der Management- und Organisationswissenschaft werden z. B. unternehmerische Dynamic Capabilities des Top-Managements (R. Agarwal und Helfat 2009) in OT als relevant angesehen. Um die Dynamic Capabilities genauer zu analysieren, wurden sie in die drei Komponenten „Sensing“, „Seizing“ und „Reconfiguring“ aufgeteilt (Teece 2007). So kann beispielsweise die kognitive Fähigkeit „Sprache und Kommunikation“ des Managements einen positiven Einfluss auf die dynamische Fähigkeit „Reconfiguring“ haben, die wiederum zur Überwindung von Widerständen gegen Veränderungen beitragen kann (Teece 2007).
In der IS-Literatur wird OT häufig durchgeführt, um neue Dynamic Capabilities zu entwickeln, z. B. für die Entwicklung einer neuen IT-Architektur (Gregory et al. 2015), die Integration von IT in Geschäftsprozesse (Ash und Burn 2003) oder die Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells auf der Grundlage von IT (Singh et al. 2011). Die meisten Dynamic Capabilities in der IS-Literatur stehen jedoch im Zusammenhang mit der Entwicklung von technologischen Artefakten oder Geschäftsmodellen, während in der Management- und Organisationsliteratur auch dynamische Fähigkeiten im Zusammenhang mit den kognitiven und sozialen Aspekten der OT identifiziert wurden, z. B. zur Überwindung von Widerständen gegen Veränderungen.
Zusammenfassend kann formuliert werden, dass die Entwicklung von Dynamic Capabilities in der OT in der Management-, Organisationswissenschafts- und IS-Literatur eine wichtige Rolle spielt. Daher ist ihre Bedeutung für DT nicht überraschend, da Dynamic Capabilities als wesentliche Faktoren für die Reaktion auf disruptive Innovationen gelten (Karimi und Walter 2015). Im Vergleich zu OT argumentieren einige Forscher, dass DT neue Fähigkeiten erfordert, die sich von früheren Dynamic Capabilities unterscheiden, z. B. digitale Platform Capabilities für die DT in der Zeitungsbranche (e.g., Karimi und Walter 2015).
3.2.2 IS-enabled OT
Technologien und ihre Beziehung zu Organisationsstrukturen, -prozessen und -ergebnissen sind seit Langem von Interesse für die Organisationsforschung (e.g., Orlikowski 2000; Yoo et al. 2012). In dieser anhaltenden Diskussion gibt es verschiedene Perspektiven auf Technologien, die mit unterschiedlichen Forschungszielen in Organisationen einhergehen (Orlikowski 2000). Wenn Technologie für Transformationen eingesetzt wird, d. h. wenn Menschen neue Technologie nutzen, um ihre bestehende Arbeitsweise zu ändern, kann dies zu einer Neudefinition der Arbeitsverteilung, Verschiebungen in der Art der Zusammenarbeit und Änderungen der Lernmethoden führen (Orlikowski 2000). Diese auf der Organisationsforschung basierende Diskussion über die Auswirkungen von OT auf Organisationen hat auch die IS-Forschung beeinflusst. Vor diesem Hintergrund heben Besson und Rowe (2012) die Strukturveränderung einer Organisation durch IT hervor, die sie als IS-enabled OT bezeichnen. IS-enabled OT konzentriert sich auf die Art der IT Capabilities und die Organisationsgestaltung, die es Unternehmen ermöglichen, das Geschäftspotenzial der IT zu nutzen (Sambamurthy und Zmud 1999: 262).
Obwohl sie unterschiedliche Bezeichnungen verwenden, diskutieren Management- und Organisationswissenschaften und IS letztendlich dasselbe Phänomen aus derselben Perspektive, nämlich den Einfluss der Technologie auf die Organisation und umgekehrt. IS-enabled OT wurde in den DT-Artikeln nicht kodiert. In Anlehnung an Yoo et al. (2010) betrachten wir diese Denkschule als Vorläufer der DT, da sie die einzigartigen Merkmale digitaler Technologien nicht widerspiegelt, z. B. die Reprogrammierbarkeit, die Homogenisierung von Daten und die selbstreferenzielle Natur digitaler Technologie.
3.2.3 Transformational Leadership
OT, die durch Transformational Leadership erreicht wird, beinhaltet das Formulieren und Präsentieren einer klaren Vision, das Ausstrahlen von Charisma, die Motivation der Mitarbeiter durch Inspiration und intellektuelle Stimulation, die sich daraus ergibt, dass ihnen neue und komplexe Denkweisen nahegebracht werden, sowie die Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und Wünsche (Hill et al. 2012). In der Management- und organisationswissenschaftlichen Literatur dieser Denkschule wird die Neudefinition der Organisationsidentität als Schlüsselmechanismus für OT anerkannt (Rindova et al. 2011). Das Ergebnis des Transformationsprozesses kann durch das Charisma des CEO, die Geschlechtervielfalt im Vorstand, die Mitarbeiter an vorderster Front, das emotionale Engagement der mittleren Führungskräfte oder die kognitiven Fähigkeiten der Führungskräfte beeinflusst werden (e.g., Helfat und Peteraf 2015). Ein weiterer kritischer Aspekt ist Transformational Leadership seitens des CEO, da die Auswirkungen des Führungsstils des CEO und des Top-Managements das organisatorische Lernen beeinflussen (e.g., Vera und Crossan 2004). In IS-Artikeln werden spezifische Elemente des Transformational Leadership erörtert, z. B. die Ausrichtung der IT-Personalressourcen auf die Unternehmensvision (Roepke et al. 2000) oder die Herausforderungen des Managements selbstorganisierter globaler Entwicklungsteams bei Transformationen (Eseryel und Eseryel 2013).
