Konfliktbearbeitung ist in der Wissenschaft und in der Praxis ein weites und viel diskutiertes Feld. Dabei gibt es sowohl zivile als auch militärische Maßnahmen der Konfliktbearbeitung. Diese Forschung geht davon aus, dass besonders Zivile Konfliktbearbeitung (ZKB) erfolgreich zu Frieden beitragen kann, da sie oftmals auf einer lokalen Ebene arbeitet und lokale Akteur*innen in die Prozesse einbezieht. Somit kann die lokal verankerte ZKB eine Antwort geben auf die in wissenschaftlichen Debatten verlangte Einbindung lokaler Akteur*innen in die Friedensarbeit und Konfliktbearbeitung (Reich, 2005). Zudem kann sie einen umfassenden Ansatz der Zusammenarbeit und Konzepte liefern, die zumindest theoretisch den lokalen Partner*innen keine westlichen Vorstellungen aufzwingen, sondern sie als aktiven Teil des Gesamtprozesses betrachten. Im Rahmen dieser Forschung, wird eine besondere Form der ZKB betrachtet, nämlich der in Deutschland verbreitete Zivile Friedensdienst (ZFD). Dieser ist als Untersuchungsgegenstand der Forschung definiert.

In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine allgemeine Einführung und Begriffsklärung zur Friedenskonsolidierung und für Zivile Konfliktbearbeitung im Speziellen. Daran anschließend wird die besondere Rolle von zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Friedensarbeit betrachtet. Dies ist eine erste Darstellung, welche dazu dient, den ZFD, der von zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt wird, besser verorten zu können. Darauf folgt eine Vorstellung des ZFD im Detail. Diese ausführliche Darstellung ist hilfreich, um den empirischen Teil, welcher Fallstudien des ZFD beinhaltet, besser einordnen und verstehen zu können. Generell findet in allen Kapiteln auch eine machtkritische Betrachtung von ZKB, der Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen (Zivilgesellschaftliche Organisationen/Civil Society Organizations – CSOs) und des ZFD unter dem in Kapitel 2 definierten Begriff von Macht statt. Diese Betrachtung ist besonders relevant, da oftmals die Machtaspekte in der Friedensarbeit nicht genügend beleuchtet werden (Ropers, 1998). Auch wenn diese Machtungleichgewichte nicht immer thematisiert werden, so sind sie zwischen Geber*innen, Empfängerländern und zivilgesellschaftlichen Gruppen nach wie vor klar und deutlich zu erkennen (Duckworth, 2016, S. 8) und setzen sich auch in ZKB oder gewaltfreier Intervention fort (Wanie & Hartmann, 2000, S. 92).

4.1 Eine Begriffsklärung: Friedenskonsolidierung

Da die Zivile Konfliktbearbeitung und damit auch der ZFD Elemente der Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung sind, ist es wichtig, zunächst diese Begriffe zu betrachten. In diesem Kapitel wird verstärkt auf Begrifflichkeiten eingegangen, begonnen mit der Konflikttransformation und der Friedenskonsolidierung.

Da die Zivile Konfliktbearbeitung eine Möglichkeit der Konfliktbearbeitung und insbesondere der Konflikttransformation darstellt, wird zunächst auf diesen Begriff eingegangen. Dabei wird Frieden verstanden als ein epochenübergreifender Prozess, in dessen Mittelpunkt die Überwindung von Krieg, also die Transformation steht (Brock, 1990, S. 71). Somit bezieht sich der Begriff auf die friedliche Transformation und nicht auf die Abschaffung von Konflikten.

„Konflikttransformation bezeichnet Aktivitäten, die auf die grundsätzliche Überwindung von strukturellen Ursachen, aber auch von Einstellungen und Verhaltensweisen der Konfliktparteien in Gewaltkonflikten abzielen und zur Stärkung von konstruktiven Konfliktbearbeitungskapazitäten beitragen. Konflikttransformation geht einher mit einer Veränderung der Handlungskoordinaten, bzw. der Problemwahrnehmung der Akteur*innen, derart, dass der Konflikt entdramatisiert und einer Regelung zugänglich gemacht wird“ (Zunzer, 2004, S. 165).

Bei der Transformation ist eine an die lokalen Verhältnisse angepasste Zukunftsversion unabdingbar. Transformationsprojekte, welche mit Qualifizierungsprogrammen und Strategieentwicklung arbeiten und bei der Implementierung auf die Zusammenarbeit mit den lokalen Akteur*innen setzen, brauchen in der Regel mehr als zwei und maximal zehn Jahre, um nachhaltig wirksam sein zu können. Sozialer Wandel in Gesellschaften ist eine langfristige Angelegenheit. Daraus lassen sich Zeithorizonte für Präventionsmaßnahmen der Konflikttransformation ableiten (Zunzer, 2004, S. 165). Konflikttransformation möchte zur Überwindung der Konfliktursachen beitragen und die Konfliktparteien dabei unterstützen, sich mit den Möglichkeiten der Streitbeilegung auseinanderzusetzen und zum Aufbau konstruktiver Schlichtungs- und Regelungsmechanismen beitragen (Zunzer, 2004, S. 166).

„Der Ansatz [der Konflikttransformation] beruht darauf, zentrale Akteure auf allen gesellschaftlichen Ebenen und solche, die zwischen gesellschaftlichen Ebenen vermitteln können, mit einzubeziehen und ihre Kapazitäten zur Transformation von Konflikten sowie zur Entwicklung von Friedensstrategien zu stärken“ (Zunzer, 2004, S. 168).

Dabei können Konflikte als etwas Gutes angesehen werden. Denn sie tragen dazu bei, dass bisher tabuisierte Themen angesprochen werden und Veränderungen stattfinden. Damit diese Veränderungen stattfinden können, sind Reibungen nötig, welche konstruktiv genutzt werden können (Ries, 2012, S. 1). Konflikte sind somit der Motor für Wandel und Veränderung. Dies ist eine wichtige Aussage und der Ausgangspunkt für Zivile Konfliktbearbeitung, welche in Abschnitt 4.3 beschrieben wird. Somit geht es darum, Konflikte positiv nutzbar für eine Gesellschaft zu machen, denn Konflikte an sich sollen nicht vermieden werden, sondern deren gewaltsame Austragung (Köhler, 2005, 32 f.).

Um den Begriff der Friedenskonsolidierung zu verstehen, ist es wichtig, den Begriff des PeacebuildingFootnote 1 zu verstehen und den Begriff „Frieden“ in diesem Kontext zu erläutern. Einer der wichtigsten Vertreter der Debatte und die Person, auf die der Begriff des Peacebuilding zurückgeht, ist Johan (Galtung, 1976). Er beschreibt, dass durch Peacebuilding (Friedenskonsolidierung) adäquate Strukturen identifiziert werden, welche die Gründe für Konflikte und Kriege beseitigen können und Alternativen aufzeigen. Dabei unterscheidet Galtung zwischen negativem und positivem Frieden. Auch wenn diese Unterscheidung von Galtung schon sehr alt ist und vielfach als zu breit kritisiert wurde (siehe zum Beispiel Boulding, 1978; Rapoport, 1992), wird sie dennoch für die Diskussion genutzt, da auch der ZFD mit dieser arbeitet (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 4.1 S. 3). Außerdem zeigt sich, dass neuere Debatten um den Begriff des Friedens wieder verstärkt an das Konzept des positiven Friedens anknüpfen.Footnote 2 Die Debatten werden nach der allgemeinen Einführung in Galtungs Konzept kurz dargestellt. Negativer Frieden beschreibt nach Galtung Frieden als die bloße Abwesenheit von Krieg oder direkter physischer Gewalt. Negativer Frieden ist somit gleichbedeutend mit der Abwesenheit direkter Gewalt und einer Einstellung der bewaffneten Feindseligkeiten und umfasst Maßnahmen wie Waffenstillstände oder das Auseinanderhalten der Konfliktparteien. Er impliziert daher ungleiche Chancen für Ressourcen wie politische Macht, Bildung, Unterkunft, Gesundheitsversorgung oder Handel (Galtung, 1969). Im Gegensatz dazu hält der positive Frieden auch an der Abwesenheit jeglicher Form von struktureller Gewalt fest und ist auf Ideen wie Harmonie, Kooperation und Integration aufgebaut. Positiver Frieden beinhaltet auch die Steigerung sozialer Gerechtigkeit und die Schaffung einer Friedenskultur zwischen Menschen. Der positive Friedenbegriff bezieht dabei Faktoren wie Marginalisierung, Armut, Diskriminierung und Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten und Wohnraum mit ein (Galtung, 1969). Galtung führt weiter aus, dass Peacebuilding folgendes Element beinhalten sollte: Erlangung des Friedens durch friedliche Mittel in Verbindung mit sozioökonomischer Entwicklung. Dabei sollen diese Prozesse die grundlegenden Konfliktursachen bekämpfen, um die Nachhaltigkeit des Friedens zu gewährleisten (Galtung, 1996, S. 112). Für Galtung sind Frieden und Gewalt in einem kontinuierlichen Zustand miteinander verbunden, was impliziert, dass Frieden als Abwesenheit von Gewalt betrachtet werden kann. Frieden zu definieren, ohne sich auf Gewalt zu beziehen, ist daher nicht möglich. Nach Galtung kann Frieden als Abwesenheit von Gewalt angesehen werden (Galtung, 1969, S. 168). Gewalt kann direkt und persönlich sein, was bedeutet, dass Menschen physisch verletzt oder getötet werden. Oder sie kann indirekt und strukturell sein, wobei in diesem Fall die Gewalt in die Struktur eingebettet ist und sich als ungleiche Macht und folglich als ungleiche Lebenschancen zeigt (Galtung, 1969, S. 171). Nach dieser Definition rückt Frieden jedoch in einen utopischen Bereich und wäre eine Art Endzustand der Geschichte (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013a, S. 38). Auch der Begriff des positiven Friedens, als Transformationsfrieden, spiegelt in seiner Endgültigkeit einen Endzustand wider.

Wie bereits angesprochen, wurde nach einer Kritik an dem Konzept der Begriff des „Friedens“ immer weiter diskutiert. Heute beziehen sich Debatten wieder auf Elemente des positiven Friedens. Hier sind beispielsweise Peter Wallensteen und die Diskussion um „quality peace“ zu nennen. Darunter ist zu verstehen „the creation of postwar conditions that make the inhabitants of a society (be it an area, a country, a region, a continent, or a planet) secure in life and dignity now, and for the foreseeable future“ (Wallensteen, 2015, S. 6). Somit sollte der Frieden auch eine Wiederholung des Krieges verhindern. In einem Versuch, Wallensteens Definition von Qualitätsfrieden, welche eine sehr theoretische Diskussion darstellt, zu operationalisieren, nutzen neuere Studien sein Konzept als Unterbau und erarbeiten darauf aufbauend Maßnahmen, die es ermöglichen sollten, Frieden direkt zu untersuchen und nicht nur in Verbindung mit Krieg (Davenport et al., 2018; Goertz et al., 2016). Generell muss Frieden als Konzept immer mehr in seiner Komplexität verstanden werden. „Peace is a state between specific social and political collectives characterized by the absence of direct violence and in which the possible use of violence by one against another in the discourse between the collectives has no place“ (Müller, 2005, S. 62).

Diese komplexe Begriffsauslegung ist auch für die praktische Anwendung des Begriffs in der Ausdifferenzierung von Peacebuilding hilfreich. Hier soll mit einer breiten Definition gearbeitet werden: „We adopt a broad definition of peacebuilding as the range of efforts – engaging with a variety of actors – aimed at political, institutional, social and economic transformations in post-war societies for the purpose of a sustainable and positive peace“ (Björkdahl et al., 2016b, S. 3). Dabei wird nachhaltig im Sinne von Lederachs Konzept des „nachhaltigen Friedens“ verstanden, welches Mechanismen einschließt, die die gesamte Gesellschaft miteinbeziehen, um Gerechtigkeit zu fördern und die Grundursachen der Feindschaft anzugehen (Lederach, 1997, S. 9).

