3.1 Öffentlich gemeinschaftliche Aktivitäten

In der folgenden Abbildung sind die prozentualen Anteile öffentlich gemeinschaftlich aktiver Personen, gemessen an der Bevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren in Deutschland im Erhebungsjahr 2019, aufgeschlüsselt nach Bundesländern abgebildet.

Die Aktivitätsquoten der Bundesländer liegen relativ dicht beieinander (vgl. Abb. 3.1). Die Differenz zwischen Schleswig–Holstein mit der höchsten Aktivitätsquote von etwa 71 % und Sachsen-Anhalt mit der niedrigsten von rund 59 % beträgt annähernd 12 Prozentpunkte. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 66 %. Darüber liegen neben Schleswig–Holstein auch Niedersachsen, Baden-Württemberg, Thüringen, Bayern und Berlin. Den Durchschnittswert unterschreiten Rheinland-Pfalz, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Sachsen, letzteres mit 3 % Abstand zu seinem Nachbarland Sachsen-Anhalt.

Abb. 3.1
figure 1

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Öffentlich gemeinschaftliche Aktivitäten im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja in % – Eta2 = 0,005).

Betrachtet im Hinblick auf den ZeitverlaufFootnote 1 haben sich die Zahlen zur regionalen Entwicklung der Aktivitätsquoten über die Bundesländer hinweg einander deutlich angenähert (vgl. Abb. 3.2). Im Rahmen dieser konvergenten Entwicklung fallen einige Besonderheiten auf: Mecklenburg-Vorpommern hatte bis 2009 stets die geringste Aktivitätsquote aller Bundesländer, liegt seit 2014 aber im Mittelfeld. Und in Brandenburg konnte bis 2014 eine steil aufsteigende Aktivitätsquote beobachtet werden, wenngleich sich hier zuletzt aber wieder eine sinkende Tendenz zeigt.

Abb. 3.2
figure 2

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 1999 bis 2019, gewichtet inkl. Bildung.)

Zeitverlauf öffentlich gemeinschaftlicher Aktivitäten im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Nimmt man den gesamten Zeitraum der Erhebungswellen des Freiwilligensurveys in den Blick, werden Anstiege bei den Aktivitätsquoten insbesondere in den östlich gelegenen Bundesländern und Berlin erkennbar. Berlin sticht dabei insofern besonders hervor, als die Anzahl öffentlich gemeinschaftlich aktiver Personen von 1999 auf 2004 um 10 Prozentpunkte zunahm, dann bis 2009 wieder geringfügig abnahm, seit 2014 aber erneut stieg, um 2019 schließlich einen Rangplatz im Mittelfeld einzunehmen. In diesem Bereich lag 1999 und 2004 ebenfalls noch Schleswig–Holstein, seit 2009 verzeichnet das nördliche Bundesland aber die höchste Aktivitätsquote aller Bundesländer. Große Schwankungen im Zeitverlauf verzeichnen das Saarland und auch Rheinland-Pfalz. In letzterem Bundesland nahm die Aktivitätsquote von 1999 auf 2004 sprunghaft zu und war die höchste aller Bundesländer. Sie sinkt seither jedoch wieder kontinuierlich und unterschritt 2019 knapp den Bundesdurchschnitt.

Betrachtet man die Differenz der Aktivitätsquoten von 1999 und 2019, wird ersichtlich, dass die Anteile nicht in allen Ländern gleich stark beziehungsweise überhaupt zugenommen haben. Die Aktivitätsquoten im Saarland, in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind sogar leicht gefallen. Demgegenüber haben die Anteile öffentlich gemeinschaftlich Aktiver in Berlin, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen – also mit Ausnahme Sachsen-Anhalts, wo der Anstieg etwas moderater verlief als in allen anderen ostdeutschen Ländern – gut 10 bis 15 Prozentpunkte zugelegt. Folglich kann für öffentlich gemeinschaftliche Aktivität ein gesamtdeutscher langfristiger Trend der Konvergenz festgestellt werden, welcher sich vor allem aus der positiven Entwicklung der ostdeutschen Bundesländer bei gleichzeitig stagnierenden Zahlen der westdeutschen Bundesländer speist.

3.1.1 Die Spitzengruppe (Top 5) der Aktivitätsbereiche

Im nächsten Schritt wird die jeweilige Spitzengruppe (Top 5) der Aktivitätsbereiche im Jahr 2019 im Bundesländervergleich dargestellt.

Über alle Bundesländer hinweg ist die überwiegende Mehrheit der befragten Personen im Bereich Sport und Bewegung aktiv (vgl. Abb. 3.3). Hier liegen die Anteile zwischen 47 % und 34 %. Der Bundesdurchschnitt beträgt 40 %. Mit großem Abstand zum Bereich Sport und Bewegung sind die Befragten am zweithäufigsten im Bereich Kultur und Musik aktiv. Die Unterschiede bei den Aktivitätsquoten in diesem Bereich fallen zwischen den Bundesländern eher gering aus. Die Befragten in Baden-Württemberg und Bremen sind mit einem Anteil von 22 % kulturell und musikalisch am aktivsten. In Hessen gibt es 20 % Aktive in diesem Bereich, in Rheinland-Pfalz 19 %. Im Bundesdurchschnitt sowie auch in Bayern, Berlin, Niedersachsen und Schleswig–Holstein gibt es 18 % Aktive im Bereich Kultur und Musik, in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen sowie dem Saarland sind es 17 %. Vergleichsweise weniger Aktivität in diesem Bereich wird für Thüringen gemessen (15 %), ebenso für Sachsen (14 %), Brandenburg (13 %) und Sachsen-Anhalt (11 %).