Dennoch können große Veränderungen bei den Mitarbeitern Widerstand hervorrufen, vor allem, weil DT Auswirkungen auf die gesamte Organisation und darüber hinaus hat. Daher ist Transactional Leadership nicht ausreichend, um ein DT-Projekt durchzuführen. Transformational Leadership ist unerlässlich, um die Vision zu vermitteln und die aktive Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen zu erreichen, die von der Transformation betroffen sind (Matt et al. 2015). Es geht darum, die Grenzen der Organisationskultur zu erkennen und sie angemessen zu verändern, wenn einige der zentralen Annahmen ungültig sind, z. B. durch Veränderungen in der Industrie oder die Verbreitung von Technologien, die die Organisation grundlegend verändern (Chatfield et al. 2015). In Bezug auf Empowerment stellen wir fest, dass DT häufig mit der Schaffung einer neuen Führungsrolle einhergeht, d. h. mit der Einführung eines Chief Digital Officer (CDO) (Matt et al. 2015). Dies zeigt, dass eine Rolle mit Entscheidungsbefugnis im Vorstand wichtig ist, um mit der Geschwindigkeit digitaler Innovationen umzugehen. Dass die Unternehmen bereit sind, entsprechend zu reagieren, zeigt die Zahl der berufenen CDO, die sich seit 2003 jedes Jahr auf über 2000 CDO im Jahr 2015 verdoppelt hat (Horlacher et al. 2016).
3.2.4 (Digitale) Innovation
In Anlehnung an die frühere Innovationsliteratur wird unter digitaler Innovation der Einsatz digitaler Technologie während des Innovationsprozesses verstanden (Nambisan et al. 2017; Yoo et al. 2012). Digitale Innovation erfordert außerdem, dass ein Unternehmen seine Organisationslogik und seine Nutzung der IT-Infrastrukturen überdenkt (Yoo et al. 2010).
Viele DT-Artikel bauen auf Veränderungen durch digitale Innovationen auf (e.g., Fichman 2014; Mocker und Fonstad 2017; Przybilla et al. 2021). Nach Yoo et al. (2010) beruhen digitale Innovationen auf neuartigen Merkmalen, die sich von früheren Technologien unterscheiden, z. B. der Reprogrammierbarkeit, der Homogenisierung von Daten und der selbstreferenziellen Natur der digitalen Technologie. Daher ist eine neue Organisationslogik erforderlich, um mit digitalen Innovationen umzugehen (Yoo et al. 2012, 2010). Der Fall Kodak zeigt, dass eine solche neue Organisationslogik sehr schwer zu erreichen ist, insbesondere wenn das Geschäftsmodell eines Unternehmens seit mehr als einem Jahrhundert erfolgreich ist (Henry C Lucas und Goh 2009). Infolgedessen wurde Kodak insolvent, obwohl das Unternehmen ursprünglich die Digitalkameras erfunden hatte, also die disruptive Technologie, die das traditionelle Kerngeschäft des Unternehmens zerstörte (Henry C Lucas und Goh 2009). Darüber hinaus stellt die digitale Innovation auch eine neue Perspektive in der laufenden Diskussion zwischen Organisation und Technologie dar, die von Management- und Organisationswissenschaftlern vorangetrieben wird (Orlikowski 2000). Daher kann der Begriff der OT aufgrund digitaler Innovationen eine Brücke zwischen der Management- und der IS-Literatur für Diskussionen über das DT-Phänomen bilden.
3.2.5 Revolutionärer/radikaler Wandel
Revolutionärer oder radikaler Wandel bedeutet, dass der Wandel diskontinuierlich, schnell und systemisch ist (Besson und Rowe 2012). Revolutionäre oder radikale Veränderungen können in der OT auf mehreren Ebenen stattfinden. In der OT-Literatur haben wir festgestellt, dass radikale Veränderungen erhebliche Auswirkungen auf die Organisationsstruktur haben können, indem Organisationseinheiten hinzugefügt, geteilt, verlagert, zusammengelegt oder gelöscht werden (Girod und Whittington 2015; Schwarzer und Krcmar 1995). Dies könnte zu einer stärkeren Integration und Kontrolle auf der Organisationsebene führen (Berente et al. 2016). Viele der Artikel, die dieser Denkschule zugeordnet werden, stützen sich auf das Modell des Punctuated Equilibriums, das OT als radikalen Prozess versteht (Gersick 1991; Romanelli und Tushman 1994). In einigen OT-Projekten werden die Aktivitäten von einer neuen Position in der Organisationshierarchie koordiniert (Rindova et al. 2011), was häufig eine Verschiebung der Organisationshierarchie und des Ortes der Entscheidungsfindung impliziert (Amis et al. 2004). Amis et al. (2004) bezeichneten die Dezentralisierung von Entscheidungsbefugnissen als umstritten, symbolisch und weitreichend.