Peacebuilding wurde allgemein gebräuchlich, nachdem Boutros Boutros-Ghali, der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, 1992 seine Agenda für den Frieden (Boutros-Ghali, 1992) verkündete. Seither wird der Begriff in vielerlei Hinsicht verwendet und umfasst alle Aktivitäten, die sich mit dem Wiederaufbau nach Konflikten befassen. (Boutros-Ghali, 1992) beschrieb Peacebuilding als nachhaltige, kooperative Arbeit zur Bewältigung grundlegender wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Probleme. Dabei gehören zum Peacebuilding auch „action[s] to identify and support structures which tend to strengthen and solidify peace to avoid relapse into conflict“ (Boutros-Ghali, 1992, No.27). Die Erklärung des Generalsekretärs für den Begriff war jedoch sehr weit gefasst. Die Herausforderung besteht in der Praxis darin, dass der Begriff Peacebuilding in Post-Konflikt-Kontexten als ein Potpourri aller Konfliktinterventionsmechanismen angewandt wird und es dabei schwer ist, seine Grenzen und Dimensionen zu definieren (Paris, 1997, S. 55). Der Begriff wird jedoch meist so verwendet, dass er nicht auf die Handlungsweisen an sich abzielt, sondern auf die Intention der Handlungen (Dan Smith, 2003, S. 5). Um den Begriff in seiner Komplexität zu verstehen, ist es wichtig, dass Peacebuilding je nach Akteur*in und Situation anders verstanden werden kann. Dabei kann Peacebuilding sowohl als eine gezielte Aktivität verstanden werden, wie zum Beispiel die Organisation einer Friedenskonferenz. Es kann jedoch auch als Diskurs verstanden werden, in dem die Zusammenhänge von verschiedenen Maßnahmen und Interventionen über die Jahre in einem Zusammenhang betrachtet werden. Peacebuilding kann auch ein Label sein, welches als Legitimation verwendet und dadurch Teil eines Programms wird (van Leeuwen, 2009, S. 168). Gerade im Kontext der lokalen Friedensarbeit wird auch von „regional peacebuilding“ gesprochen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit und wann Peacebuilding wirklich nur regional stattfinden kann, da es immer durch verschiedene Akteur*innen stattfindet und Akteur*innen an unterschiedlichen Orten zu gleichen Themen oder an einem Ort mit verschiedenen Ansätzen arbeiten. Deswegen soll die folgende Definition verwendet werden:

„‘regional peacebuilding’ [is defined] as peacebuilding that engages regionally to transform the regional conflict system in a way that promotes interlinkages between actors and draws from national and grassroots efforts and people across relevant countries and spheres, encompassing their participation“ (Kamatsiko, 2017, 57f.).

Damit dies erfolgreich funktionieren kann ist es wichtig, dass Transformationsprozesse regional gewünscht sind, regionale Konfliktanalysen stattfinden, Aktivitäten an regionale Dynamiken angepasst werden, Netzwerke zwischen Akteur*innen der verschiedenen Regionen hergestellt werden, zwischen nationalen, subnationalen und Grassroot-Initiativen vermittelt wird, betroffene Personen in den Prozess eingebunden werden und konfliktsensitiv gearbeitet wird (Kamatsiko, 2017, S. 57). Bislang gibt es keine explizite Theorie der Friedenskonsolidierung und kein wissenschaftliches und praktisches Verständnis der Begriffe in Bezug auf die verwendeten Ansätze oder den Umfang der Aktivitäten. Das übergeordnete Ziel der Friedenskonsolidierung ist es also, das Risiko eines wiederkehrenden bewaffneten Konflikts zu minimieren, während gleichzeitig der Weg für die Aufrechterhaltung des Friedens geebnet wird und Entwicklung stattfinden kann.

4.2 Die Rolle von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in der Konfliktbearbeitung

Friedenskonsolidierung kann von staatlichen Institutionen oder internationalen Organisationen, aber auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt werden. In den letzten Jahren hat die Zahl der nicht staatlichen, zivilgesellschaftlichen Organisationen (Civil Society Organizations – CSOs), die im Rahmen der Entwicklungsarbeit, der humanitären Hilfe oder der Menschenrechte tätig sind, stetig zugenommen und ist allgemein anerkannt. Immer mehr CSOs, welche vorher in der humanitären Hilfe oder der Entwicklungszusammenarbeit tätig waren, sind auch in den Bereichen Konfliktprävention, Friedensschaffung und Post-Konfliktarbeit aktiv. Dies liegt auch an der Erkenntnis aus der Praxis, dass diese Themen sich oft gegenseitig beeinflussen (Fischer, 2011, S. 288; van Leeuwen, 2009, 29 ff.). Besonders seit dem Ende des Ost-West-Konflikts hat die Bedeutung der privaten Akteur*innen in der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit zugenommen. Sie haben vielfach neue, zum Teil staatliche Aufgaben in bestimmten Ländern übernommen (Debiel & Sticht, 2007, S. 165; Irrera, 2011, S. 90; van Leeuwen, 2009, S. 3), wurden als Antreiber für positive Veränderungen verstanden (van Leeuwen, 2009, S. 38) und bekamen vermehrt Gelder zur Verfügung gestellt (K. D. Reimann, 2005, S. 38). Gerade in der Friedens- und Entwicklungsarbeit gelten CSOs seit den 1980er Jahren als die wichtigsten Akteur*innen. Teilweise werden sie als effektiver als staatlich Handelnde angesehen, da sie näher an den Menschen arbeiten können (Crowther, 2001; Pearce, 2005). Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass die Ergebnisse nachhaltiger waren, je intensiver die Zivilgesellschaft im Peacebuilding involviert war (Paffenholz & Spurk, 2018, S. 39). Gerade durch CSOs ist die ZKB in ihrer Entwicklung vorangetrieben worden (Köhler, 2005, S. 41), und es kam zu einer verstärkten Einbeziehung von Akteur*innen auf einem lokalen Level (Ramsbotham et al., 2016, S. 214; van Leeuwen, 2009, S. 4). Da der ZFD, welcher Untersuchungsgegenstand dieser Forschung ist, selbst ein zivilgesellschaftlicher Akteur ist und mit CSOs zusammenarbeitet, wird im Folgenden zunächst dargestellt, was unter CSOs zu verstehen ist. Danach wird auf die verschiedenen Rollen eingegangen, welche CSOs in der Konfliktbearbeitung einnehmen können und im Anschluss wird beleuchtet, welche Aufgaben sie übernehmen und welchen Beitrag sie mit ihrer Arbeit leisten können.

Spricht man von nicht staatlichen Akteur*innen in der Friedensarbeit, wird in der Regel von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gesprochen. NGOs werden verstanden als „eine nicht profitorientierte, nicht gouvernementale Organisation […], die Menschen repräsentiert, formal organisiert ist (also keinen ad hoc-Zusammenschluss darstellt) und ein eigenes konstitutionelles Arrangement besitzt“ (Brühl, 1999, S. 106). Dabei liefert die Forschung von NGOs jedoch keine einheitliche Definition. Sie sagt mehr darüber aus, was NGOs nicht sind, nämlich nicht staatliche Akteur*innen, als darüber, was NGOs sind (D. Brown & Korten, 1991, S. 91). Jedoch sind die vorhandenen Definitionen für die Arbeit von Organisationen in der Friedensarbeit oft zu kurz gedacht, da auch andere Akteur*innen wichtige Rollen übernehmen können (Ryerson, 2013, S. 53).

„The narrow view of NGOs holds that they only represent non-profit, service, and advocacy organizations in public affairs. Non-state actors (e.g., for-profit corporations or non-profit trade associations) and nationalist groups (e.g., violent terrorists and revolutionary cells) are excluded from this definition. An opposite conception of NGOs includes any association, liberal and civil or illiberal and uncivil, that is not part of the government but influences society (excludes states and parties)“ (Carey, 2012, S. 10).

In Anlehnung an diese Definition wird ein erweitertes Akteur*innenverständnis verwendet. So werden alle nicht staatlichen Akteur*innen, sowohl Nichtregierungsorganisationen als auch gemeinnützige Organisationen und kirchliche Organisationen, welche in einer mehr oder weniger organisierten Form handeln, Position beziehen und zusammengeschlossen sind, als CSOs bezeichnet. Es sei jedoch angemerkt, dass gerade in den Interviews die Begriffe NGO und CSO von den interviewten Personen synonym verwendet werden. Generell kann die Friedensarbeit von CSOs definiert werden als: „multi-dimensional approaches to conflict resolution that aims at restoring broken relationships, instituting just societal structures and achieving provision of basic needs“ (Opongo, 2011, S. 17). Weiterhin ist anzumerken, dass die Rolle von CSOs in der Friedenskonsolidierung aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann und es durchaus verschiedene Realitäten in der Praxis gibt, die koexistieren können und es dabei auch kein einheitliches Verständnis von Begriffen wie zum Beispiel Friedenskonsolidierung gibt (van Leeuwen, 2009, S. 3).

In den 1990er Jahren hat eine verstärkte Professionalisierung der CSOs stattgefunden. Begonnen wurde ein gewisses Mainstreaming im Sinne einer Vereinheitlichung der Arbeit und einer Ausrichtung an ähnlichen Zielen und der Verwendung ähnlicher Methoden in der Umsetzung der Arbeit. Kooperationen und Leitlinien werden verwendet (Reimann, 2007, S. 97) und auch in internationalen Organisationen wurde die Rolle von CSOs gestärkt und vermehrt mit ihnen zusammengearbeitet (van Leeuwen, 2009, S. 38). Heute decken CSOs ein breites Themenfeld ab und lassen sich nach ihren Aufgaben und Rollen unterteilen. Dabei findet diese Unterteilung je nach Autor*innen in einer recht unterschiedlichen Weise statt. Eine allgemeine Einteilung lässt sich anhand der Ausrichtung ihrer Art der Arbeit vornehmen. So gibt es einige CSOs, welche verstärkt als Lobby-Organisationen fungieren, während andere eine Dienstleistungsfunktion einnehmen, auch wenn es immer wieder zu Überschneidungen kommt (Reimann, 2007, S. 97). Auch eine Unterteilung nach der Art der Mitglieder der CSOs ist möglich. So gibt es CSOs, welche die Konfliktparteien repräsentieren, CSOs, zu deren Mitgliedern mehrere Konfliktparteien gehören, und CSOs, die ausdrücklich das Ziel der Konfliktbearbeitung haben (Ropers, 2000b, 74 f.). Auch die Rollen, die CSOs in der Konfliktbearbeitung spielen können, sind vielfältig und in ihrer Einteilung oft auf Identitätsmerkmale zurückzuführen. So gibt es erstens CSOs, die als sogenannte Wilson‘sche Organisationen zu bezeichnen sind. Sie sind benannt nach den Ideen des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, die an den Prinzipien der Zusammenarbeit und des Multilateralismus festhalten (Stoddard, 2003). In der Friedensarbeit werden diese oft als pragmatische Organisationen bewertet, welche auch in hoch politisierten Missionen arbeiten (Irrera, 2011, S. 91). Außerdem gibt es zweitens die dunantistischen Organisationen, benannt nach dem Gründer des Roten Kreuzes und Sozialaktivisten Henry Dunant, die sich an die Prinzipien der Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit halten (Stoddard, 2003). In der Friedensarbeit gelten diese CSOs als die prinzipienzentriertesten, da sie sich nachdrücklich dafür einsetzten, dass die Konfliktbewältigung die Grundprinzipien des Humanitarismus respektieren soll (Irrera, 2011, S. 91). Drittens gibt es CSOs, welche auf Glauben basieren, die im Einklang mit religiösen Prinzipien handeln und bei denen Nächstenliebe und Mitgefühl im Vordergrund stehen (Irrera, 2011, S. 91; Stoddard, 2003). Viertens gibt es solidarische Organisationen, welche sich auf die Lösung der Grundursachen von Konflikten konzentrieren und sich generell stärker mit dem Verhalten von Akteur*innen auseinandersetzen (Irrera, 2011, S. 91). Diese unterschiedliche Ausrichtung zeigt sich auch in den unterschiedlichen Herangehensweisen von europäischen und US-amerikanischen CSOs. So können die Handlungen europäischer CSOs in der Tradition von Gramsci (Gramsci & Meinert, 2012) und Habermas (1989) verortet werden. Aus deren Sichtweise nimmt die Zivilgesellschaft eine transformierende Rolle ein, die daher mehr auf emanzipatorische Ansätze Wert legt und Themen wie politische Gleichheit und Gerechtigkeit in den Vordergrund rückt (Howell & Pearce, 2001). Dadurch ist ihre Unterstützung der lokalen Bevölkerung und in der Zusammenarbeit mit lokalen CSOs eher solidarisch, sie sieht die lokale Bevölkerung als richtungsweisend, unterstützt auch marginalisierte Gruppen und ist für einen politischen und gesellschaftlichen Wandel (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 161). Die US-amerikanische Tradition ist mehr an den Ansätzen von De Tocqueville (Tocqueville, 1996/1864) und (Putnam, 1993) orientiert. Sie fokussiert mehr auf den Erhalt oder die Wiederherstellung von friedlichen sozialen Beziehungen, die Herstellung von demokratischen Strukturen und die Einbeziehung von Interessen der Bevölkerung (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 161). Trotz dieser unterschiedlichen Ausrichtungen hat sich die US-amerikanische Denk- und Handlungsweise auch in Europa und in vielen internationalen Institutionen durchgesetzt. Dadurch ist die Ausrichtung der Arbeit mehr in Richtung der Dienstleistungen, politischen Aktivitäten und der Sicherstellung von Regierungsleistungen gerückt und weg von emanzipatorischen, sozialen Bewegungen. Gerade durch die Unterstützung und Ausrichtung auf politische Themen ist jedoch die Neutralität der CSOs fragwürdig geworden (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 161).