Abb. 3.3
figure 3

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Top-5-Aktivitätsbereiche im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Bundesweit fast gleichauf mit jeweils etwa 15 % liegen auf dem dritten und vierten Aktivitätenrang die Bereiche Freizeit und Geselligkeit sowie der soziale Bereich. In Brandenburg, dem Saarland, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sind die befragten Personen im Bereich Freizeit und Geselligkeit sogar aktiver als im kulturellen und musikalischen Bereich. Sachsen und Thüringen sind mit etwa 20 % Aktiven in diesem Bereich die Spitzenreiter. Ein Blick auf die Mitgliederzahlen des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG) legt nahe, dass dies auf Aktivitäten im Kleingartenverein zurückgeführt werden kann, welche in den ostdeutschen Bundesländern besonders ausgeprägt sind.Footnote 2

In Schleswig–Holstein, Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin sind etwas mehr Menschen im sozialen Bereich aktiv als im Bereich Freizeit und Geselligkeit. Den letzten Platz der Top-5-Aktivitätsbereiche belegt der Bereich Schule oder Kindergarten, worunter etwa Elternvertretung, Schülervertretung oder Fördervereine zählen können. Hier gibt es zwischen 11 und 15 % an Aktiven. Thüringen weist dabei den größten Anteil auf: Dort übersteigt die Aktivitätsquote dieses Bereiches sogar jene im sozialen Bereich. Auch in Sachsen ist dies der Fall, der prozentuale Unterschied ist dort aber noch etwas geringer als in Thüringen. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt gibt es annähernd gleich viele Aktive im sozialen Bereich und im Bereich Schule oder Kindergarten.Footnote 3

3.2 Freiwilliges Engagement

Wie bereits in Kap. 2 festgehalten zeichnet sich ein freiwilliges Engagement dadurch aus, dass über eine öffentlich gemeinschaftliche Aktivität hinaus noch weitere Aufgaben und Tätigkeiten freiwillig übernommen werden. Die prozentualen Anteile freiwillig engagierter Personen in Deutschland stellen sich im Erhebungsjahr 2019 im Vergleich der Bundesländer wie folgt dar:

Im Bundesdurchschnitt beträgt die Quote des freiwilligen Engagements annähernd 40 % (vgl. Abb. 3.4). 9 Bundesländer weisen eine unterdurchschnittliche Engagementquote auf, 7 Länder, darunter im Osten Thüringen, liegen über dem Durchschnitt. Insgesamt liegen die Engagementquoten nahe beieinander; der Faktor Bundesland erklärt folglich relativ wenig Variation des Faktors Engagement. Immerhin trennen das Bundesland mit der höchsten und dasjenige mit der niedrigsten Engagementquote 11 Prozentpunkte. Die meisten freiwillig Engagierten zählt Baden-Württemberg, hier beträgt die Engagementquote rund 46 %. Schleswig–Holstein folgt mit 3,5 Prozentpunkten weniger auf dem zweiten Platz. Mit etwa 35 % engagieren sich die Menschen in Sachsen am seltensten freiwillig. Während Thüringen wie erwähnt als einziges Bundesland im Osten über dem Bundesdurchschnitt liegt, beläuft sich der Anteil freiwillig Engagierter in Niedersachsen, dem Saarland, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hamburg sowie in den 4 übrigen ostdeutschen Bundesländern auf Werte unter dem Bundesdurchschnitt. Hamburg belegt vor Sachsen den vorletzten Platz: Dort gibt es mit annähernd 36 % etwas mehr Engagierte als in Sachsen und 0,4 % weniger als in Brandenburg.

Abb. 3.4
figure 4

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Freiwilliges Engagement im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja in Prozent – Eta2 = 0,005).

Auch hier ist die Auswertung der Engagementquoten des Freiwilligensurveys im Längsschnittvergleich der Bundesländer aufschlussreich (vgl. Abb. 3.5). Ähnlich wie bei den öffentlich gemeinschaftlichen Aktivitäten lässt sich auch beim freiwilligen Engagement sowohl eine leichte Niveauanhebung als auch eine Annäherung (Konvergenz) der Länderquoten im Zeitverlauf erkennen. Im Vergleich zur gemessenen öffentlich gemeinschaftlichen Aktivität schwanken die Werte des freiwilligen Engagements jedoch weniger stark. Auch verläuft die Entwicklung in den Bundesländern deutlich gleichförmiger und konstanter. Freiwilliges Engagement scheint insgesamt also etwas stabiler ausgeprägt zu sein als die öffentlich gemeinschaftlichen Aktivitäten.

Abb. 3.5
figure 5

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 1999 bis 2019, gewichtet inklusive Bildung.)

Zeitverlauf freiwilliges Engagement im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Beim freiwilligen Engagement verzeichnen die ostdeutschen Bundesländer von 2009 zu 2014 einen deutlichen Aufwärtstrend, was zur zunehmenden regionalen Konvergenz von freiwilligem Engagement zwischen den Bundesländern beigetragen hat. In Thüringen und Sachsen-Anhalt hat sich dieser Trend auch 2019 fortgesetzt, wohingegen die Engagementquoten 2019 im Vergleich zu 2014 in Brandenburg geringfügig und in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern etwas stärker gesunken sind.