Dieses Konzept findet sich auch in der IS-Literatur, z. B. beim Scheitern der radikalen Veränderungen bei TELECO (Sarker und Lee 1999). Stoddard und Jarvenpaa (1995) stellen fest, dass Strategien für radikale Veränderungen, die oft durch frühere Krisen und Misserfolge motiviert sind, darin bestehen, Quereinsteiger einzustellen und Mitarbeiter für den Wandel zu qualifizieren, die zur neuen Kultur und Organisationsstruktur passen.
Das Konzept des revolutionären Wandels passt zu vielen DT-Artikeln, insbesondere wenn es darum geht, eine schnellere Entscheidungsfindung zu ermöglichen, sicherzustellen, dass die notwendigen Ressourcen verfügbar sind, oder administrative Barrieren zu beseitigen, um den Informationsfluss zu erhöhen, wie im Fall der digitalen Transformation von LEGO (Andersen und Ross 2016). Aus diesem Grund können Organisationen eine separate DT-Abteilung einrichten, einen Chief Digital Officer (CDO) als verantwortlichen Change Agent in der Geschäftsführung einsetzen (Haffke et al. 2016) oder funktionsübergreifende, selbstorganisierte agile Teams rund um die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen bilden (Ross et al. 2016).
3.2.6 Identity, Cognition und Sensemaking
Diese Denkschule basiert auf den Verhaltenstheorien eines Unternehmens. In älteren Artikeln haben wir festgestellt, dass die Organisationsidentität mit OT zusammenhängt, weil die Organisationsidentität bei Transformationsversuchen oft destabilisiert wird und anfällig für Veränderungen ist (Nag et al. 2007). Die Organisationsidentität umfasst die Merkmale einer Organisation, die von ihren Mitgliedern als die zentralsten, markantesten und dauerhaftesten angesehen werden (Albert und Whetten 1985). Nach einer sozialkonstruktivistischen Sichtweise beinhaltet die Organisationsidentität das einvernehmliche Verständnis der Mitglieder darüber, wer sie als Organisation sind, was für das Überleben und das Wachstum der Organisation entscheidend zu sein scheint (Nag et al. 2007). Darüber hinaus können eine starke Organisationsidentität und die Bemühungen der Organisationsmitglieder, die kollektiven Praktiken, die ihre Arbeit kennzeichnen, zu bewahren, auch OT behindern (Nag et al. 2007). Managementstudien weisen darauf hin, dass die Entscheidung, die organisatorische Identität in einer OT zu ändern, eine Verschiebung in den Interpretationsschemata der Organisationsmitglieder zur Folge hat (Balogun et al. 2015). Dies erfordert Sensemaking und Sensegiving seitens der leitenden Angestellten, z. B. um die Mitarbeiter der unteren Ebenen auf eine neue gewünschte organisatorische Realität hinzuweisen (Balogun et al. 2015).
Neben den erwähnten Managementartikeln haben wir nur einen Artikel in der IS-Literatur gefunden, der mit dieser Denkschule in Verbindung steht und die Rolle der IT im Prozess der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsprozesse untersucht. In diesem Prozess wurden vier Functional Affordances entwickelt, die ihren Ursprung in der IS-Forschung haben (Reflective Disclosure, Informationsdemokratisierung, Output-Management, Delocalization), die einen Kontext schaffen, in dem sich Organisationen in einem Sensemaking-Prozess engagieren können, um neue Umfeldanforderungen zu verstehen (Seidel et al. 2013).
Nicht explizit, aber implizit in mehreren Artikeln erwähnt, erfordert DT auch einen Sensemaking-Prozess. In DT-Projekten sollten Führungskräfte Mitarbeiter ermutigen, eine digitale Denkweise zu entwickeln, um die Akzeptanz und Nutzung digitaler Technologien zu erhöhen (Piccinini et al. 2015: 10). Zur Unterstützung dieser Ansicht argumentiert Chatfield (2015: 16), dass eine Kultur erforderlich ist, die intelligente, motivierte Mitarbeiter mit unternehmerischer Problemlösungsfähigkeit und deren experimentelle Nutzung disruptiver Technologien fördert und belohnt. Die Veränderung der organisatorischen Identität und des Bewusstseinsbildungsprozesses während einer DT und ihre Unterschiede zu früheren OT sind jedoch noch unerforscht.