In Friedensprozessen ist die Rolle von CSOs oft nicht klar genug definiert und wird als Dichotomie zu staatlichen Akteur*innen dargestellt (Davis, 2009; Stiles, 2000). Dabei haben CSOs wichtige Funktionen und gerade in ihrem gemeinsamen Handeln können sie viel erreichen. Besonders lokale CSOs haben die Möglichkeit, an Themen zu arbeiten, an denen andere Akteur*innen oft nicht arbeiten können und sie können die betroffenen Personen besser erreichen (Tom, 2013, S. 250). So haben CSOs im Vergleich zu anderen Akteur*innen die Möglichkeit zu arbeiten, ohne durch enge außenpolitische Mandate eingeschränkt zu sein. Sie können Zugang zu Gebieten erlangen, die für offizielle Akteur*innen unzugänglich sind und dort Netzwerke aufbauen, mit mehreren Parteien sprechen, ohne die eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren. Sie sind in der Lage, direkt mit der Bevölkerung an der Basis zu arbeiten (dies gilt auch für Konfliktgebiete) und tätig zu sein, ohne von zu einschneidenden parlamentarischen oder öffentlichen Kontrollen eingeschränkt zu werden (Tongeren van, 1998, S. 23). Dabei können sie staatliche Aufgaben übernehmen, müssen hierbei jedoch nicht immer in Konkurrenz zu dem Staat und seinen Aufgaben stehen, vielmehr können sie, müssen aber keine Ergänzung bilden (Irrera, 2011, S. 87). CSOs sind oft die innovativen Treiber*innen bei der Lösung von Konflikten. Ihr Beitrag zur Konfliktbearbeitung reicht von Bemühungen zur Unterstützung individueller Anliegen und Projekte hin zur Entwicklung von Standards in lokalen Gemeinschaften, die zur Bewältigung von Konflikten beitragen. „Ultimately, a widespread, inclusive and vibrant engagement within civic life can be the incubator for the institutions and habits needed to resolve conflict peacefully and generate more responsive and better governance needed to make peace sustainable“ (Barnes, 2018, S. 35). Jedoch können CSOs auch zum Hindernis in der Lösung von Konflikten werden, da sie beispielsweise selbst eine Konfliktpartei sind oder andere Interessen verfolgen (Assal, 2016, S. 2; Autesserre, 2014, 65 f.; Mahoney, 2007, 287 f.; van Leeuwen, 2009, S. 41).

Für einige Autor*innen ist die größte Stärke, die CSOs in die Friedensarbeit einbringen, ihre Fähigkeit, Veränderungen in der Art und Weise zu unterstützen, wie Menschen sich in Konflikten verhalten und auf Konflikte reagieren. Auch können sie die zugrundeliegenden Konfliktursachen bearbeiten und langfristig einen positiven Frieden unterstützen (Barnes, 2009, S. 134). Dabei können die Organisationen unterschiedliche Schwerpunkte setzen und verschiedene Aufgaben übernehmen. Generell werden in der Literatur folgende Arbeitsfelder für CSOs in Friedensprozessen genannt: Aufgabe des Schutzes, Frühwarnsysteme, Monitoring, Lobby- und Advocacy-Arbeit, Sozialisierung und Entwicklung einer friedlichen Gesellschaft im Sinne einer Veränderung von Verhalten (Culture of Peace), die Vernetzung von sich gegenüberstehenden Gruppierungen, die Unterstützung von Dialogen, Vermittlung zwischen Konfliktparteien, Mediation, Unterstützung bei Verhandlungen, Auf- und Ausbau von Kooperationsplattformen, Vernetzung und Entwicklung von Friedensallianzen, Empowerment von marginalisierten Gruppen, Konfliktanalysen und Früherkennung von Gewaltkonflikten, Sicherheitssektorreform, Sensibilisierungsprogramme für konflikt-sensitive Medien, Ausarbeitung und Definition der Friedensagenda, Mobilisierung für den Frieden, Gewalt reduzieren und Stabilität fördern, Friedensverhandlungen, Friedensstiftung und Konfliktlösung, Arbeit auf Gemeindeebene, Aufbau von Friedenskulturen, Menschenrechtsarbeit, Friedenspädagogik, Traumaarbeit, Menschenrechtsbeobachtung, Begleitung und Schutz von Aktivist*innen, Versöhnungsarbeit, Vergangenheitsaufarbeitung, Wissensbereitsteller*innen und Wissensvermittler*innen, Qualifizierung in den Bereichen Konfliktsensitivität, Austauschplattformen bieten und Konfliktbearbeitung (Barnes, 2009, 134 ff., 2018, S. 26; Irrera, 2011, 99 f.; Paffenholz, 2010a, 57 f., 2010b; Paffenholz & Spurk, 2018, S. 38; Reimann, 2007, 93 f.). Diese Arbeitsschwerpunkte sind auch abhängig von der jeweiligen Konfliktphase. So können externe Akteur*innen in einer Phase vor offiziellen Verhandlungen oder bevor die Konfliktparteien miteinander sprechen, die Rolle eine*r Vermittler*in einnehmen, verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorschlagen, beschwichtigend oder vereinigend wirken, Gespräche anstoßen und verschiedene Interessen beleuchten. Im Verlauf konkreter Gespräche oder Friedensverhandlungen kann eine vermittelnde Rolle eingenommen werden – es können neue Ideen, Theorien, Ansätze und Meinungen als visionäre Denkanstöße eingebracht werden, es kann für die Weiterführung und Nachhaltigkeit eingestanden werden und eine legitimierende Rolle eingenommen werden. In der Post-Konfliktphase beziehungsweise nach Verhandlungen oder Gesprächen kann die Rolle in der Überprüfung der Umsetzung und Einhaltung liegen, aber auch direkt in der Implementierung oder in der Versöhnung (Mitchell, 2006). Im Rahmen der Krisenprävention können dabei insbesondere Aufgaben im Bereich der Konfliktfrüherkennung (Early Warning), der Förderung von Kommunikation zwischen Konfliktparteien, Versöhnung, Vertrauensbildung, Wahlbeobachtung, Minderheitenschutz und Stärkung der Justiz stattfinden (Auer-Frege, 2003, 34 ff.). In der Phase der Eskalation und Deeskalation eines Konfliktes sind CSOs und Zivile Konfliktbearbeitung nur in geringerem Maße präsent und aktiv. Zum Ende der Deeskalation und zu Beginn der Konsolidierung nehmen sie jedoch eine wichtige Rolle in der Vermittlung, Mediation, Versöhnung, Transformation und Beratung ein (Auer-Frege, 2003, 42 ff.). Dabei führt ihr Handeln in Friedensprozessen in der Regel zu einem nachhaltigeren Frieden (Nilsson, 2012, S. 262). Kritisch ist bei diesen Themen anzumerken, dass die Grundannahmen der Friedensförderung über den Frieden selten Gegenstand von Diskussionen sind, da die Zielgruppen nur konsultiert werden, um die Modalitäten der Projektumsetzung festzulegen. Friedensförderung verbreitet somit einheitliche und formalisierte Arten von technischem Wissen, die sich lokalisiert gegenüberstehen, sowie kontextualisierte und empirische Arten von populärem Wissen über Konflikttransformation (Goetschel & Hagmann, 2009, S. 65).

Die Arbeit von CSOs findet auf verschiedenen Ebenen statt, hat jedoch das Ziel, für Menschen etwas auf lokaler Ebene zu verändern. Friedensförderung und Friedensarbeit können hier Konflikte verhindern, sie eindämmen und dadurch auf auch die Makroebene einwirken, da Stabilität auf der lokalen Ebene geschaffen wird (Barnes, 2018, S. 32). CSOs gehen oftmals in ihrer Arbeit davon aus, dass es wichtig ist, auf der Graswurzelebene anzusetzen, um Veränderungen zu erreichen (Irrera, 2011, S. 90). „A core value, and strategy, of peace programming is enabling and supporting people in building their own peace. Real solutions only grow from and are firmly anchored in the communities affected“ (Anderson & Olson, 2003, S. 33). Menschen, die in einer Gesellschaft leben, sind oft am besten in der Lage, die Gründe für einen Konflikt zu identifizieren, die Motivationen hinter Taten und Handlungen zu verstehen und konkrete Aktionen vorzuschlagen, die sie in eine friedlichere Richtung lenken könnten. Somit können lokale CSOs als wichtige Inputgeber*innen gesehen werden (Barnes, 2018, 28 f.). Sie können als Vermittler*innen wirken, an Friedensverhandlungen teilnehmen und Kommunikationskanäle zwischen verschiedenen Konfliktparteien öffnen (Barnes, 2018, S. 30). Dies geschieht erfolgreich, da sie in allen Bereichen Zugangsmöglichkeiten haben und „soft approaches“ nutzen (Hofmann, 2006, S. 396). Dies gelingt, da sie oft mit einem Ansatz arbeiten, der auf dem Wandel von Werten, Normen und Handlungen beruht und langfristig angelegt ist (Barnes, 2018, S. 34). Große Vorteile von CSOs in der Friedensarbeit sind der Kontakt zu lokalen Akteur*innen, eine erhöhte Sensibilität für bestimmte Themen und Situationen und die Möglichkeit der Bottum-up-Arbeit (Werthes, 2017, S. 458). Deswegen ist es wichtig, lokale CSOs und ihre entscheidende Rolle bei der längerfristigen Förderung eines friedlichen Strukturwandels und bei der Bewältigung anhaltender Konflikte nochmals genauer zu betrachten (Barnes, 2018, S. 33; Paffenholz, 2010a, S. 59). Sie können Rollen und Aufgaben übernehmen, in denen internationale oder staatliche Organisationen versagen, da sie näher an den Menschen arbeiten können. Auch sind sie in ihrer Arbeit so effektiv, da sie Prozesse von einer Makroebene auf eine Mikroebene bringen können (Barnes, 2009, S. 140). Diese Beobachtungen finden auch immer mehr in der Praxis Einzug und so geht der Trend hin zu einer Ausbildung und einem Training der Menschen vor Ort, um diese in ihrem Handeln zu bestärken (Ramsbotham et al., 2016, S. 215). Lokalen CSOs kommt die Rolle einer Semi-Elite zu. Sie vermitteln zwischen den Geber*innen aus dem Globalen Norden und den lokalen Gemeinschaften vor Ort (Schuller, 2012, S. 179). Zwar ist es weitgehend akzeptiert und anerkannt, dass lokale CSOs eine entscheidende Rolle in Friedensprozessen spielen, jedoch sind diese noch immer von bürokratischem Denken und ebensolchen Handlungen bestimmt. „Intervening actors nonetheless have largely been unable to let go of these discourses and their accompanying intervention models“ (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 160). Oft werden lokale CSO in der Arbeit von westlichen CSOs akzeptiert, ihre Arbeit wird jedoch oftmals von deren Vorgaben beeinflusst und sie finden Inspiration in westlichen Ansätzen. Dies geschieht auch durch eine inhaltliche Unterstützung und/oder die Bereitstellung von Ressourcen durch externe Geber*innen und die Förderung lokaler CSOs durch global agierende CSOs, somit werden diese auch Teil der kosmopolitischen, aktiven Zivilgesellschaft (Barnes, 2009; Fahrenhorst, 2007, S. 71; Kaldor, 2003).