Bildet man eine Langzeitdifferenz der Engagementquoten von 1999 und 2019, so erweist sich Berlin als das Bundesland mit dem deutlichsten Anstieg derselben, gefolgt von Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Auch Schleswig–Holstein und Niedersachsen verzeichnen im Zeitverlauf einen vergleichsweise hohen Zuwachs in der Engagementquote. Im Vergleich der Bundesländer fällt der Zuwachs von 1999 zu 2019 insbesondere in Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland mit etwa 5 Prozentpunkten etwas geringer aus.

3.2.1 Spitzengruppe (Top 5) der Engagementbereiche

Wie bereits bei den öffentlich gemeinschaftlichen Aktivitäten ist beim freiwilligen Engagement der Bereich Sport und Bewegung mit 9 bis 17 % der Engagierten das – meist mit Abstand – am häufigsten bevorzugte Engagementfeld (vgl. Abb. 3.6). Einzig in Berlin engagieren sich die Befragten noch geringfügig häufiger im Bereich Schule oder Kindergarten. Die Rangplätze 2 (Kultur und Musik), 3 (sozialer Bereich) und 4 (Schule oder Kindergarten) liegen, bundesweit betrachtet, nahe beieinander; regional fallen hingegen einige Unterschiede auf, auch in der RangfolgenverteilungFootnote 4.

Abb. 3.6
figure 6

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Top-5-Engagementbereiche im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

In den Bundesländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist der Vorsprung freiwilligen Engagements im Bereich Kultur und Musik klar erkennbar. Im sozialen Bereich engagiert man sich dort ähnlich häufig, wenngleich geringfügig häufiger als in Schule oder Kindergarten, während es im kirchlich-religiösen Bereich jeweils etwa 1 % weniger Engagierte als in den anderen Bereichen gibt. In Mecklenburg-Vorpommern verteilen sich die Engagierten fast zu gleichen Teilen auf Kultur und Musik, den sozialen Bereich und Schule oder Kindergarten, während es im kirchlich-religiösen Bereich deutlich weniger als bei den anderen Bereichen sind.

In Hessen und Bayern stimmen jeweils die ersten drei Rangplätze der Engagementbereiche mit dem Bundesdurchschnitt überein. Dort engagieren sich die Menschen im kirchlich-religiösen Bereich aber etwas häufiger als in Schule oder Kindergarten. In Sachsen ist Kultur und Musik der zweithäufigste Engagementbereich, gefolgt von Schule oder Kindergarten. Dort wie auch in Thüringen gibt es ähnlich viele Engagierte im sozialen wie im kirchlich-religiösen Bereich. In Thüringen wiederum ist das Engagement in Schule oder Kindergarten etwas ausgeprägter als das in Kultur und Musik. Dort wie auch in Schleswig–Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt nimmt ein Engagement in Schule oder Kindergarten den zweiten Rangplatz ein.

Im Saarland, in Hamburg und Nordrhein-Westfalen kommt freiwilliges Engagement im sozialen Bereich am zweithäufigsten vor, in Hamburg dicht gefolgt von Kultur und Musik, in Nordrhein-Westfalen von Schule oder Kindergarten. In letzterem Bundesland wiederum liegen Kultur und Musik ebenso wie in Niedersachsen fast gleichauf mit dem kirchlich-religiösen Bereich, in welchem sich jeweils rund 7 % der Befragten engagieren, während es im sozialen Bereich und in Schule oder Kindergarten noch etwas mehr sind.

3.2.2 Zeitaufwand für Engagement

Die Zeit, die die Befragten für die von allen betrachteten Aktivitätsformen zeitintensivste Ausprägung des freiwilligen Engagements aufwandten, wurde zwecks übersichtlicherer Vergleichbarkeit in 3 Kategorien unterteilt: bis zu 2 h pro Woche, 3 bis 5 h pro Woche und 6 und mehr Stunden pro Woche (vgl. Abb. 3.7).

Abb. 3.7
figure 7

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Zeitaufwand für Engagement im Vergleich der Bundesländer in Stunden pro Woche (Eta2 = 0,004).

Über alle Bundesländer hinweg wendet die Mehrheit der Befragten lediglich bis zu2 Stunden pro Woche für ihr freiwilliges Engagement auf. Im Schnitt trifft dies auf 60 % aller Engagierten zu, wobei 7 Bundesländer oberhalb dieses Durchschnitts liegen.

Im Bundesdurchschnitt ist die Gruppe der Engagierten, welche sich 3 bis 5 Wochenstunden engagieren, mit 23 % am zweithäufigsten vertreten (vgl. ebd.). In Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen, Hessen und Sachsen liegen diese Anteile deutlich über dem Durchschnitt. Die wenigsten Engagierten gaben an, 6 und mehr Stunden in ihr Ehrenamt zu investieren (17 %). Dieser Anteil liegt in den meisten Bundesländern auf einem ähnlichen Niveau. Heraus sticht hier vor allem das Saarland, wo sich noch 27 % der Befragten – laut eigener Aussage – in diesem zeitlichen Ausmaß ehrenamtlich betätigen. Ob sich dieses Verhältnis des Zeitaufwandes seit 1999 verändert hat, wird im Anschluss mithilfe eines Längsschnittvergleichs dargestellt.