3.2.7 Ökosystem
Diese Denkschule analysiert, wann und warum Ökosysteme entstehen und was sie von anderen Governance-Formen unterscheidet (Jacobides et al. 2018; Floetgen et al. 2020). Auf der Ebene des Ökosystems haben frühere OT-Studien in der Organisationswissenschaft und im Management die Kosten der Neupositionierung berücksichtigt, die wichtig sind, wenn OT mit Verschiebungen im Tätigkeitssystem des Unternehmens einhergeht (Menon und Yao 2017; Floetgen et al. 2021a). Andere Studien haben Umwelteinflüsse auf OT untersucht, wie z. B. eine negative Medienberichterstattung (Bednar et al. 2013). Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse entwickelten Jacobides et al. (2018) eine Theorie der Ökosysteme, um zu untersuchen, wann und warum Ökosysteme entstehen.
Mithilfe digitaler Technologien ist die potenzielle Mitgestaltung durch die Bereitstellung von Boundary Resources einfacher geworden (Grover und Kohli 2012). So stellt beispielsweise Apple eine digitale Plattform für den Vertrieb von iOS-Anwendungen zur Verfügung. Da die meisten dieser Anwendungen von Drittanbietern entwickelt werden, müssen diese Entwickler eine bestimmte Programmiersprache erlernen und ihren Entwicklungsprozess auf die Apple-Plattform abstimmen (Eaton et al. 2015). Apple unterstützt Drittentwickler in hohem Maße durch die Bereitstellung von Boundary Resources (Eaton et al. 2015). Apple setzt in großem Ausmaß auf Co-Creation mit komplementären Partnern, was eine wichtige Rolle für die erfolgreiche DT spielte (Sarker et al. 2012). Während Partner von Apple jedoch Zugang zu einem riesigen Kundenstamm erhielten, waren sie durch das DT-Projekt kritisch betroffen, z. B. durch Änderungen bei den Boundary Resources oder dem Bezahlverfahren für Anwendungen. Wenn DT also die Einführung einer digitalen Plattform bedeutet, geht der organisatorische Wandel über IS-gestützte OT hinaus, da die Geschäftsmodelle der mitgestaltenden Partner betroffen sind (Floetgen et al. 2021c; Floetgen et al. 2020). Riasanow et al. (2017) haben gezeigt, dass aufstrebende Akteure, die Mobilitätsdienstleistungs-Plattformen aufbauen, einen erheblichen Wandel im Automobilökosystem herbeigeführt haben. Diese Beispiele zeigen, dass der Wettbewerb über Ökosysteme von Co-Creation-Partnern in der DT stattfindet, was einen grundlegenden Unterschied im Vergleich zu früheren Vorstellungen von OT impliziert.
3.2.8 Emergence, Institutionalismus und Contingency
Wir haben drei theoretische Schwerpunkte in dieser Denkschule identifiziert. In früheren Artikeln haben wir erstens festgestellt, dass OT auch ein neu auftretendes Phänomen sein kann, das möglicherweise nicht aktiv von Entscheidungsträgern ausgelöst wird, was im Gegensatz zu der Sichtweise steht, die OT als einen Prozess des geplanten Wandels betrachtet (Markus und Robey 1988). Zweitens betrachtet der Institutionalismus die OT als ein von außen importiertes Phänomen, das einem Prozess der Verbreitung eines Standards ähnelt, der schnell oder langsam, systematisch oder lückenhaft sein kann (Besson und Rowe 2012). Drittens besagt die Kontingenztheorie, dass es keinen besten Weg gibt, eine Organisation zu organisieren, zu leiten oder zu transformieren (Aguilera et al. 2008). Stattdessen hängt die optimale Vorgehensweise von der internen oder externen (z. B. neuen) Situation ab (Aguilera et al. 2008). Vergleicht man Unternehmen, die in breiten Aktienindizes (z. B. S&P 500) notiert sind, so lassen sich je nach Situation eines Unternehmens unterschiedliche Treiber für den strategischen Wandel beobachten (Oehmichen et al. 2017). Erstens können Unternehmen ein breites Branchenwissen nutzen, wenn sie über erfahrene Führungskräfte verfügen. Zweitens können Manager, die keinen Zugang zu solchen Informationen über potenzielle Veränderungen haben, externe erfahrene Führungskräfte für strategische Beratung nutzen (Oehmichen et al. 2017).
Ähnlich wie bei „Identity, Cognition und Sensemaking“ werden in den meisten DT-Artikeln nicht dieselben Begriffe und dasselbe Vokabular verwendet wie in der Management- und Organisationsliteratur. Es gibt jedoch einige Fälle, wie z. B. die Insolvenz von Kodak aufgrund mangelnder Innovation der Organisation (Henry C Lucas und Goh 2009), die als aufkommender Wandel interpretiert werden können. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass DT nicht immer aktiv ausgelöst oder organisiert werden muss, wie z. B. im Fall vieler digitaler Plattformen, bei denen mitgestaltende Partner von der sich abzeichnenden digitalen Transformation von Apple betroffen waren (e.g., see Eaton et al. 2015). Letztlich bleibt der Prozess der Institutionalisierung in der DT unerforscht.