Das zunächst sehr positiv erscheinende Bild der Arbeit von CSOs bedarf dennoch einer kritischen Prüfung, was in der wissenschaftlichen Debatte um Peacebuilding oft zu wenig geschieht (Ryerson, 2013, S. 4). Die Zivilgesellschaft beziehungsweise CSOs dürfen nicht idealisiert werden (Paffenholz, 2010a). Ein entscheidender Punkt in der Arbeit von internationalen, aber auch von lokalen CSOs ist ihre Legitimation (Duffield, 2003; Edwards & Hulme, 1997; Slim, 1997; Smilie, 1995). Die Arbeit von CSOs ist immer auch politisch. Gerade wenn es in einer bestimmten Region eine Krise gibt, wird der Ruf nach Hilfe durch CSOs schnell laut. Ihre Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten wird oftmals nicht so kritisch betrachtet, wie die durch andere Staaten. Dabei verfolgen auch CSOs eine bestimmte Agenda. Doch werden sie zusätzlich auf einer anderen Ebene politisiert: Vor allem in der Nothilfe können sie durch bestimmte Parteien instrumentalisiert werden oder Hilfeleistungen werden vor Ort missbraucht (Debiel & Sticht, 2007, S. 170). „Zivilgesellschaftliche Legitimität wird in der sozialen und politischen Interaktion zwischen NGOs und ihrer sozialen Umgebung generiert“ (Schrader, 2007, S. 4). Generell haben Friedensprozesse eine besonders hohe Legitimität durch offene Plattformen für Austausch und Interaktion, in denen auch die lokale Bevölkerung ihre Beschwerden, Anliegen und Wünsche einbringen kann und so (international) Gehör findet (Zanker, 2018, 207 f.). Dabei sind die entscheidenden Fragen, wer über die Legitimität entscheidet und wem gegenüber sie zu verantworten ist (Clark, 2003, S. 92). Um Legitimität zu erreichen, ist es wichtig, die vor Ort unmittelbar betroffenen Personen und Akteur*innen in alle Schritte (Vorbereitung, Umsetzung und Evaluation) eines Prozesses einzubeziehen (Schrader, 2007, S. 3). Dabei lässt sich die Legitimität von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und demnach auch von CSOs auf drei Ebenen konzipieren. Dies ist erstens die empirische, tatsächlich vorhandene Anerkennung ihres Handelns durch Mitglieder des Feldes, in dem sie sich einbringen. Dabei beruht der Legitimitätsglaube in weiten Teilen darauf, dass die betroffenen Akteur*innen auf Erfahrungen und Expertise zurückgreifen und darauf vertrauen, dass die Handlungen im Rahmen bestimmter Normen und Maßstäbe stattfinden (Mandt, 1998, S. 383; Schrader, 2007, S. 3). Zweitens kann Legitimität auf Grundlage von Zugang und Zugehörigkeit zu bestimmten (zivilgesellschaftlichen) Netzwerken erfolgen, in denen sie durch ihre Handlungen einen Beitrag zu den Zielen und Zwecken des Netzwerkes beitragen und es auch zu geteilten Ressourcen kommen kann (Bourdieu, 1985, S. 248; Schrader, 2007, S. 3). Drittens kann die Legitimität aus der Bereitstellung oder dem Verfügen über bestimmte Ressourcen wie zum Beispiel Wissen, Beziehungen, Unterstützung oder Anerkennung resultieren. Somit werden Macht- und Legitimitätsressourcen von außen eingebracht (Schrader, 2007, S. 3). Daraus ergibt sich, dass Vernetzung mit den Zielgruppen und der Öffentlichkeit, mit anderen CSOs und Netzwerken, aber auch mit einflussreichen Akteur*innen sinnvoll ist, um Legitimität zu erfahren (Schrader, 2007, S. 3). Oft sind die CSOs, die die höchste lokale Legitimität erfahren, die CSOs, welche nicht die größten Gemeinsamkeiten mit westlichen Normen haben. Internationale Legitimität wird erreicht, wenn internationale Normen und Werte eingehalten werden (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 164). Deswegen ist es wichtig, dass Handlungen von CSOs immer intern reflektiert werden, da sie das Bild nach außen hin prägen, in Spannungsverhältnissen stehen können und nicht nur die eigene Legitimität, sondern die eines ganzen Sektors beeinflussen können (Schrader, 2007, S. 5). Dazu gehört auch die Entscheidung, mit welchen CSOs bestimmte Organisationen zusammenarbeiten oder kooperieren. Hierbei lässt sich beobachten, dass sich internationale CSOs für die lokalen Kooperationspartner*innen entscheiden, welche sich mehr nach einer internationalen Legitimität ausrichten und nach westlichen Normen und Standards arbeiten, also „organizations, that resemble themselves“ (Verkoren & van Leeuwen, 2013, S. 164). Dadurch bevorzugen diese CSOs Akteur*innen, mit denen sie vermeintlich am einfachsten zusammenarbeiten können und nicht unbedingt die, die am besten in der Lage sind, in einem lokalen Kontext sinnvolle Arbeit zu leisten (Leach, 2018, S. 23). Die Frage der Legitimität geht auch mit der Frage der Finanzierung einher. So gibt es einige komplett unabhängige CSOs, Donor-created-CSOs und staatliche geförderte Quasi-CSOs. Gerade bei CSOs aus dem Globalen Norden, welche Spenden akquirieren, stellt sich auch die Frage, inwieweit das Elend von anderen medial ausgeschlachtet wird, um daraus Profit zu schlagen (Debiel & Sticht, 2007, S. 168), und ob auch sie bestimmte Interessen verfolgen (Carey, 2012, S. 10).

Neben Fragen der Legitimität gibt es noch weitere immer wiederkehrende Kritikpunkte an der Arbeit von CSOs. 1. sind diese, dass CSOs nicht automatisch und per se immer völlig unabhängig sind; 2. die Anforderungen der Gebermärkte die Arbeit der CSOs vor Ort nicht immer in positiver Weise beeinflussen und 3. in vielen Ländern internationale CSOs mit westlichem Hintergrund dominant sind und dazu neigen, ihre Konzepte zu exportieren und durchzusetzen (Debiel & Sticht, 2005, 2007; Duffield, 2000; Fischer, 2011; Reimann, 2005). Dabei spielt für die Forschung besonders der letzte Kritikpunkt eine wichtige Rolle, da es um die Zusammenarbeit von unterschiedlichen CSOs geht. Denn in der Wissenschaft wurde noch zu wenig über die Zusammenarbeit und besonders über lokale CSOs-Arbeit diskutiert und geforscht (van Leeuwen, 2009, S. 5). An diesen Punkt schließt die Kritik an, dass die Arbeit von CSOs gerade durch die finanzielle Unterstützung durch externe Geber*innen zu einer Förderung von Eliten führen und damit die Kluft in einem Land weiter auseinandertreiben und zu weiterer Instabilität führen kann (Leonhardt, 2001, S. 239). Diese sind zum einen Türöffner*innen für internationale CSOs, aber auch oft Kooperationspartner*innen in der Arbeit oder sie gründen eigene CSOs (Carey, 2012, S. 26). Doch die Entscheidungsfindung innerhalb großer CSOs wird oft, wenn auch nicht ausschließlich, von der Führung in den Zentralen gelenkt. Das bedeutet, dass Organisationen oft eine Führung von oben nach unten demonstrieren, in der Eliten aus den lokalen Gemeinschaften entfernt werden. Dies wird auf lokaler Ebene noch verschärft, wo CSOs oft charismatische Führungen haben. Es ist zwar nicht überraschend, dass CSOs um Einzelpersonen mit außergewöhnlicher Tatkraft und Entschlossenheit heranwachsen. Aber dies untergräbt die Fähigkeit solcher Gruppen, als Vorbild für liberaldemokratisches Verhalten zu dienen (Ryerson, 2013, S. 60). Es gibt einige CSOs, die vor Ort lokal gegründet werden mit dem Ziel, sich von internationalen Geber*innen fördern zu lassen, damit die Organisation wachsen und an Bedeutung gewinnen kann. Dies wird von einigen Personen schon regelrecht professionell durchgeführt, wie Schuller am Beispiel von Haiti zeigt (Schuller, 2012, S. 121): Personen, die dort CSOs gründen oder dort arbeiten, profitieren davon auch materiell (Lofredo, 1995).

„Geldbeziehungen sind immer auch Machtbeziehungen“ (wfd, 1999, S. 19). Viele CSOs sind von dem Geld der Geber*innen abhängig und unterwerfen sich deswegen deren Kriterien. Das Problem der Abhängigkeit wird jedoch verschärft, da die meisten Finanzierungen nur projektgebunden sind (Fahrenhorst, 2007, S. 84). Es wird allgemein festgestellt, dass CSOs oft nicht auf lokale Bedürfnisse und Wünsche eingehen; stattdessen folgen ihre Aktivitäten häufiger den Interessen der Geldgeber*innen oder den persönlichen Interessen (Frangonikolopoulos, 2005, S. 57). Durch diese finanziellen Unterstützungen hat sich besonders in den Ländern des Globalen Südens zwischen lokalen CSOs, aber auch im Globalen Norden zwischen den Geber*innenorganisationen eine gewisse Konkurrenz in der Peace-Industry gebildet (Fisher & Zimina, 2009, 25 f.; Schuller, 2012, S. 110; Weller & Kirschner, 2005, S. 25). Frieden ist regelrecht zu einem kommerziellen Gut geworden (Fahrenhorst, 2007, 83 f.), sodass lokale CSOs um das Wohlwollen der externen Geber*innen werben. Es ist zu einer Marktplatzsituation im CSO-Bereich gekommen, in der verschiedene Services abgerufen werden können. Dabei ist dieser Marktplatz kaum an den Akteur*innen im Globalen Süden orientiert, sondern mehr an den Akteur*innen im Globalen Norden, bei denen die wirtschaftliche Macht liegt (Ropers, 2001, S. 525). Auch kommt es dazu, dass lokale CSOs sich in ihrer Arbeit und ihrer Sprache immer mehr dem anpassen, was die Geber*innen aus dem Globalen Norden hören möchten oder wodurch mithilfe bestimmter Buzz-Words die Chancen auf eine Förderung besonders hoch sind. Hier lässt sich ein Vergleich zu den Schriften von Franz Fanon ziehen (Fanon, 1967, 17 ff.), der mit Bezug auf die Kolonialzeit beschreibt, wie sich Sprache von lokalen Personen durch bestimmte Erwartungen der Kolonialisten verändert. Diese Sprachveränderungen finden nun nicht mehr in einer kolonialen, sondern zum Beispiel in einer post-kolonialen Abhängigkeit statt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass internationale CSOs durch ihre Arbeit auch Abhängigkeiten geschaffen haben (Brannan, 2003; Marchetti & Tocci, 2009; Roy, 2008), welche wie in Kapitel 2 dargestellt duch interne und externe Machtfaktoren bedingt werden. Diese Abhängigkeiten und Rivalitäten zwischen CSOs führen nicht unbedingt dazu, dass das eigentliche Ziel der Arbeit, nämlich Frieden zu schaffen oder zu erhalten, schneller erreicht wird. Im Gegensatz zu den emanzipatorischen Bedeutungen von Frieden, wie sie von der kritischen Friedensforschung propagiert werden, ist der Geberfrieden in hohem Maße präskriptiv und instrumentalistisch (Goetschel & Hagmann, 2009, S. 64). Friedensförderung reproduziert eine Arbeitsteilung, bei der der Globale Norden – repräsentiert durch internationale Organisationen, Geberagenturen und CSOs – Frieden definiert und finanziert, während von den Gemeinschaften, CSOs und Regierungen des Globalen Südens erwartet wird, dass sie diese Friedensideen und -projekte aufnehmen und umsetzen. Die Friedenskonsolidierung widerspricht ihrem eigenen Credo über die Notwendigkeit, lokale Akteur*innen zu ermächtigen. Vielmehr zwingen die Durchführungsorganisationen den Empfängerländern und Zielgruppen ihre Vorstellungen für den Wiederaufbau nach Konflikten auf (Goetschel & Hagmann, 2009, 64 f.). Wenn CSOs dazu beitragen wollen, die Friedenspotenziale in den betroffenen Gesellschaften zu mobilisieren und zu stärken, müssten die Spaltungen und Rivalitäten zwischen den Geber*innen und innerhalb der Kooperationssysteme überwunden werden. Doch davon ist das derzeitige System noch sehr weit entfernt (Kayser, 2018, S. 10). Außerdem werden durch die Arbeit oftmals Abhängigkeiten geschaffen und aus einer kritischen Perspektive ist festzustellen, dass „the NGO community consists of heterogeneous actors who do not strive for universally admired principles, but rather promote particular interests“ (Gereke & Brühl, 2019, S. 870). Auf diese kritischen Punkte, besonders mit Bezug zu Themen wie Macht, Dominanz und Abhängigkeiten wird im Folgenden und aus empirischer Sicht in Kapitel 8 eingegangen.

4.3 Zivile Konfliktbearbeitung

Das folgende Kapitel führt in die Zivile Konfliktbearbeitung (ZKB) ein und legt damit die inhaltliche Grundlage für den ZFD fest. Dabei liegt dem Kapitel die Annahme zugrunde, dass ZKB schon in ihren Ursprüngen als nicht militärisch anzusehen ist (Paffenholz, 2001a, S. 15) und lokal verankert gut funktionieren kann. Entsprechend ist auch die Struktur des Kapitels aufgebaut. So wird zunächst knapp die historische Entwicklung der ZKB aufgezeigt und in verschiedene Debatten eingeführt. Dabei erfolgt die Diskussion mit einem besonderen Fokus auf den deutschen Debatten der ZKB, da diese für den ZFD und demnach für die empirische Untersuchung besonders wichtig sind.