Betrachtet man die Anteile derer, die sich lediglich bis zu 2 h pro Woche engagieren, zeigt sich in der Zeitreihe ein bundesweit ansteigender Trend in dieser Kategorie (vgl. Abb. 3.8). Während sich 1999 im Schnitt noch rund die Hälfte der Engagierten bei diesem Zeitbudget einordnete, sind es 20 Jahre später schon 60 %. Insofern ist die Engagementquote zwar gestiegen, gleichzeitig wenden aber offenbar immer mehr Freiwillige immer weniger Zeit für ihr Ehrenamt auf. Das heißt, es engagieren sich zwar im Schnitt immer mehr Menschen, aber diese wenden gleichzeitig immer weniger Zeit für Engagement auf. Dieser Befund spiegelt sich auch in den Hinderungsgründen für die Aufnahme eines Engagements wieder (zeitliche Gründe)Footnote 5, und Gleiches gilt bei der Betrachtung der Ursachen für die Beendigung eines Engagements (zu großer zeitlicher Aufwand)Footnote 6. Die Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern im Zeitverlauf über die Jahre hinweg fallen dabei recht verschieden aus und unterliegen zum Teil starken Schwankungen (vgl. Abb. 3.8). Ungeachtet dessen wächst der Anteil dieser Kategorie in allen Ländern seit 1999 an, im Saarland allerdings am wenigsten (vgl. Abb. 10).

Abb. 3.8
figure 8

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 1999 bis 2019, gewichtet inkl. Bildung. 2004 wurde der zeitliche Umfang der freiwilligen Tätigkeit nicht erhoben.)

Zeitverlauf Zeitaufwand für Engagement bis 2 Std. pro Woche im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

3.2.3 Häufigste Motive für Engagement (Top 5)

Hinsichtlich ihrer Motivation zu freiwilligem Engagement stimmen die Befragten weitestgehend überein. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern fallen recht gering aus. In der nachfolgenden Abbildung (Abb. 3.9) sind die 5 häufigsten Motive für Engagement aufgeführt. Spaß am Engagement ist in allen Bundesländern die Hauptmotivation. Es folgen, mit teilweise wechselnden Rangplätzen, als Motive, anderen helfen zu wollen sowie etwas für das Gemeinwohl zu tun. Mit Abstand dazu werden auch die Mitgestaltung der Gesellschaft und das Zusammenkommen mit anderen Menschen als Motive für Engagement häufig genannt. Es ist festzuhalten, dass es kaum Personen gibt, die den vorgegebenen Motiven nicht zustimmen (vgl. ebd.).

Abb. 3.9
figure 9

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Motivation für Engagement im Vergleich der Bundesländer (Mittelwerte von 1 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft voll zu)).

Abb. 3.10
figure 10

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inklusive Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

ZielgruppenFootnote

Als weitere, in der Abbildung nicht ausgewiesene Zielgruppen konnten die Befragten auch Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen, Männer, Menschen mit Behinderung sowie eine andere Zielgruppe angeben.

des Engagements im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Abb. 3.11
figure 11

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Organisationsformen des freiwilligen Engagements im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Ferner (hier nicht abgebildet) wurden von einzelnen Befragten auch noch Motive für freiwilliges Engagement benannt, welche in absteigender Reihenfolge (in Bezug auf Gesamtdeutschland) lauten: Gutes zurückgeben, weil ich selbst Engagement erfahren habe, Qualifikationen erwerben, Ansehen und Einfluss gewinnen, etwas dazuverdienen.

3.2.4 Häufigste Zielgruppen des Engagements (Top 5)

Die folgende Abbildung bietet eine Übersicht über die 5 von den Befragten am häufigsten genannten Zielgruppen freiwilligen Engagements in Deutschland und über deren Verteilung auf die einzelnen Bundesländer. Außer im Saarland sind Kinder und Jugendliche die häufigste Zielgruppe, je nach Bundesland mit mehr oder weniger großem Abstand vor anderen Zielgruppen. In Hamburg, Berlin, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Schleswig–Holstein und Baden-Württemberg liegen sie als Adressatinnen und Adressaten von Engagement zwischen 19 und 11 Prozentpunkten vor der jeweils zweithäufigsten Zielgruppe. Dabei betragen die Abstände zwischen diesen jeweils ersten beiden Zielgruppen in Niedersachsen und sämtlichen ostdeutschen Bundesländern weniger als 9 %, in Thüringen nur etwas mehr als 2 %.

In den meisten Bundesländern sind Familien die zweitgrößte Zielgruppe für freiwilliges Engagement. In Mecklenburg-Vorpommern ist ein solches Engagement für ältere Menschen, welche die insgesamt drittgrößte Zielgruppe darstellen, etwas häufiger als dasjenige für Familien. Wie auch in anderen ostdeutschen Bundesländern schlagen hierbei offenbar die ausgeprägten Alterungseffekte durch (vgl. Destatis 2021a). Bundesweit an vierter Stelle steht die Zielgruppe sozial schlechtergestellter Menschen, für welche sich zwischen 23 % (im Saarland und Berlin) und 14 % (in Rheinland-Pfalz) engagieren. Ähnlich häufig zielt freiwilliges Engagement auch auf Hilfe- oder Pflegebedürftige ab. Sowohl bundesweit als auch in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland gibt es ähnlich viele Engagierte für diese Zielgruppe wie für sozial Schlechtergestellte. Auch in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern sind die Unterschiede relativ gering. In Schleswig–Holstein und Hamburg engagieren sich 4 % und damit deutlich mehr Befragte für sozial Schlechtergestellte als für Hilfe- und Pflegebedürftige. Demgegenüber ist das Engagement für Hilfe- und Pflegebedürftige in Rheinland-Pfalz, Thüringen, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt etwas stärker ausgeprägt als jenes für sozial Schlechtergestellte.

Das Saarland und auch Mecklenburg-Vorpommern stechen hinsichtlich der Verteilung der freiwillig Engagierten auf verschiedene Zielgruppen insofern hervor, als sich dort das freiwillige Engagement auf die drei am häufigsten adressierten Zielgruppen stärker konzentriert als anderswo.