3.2.9 Geschäftsmodell
Geschäftsmodellinnovation (Amit und Zott 2012) hat das Ziel, die Wertschöpfung eines Unternehmens wesentlich zu verändern (Amit und Zott 2001; Weking et al. 2020a). In der früheren OT-Literatur im Bereich Management haben Unternehmen Geschäftsmodellinnovationen genutzt, um Veränderungen in der Produktentwicklung, der Produktion und dem Vertrieb auszulösen (e.g., Rindova et al. 2011). So hat der italienische Anbieter von Luxushaushaltswaren und Küchenutensilien Alessi seine bestehenden Produkte für Hotels und Restaurants erfolgreich umgestaltet, indem er Konzepte aus dem Branchenregister (Produkte als funktionale Werkzeuge) mit unverwechselbaren formalen Eigenschaften kombiniert hat (Rindova et al. 2011). Besonders radikale Projekte beinhalten eine große Veränderung der Produkte und der Wertschöpfungsaktivitäten, die oft zu einer neuen Produktkategorie führen und einen Bruch mit der Vergangenheit darstellen (Jones 2003).
Die IS-Literatur konzentriert sich auf die zunehmenden Möglichkeiten für Geschäftsmodellinnovationen durch neue Technologien und Systeme wie den elektronischen Handel (e.g., Barua et al. 2004; Böttcher et al. 2021b). Neue Technologien erfordern eine Veränderung der Kernkompetenzen und Ressourcen, wie z. B. die Einführung von RFID zur Schaffung eines effizienteren Liefernetzwerks (Wamba und Chatfield 2009; Weking et al. 2018a). Durch diese Technologien sind sich Unternehmen bewusst geworden, dass Werte zunehmend durch Netzwerke mit Geschäftspartnern geschaffen werden, die ihre komplementären Fähigkeiten kombinieren (Weking et al. 2020b), z. B. Partnerschaften mit Händlern (Barua et al. 2004) oder im Falle von B2B App Stores (Floetgen et al. 2022). Ein Mittel zur Geschäftsmodellinnovation ist die Schaffung neuer Vertriebskanäle, wie z. B. die Online-Akquise neuer Kunden für Einzelhändler, Hersteller, Distributoren oder Großhändler (Barua et al. 2004; Böttcher et al. 2021b) oder die Bereitstellung von häuslicher Krankenpflege durch Telemedizin (Singh et al. 2011).
Frühere OT-Studien in der Organisationswissenschaft haben auch festgestellt, dass der Wettbewerbsdruck die Akteure (Manager oder Unternehmen) dazu veranlasst, ihre Aufmerksamkeit auf Wettbewerber zu richten (Johnson und Hoopes 2003). Neben konkurrierenden Unternehmen kann der Wettbewerb auch über den Markt stattfinden, und die Steigerung der Unternehmensleistung steht im Mittelpunkt früherer OT (e.g., R. Agarwal und Helfat 2009).
In einigen Fällen führen Unternehmen DT durch, um auf einen hohen wahrgenommenen Druck auf ihre Geschäftsmodelle zu reagieren (Kaltenecker et al. 2015; Böttcher und Weking 2020). Ein Grund für den hohen Druck ist, dass digitale Innovationen die Eintrittsbarrieren senken und es aufstrebenden Akteuren ermöglichen, mit hoher Geschwindigkeit in neue Märkte einzutreten (Fitzgerald et al. 2013; Böttcher et al. 2021a), wie z. B. Uber und Airbnb, die eine ernsthafte Bedrohung für etablierte Unternehmen darstellen, die in der gleichen Branche tätig sind. Aufbauend auf diesen früheren Errungenschaften konzentriert sich die DT insbesondere auf Geschäftsmodellinnovationen (Loebbecke und Picot 2015). Dies zeigt sich darin, dass digitale Technologien in hohem Maße zur Wertschöpfung eines Unternehmens beitragen (Lucas et al. 2013). Als Beispiele für Geschäftsmodellinnovationen in der DT haben wir die Transformation von der On-Premise-Leistungserbringung zu einer Cloud-Bereitstellung (Kaltenecker et al. 2015) und die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle im Kontext von Big Data und Künstlicher Intelligenz (Loebbecke und Picot 2015; Baecker et al. 2021; Weking, et al. 2018b, 2020d; Weber et al. 2021) der Automobilindustrie (Piccinini et al. 2015; Riasanow et al. 2017) oder der Finanzindustrie (Puschmann 2017) identifiziert. Darüber hinaus ist das Geschäftsmodell der Partner in der DT betroffen, z. B. aufgrund von Co-Creation-Mechanismen (Puschmann 2017).
3.2.10 Evolutionärer/inkrementeller Wandel
Bei der Analyse früherer Studien fanden wir evolutionäre Veränderungszustände, bei denen OT kontinuierlich, langsam und lückenhaft ist, eine Art organisatorischer Darwinismus (Besson und Rowe 2012), wie z. B. Business Process Change (BPC) (Jurisch et al. 2012).