ZKB hat historisch verschiedene Ursprünge. Einige Autor*innen verfolgen die Anfänge bis zur Antike zurück (Paffenholz, 2001a, S. 16). Lange blieb ZKB ein Mittel zur Vermittlung zwischen Staaten, was sich jedoch im 20. Jahrhundert veränderte. Einer der historisch bedeutendsten Ursprünge für das heutige Verständnis von ZKB ist der gewaltfreie Widerstand von Mohandas K. Gandhi – genannt Mahatma –, der in den 1920ern zusammen mit seinen Anhänger*innen gewaltfreien Widerstand in drei Stufen einteilt. Dies ist erstens die „Gegeninvasion“ gegen den oder die Aggressor*in mit Freundlichkeit, positivem Geist und Gutwillen. Sollte dies nicht erfolgreich sein, folgt zweitens die unbewaffnete Gegenüberstellung einer Gruppierung von Freiwilligen gegenüber dem oder der Aggressor*in. Sollte es dennoch zu einer Invasion kommen, ist eine Nichtzusammenarbeit das dritte Mittel des gewaltfreien Widerstandes (Berndt, 2006, S. 5). Dabei ist das Entscheidende an dem Ansatz der Konfliktbearbeitung, dass die Akteur*innen, welche gewaltfreie Methoden einsetzten, selbst eine der Konfliktparteien sein können (Köhler, 2005, S. 18). Auch bildeten sich weltweit durch unterschiedliche Initiativen sogenannte „Friedensbrigaden“ heraus, welche sich zum Beispiel aus Kriegsdienstverweigerern, Freiwilligen, medizinischen Hilfeleistenden oder christlichen Personen zusammensetzten. So gab es parallel schon im Ersten Weltkrieg Friedensorganisationen, welche sich gewaltfrei engagierten (Büttner, 1995, S. 17). Dies geschah besonders in der Versöhnungsarbeit, beim Wiederaufbau und in der humanitären Hilfe (Berndt, 2006, S. 5). Nach dem Ersten Weltkrieg verstärkte sich diese Arbeit und wurde vor allem durch den Austausch zwischen Nationen und Freiwilligenarbeit vorangetrieben. Diese Ansätze wurden im Laufe der Zeit von vielen weiteren Personen und Organisationen nutzbar gemacht und in ihrer eigenen Arbeit umgesetzt. Vor allem auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese zivile Arbeit verstärkt. Es gab in verschiedenen Regionen der Welt Menschen, die sich mit dem Gedanken der zivilen Konfliktbearbeitung befassten. Dazu zählten unter anderem Theodor Ebert in Deutschland, Gene Sharp in den Vereinigten Staaten oder Jaques Semelin in Frankreich. Sie beschäftigten sich mit dem Gedanken, wie gewaltfreies Handeln politisch wirkungsvoll sein und wie Gewaltfreiheit als Instrument in Machtkonflikten wirken kann (Berndt 2006, 5). Diese Art der zivilen Arbeit und der gewaltfreien Aktionen wurden ab den 1960er Jahren verstärkt, wenn auch eher stiefmütterlich in der Wissenschaft behandelt und lange Zeit gab es ein regelrechtes Forschungsdefizit (Brühl, 1999, S. 105). Zwar hat die Forschung über ZKB zugenommen, was jedoch nicht zu einer Präzisierung geführt hat, sondern die Vielfalt der unterschiedlichen Verständnisse aufzeigt (Gulowski & Weller, 2017, S. 386). Besonders nach dem Ende des Ost-West-Konflikts erhielt ZKB größere Aufmerksamkeit. In den Mittelpunkt von Konfliktbearbeitung rückten nun nicht mehr nur zwischenstaatliche, sondern auch verstärkt innerstaatliche Konflikte (Weller & Kirschner, 2005, S. 12). Dabei wurde die Rolle von ZKB immer anerkannter, da verstärkt die nicht militärischen Ursachen von Konflikten beobachtet wurden, innerstaatliche Konflikte sowie wirtschafte, politische, ökologische und militärische Interdependenzen weltweit zunahmen und es zu einer Anerkennung der Problematik von militärischen Interventionen kam (Truger, 2001c, S. 9). Dabei setzte die Agenda für den Frieden (Boutros-Ghali, 1992) ein wichtiges Zeichen, da hier auch Friedenssicherung und die Bedeutung von Friedenskonsolidierung betont wurden. Dabei wurde ein Paket mit vier Komponenten diskutiert. Diese beinhalten: präventive Diplomatie, Peacemaking, Peacekeeping und Peacebuilding. Diese Debatte wurde in der UN 2001 durch die geforderte „Kultur der Prävention“ in dem Bericht „Prevention of Armed Conflict“ (United Nations, 2001) erneut bestätigt. In Europa wurden die Development Assistance Committee (DAC) Guidelines on Conflict, Peace and Development Cooperation im Jahr 1997 (OECD, 1997) und die DAC Guidelines Helping Prevent Conflict Violence in 2001 verabschiedetet (OECD, 2001), die das Konzept der ZKB unterstreichen. Auch in Deutschland wurden entsprechende Dokumente verabschiedet. Auf diese wird auf den folgenden Seiten, und zwar im Abschnitt 4.4.1. „Historische Entwicklung und Ziele des ZFD“ genauer eingegangen.

Dieser kurze geschichtliche Abriss und die dabei wichtigen Akteur*innen deuten bereits an, dass ZKB von staatlichen, aber auch von nicht staatlichen Akteur*innen eingesetzt werden kann. Auch kann es sich bei ZKB um eine Bearbeitung von Konflikten durch die Konfliktparteien selbst handeln, aber auch um Interventionen von Externen in den Konflikten (Schweitzer et al., 2004, S. 510).

„Zivile Konfliktbearbeitung umfasst die Gesamtheit der staatlichen und nichtstaatlichen Ansätze und Instrumente, die darauf zielen, sozio-politische Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten. Der Anwendung von Gewalt soll vorgebeugt, sie soll beendet oder ihre Wiederkehr verhindert werden. Interessen, Beziehungen und Kommunikationsmuster sollen in weniger eskalationsträchtige Zustände überführt werden, um tiefere Ursachen und längerfristige Folgen des Konfliktes bearbeiten zu können. Zivile Konfliktbearbeitung beschäftigt sich mit sozio-politischen Konflikten, die gewaltförmig ausgetragen werden, oder zumindest ein hohes Gewaltpotential besitzen. Dabei ist sie besonders dort bedeutsam, wo es keine angemessenen Regelungsinstanzen gibt“ (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 19).

Trotz oder gerade wegen dieser langen Tradition der ZKB und der unterschiedlichen Akteur*innen gibt es jedoch keine einheitliche Definition des Begriffs. Generell kann der Begriff der zivilen Konfliktbearbeitung als ein gesellschaftlicher Wandel verstanden werden, der einerseits auf strukturelle Veränderungen abzielt, andererseits aber auch Einstellungen und Perspektiven untersucht (Reich, 2005, S. 485). Legt man ein breites Verständnis von ZKB an, bedeutet dies „Normen und Institutionen zu besitzen oder zu entwickeln, die bei aktuellen und zukünftigen Konflikten Gewaltanwendung verhindern“ (Weller & Kirschner, 2005, S. 10). Der Begriff und das dahinterstehende Konzept haben sich in den 1990er Jahren herausgebildet (Köhler, 2005, S. 31). Es gibt jedoch keine festgelegte, allgemeingültige Definition des Begriffs. Allgemein ist ZKB „die Bearbeitung von Konflikten ohne den Einsatz von direkter Gewalt mit dem Ziel, eine Regelung oder Lösung zu finden, die die Interessen aller Konfliktparteien berücksichtigt“ (Schweitzer et al., 2004, 512 f.). Dabei ist wichtig, dass in der Arbeit der ZKB das Prozesshafte eines Konfliktes betont wird (Rieche, 2006a, S. 14). Zivil steht dabei für alle Mittel, die im weiteren Sinne nicht militärisch oder zwanghaft sind. Somit grenzt sich der Begriff ZKB von gewaltfreier Konfliktbearbeitung ab (Köhler, 2005, S. 32). In einem engeren Sinne ist das „Zivile“ im Begriff ZKB jedoch im Sinne von Zivilgesellschaft gemeint, also nicht staatliche Akteur*innen und Handlungen (Rieche, 2006a, S. 14). ZKB in der definitorischen Debatte gliedert sich in eine friedenstheoretische, eine sicherheitspolitische und eine entwicklungspolitische Debatte (Weller & Kirschner, 2005, S. 13). Die friedenstheoretische Debatte hat dabei zum Ziel, zu einem besseren Verständnis von Gewaltursachen und Friedensbedingungen beizutragen. Sie fragt insbesondere nach verallgemeinerbaren Bedingungen für Gewaltvermeidung in der Konfliktbearbeitung (Calließ & Weller, 2004). Ferner ist die Debatte stark darin verortet, dass Konflikte nicht notwendigerweise etwas Schlechtes, sondern Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens sind und positiv genutzt werden können (Weller & Kirschner, 2005, 13 ff.). Die sicherheitspolitische Debatte entstand vor allem aus der Erkenntnis, dass globale Bedrohungen nicht nur militärisch gelöst werden können und es zu einem erweiterten Sicherheitsbegriff gekommen ist. Da der Staat in puncto Sicherheit nicht mehr alleine im Zentrum steht, sondern mit ihm auch die menschliche Sicherheit, wird das Individuum in den Mittelpunkt gerückt (Daase & Moltmann, 1991). Die entwicklungspolitische Debatte ist vor allem darauf gegründet, dass Konflikte die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in einem Land behindern und gleichzeitig entwicklungspolitische Maßnahmen auch Einfluss auf vorhandene Konfliktlagen nehmen. Deswegen rückt hier die Konfliktsensibilisierung in den Vordergrund der Debatte (Weller & Kirschner, 2005, 17 ff.). Außerdem integriert diese Debatte die ZKB in die Entwicklungszusammenarbeit, um konfliktsensibler vorzugehen (Quack, 2009, S. 51). Diese Integration geschieht in der Praxis in der Regel in den Bereichen Governance, Wirtschaft, Sicherheit und bei soziokulturellen Ansätzen (Leonhardt, 2001, S. 243).

Ein von diesen wissenschaftlichen Definitionen ausgehender Blick in die Praxis zeigt, dass die verschiedenen Definitionsversuche nicht allzu weit auseinanderliegen. Die Bundesregierung definiert Zivile Krisenprävention wie folgt:

„Vorbeugende und zivile Maßnahmen genießen Priorität vor der militärischen Reaktion. Dazu soll eine Kultur der Prävention und des Dialogs gefördert werden. Dem Handeln der Bundesregierung liegt ein erweiterter Sicherheitsbegriff zugrunde, der politische, ökonomische, ökologische und soziale Stabilität umfasst. In diesem Rahmen ist es die Aufgabe der Entwicklungspolitik, in den betroffenen Partnerländern durch Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse zur Verhinderung und zum Abbau struktureller Ursachen von Konflikten sowie zur Förderung von Mechanismen gewaltfreier Konfliktbearbeitung beizutragen“ (Die Bundesregierung, 2004, S. 8).

Dabei zielt ZKB nicht nur auf die Bearbeitung von Konflikten in sogenannten „Konfliktgebieten“ ab, sondern ist auf alle Gesellschaften bezogen.

„Gewaltanwendung auszuschließen, obwohl sich soziale Konflikte nicht verhindern lassen und notwendig für gesellschaftlichen Wandel sind, ist das übergeordnete Ziel ziviler Konfliktbearbeitung. Dafür haben sich in modernen Gesellschaften die unterschiedlichsten Methoden, Instrumente und Verfahren herausgebildet. Hierzu gehören die gesellschaftliche Anerkennung von Regeln, Gesetzen und Gerichtsurteilen, die Etablierung eines staatlichen Gewaltmonopols sowie demokratische Verfahren, in denen frei gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten Mehrheitsentscheidungen herbeiführen“ (Weller & Kirschner, 2005, S. 10).

Dabei bedeutet ZKB nicht das direkte Ende eines Konfliktes, sondern seine kontinuierliche, gewaltfreie Austragung, welche mit der Entstehung von Institutionen und Normen einhergeht, die wiederum bei den aktuellen, aber auch bei potenziell zukünftigen Konflikten für einen gewaltfreien Umgang sorgen (Weller & Kirschner, 2005, S. 10). Somit erfolgt Krisenprävention im Vorfeld, Konfliktlösungen und generell der Abbau von Gewalt- und Konfliktursachen stehen hingegen im Zentrum der ZKB (Nachtwei, 2008, S. 1). Jedoch muss die ZKB auf ihre Wirksamkeit hin auch in globaleren Strukturen gedacht werden, denn

„[…] solange eine ungerechte Weltwirtschaftsordnung gewaltsame Konflikte befördert, kann zivile Konfliktbearbeitung nur eingeschränkt erfolgreich sein und sie muss aufpassen, dass sie nicht bestehende ungerechte Strukturen festigt, indem sie soziale Konflikte verschleiert und eine konstruktive Austragung verhindert“ (Rieche, 2006a, S. 20).