3.2.5 Organisationsformen des freiwilligen Engagements

Die nachfolgende Abbildung zeigt, wie sich freiwilliges Engagement auf verschiedene Organisationsformen in den Bundesländern verteilt. Mit Abstand am häufigsten wird freiwilliges Engagement in Vereinen oder Verbänden ausgeübt. Deutschlandweit engagiert sich rund die Hälfte der Befragten innerhalb dieses Organisationsspektrums. In Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig–Holstein, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Brandenburg erreicht organisationsgebundenes Engagement die gleiche Größenordnung; in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland liegt der Anteil leicht darüber. In Niedersachsen, Hamburg und Berlin wird durch Organisationsbindungen weniger als die Hälfte der Engagierten erfasst. In Berlin sind es nur 42 %. Andererseits ist Berlin eines der Bundesländer mit den meisten individuell organisierten Freiwilligen, welche über alle Bundesländer hinweg die zweitgrößte Form von Engagement repräsentieren. Der Anteil individuell organisierten Engagements stieg seit Beginn des Surveys kontinuierlich an und löste den religiösen Bereich dann seit 2014 als zweitgrößten ab.

In die Rubrik individuell organisiert zählen unter anderem Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfegruppen, Initiativen oder Projektarbeiten und selbstorganisierte Gruppen. In Brandenburg trifft dies auf ein Viertel der Ehrenamtlichen zu. In Hamburg sind es ebenso wie in Berlin mit rund 24 % kaum weniger, in Niedersachsen engagiert sich etwa jeder bzw. jede Fünfte im individuell organisierten Rahmen. Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Thüringen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern liegen mit 18 beziehungsweise 17 % im Bundesdurchschnitt der Anzahl an individuell organisierten Freiwilligen. Sachsen-Anhalt befindet sich im Hinblick auf diesen Aspekt mit 16 % knapp, Hessen, Baden-Württemberg und Sachsen mit 14 % liegen deutlicher unter dem deutschlandweiten Schnitt. Bundesweit sowie in den Ländern Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen folgen kirchliche oder religiöse Vereinigungen als Anlaufpunkte für Engagement auf dem dritten Rangplatz.

In Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig–Holstein, dem Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern suchen Engagierte sich häufiger andere Organisationsformen, zu denen Gewerkschaften, Parteien, private Einrichtungen, Stiftungen sowie sonstige Träger zählen. In diesem Bereich sind im Ländervergleich die wenigsten Freiwilligen in Hessen und Baden-Württemberg zu finden.

Durchschnittlich am seltensten wird freiwilliges Engagement in staatlichen oder kommunalen Einrichtungen ausgeübt, am wenigsten mit 5 beziehungsweise 6 % im Saarland, in Hamburg und in Rheinland-Pfalz.

3.2.6 Bekundete Verbesserungsbedarfe in Bezug auf die Organisationsebene

Auch im Freiwilligensurvey 2019 wurde erfasst, welche Verbesserungsmaßnahmen bezüglich der Organisation von den Befragten als geeignet erachtet werden, um freiwilliges Engagement zu fördern oder zu unterstützen. Die 5 am häufigsten genannten Vorschläge werden nachstehend aufgeführt (vgl. Abb. 3.12). Im Bundesdurchschnitt wie auch in der überwiegenden Mehrheit der Länder werden die Bereitstellung von Räumen und die Ausstattung zur Ausführung des Ehrenamtes am häufigsten als verbesserungswürdig betrachtet. In Thüringen gaben dies 54 % der Freiwilligen an, womit dieser Bedarf dort um 15 beziehungsweise 16 Prozentpunkte vor den Wünschen nach unbürokratischer Kostenerstattung und fachlicher Unterstützung liegt. Im Saarland wird hingegen fachliche Unterstützung häufiger als verbesserungswürdig erachtet als die Bereitstellung von Räumen und Ausstattung.

Abb. 3.12
figure 12

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Bekundete Verbesserungsbedarfe in Bezug auf die Organisationsebene im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Top 5).

In Schleswig–Holstein nennen fast gleich große Anteile der Befragten, aber gleichwohl die wenigsten im Bundesvergleich Weiterbildungsmöglichkeiten, Anerkennung durch Hauptamtliche sowie unbürokratische Kostenerstattung als gewünschte Verbesserungsmaßnahmen seitens der Organisation. Der größte Verbesserungsbedarf hinsichtlich unbürokratischer Kostenerstattung wird in Thüringen, Berlin und Bayern angemahnt, hingegen die Anerkennung durch Hauptamtliche am häufigsten in Mecklenburg-Vorpommern, knapp vor Thüringen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Summiert man die Anteilswerte der Top-5-Verbesserungsbedarfe bezüglich der organisationsseitigen Angebote, so ergibt sich der größte Verbesserungsbedarf im Saarland, dicht gefolgt von Thüringen, der geringste hingegen mit deutlichem Abstand in Schleswig–Holstein (vgl. Abb. 3.12).

3.2.7 Bekundete Verbesserungsbedarfe in Bezug auf Staat und Öffentlichkeit

Neben gewünschten Verbesserungsmaßnahmen, die von Organisationen erwartet werden, gibt es auch solche Wünsche, die sich an den Staat und die Öffentlichkeit richten. In folgender Abbildung sind davon wiederum die Top 5 aufgeführt (vgl. Abb. 3.13). Länderbezogene Gesamtübersichten über alle Verbesserungsbedarfe sind im Anhang dieses Länderberichts zu finden.