In der IS-Literatur wird BPC häufig als eine OT-Initiative definiert, die darauf abzielt, Geschäftsprozesse zu verbessern und (neu) zu gestalten, um durch Veränderungen in den Beziehungen zwischen Management, Information, Technologie, Organisationsstruktur und Menschen einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen (Kettinger und Grover 1995: 12). Im Gegensatz zu einem revolutionären oder radikalen Wandel konzentriert sich der evolutionäre Wandel im Kontext von BPC auf inkrementelle Veränderungen von Geschäftsprozessen (Ertl et al. 2018; Teo et al. 1997).
Wir haben jedoch keine Artikel gefunden, die DT mit evolutionärem Wandel in Verbindung bringen. Ein Grund dafür könnte die disruptive Wirkung digitaler Innovationen sein, die DT auslöst (Fitzgerald et al. 2013; Puschmann 2017).
3.2.11 Ambidexterity
Unternehmen können vorhandene Ressourcen nutzen, um effiziente Prozesse zu fördern (Exploitation), z. B. durch Optimierung, oder um neue Potenziale zu schaffen (Exploration), z. B. durch Forschung oder Experimentieren (March 1991). Ambidexterity bedeutet, zwei unterschiedliche Dinge gleichzeitig zu verfolgen, z. B. sich gleichzeitig auf Exploration und Exploitation zu konzentrieren (March 1991). Der Begriff der Ambidexterity wird häufig mit dem Einsatz von Technologie in Verbindung gebracht, insbesondere in der IS-Literatur (e.g., Gregory et al. 2015).
In einigen Management- und organisationswissenschaftlichen Studien konzentrieren sich Organisationen auf die Nutzung von Technologien zur Steigerung der Effizienz, Standardisierung und Kostensenkung in Prozessen oder Routinen (Berente et al. 2016) über ein neues Informationssystem für die Materialplanung, das zur Steigerung der Prozesseffizienz eingesetzt werden kann (e.g., Dey 2001). Vor allem IS-Studien konzentrieren sich auf die Erforschung neuer Technologien, wie die Einführung eines Fernüberwachungssystems für Patienten, um die Möglichkeit häuslicher Pflegedienste zu schaffen (Singh et al. 2011), oder die Nutzung von RFID zur Orchestrierung eines Lieferkettennetzes (Wamba und Chatfield 2009).
Wir haben jedoch nur eine DT-Studie zum Thema Ambidexterity gefunden. Gregory et al. (2015) untersuchten das Transformationsprogramm einer großen Geschäftsbank und identifizierten Ambidexterity in sechs Bereichen: Portfolioentscheidungen, Plattformdesign, Architekturänderung, Programmplanung, Governance und Delivery. Sie stellten fest, dass ein ständiges Abwägen zwischen explorativem und exploitativem Verhalten erforderlich ist, z. B. im Falle des Plattformdesigns: Standardisierung versus Differenzierung (Gregory et al. 2015).
3.2.12 Service-dominant Logic
Die Service-Dominant Logic (S-D) betrachtet die Tätigkeit eines Unternehmens nicht in erster Linie als die Produktion und das Angebot von materiellen Gütern oder überhaupt von (materiellen oder immateriellen) Produkten, sondern als den Austausch von Dienstleistungen, der stattfindet, wenn ein Akteur seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Nutzen eines anderen Akteurs einsetzt (Lusch und Nambisan 2015; Vargo und Lusch 2004). Die in unseren ausgewählten Artikeln selten verwendete S-D-Logik kann ein geeigneter theoretischer Fokus sein, um (digitale) Innovationen zu verstehen (Barret et al. 2015) und einen Beitrag zur laufenden Diskussion zwischen Organisation und Technologie zu leisten. In einer ressourcenintegrierenden, dienstleistungsaustauschenden Aktivität, die durch institutionelle Arrangements zur gegenseitigen Wertschöpfung koordiniert wird, entstehen Dienstleistungsökosysteme (Lusch und Nambisan 2015). Die IT spielt in Dienstleistungsökosystemen und damit bei der Dienstleistungsinnovation eine entscheidende Rolle, da Ressourcen auf neue Weise kombiniert und ausgetauscht werden, die für die am Dienstleistungsökosystem beteiligten Akteure einen gemeinsamen Wert schaffen (Barret et al. 2015). Daher bietet die S-D-Logik einer hilfreicher Fokus, um DT aus einer Organisations- oder Ökosystemperspektive zu verstehen.
4 Diskussion
Auf der Grundlage der vorliegenden Literaturrecherche haben wir vier theoretische Strömungen herausgearbeitet. Erstens zeigen die Ergebnisse der zwölf identifizierten Denkschulen, dass DT in erheblichem Maße auf früherer OT in der Management-, Organisationswissenschafts- und IS-Literatur aufbaut. Daher erweitert diese Studie die hervorragende Literaturrecherche von Besson und Rowe (2012). Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass DT nicht nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ ist, indem wir die einzigartigen Aspekte von DT hervorheben, insbesondere durch die Denkschulen des Ökosystems, der Geschäftsmodellinnovation und der digitalen Innovation. Daher erweitern wir die Studie von Fitzgerald et al. (2013), die DT in erster Linie als eine interorganisationale Transformation verstehen. Außerdem erweitern wir die Studie von Nambisan et al. (2017), da wir DT als OT verstehen, die auf den transformativen Auswirkungen der Nutzung digitaler Innovationen basiert. Wir beachten auch, dass Organisationen in komplexen Ökosystemen miteinander verbunden sind (Lusch und Nambisan 2015; Hein et al. 2019c).