Die Definitionen zeigen bereits, dass in der ZKB die Handlungen der Akteur*innen im Vordergrund stehen. Eines der Hauptziele der zivilen Konfliktbearbeitung ist der Ausschluss von Gewalt, auch wenn es ein konfliktreiches Umfeld gibt. Dies kann durch eine Entwicklung von Normen und Handlungen funktionieren, die ein friedliches Zusammenleben fördern (Weller & Kirschner, 2005, S. 10). Im Fokus steht dabei die Herausbildung von Maßnahmen zum „Management von strukturell vertieften gewalttätigen Konflikten durch zivile Organisationen“ (Zunzer, 2004, S. 164). Dabei ist mit Ziviler Konfliktbearbeitung immer ein Beitrag zum Aufbau oder zum Erhalt von Frieden im Sinne eines positiven beziehungsweise nachhaltigen Friedens gemeint (Rieche, 2006a, S. 14). Dabei arbeitet die zivile Friedensarbeit gegen strukturelle, kulturelle und personelle Gewalt, wie sie im Konfliktdreieck von Galtung beschrieben wird (Galtung, 1996). Diese finden durch Interessen, Annahmen, Handlungen und Verhalten ihren Ausdruck und können entweder sichtbar/manifest oder unsichtbar/latent sein. Da sich alle drei Ebenen in diesem Dreieck beeinflussen, bleibt anzumerken, dass die zivile Friedensarbeit nur erfolgreich sein kann, wenn alle drei Ebenen mitgedacht werden und auf allen Ebenen Gewaltminderung erreicht werden kann. Auch wenn sie zum Beispiel in einem Projekt nur auf einer Ebene ansetzen kann, sollten in der Analyse und Planung die anderen Ebenen mitgedacht und berücksichtigt werden (Rieche, 2006a, S. 15). Gerade im Sinne des nachhaltigen Friedens ist es wichtig, dass sich nicht nur Einstellungen und Verhalten verändern, sondern auch strukturelle Gewalt überwunden wird (Senghaas, 1997, 560 ff.). Dabei geht die ZKB in einer liberalen Tradition davon aus, dass Konflikte in jeder Gesellschaft vorhanden und notwendig sind. Diese gilt es nicht zu verhindern oder zu lösen, sondern gewaltfrei auszutragen und Wandel anzustreben (Quack, 2009, S. 51). Dabei stehen die Veränderung von Handlungsmustern und der Aufbau einer Infrastruktur für die Konfliktbearbeitung im Vordergrund (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 20). Diese Veränderungen, welche schon in Abschnitt 4.2 angesprochen wurden, gehen einher mit der Theorie des Wandels, welche die Ursache-Wirkungslogik eines Projektes beschreibt. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, diesen Wandel aufzuzeigen. In der ZKB wird Frieden als ein Mehrebenenprozess gesehen und die Idee der Multi-track-Diplomacy (Diamond & McDonald, 1996) verfolgt. Im Rahmen des ZFD ist es sinnvoll, Frieden als positiven Frieden im Sinne eines Transformationsprozesses hin zu ziviler, also nicht militärischer Konfliktaustragung zu definieren. Im ZFD werden Konflikte als Bestandteil einer jeden Gesellschaft angesehen (Quack, 2009, S. 33). Diese Möglichkeiten werden in diesem Kapitel beschrieben, wenn es um die Wirkungen des ZFD geht. Der Ausgangspunkt für die Zivile Konfliktbearbeitung ist dabei nicht der Konflikt an sich, sondern die Kapazitäten, welche es in einer Gesellschaft gibt, um Frieden zu schaffen (Kayser, 2018, S. 9). Die Ziele der ZKB sind es, Gewalt zu mindern oder schon vorher zu verhindern, Konfliktinhalte zu bearbeiten und dem Konflikt zugrunde liegende Strukturen beziehungsweise Denk- oder Verhaltensmuster zu verändern (Schweitzer, 2004, S. 512). Dabei stehen jedoch immer die Vermittlung zwischen „konfligierenden Interessen, die Generalisierung von Werten und Handlungsnormen und die Regelung von Austragungsformen“ (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 20) im Zentrum der Arbeit, um friedensorientierte Kräfte vor Ort zu fördern und zu unterstützen (Ropers, 2000a, S. 68). Dabei umfassen die Maßnahmen der ZKB in der Regel folgendes: 1. Aktivitäten zur Prävention der Gewalteskalation; 2. reaktives Krisenmanagement, Mediation und präventive Konfliktvermittlung, 3. Friedenskonsolidierung, 4. Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013a, 41 ff.; Zunzer, 2004, S. 163). Dabei kann ZKB am erfolgreichsten angewendet werden, wenn keine massive Gewalt im Konflikt Anwendung findet Somit ist ZKB zu Beginn eines Konfliktes (Deeskalation) und nach einem gewaltsamen Konflikt (Friedenskonsolidierung und der Begleitung des Friedensprozesses) oftmals am erfolgreichsten (Dudouet, 2006). Außerdem haben Projekte Ziviler Konfliktbearbeitung immer dann gute Aussichten auf Erfolg, wenn eine Art Machtgleichgewicht oder eine Pattsituation in politischer und militärischer Hinsicht zwischen den Konfliktparteien gegeben ist. In einem solchen Moment sind die Parteien bereiter, ihre Handlungen einer Prüfung zu unterziehen (Zunzer, 2004, S. 170).

Durch die unterschiedlichen Definitionen und verschiedenen Akteur*innen gibt es in der wissenschaftlichen Diskussion keine einheitliche Klassifizierung oder Einordnung der ZKB in größere Konzepte. Vielmehr ist diese stark von den jeweiligen Autor*innen abhängig. Zu Beginn der Forschung zu ZKB spielte vor allem die Forschung um gewaltfreien Widerstand eine wichtige Rolle. Dieser wurde in drei Eskalationsstufen eingeteilt. Dies sind zunächst Proteste (Demonstrationen, Mahnwachen), als zweite Stufe Formen der legalen Nichtzusammenarbeit (Boykotts, Hungerstreik, Verweigerung) und als dritte Stufe der zivile Ungehorsam (kalkulierte Regelverletzung, Verweigerung) (Ebert & Benedict, 1968, 10 ff.). Dabei wird davon ausgegangen, dass durch den zivilen Ungehorsam die Verteidigung eines Landes ermöglicht wird. Gerade dieser Gedanke hat auch die Friedensbewegung bis in das 20. Jahrhundert geprägt (Köhler, 2005, S. 21). In späteren Debatten wurde und wird ZKB als Friedenssicherung (Peacekeeping) verstanden, welche darauf abzielt, mögliche Konflikte durch Beobachtungen vor Ort frühzeitig zu erkennen und Möglichkeiten zum Eingreifen anzubieten. Dies kann in gewaltfreier Weise zum Beispiel durch Beobachtungsmissionen, Pufferzonen, Dialog oder Begleitung stattfinden (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 10). Eine weitere Möglichkeit ist die Friedensschaffung (Peacemaking). Hierzu zählen Methoden der stillen Diplomatie (Herstellung von indirektem Kontakt zwischen Konfliktparteien), Mediation, Konsultation und Vermittlung zwischen Konfliktparteien (Ribeiro Andres et al., 2005, 10 f.). Auch die Friedenskonsolidierung (Peacebuilding) stellt eine Möglichkeit dar, welche auf die Bewahrung des Friedens nach einem Konflikt abzielt. Hierzu zählen der Aufbau von demokratischen und rechtlichen Strukturen, Hilfeleistungen zur Stabilisierung des Friedens und die Stärkung der Zivilgesellschaft (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 11). Zu den Instrumenten zählen der Aufbau von Frühwarnsystemen, Tatsachenermittlung, Monitoring, Schutz von gefährdeten Personen, Kontaktvermittlung, Mediation, Konsultation, Stärkung von Konfliktbearbeitungskompetenzen, Schiedsgerichtsbarkeit, Sanktionen, Unterstützung bei der Friedenserhaltung (Köhler, 2005, 35 ff.). Andere Autor*innen sehen von der Einteilung in diese Kategorien ab und unterscheiden lediglich nach den involvierten Akteur*innen. So kann in der Regel zwischen zwei Arten unterschieden werden, wie ZKB durchgeführt werden kann. Zum einen können sich die Konfliktparteien in einem direkten, nicht gewalttätigen Austausch untereinander einigen. Zum anderen können die Konfliktparteien mithilfe externer Akteur*innen den Konflikt bearbeiten, wobei dies als zivile Intervention bezeichnet werden kann (Klotz, 2008, S. 14).

Wie schon beschrieben, können in der ZKB sowohl externe als auch lokale Akteur*innen arbeiten. Arbeiten in der ZKB externe Akteur*innen, können diese zur Erkenntnis und Generalisierung von Handlungslogiken und -normen, zum Kapazitätsaufbau in der Konfliktbearbeitung und zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung beitragen. Gleichzeitig können sie durch ihre Anwesenheit Sicherheit schaffen und vor Ort solidarisch handeln und unterstützen (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 17). Besonders bei externen Akteur*innen stellt sich die Frage, welche Werte durch ZKB vermittelt werden und welche Werte hinter der Arbeit stehen. Wichtig ist auch die ethische Frage, was mit der Arbeit erreicht werden soll und warum sich bestimmte Personen in der Arbeit engagieren (Heinemann-Grüder, 2013, S. 63). Es lässt sich feststellen, dass besonders die Menschenwürde und die Menschenrechte im Zentrum der ZKB durch externe Akteur*innen stehen (Nipkow, 2013, 56 ff.) und die Linderung von Leid, Not und Angst (Heinemann-Grüder, 2013, S. 62). Dabei liegen dieser ethischen Fragestellung jedoch noch tiefergreifende Aspekte zugrunde. Warum das Engagement für diese Themen besonders groß ist, lässt sich zum Beispiel durch intrinsische Motivation, eine christliche Friedensethik oder diskurstheoretische Ansätze, welche die Übernahme einer Wir-Perspektive fordern, erklären (Heinemann-Grüder, 2013). Jedoch stellt sich immer noch die Frage, wie diese Einsätze legitimiert werden. Dies ist sicherlich von der Art des Einsatzes und den jeweiligen Akteur*innen abhängig. Wichtig ist jedoch, dass in Fragen der Legitimation davon ausgegangen werden sollte, dass „die moralische Autorität der externen Akteure und ihrer Handlungen […] im Mindesten darauf basieren [muss], dass die Grundsätze selbst praktiziert werden, die man unter den Konfliktparteien verbreiten will“ (Heinemann-Grüder, 2013, S. 83). Die externen Akteur*innen brauchen immer eine mittelfristige Ausstiegsstrategie, um den Prozess auf lange Sicht lokal gestaltbar zu machen (Zunzer 2004: 175). Es ist wichtig, dass die Projekte nachhaltig gestaltet werden, dafür reichen zwei bis drei Jahre Projektlaufzeit nicht. Vielmehr müssen sie so angelegt werden, dass sie danach mit intern verfügbaren Ressourcen weitergeführt werden können (Ropers, 2000a, S. 74). Im Sinne von Nachhaltigkeit ist ebenfalls ein konfliktsensibler Umgang sehr wichtig. Dazu wird sich an den Kriterien für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit nach Mary Anderson im Sinne des Do-no-Harm-Ansatzes orientiert (Anderson, 1999). Im Zuge dessen ist es immer wieder wichtig, sich zu fragen, was die Rolle der Organisation ist, in der man tätig ist, und von wem man das Mandat zum Handeln erhalten hat (Djateng et al., 2009b, S. 17). Denn auch CSOs können durch ihr Handeln unintendierte, negative Effekte auf einen Konflikt haben, indem zum Beispiel durch Hilfslieferungen Konfliktparteien unterstützt werden, eine bestimmte Konfliktpartei bevorzugt behandelt wird oder bestimmte Werte vertreten werden (Schade, 2007). Auf diese Fragen wird vertieft in Abschn. 8.2.3 eingegangen.

Lokale Akteur*innen spielen in der ZKB eine enorm wichtige Rolle. Eine zunehmende Anzahl von Konflikten findet innerhalb bestehender Staaten statt, deswegen ist es umso wichtiger, dass in der Konflikttransformation politische Akteur*innen und gesellschaftliche, lokale Kräfte aus den Krisenregionen eingebunden werden. Es bedarf einer inklusiven Lösung, bei der die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden (Ropers, 2000a, S. 68). Es ist wichtig, dass in der Konfliktregion ein weites Netz an politischen und gesellschaftlichen Kräften unterstützt wird, welche aktiv an der Konflikttransformation mitarbeiten. Diese können ein Gegengewicht zu solchen Kräften darstellen, die von dem Konflikt profitiert haben oder dies noch tun. Dabei ist es besonders wichtig, alle gesellschaftlichen Ebenen zu mobilisieren (Ropers, 2000a, S. 70). Bei der Unterstützung von internen Akteur*innen ist es bedeutsam, dass sich die Formen und Mechanismen nahe an den Möglichkeiten und Bedürfnissen vor Ort ausrichten. Dabei ist es wichtig, in besonderem Maße auch rurale, kleinere, gemeinwohlorientierte Organisationen einzubeziehen (Ropers, 2000a, S. 74). Dahinter steht der Grundsatz, dass Frieden nicht von außen kommen kann, sondern von innen wachsen muss (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 8).