Abb. 3.13
figure 13

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Gewünschte Verbesserungsbedarfe seitens des Staates und der Öffentlichkeit im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Top 5).

Im Vergleich zu den Verbesserungsmaßnahmen, die von Organisationen erwartet werden, liegen die von Staat und Gesellschaft gewünschten einzelnen Maßnahmen auf einem zahlenmäßig höheren Niveau und dichter beieinander. Dabei zeichnen sich in Hamburg, Schleswig–Holstein und Hessen Information und Beratung mit 7 bis 10 Prozentpunkten Vorsprung vor den nächsthäufig genannten Bedarfen als die am nötigsten erachtete Maßnahme ab. Im Saarland, in Bayern und Baden-Württemberg wurde die Absicherung durch Haftpflicht- beziehungsweise Unfallversicherung noch etwas häufiger genannt. Diese beiden gewünschten Leistungen finden in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt nahezu gleichgewichtig Fürsprecherinnen und Fürsprecher. In sämtlichen Bundesländern addieren sich diese auf mehr als 50 %.

Fast ebenso häufig wie Information und Beratung sowie die Absicherung durch eine Haftpflicht- oder Unfallversicherung wünschen sich in Sachsen-Anhalt 52 % der freiwillig Engagierten eine bessere Vereinbarkeit des Ehrenamts mit dem Beruf. In der Bandbreite der Bundesländer wird diese Maßnahme von Befragtenanteilen zwischen 56 % im Saarland und 49 % in Schleswig–Holstein genannt. Insgesamt gewünscht wird die Anerkennung als berufliches Praktikum oder Weiterbildung von rund der Hälfte der ehrenamtlich Tätigen, im Saarland, in Berlin und in Rheinland-Pfalz sind es 56 %. Demgegenüber sind es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen nur jeweils 45 % und in Sachsen-Anhalt 39 %.

3.2.8 Hinderungsgründe für ein Engagement

Die Gründe, die aus Sicht der Befragten gegen die Aufnahme eines freiwilligen Engagements sprechen, sind unterschiedlich. Die 3 am häufigsten genannten Gründe veranschaulicht die folgende Abbildung (vgl. Abb. 3.14).

Abb. 3.14
figure 14

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Top-3-Gründe für Nichtengagement im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Über alle Bundesländer hinweg werden zeitliche Gründe mit deutlichem Abstand als am meisten hinderlich für freiwilliges Engagement angegeben. In Rheinland-Pfalz, Thüringen und Hessen gaben das jeweils rund zwei Drittel der Befragten an, in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern sogar rund drei Viertel. Im Bundesdurchschnitt sind es etwa 71 %, in der Mehrheit der Bundesländer streut der Wert zwischen 70 und 73 Prozentpunkten.

Auch berufliche Gründe sind ein wesentlicher Hinderungsgrund, welche der Aufnahme eines Ehrenamtes entgegenstehen. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist dies bei fast der Hälfte der Befragten der Fall. In Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Thüringen und Rheinland-Pfalz sieht sich rund jede bzw. jeder Vierte durch die eigene Erwerbstätigkeit an freiwilligem Engagement gehindert. In Berlin, Sachsen, Schleswig–Holstein, Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland sind es noch etwas mehr, in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen etwas weniger Befragte.

Ähnlich häufig begründen in einigen Ländern Nichtengagierte ihre Abstandshaltung auch mit einer Scheu davor, Verpflichtungen einzugehen. Dies wurde häufiger als familiäre und gesundheitliche Gründe (hier nicht abgebildet) benannt. Da die Zurückhaltung gegenüber Verpflichtungen gemäß dem gesellschaftlichen Wertekanon eher wenig geschätzt wird, ist das ein bemerkenswertes Ergebnis.

3.2.9 Genannte Gründe für eine Beendigung früheren Engagements

Weniger deutlich als die angegebenen Hinderungsgründe an der Aufnahme freiwilligen Engagements unterscheiden sich die 2 am häufigsten genannten Motive für die Beendigung eines früheren Engagements (vgl. Abb. 3.15). Im Bundesdurchschnitt wie auch in den meisten Ländern wurden berufliche Gründe als ausschlaggebend für das Aufgeben eines freiwilligen Engagements genannt. Ähnlich häufig bewog ein zu großer zeitlicher Aufwand die Befragten zur Beendigung ihres Ehrenamtes. In Rheinland-Pfalz und Hessen war dies etwas häufiger ausschlaggebend dafür, das Engagement aufzugeben, als berufliche Gegebenheiten. Am seltensten wurde Zeitknappheit in Hamburg und Brandenburg angeführt.

Abb. 3.15
figure 15

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

3 meistgenannte Gründe für die Beendigung früheren Engagements im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Hamburg ist auch das Bundesland, in dem familiäre Gründe – insgesamt der am dritthäufigsten genannte Beweggrund – im Ländervergleich der seltenste Anlass für die Beendigung eines Engagements gewesen sind; nur 15 % der Befragten gaben dies dort an. In allen anderen Ländern waren es mindestens 5 Prozentpunkte mehr. Am häufigsten beendeten die Menschen im Saarland ihr früheres Engagement aus familiären Gründen.

Auch die Beweggründe für die Beendigung früherer Engagements können anhand des Tabellenbandes im Anhang hinsichtlich weiterer potenzieller Einflussfaktoren eingeordnet werden.

3.3 Engagementbereitschaft

Sofern Befragte nicht bereits freiwillig aktiv sind, wurden sie im Rahmen des Freiwilligensurveys 2019 gefragt, ob sie bereit wären, sich zukünftig zu engagieren. Die Anteile der Personen, die sich dies sicher oder vielleicht vorstellen konnten, sind in nachstehender Abbildung (Abb. 3.16) im Vergleich der Bundesländer dargestellt.