Zweitens stellen wir fest, dass Artikel aus den Organisations- und Managementwissenschaften beginnen, die Besonderheiten der digitalen Innovation und die erforderliche neue Organisationslogik zu berücksichtigen (Yoo et al. 2012). Der Rückgriff auf Artikel über IS-enabled OT auf der Grundlage spezifischer Technologien (z. B. Sensornetzwerke, Big Data, Cloud Computing) könnte diese Diskussion bereichern. Darüber hinaus verweisen wir auf Studien aus dem Bereich Management und Organisationswissenschaften, die sich insbesondere mit transformationaler Führung, Identity, Cognition und Sensemaking befassen. Diese Denkschulen sind zentrale Treiber von DT, die in der IS-Literatur noch nicht reflektiert werden. Einige Denkansätze, wie Dynamic Capabilities, sind jedoch für beide Disziplinen relevant. Darüber hinaus stellen wir fest, dass dies einen organisatorischen Aufbau erfordert, der DT fördert, wie z. B. die Ambidexterity-basierte Nutzung digitaler Technologie.
Drittens heben wir auch Widersprüche und verschiedene Ansichten hervor, die sich aus früheren OT-Studien ableiten und die für die DT von Bedeutung sind. Da frühere OT entweder als radikal oder evolutionär angesehen wird, können beide Denkrichtungen je nach Fall für die DT geeignet sein. Wir haben jedoch nur DT-Artikel gefunden, die mit radikalem Wandel in Verbindung stehen. Dies könnte auf den disruptiven Charakter digitaler Innovationen zurückzuführen sein, die DT vorantreiben. Darüber hinaus müssen Entscheidungsträger nicht immer aktiv DT auslösen, da DT auch das Ergebnis der Institutionalisierung von Veränderungen auf der Grundlage eines neuen Phänomens sein kann. Zudem ist DT eine neue Strömung in der laufenden Diskussion über die Beziehung zwischen Organisation und Technologie, die ihre Wurzeln in der neuen Organisationslogik aufgrund digitaler Innovationen hat. In diesem Zusammenhang haben wir relativ verteilte Diskussionen in der Management-, Organisations- und IS-Literatur festgestellt. Daher hilft unser Überblick, frühere OT-Studien mit DT zu vergleichen, und bereichert die Diskussion zwischen verschiedenen Denkschulen in und zwischen den genannten Disziplinen.
Viertens lehnen wir die Vorstellung ab, dass DT mit einer bestimmten Technologie wie Cloud Computing verbunden ist (Nwankpa und Roumani 2016), und verstehen sie als Antrieb für jede digitale Innovation, z. B. Blockchain oder künstliche Intelligenz. Ausgehend von diesem Verständnis lehnen wir auch die Vorstellung ab, dass DT synonym mit Digitalisierung verwendet werden kann, bei der es sich lediglich um den Prozess der Umwandlung von analog in digital handelt und die nicht unbedingt mit einer OT verbunden sein muss.
Darüber hinaus liefert diese Studie drei praktische Denkanstöße. Erstens laden wir Praktiker und Wissenschaftler dazu ein, Denkschulen anzuwenden, wenn sie über DT sprechen oder sie mit früherer OT vergleichen. Insbesondere präsentieren wir zwölf Denkschulen für Diskussionen über DT. Zweitens können Manager Erkenntnisse darüber gewinnen, was für DT im Vergleich zu früheren OT neu ist. Beispielsweise beeinflusst DT nicht ausschließlich eine Organisation, sondern auch das Ökosystem, einschließlich der Mitwirkung von Partnern, und ist häufig mit einer wesentlichen Geschäftsmodellinnovation verbunden.
Drittens hilft diese Diskussion über DT den Entscheidungsträgern, die verschiedenen Aspekte der aktuellen Diskussion über Technologie und Organisation zu verstehen und zu analysieren, insbesondere aufgrund der digitalen Innovationen.
5 Limitationen und zukünftige Forschung
Unsere Studie unterliegt einigen Einschränkungen. Erstens sind die identifizierten Artikel auf unsere Suchbegriffe und ausgewählten Datenbanken beschränkt. Wir haben uns jedoch auch auf Besson und Rowe (2012) gestützt, die einen hervorragenden Überblick über IS-enabled OT gegeben haben, und ihre Suchbegriffe mit Stichwörtern zu DT ergänzt. Zweitens ist diese Studie durch die Kodierung der Artikel auf die jeweiligen Denkschulen beschränkt. Daher haben wir unsere Ergebnisse auch mit denen von Besson und Rowe (2012) verglichen. Dementsprechend sind alle von ihnen untersuchten Artikel auch in diesem Beitrag enthalten. Darüber hinaus haben wir sichergestellt, dass eine große Anzahl von DT-Artikeln berücksichtigt wurde, indem wir die Suche auf aktuelle Konferenzpublikationen ausgeweitet haben.