Trotz allem hat auch die ZKB ihre Grenzen und kann kritisiert werden. Bringen zum Beispiel die Menschen vor Ort keinen Willen mit, etwas zu ändern und am Frieden mitzuarbeiten, gerät ZKB schnell an ihre Grenzen, da Frieden nicht erzwungen werden kann. Auch ist es wichtig, dass ZKB rechtzeitig und langfristig ansetzt, um erfolgreich zu sein. Dazu ist es essenziell, dass vor Ort schon bestimmte Dinge vorhanden sind, die zum Beispiel elementare Überlebensbedürfnisse stillen. Deswegen ist es sinnvoll, wenn ZKB mit humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und dem Aufbau von Infrastruktur einhergeht. Auch benötigen sowohl die lokalen als auch die internationalen Akteur*innen genügend Ressourcen. Sind diese nicht vorhanden, werden Grenzen schnell erreicht (Rieche, 2006a, S. 20). Doch nicht nur in diesen ganz praktischen Punkten erreicht ZKB ihre Grenzen, auch werden Punkte aus der kritischen Nord-Süd-Zusammenarbeit wichtig, zum Beispiel die Frage nach Repräsentanz, Wissen, Abhängigkeiten oder Partizipation. Auch wenn ZKB oft selbst die Ansprüche hat, mit diesen Punkten reflektierter umzugehen als andere Akteur*innen in der Konfliktbearbeitung, so ist auch ZKB nicht davon befreit. Denn auch hier werden Abhängigkeiten geschaffen, auch hier vermitteln oftmals Personen aus dem Globalen Norden ihr Wissen und auch hier muss genau geschaut werden, wie eine Zusammenarbeit aussieht. Diese kritischen Punkte werden in den folgenden Kapiteln am Beispiel des ZFD aufgegriffen und beleuchtet.

4.4 Der Zivile Friedensdienst

Eine Besonderheit der zivilen Friedensarbeit in Deutschland ist seit den 1990er Jahren der Zivile Friedensdienst (ZFD).Footnote 3 Er wurde 1999 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) institutionalisiert (Bricke et al., 2006, S. 2), das damit ein Instrument der Zivilen Konfliktbearbeitung geschaffen hat.Footnote 4 Der ZFD gilt bis heute als „das wichtigste friedenspolitische Instrument zur Förderung von Friedenspotenzialen der Zivilgesellschaft“ (Die Bundesregierung, 2004, S. 45). Er zeichnet sich nicht nur durch die Einbindung staatlicher Akteure, sondern auch durch zahlreiche zivilgesellschaftliche, kirchliche Organisationen und Institutionen aus (Auer-Frege, 2010a, S. 15). Diese CSOs in der Umsetzung des ZFD sind staatlich anerkannte EntwicklungsdiensteFootnote 5, die sich mit neun Organisationen zum Konsortium Ziviler Friedensdienst zusammengeschlossen haben. In der Umsetzung nutzen die CSOs die Ideen und Mittel der ZKB, dabei mobilisiert der ZFD „bewusst die zivilen Kräfte einer Gesellschaft, um Gewalt zu verhindern, zu vermindern oder zu beenden und langfristig Frieden zu fördern“ (Burba & Stanzel, 2015a, S. 8). Um den ZFD, welcher den Untersuchungsgegenstand darstellt, zu analysieren, wird im Folgenden auf verschiedene Aspekte eingegangen. Zunächst zeigt das Kapitel die historische Entwicklung auf und verbindet diese mit der historischen Entwicklung der ZKB. Anschließend geht das Kapitel auf die Struktur des ZFD und die entsprechenden Akteur*innen ein, wobei besonders zwischen den Fachkräften und den lokalen Partner*innen unterschieden wird. Außerdem untersucht das Kapitel die Netzwerkarbeit des ZFD, welche eine entscheidende Rolle in der Arbeit spielt. Danach schaut das Kapitel auf Evaluationen des ZFD und auf Evaluations- und Monitoringprozesse im ZFD. Abschließend werden verschiedene Herausforderungen in der Arbeit des ZFD beleuchtet. Generell ist zu diesem Kapitel anzumerken, dass ein Großteil der Literatur von Akteur*innen des ZFD, Mitarbeitenden oder ehemaligen Mitarbeitenden verfasst wurde und auch die Wissenschaftler*innen, welche zum ZFD forschen, oftmals in die Politikberatung zum ZFD einbezogen werden. So gibt es beispielsweise viele Sammelbände, welche aus praktischen Beispielen des ZFD berichten (Auer-Frege, 2010a), aus denen sich jedoch auch spannende wissenschaftliche Rückschlüsse ziehen lassen. Damit fließen in dieses Kapitel sowohl Darstellungen aus wissenschaftlichen Debatten als auch Perspektiven und Meinungen aus der Praxis ein.

4.4.1 Historische Entwicklung und Ziele des ZFD

„Der Zivile Friedensdienst ist alt und neu zugleich: Alt insofern, als er auf jahrzehntelangen Traditionen der nicht staatlichen Friedensarbeit aufbaut; zugleich aber neu, weil er einen nächsten Schritt der Professionalisierung hinzufügt“ (Evers, 2007, S. 142). Auch wenn dieses Zitat bereits über fünfzehn Jahre alt ist, so ist es dennoch aktuell, denn der ZFD entwickelt sich stetig weiter, wird professioneller und verändert sich.

Die Geschichte des ZFD ist eng verwoben mit der Geschichte der ZKB in Deutschland. Der Gedanke der Versöhnung wurde besonders nach dem Zweiten Weltkrieg wieder verstärkt von Organisationen aufgenommen. Wie in dem Kapitel um ZKB dargestellt ist, ist dabei der Gedanke der „Friedensarmee“ (Sanskrit: Shanti Sena) schon bedeutend älter und geht auf Mahatma Gandhi zurück. Auch in Deutschland hoffte man, dass die Einführung eines Zivilen Friedensdienstes nach dem Konzept der sozialen Verteidigung in Zusammenarbeit mit Zivildienstleistenden dem Militär die Legitimation stückweise entzöge (Berndt, 2006, S. 5). Bereits kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Internationale Versöhnungsbund und 1921 das „Deutsche Friedenskartell“, welches ein Zusammenschluss auf Verbänden war, gegründet (Köhler, 2005, S. 54). In Deutschland wurden diese friedlichen Bestrebungen im Zweiten Weltkrieg sehr eingedämmt. Hier erfolgte nach Kriegsende ein Neustart, unter anderem durch viele konfessionsgebundene Organisationen. So wurden 1947 die Christlichen Friedensdienste, 1948 die deutsche Sektion von Pax Christi und 1949 der Internationale Freundschaftsdienst gegründet (Köhler, 2005, S. 55). Zudem wandte sich im Jahr 1957 der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen an die engagierten Organisationen mit der Idee der Gründung eines Dienstes für Versöhnung zwischen den Völkern, welcher weltweit agieren kann. Daraus entstand der Internationale Christliche Friedensdienst EIRENE, welcher schon bald mit der Entsendung von Freiwilligen auf den afrikanischen Kontinent begann (Berndt, 2006, S. 6). Durch die Arbeit von EIRENE wurde die bis dahin in Deutschland in der Friedensarbeit lange vernachlässigte Komponente der Nord-Süd-Arbeit in den Fokus gerückt. „Die soziale Frage im Süden, der humanitäre Einsatz in Krisen und entwicklungspolitische Fragestellungen verband EIRENE mit einer christlich motivierten Gewaltfreiheit“ (Berndt, 2006, S. 6). Dieser Gedanke wurde nach den beiden Weltkriegen durch eine Zunahme an Kriegsdienstverweigerern und den organisierten Austausch für Versöhnung im Rahmen von Freiwilligendiensten weitergetragen (Köhler, 2005, S. 55).

In den 1960er Jahren folgte eine regelrechte Welle an Gründungen von Organisationen im Bereich der Friedens-, Entwicklungs- und Freiwilligendienste (Köhler, 2005, S. 56). Ein weiterer Meilenstein in Deutschland wurde gelegt, als im Jahr 1969 auf Drängen von entwicklungspolitischen Organisationen das Entwicklungshelfer*innengesetz verabschiedet wurde. Damit wurde erstmals die Möglichkeit geschaffen, bezahltes Fachpersonal (nicht nur auf Spendenbasis) zu entsenden. Hier waren es die AGEH (heute AGIAMODO), die kirchlichen Organisationen, Dienste in Übersee (später evangelischer Entwicklungsdienst [EED] und heute BfdW), EIRENE, der WFD und Christliche Fachkräfte International, welche diese Aufgaben übernahmen (Berndt, 2006, S. 6). Hierbei wurden die Fachkräfte für einen zeitlich begrenzten Rahmen in technische und soziale Projekte entsendet. Der Fokus lag jedoch nicht nur auf der Friedensarbeit. Oftmals wurden Fachkräfte bewusst nicht in ein konfliktives Umfeld entsendet (Berndt, 2006, S. 6). Politisch spielte dabei die generelle entwicklungspolitische Wende der 1960er Jahre eine wichtige Rolle, bei der die Beteiligung der Menschen vor Ort immer wichtiger wurde (Auer-Frege, 2003, S. 15). Durch die FriedensbewegungFootnote 6 der 1980er Jahre bekam auch die Zivile Konfliktbearbeitung größere Aufmerksamkeit in Deutschland, sodass sie in den 1990er Jahren zunehmend vernetzter und professioneller wurde. Hierbei spielten der Jugoslawienkrieg (Evers, 2006, S. 2), das militärische Verhalten Deutschlands dabei (Köhler, 2005, S. 7) und das Ende des Ost-West-Konflikts (Quack, 2009, S. 50) eine wichtige Rolle. Eine Reihe von Organisationen gründete das Balkan-Peace-Team, welches als Gemeinschaftsprojekt in verschiedenen Ländern auf dem Balkan im Bereich der Menschenrechte und der Friedensarbeit aktiv war und mediale Präsenz mit politischer Wirkung erzielte (Berndt, 2006, S. 7). Es gilt somit als einer der Wegbereiter für die heutige ZKB (Köhler, 2005, 42 ff.). Auch auf politischer, parlamentarischer Ebene wurde der Diskurs um die Zivile Konfliktbearbeitung ab 1992 geführt und von dem SPD-Abgeordneten Hans Wallow maßgeblich vorangetrieben, welcher ein Konzept für den Einsatz von Friedenskorps in Katastropheneinsätzen vorsah (Auer-Frege, 2003, S. 21). Besonders die Idee zu Beginn der 1990er der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg für einen Zivilen Friedensdienst, der als Dienst sowohl im In- als auch im Ausland gedacht war, bei dem sich Frauen* und Männer* freiwillig melden konnten und der vom Wehrdienst befreien sollte, gilt als ein wichtiger Schritt bei der Gründung des heutigen ZFD (Köhler, 2005, S. 58). Um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, schrieb der zuständige Bischof damals viele Friedensorganisationen in Deutschland an. Der schon damals bestehende Dachverband Aktionsgemeinschaft Dienste für den Frieden (AGDF) reagierte zunächst skeptisch auf die starke staatliche Beteiligung in dem vorgelegten Konzept (Köhler, 2005, S. 59). Auch der Politologe Theodor Ebert und der Bund für soziale Verteidigung, dessen Vorsitzender Ebert war, entwickelten im Jahr 1994 ein ähnliches Konzept. Das Konzept erinnerte sehr an das der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, jedoch sollte hier die Träger*innenschaft in einem Bündnis von gesellschaftlichen Gruppen liegen und das Konzept rückte in die Nähe bereits bestehender Friedens- und Entwicklungsdienste (Büttner, 1995, S. 67; Erl, 2000, S. 16; Köhler, 2005, S. 54; Trittmann, 2000, S. 146).

Aus den beiden Konzepten ergab sich eine immer stärker stattfindende Lobbyarbeit, welche schließlich zu einem Zusammenschluss verschiedener Organisationen führte und in der Gründung des Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD) im Jahr 1996 führte (Trittmann, 2000, S. 148); Berndt 2006, S. 7). Dies entwickelte sich schnell zu einer politikfähigen Organisation (Köhler, 2005, S. 60). Hier lag der Fokus der Lobbyarbeit auf einer Professionalisierung und Anerkennung der Dienste, welche mit der Ausbildung der Friedensfachkräfte einhergingen. Es gab zwar in Deutschland seit den 1960ern die Möglichkeit für Friedensfachkräfte, an Ausbildungsprogrammen von verschiedenen Zentren und Organisationen teilzunehmen. Diese waren jedoch in der Regel nicht staatlich anerkannt und das Problem, dass Mittel für die Ausbildung und Vorbereitung der Fachkräfte fehlte, war sehr deutlich spürbar. Auch waren die einzelnen Trainings in der Regel an die jeweiligen Organisationen gebunden und nicht gebündelt. Schließlich fügten die KURVE (KURVE Wustrow, Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion e. V.) und der Ökumenische Dienst im konziliaren ProzessFootnote 7 ihre Konzepte zusammen und legten ein Konzept zur Grundausbildung in gewaltfreier Konfliktbearbeitung vor (Berndt, 2006, S. 7). Nach seiner Gründung hatte es das forumZFD nicht einfach.