Abb. 3.16
figure 16

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Bereitschaft für zukünftiges freiwilliges Engagement im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja, sicher und Ja, vielleicht in Prozent – Eta2 = 0,007).

Die Spannweite der Engagementbereitschaft unter diesen Befragten reicht von gut 66 % in Berlin bis etwa 47 % in Thüringen und fällt damit im Vergleich zum tatsächlichen freiwilligen Engagement und zu realen öffentlich gemeinschaftlichen Aktivitäten recht groß aus. Durchschnittlich können sich knapp 59 % der nichtengagierten Befragten ab 14 Jahren vorstellen, künftig ein Engagement zu übernehmen.

Diese im Vergleich zum ausgeübten Engagement recht hohe Bereitschaft verweist auf das Potenzial für eine weiter steigende oder zumindest konstant bleibende Engagementquote in den kommenden Jahren. Mit Ausnahme Berlins ist die Engagementbereitschaft in Ostdeutschland etwas niedriger. Dass dabei Thüringen hinsichtlich der Engagementbereitschaft den letzten Platz einnimmt, könnte darin begründet liegen, dass eben dort bereits viele Menschen tatsächlich engagiert sind. In den 3 Stadtstaaten ist die Bereitschaft für künftiges Engagement am höchsten.

Werfen wir nun einen Blick auf die Engagementbereitschaft im Zeitverlauf. Hier wird erkennbar, dass die Entwicklung der Engagementbereitschaft bis einschließlich der dritten Welle des Freiwilligensurveys 2009, abgesehen von einzelnen Ausreißern, sehr gleichförmig und deutlich ansteigend verlief. Ab beziehungsweise nach 2009 zeichnen sich dann eher divergente Entwicklungsmuster ab, die Varianz zwischen den Bundesländern vergrößert sich wieder zusehends (vgl. Abb. 3.17).

Abb. 3.17
figure 17

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 1999 bis 2019, gewichtet nach Alter und Geschlecht.Footnote

Da die neu eingeführte Bildungsgewichtung für die Daten zur Engagementbereitschaft nicht für alle Jahre verfügbar war, werden hier die Daten ohne Bildungsgewicht im Zeitverlauf für alle Bundesländer dargestellt. Somit ändert sich zwar das Niveau, aber am jeweiligen hier fokussierten Trend der Verlaufskurven ändert sich dadurch nichts (vgl. Abschn. 2.1, S. 30). Die aktuellen Anteilswerte sind mit der Bildungsgewichtung in Abb. 18 für alle Länder aufgeführt.

)

Zeitverlauf Bereitschaft für zukünftiges freiwilliges Engagement im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Beginnend mit dem Jahr 2014 zeichnen sich weniger konstante beziehungsweise gleichförmigere Verläufe ab. Insgesamt zeigt sich gleichwohl ein starker Anstieg des Engagementpotenzials seit 1999 – und dies obwohl gleichzeitig auch die Engagementquoten seit 2014 deutlich angestiegen sind und somit weniger Personen die Frage nach zukünftigem Engagement überhaupt gestellt wurde.

Es fällt auf, dass die Engagementbereitschaft im Saarland 2004 weit unter jene der anderen Bundesländer abgesunken, im Erhebungsjahr 2009 aber wieder stark angestiegen war. Auffällig ist auch der Einbruch der Engagementbereitschaft in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern 2014, welcher sich zur letzten Erhebungswelle des Freiwilligensurveys 2019 jedoch wieder ausglich. Dagegen sinkt die Bereitschaft in Thüringen seit 2009 kontinuierlich. In den meisten anderen Bundesländern konnten sich 2019 etwas mehr Personen ein zukünftiges Engagement vorstellen als noch 5 Jahre zuvor.

3.4 Spendentätigkeit

Bei der Spendentätigkeit innerhalb der letzten 12 Monate liegen das Bundesland mit dem höchsten Wert (Bayern mit annähernd 56 %) und jenes mit dem geringsten Wert (Sachsen-Anhalt mit 44 %) rund 12 Prozentpunkte auseinander (vgl. Abb. 3.18). Im Bundesdurchschnitt hat 2019 mehr als die Hälfte der Befragten im letzten Jahr vor der Befragung Geld für soziale oder gemeinnützige Zwecke gespendet.

Abb. 3.18
figure 18

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Spendentätigkeit in den letzten 12 Monaten vor der Befragung im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja in Prozent – Eta2 = 0,003).

Abermals belegen die ostdeutschen Bundesländer die hinteren Rangplätze. Dieser Befund dürfte das regional geringere Durchschnittseinkommen mit schmaleren finanziellen Spielräumen für Spendentätigkeit wiederspiegeln. Die Werte Sachsen-Anhalts fallen hier etwas deutlicher ab. Wie im Zeitverlauf (vgl. Abb. 3.19) erkennbar wird, lag die Spendentätigkeit in diesem Land 1999 noch deutlich höher, sank dann aber bis 2009 und steigt seither wieder moderat an.

Abb. 3.19
figure 19

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 1999 bis 2019, gewichtet inkl. Bildung.)