Unsere Ergebnisse zeigen fünf Wege für die zukünftige Forschung auf. Erstens: Da sich DT auch auf die Partner im Ökosystem auswirkt, empfehlen wir, dass die Transformation von komplementären Partnern in DT berücksichtigt werden sollte. Daher schlagen wir vor, die Theorie der Ko-Evolution (Lewin und Volberda 1999) zu verwenden, um die gleichzeitige und wechselseitige Transformation einer Organisation und ihrer Partner in einem Ökosystem zu untersuchen.
Zweitens fehlt es noch an einer ganzheitlichen Analyse der aktuellen und laufenden Transformationsaktivitäten in verschiedenen Branchen. Für eine solche Analyse wäre es wichtig, DT aus einer Makroperspektive zu betrachten, etwa als ein Ökosystem (Puschmann 2017). In diesem Zusammenhang sind mehr Fallstudien über gescheiterte DT-Initiativen notwendig, um DT aus einer Mikroperspektive zu betrachten. Die aus einzelnen Fallstudien gewonnenen Erfolgsfaktoren sind jedoch sehr kontextspezifisch und nur begrenzt verallgemeinerbar.
Als dritten Weg schlagen wir daher die Verwendung konfigurationaler Methoden vor, um das Zusammenspiel von Umfeld- und Organisationsfaktoren mithilfe der Methode Fuzzy-Set Qualitative Comparative Analysis (fsQCA) (Ragin 2008) zu untersuchen, z. B. um Muster für erfolgreiche DT-Strategien abzuleiten. Diese konfigurationale Forschungsmethode ist für die Untersuchung von DT-Strategien besonders nützlich, da sie im Vergleich zu anderen Methoden wie Regressionsanalyse Äquifinalität zulässt, d. h., mehrere Wege können zu einer erfolgreichen DT führen.
Viertens schlagen wir vor, das Phänomen der DT in die Entwicklung einer Ökosystemtheorie einzubeziehen (Jacobides et al. 2018) + Hein et al. (2018a, b), insbesondere weil digitale Innovationen zur Entstehung neuer Ökosysteme (z. B. Blockchain (Eggers et al. 2021; Weking et al. 2020c) oder Mobilität (Hein et al. 2019a)) oder zur Transformation etablierter Ökosysteme (die Transformation der Finanzindustrie durch Fintechs (Böttcher et al. 2021a)) führen können.
Fünftens können insbesondere IS-Studien von der früheren Management- und Organisationswissenschaftsliteratur lernen, indem sie Identity, Cognition und Sensemaking sowie Transformational Leadership der DT stärker berücksichtigen. Im Gegenzug könnten die Management- und Organisationswissenschaften von der IS-Literatur lernen, um die Besonderheiten digitaler Technologien in der OT zu berücksichtigen, da die technologischen Grundlagen die Möglichkeiten der organisatorischen Identität, des Betriebs, der Steuerung und des Lernens erheblich beeinflussen können. Dies ist besonders wichtig, wenn es darum geht, eine Organisationsarchitektur zu entwerfen, die DT fördert.
6 Zusammenfassung
Durch die Beschreibung der zwölf verschiedenen Denkschulen, die digitaler Transformation zugrunde liegen, leistet unsere Studie einen Beitrag zur Management-, Organisations- und IS-Literatur, indem sie den Begriff der digitalen Transformation diskutiert. Erstens haben wir gezeigt, dass DT ein neues Phänomen im Vergleich zu früherer OT ist, insbesondere durch die Einbeziehung des Begriffs der digitalen Innovation. Zweitens haben wir zwölf Denkschulen entwickelt, um das Phänomen der digitalen Transformation angemessen und unter Berücksichtigung verschiedener Literaturstränge zu diskutieren. Diese Denkschulen helfen bei der Synthese von Artikeln über DT und ermöglichen Vergleiche mit früherer OT. Daher hilft diese Studie, Artikel über DT zu vergleichen, und zeigt, dass nicht alle Artikel, die behaupten, DT zu untersuchen, tatsächlich dieses spezielle Phänomen untersuchen. Abschließend hoffen wir, dass unser Beitrag zu einer konsistenten Terminologie beiträgt und dass die von uns vorgeschlagenen Wege für zukünftige Forschungen aufgegriffen werden und dazu beitragen, diesen Forschungsbereich zu konsolidieren und voranzubringen.
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Riasanow, T., Soto Setzke, D., Böhm, M., Krcmar, H. (2022). Der Begriff der digitalen Transformation: Ein transdisziplinärer Literaturüberblick. In: Oswald, G., Saueressig, T., Krcmar, H. (eds) Digitale Transformation. Informationsmanagement und digitale Transformation. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37571-3_4
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