Zeitverlauf Spendentätigkeit in den letzten 12 Monaten im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Verglichen mit den Zeitverläufen der bisher dargestellten Bereiche zeigt sich bei dem der Spendentätigkeit anhand des von 2004 bis 2014 deutlich sinkenden Spendenaufkommens ein konträres Bild. Eine Erklärung hierfür dürfte die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 liefern, die bei vielen Haushaltseinkommen zu Einbußen führte. Seit 2014 steigt die Spendentätigkeit in den meisten Bundesländern wieder leicht an. Auch werden im Zeitverlauf im Bundesdurchschnitt überwiegend gleichförmige, zunehmend konvergente Trends sichtbar. Während die Varianz der Spendentätigkeit zwischen den Ländern 1999 noch mehr als 20 Prozentpunkte ausmachte, beträgt sie 2019 nur noch rund 12 Prozentpunkte.

Deutlich werden bei der grafischen Darstellung nach wie vor Unterschiede zwischen west- und ostdeutschen Bundesländern, obwohl die Spendentätigkeit in Ostdeutschland von 2014 auf 2019 stärker als in Westdeutschland angestiegen ist. Bayern ist bei der Spendentätigkeit kontinuierlich Spitzenreiter über alle Jahre hinweg, wenngleich diese auch dort insgesamt über die Jahre gesunken ist.

3.5 Mitgliedschaften in Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen

Die Befragten des Freiwilligensurveys werden seit 2009 gefragt, ob sie Mitglied in einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation sind, wobei die Mitgliedschaft in einer Kirche beziehungsweise einer Religionsgemeinschaft aufgrund der Fragestellung hier nicht miterfasst wird. Einer Vereins- beziehungsweise Organisationsbindung kann eine Brückenfunktion für die Aufnahme von Engagement zugeordnet werden. Mit 17 Prozentpunkten Unterschied ist die Spannbreite zwischen dem Bundesland mit den meisten Vereinsmitgliedern (Bayern, 47 %) und demjenigen mit den wenigsten (Berlin, 31 %) recht groß (vgl. Abb. 3.20).

Abb. 3.20
figure 20

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, gewichtet inkl. Bildung. Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Mitgliedschaft in Verein oder gemeinnütziger Organisation im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja in % – Eta2 = 0,012).

Im Bundesdurchschnitt waren 2019 etwa 41 % der Befragten Mitglieder in Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen. In den östlichen Bundesländern sind die Bürgerinnen und Bürger im Schnitt etwas weniger vereins- oder verbandsförmig organisiert, wobei Thüringen dem Bundesmittel noch am nächsten kommt.

Im Zeitverlauf betrachtet stellt sich die Entwicklung der Zahlen zur Mitgliedschaft in Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen für alle Bundesländer relativ gleichförmig dar (vgl. Abb. 3.21). Von 2009 bis 2019 erfolgte insgesamt eine leichte Annäherung über die Länder hinweg. Ferner wird ein insgesamt leicht steigendes Mitgliedschaftsniveau seit 2009 erkennbar, obwohl die Anteile der Vereinsmitgliedschaften von 2014 zu 2019 in den meisten Bundesländern wieder etwas gesunken sind. Ausnahmen bilden hier Baden-Württemberg und Berlin, wo die Zahlen der Vereinsmitglieder seit 2009 kontinuierlich zunehmen, sowie Thüringen und Sachsen-Anhalt, wo die Zahlen nahezu konstant geblieben sind.

Abb. 3.21
figure 21

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensätze 2009 bis 2019, gewichtet inkl. Bildung.)

Zeitverlauf Mitgliedschaft in Verein oder gemeinnütziger Organisation im Vergleich der Bundesländer in Prozent.

Den vergleichsweise stärksten Vereinsmitgliederschwund haben mit rund 5 % von 2014 zu 2019 das Saarland, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen. Während Berlin trotz steigender Zahlen noch immer die wenigsten Vereins- und Organisationsmitglieder im Ländervergleich vorzuweisen hat, behauptet Bayern seine Spitzenposition 2019 vor allem aufgrund der weniger starken Rückgänge im Vergleich zum Jahr 2014.

Die deskriptiven Analysen abschließend wird im Folgenden noch auf das speziell abgefragte Engagement für Geflüchtete eingegangen.

3.6 Engagement für Geflüchtete

Unabhängig von der Frage nach einem aktuell ausgeübten freiwilligen Engagement oder einer gemeinschaftlich öffentlichen Aktivität wurden die Probandinnen und Probanden des letzten Freiwilligensurveys gefragt, ob sie sich in den Jahren 2014 bis 2019 (in den letzten fünf Jahren) für Geflüchtete engagiert haben (vgl. Abb. 3.22). Insgesamt ergibt sich ein bundesweiter Anteil in diesem Feld Engagierter von gut 12 %. Zwischen den Bundesländern schwanken diese Werte allerdings unübersehbar.

Abb. 3.22
figure 22

(Quelle: Eigene Berechnungen, Grundlage: FWS-Datensatz 2019, Länderunterschiede sind auf einem Niveau von ≤ 1 % signifikant.)

Engagement für Geflüchtete in den letzten 5 Jahren im Vergleich der Bundesländer in Prozent (Anteile Ja in % – Eta2 = 0,003).

Der Anteil derjenigen, die angaben, sich für Geflüchtete engagiert zu haben, fiel für Hamburg am höchsten aus. Auch in Berlin, Hessen, Schleswig–Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg liegt dieses besondere Engagement etwas über dem Bundesdurchschnitt. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt waren es hingegen weniger als 10 %. Die Differenz erklärt sich zum einen aus dem ungleich geringeren Anteil an Geflüchteten in den ostdeutschen Flächenländern. Zum anderen können auch häufiger vorhandene asylkritische Einstellungen als Erklärungsfaktor nicht ausgeschlossen werden (vgl. neuestens Kösman und Wieland 2022).