Der Regierungswechsel im Jahr 1998, welcher generell eine Neuausrichtung von Militäreinsätzen und der deutschen Außenpolitik sowie humanitäre Interventionen mit sich brachte, bot den Organisationen nun die Möglichkeit, durch die langjährige Lobbyarbeit den Zivilen Friedensdienst zu institutionalisieren (Berndt, 2006, S. 8). Vorher waren entsprechende Anträge wie zum Beispiel im Jahr 1995 an Gegenstimmen aus Reihen der Christlich Demokratischen Union Deutschland und der Freien Demokratischen Partei gescheitert (Auer-Frege, 2003, S. 21). Untersuchungen haben gezeigt, dass für die Einführung des ZFD weiterhin die Denkweisen und Wertvorstellungen der an die Macht gekommenen Parteien begünstigend waren und sich einige der Bundestagsabgeordneten der Parteien bereits in der Zivilen Konfliktbearbeitung engagiert hatten (Quack, 2002, S. 6). Diese Neuausrichtung ging mit der Koalitionsvereinbarung über den Einsatz für Menschenrechte als Querschnittsaufgabe in der Politik einher (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 7). So gelang durch den Einsatz der Entwicklungs- und Friedensdienste im Jahr 1999 die Einrichtung des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) als Gemeinschaftswerk von staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen (Berndt, 2006, S. 8). Die Gründung erforderte jedoch einige Kompromisse wie zum Beispiel die Zustimmung des Auswärtigen Amtes (AA) zum Einsatz in bestimmten Ländern oder die Entsendung über das Entwicklungshelfer*innengesetz (Köhler, 2005, S. 62). Auch war zwar das BMZ mit der Umsetzung beauftragt, wollte die Durchführung jedoch an den Deutschen Entwicklungsdienst (DED) abgeben. Erst nach langen Verhandlungen erließ das BMZ ein Rahmenkonzept, welches den DED nicht alleine mit der Organisation des ZFD beauftragte. Die organisatorische Abwicklung wurde dem DED übertragen und auch die Mittel werden von ihm an andere Träger*innen weiterverteilt (Erl, 2000, S. 16). Im Zuge dessen wurde auch das Konsortium ZFD als Zusammenschluss der verschiedenen Akteure gegründet. Die Idee dazu ging maßgeblich auf den damaligen Geschäftsführer des DED zurück, welcher damit aufkommenden Unstimmigkeiten frühzeitig entgegenwirkte (Evers, 2006, S. 3). An der Gründung und Konzeption waren maßgeblich 20 Repräsentant*innen aus politischen Stiftungen, CSOs aus der Entwicklungs- und Friedensarbeit und den christlichen Kirchen beteiligt (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 7), zudem fanden Anhörungen des Konsortiums durch das BMZ statt (Evers, 2006, S. 3). Der nun gegründete ZFD ermöglichte die Finanzierung einer Vorbereitung der Fachkräfte, eine Entsendung für zwei bis vier Jahre nach Entwicklungshelfer*innengesetz (und ist somit ein Instrument der Personalentsendung) sowie die Begleitung und Betreuung der Fachkräfte (Berndt, 2006, S. 8). Seit 1999 reisen nun Fachkräfte in verschiedene Länder (Burba & Stanzel, 2015a, S. 6) und schon ein Jahr nach der Gründung waren über 60 Fachkräfte im Ausland (Evers, 2006, S. 3). Doch durch diese schnelle Umsetzung gab es auch einige Probleme. So wurden die Projekte in der Anfangszeit oft eher zufällig oder aufgrund bereits bestehender Kontakte ausgewählt. Auch gab es in einzelnen Organisationen Schwierigkeiten, den ZFD von anderen Projekten abzugrenzen, da sie als Entwicklungsdienst auch schon am Thema Frieden gearbeitet hatten (Evers, 2006, S. 4). Dies ist nicht nur ein Problem, welches im ZFD zu beobachten ist, sondern ein generelles Phänomen dieser Zeit, in der Friedensarbeit in die Entwicklungsarbeit Einzug hielt und andersherum (van Leeuwen, 2009, S. 36).

Mittlerweile hat sich der ZFD von einem Modellversuch hin zu einem anerkannten Instrument der Friedenspolitik entwickelt (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2016, S. 10). Dazu haben vor allem die 2005 verabschiedeten „Standards für den ZFD“ beigetragen, welche im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt wurden und in einen Reformprozess mündeten, welcher 2014 beendet wurde (Gemeinschaftswerk ZFD, 2008, 2014a, 2014c). Hierbei ging es um das Selbstverständnis, die Strategieentwicklung, Programmsteuerung, das Wirkungsverständnis und um Qualitätsstandards. Dieser Reformprozess wurde aufgrund der Empfehlungen der Evaluation des ZFD im Jahr 2011 angestoßen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). Auf diese Dokumente wird im weiteren Verlauf immer wieder verwiesen, da sie die Rahmenbedingungen zur Umsetzung des ZFD schaffen. Auch haben sie die Aufgabenverteilung im Gemeinschaftswerk klar geregelt. Die Aufgaben des Gemeinschaftswerkes sind dabei, Vereinbarungen über Zielsetzungen, Konzepte, Standards, Monitoring und Umsetzung zu treffen, den ZFD in politische Konzepte zu integrieren, trägerübergreifende Länderstrategiepapiere (TLS) zu erstellen und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Das BMZ, insbesondere das Referat Frieden und Sicherheit ist Zuwendungsgeber und Entscheider über die Bewilligung, aber auch für die Vertretung des ZFD im Ministerium und gegenüber anderen Akteur*innen und für die Auftragserteilung gegenüber Engagement Global – dem Service für Entwicklungsinitiativen zuständig (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 2.2. S. 1). Die Aufgaben des Konsortiums und demnach auch der Träger*innen sind die Entwicklung von Projekten und deren Durchführung mit den Partner*innen. Hier sei angemerkt, dass in dem Punkt Entwicklung nicht ausdrücklich auf die Partner*innenbeteiligung hingewiesen wird und somit der Schwerpunkt des ZFD sehr auf die Fachkräfte gelegt wird. Außerdem zählen die Steuerung der trägerübergreifenden Zusammenarbeit in den jeweiligen Ländern, die Sicherung der Zielerreichung mit den Partner*innen und generell die Einbeziehung der Kompetenzen aus den jeweiligen Ländern, Öffentlichkeitsarbeit und Wissensmanagement in den Projekten und Lobbyarbeit zu den Aufgaben des Konsortiums (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 2.2. S. 2).

Auch wenn der ZFD in einem eigenständigen Handlungsfeld arbeitet, ist er ein Teil des BMZ. Somit ist es wichtig, die generelle friedenspolitische Ausrichtung der Bundesregierung und des BMZ zu verstehen, bevor auf die genauen Ziele und Aufgaben des ZFD geschaut werden kann. Im Jahr 2000 hat die Bundesregierung das „Gesamtkonzept Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ (Die Bundesregierung, 2000) verabschiedet. Seit 2004 arbeitet die Bundesregierung mit dem „Aktionsplan ‚Zivile Krisenprävention‘, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung‘“ (Die Bundesregierung, 2004), welcher ein weltweit einmaliges Instrument darstellt und internationalen Vorbildcharakter besitz (Brinkmann, 2014, S. 2; Stengel & Weller, 2008, S. 1). Dieser umfasst thematisch alle nicht militärischen Maßnahmen im Bereich der Friedensarbeit und dient seither als strategische Ausrichtung. Dazu zählen zum Beispiel auch Handlungen in den UN im Rahmen der Abtrüstung, Nichtverbreitung und Rüstungs(export)kontrolle, Sanktionen oder der globalen Partnerschaften (Die Bundesregierung, 2004). Die strategischen Ansatzpunkte der Krisenprävention sind der Aufbau verlässlicher staatlicher Strukturen (Rechtssicherheit, Demokratie, Menschenrechte, Sicherheit), die Förderung von Friedenspotenzialen (Zivilgesellschaft, Medien, Kultur und Bildung) und die Sicherung von Lebenschancen (Wirtschaft und Soziales, Umwelt und Ressourcen) (Die Bundesregierung, 2004, S. 36). Hier wird auch die wichtige Rolle der Partnerschaft betont, die immer in den Dialogprozessen berücksichtigt werden muss (Die Bundesregierung, 2004, S. 8). Dabei wird im Sinne eines liberalen Friedens die Schaffung von staatlichen Strukturen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit sowie die Wahrung von Menschenrechten als erfolgreiche Grundlage gesehen (Die Bundesregierung, 2004, 36 ff.). Jedoch wird auch die Förderung der Zivilgesellschaft, von Medien, Kultur und Bildung als Friedenspotenzial identifiziert (Die Bundesregierung 2004, 43 ff.). Gleiches gilt für die Sicherung von Lebenschancen, indem Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Ressourcen gefördert werden (Die Bundesregierung, 2004, 50 ff.) Der ZFD gilt als wichtigstes Element zur Förderung der Friedenspotenziale in der Zivilgesellschaft. Als Hauptaufgabe wird jedoch „die Ausbildung und der Einsatz von deutschen Friedensfachkräften vor Ort“ (Die Bundesregierung, 2004, S. 45) definiert. Generell bleibt die Beschreibung des ZFD sehr knapp und zudem fehlen die Ressourcen, um diese ambitionierten Ziele umzusetzen (Brinkmann, 2014, S. 2; Weller, 2004). Dies haben auch zivilgesellschaftliche Träger*innen kritisiert, die sich von einer besseren Finanzierung eine erhöhte Planungssicherheit erhoffen.

Doch reichen die Kritikpunkte und Forderungen aus der Zivilgesellschaft noch weiter. So wird beispielsweise gefordert, dass die Bundesregierung sich mehr für die Durchsetzung und Implementierung der ZKB auf europäischer Ebene einsetzt (forumZFD, 2019; Initiativkreis Plattform Zivile Konfliktbearbeitung e. V., 2003). Außerdem betonen zivilgesellschaftliche Akteur*innen, dass sich der Aktionsplan nur auf Maßnahmen im Ausland bezieht, ZKB jedoch auch in Deutschland eine Rolle spielt (Nachtwei, 2004; Plattform Zivile Konfliktbearbeitung & Evangelisch, 2020; Plattform Zivile Konfliktbearbeitung & Evangelische Akademie Loccum, 2020). Im Bericht über die Umsetzung des Aktionsplanes nach zehn Jahren aber nimmt der ZFD eine wichtigere Rolle ein. Generell wird der Aktionsplan rückblickend als Paradigmenwechsel im Umgang mit Konflikten bezeichnet. Es wird betont, dass die Zivile Krisenprävention einen deutlich höheren Stellenwert als noch vor zehn Jahren einnimmt (Die Bundesregierung, 2014, S. 1). Dies zeigt sich unter anderem an der Bereitstellung von mehr Geld für den ZFD, an seiner in Aussicht gestellten weiteren erhöhten Finanzierung und an einer Bezugnahme auf die ZFD-Evaluierung. Denn diese sieht den Schwerpunkt des ZFD klar bei ziviler Friedensförderung und bei der Förderung zivilgesellschaftlicher Dialog- und Versöhnungskapazitäten, was somit gut in das „Instrumentenrepertoire“ der Bundesregierung passt (Die Bundesregierung, 2014, S. 10). Generell darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch der ZFD ein Instrument der Bundesregierung ist, die Folgendes klar formuliert: „Die Politik der zivilen Krisenprävention ist geleitet von den Interessen und Zielen Deutschlands bei der Erhaltung von Frieden und Sicherheit weltweit“ (Die Bundesregierung, 2014, S. 1). Heute gehen die Zivile Konfliktbearbeitung in Deutschland mit den Leitlinien der Bundesregierung zur Konfliktbearbeitung Hand in Hand. Dies zeigt, dass Deutschland Verantwortung für Frieden, Freiheit, Entwicklung sowie Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit tragen will und Interesse an einem nachhaltigen und stabilen Frieden hat. Dazu gehören partnerschaftliches Arbeiten und inklusiv wirkende Friedensprozesse (Auswärtiges Amt/Die Bundesregierung, 2017, 44 ff.). Auch die lokalen Mitarbeiter*innen in den Büros und Projekten vor Ort gelten als unverzichtbar, denn sie fungieren als Mittler*innen zwischen den Kulturen (Auswärtiges Amt/Die Bundesregierung, 2017, 44 ff.). Es wird betont, dass die „Rahmenbedingungen für alle Personengruppen angemessen auszugestalten und wo notwendig zu verbessern“ (Auswärtiges Amt/Die Bundesregierung, 2017, 44 ff.) sind. Was jedoch genau unter angemessen zu verstehen ist, bleibt gerade auch in Bezug auf lokale Mitarbeitende sehr ungenau definiert.

Die Arbeit des ZFD orientiert sich an diesen Rahmenbedingungen und an den BMZ-Handlungsprinzipien zur Gestaltung der Zusammenarbeit für Frieden und Sicherheit. Gemäß den Prinzipien ist es wichtig, dass: 1. das Engagement kontextbezogen und auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist; 2. Zielkonflikte bekannt sind und offen ausgetragen werden; 3. verlässliche Ziele für die Zusammenarbeit formuliert werden, so dass auch kleine Erfolge von Relevanz sind; 4. Risiken bekannt sind und der Umgang mit diesen stetig verbessert wird; 5. das Do-no-Harm-Konzept zur Anwendung kommt; 6. die Strategien auf die lokalen Strukturen zugeschnitten sind und 7. schnelle Projekterfolge mit langfristigen Perspektiven ermöglicht werden (BMZ, 2013, 16 ff.). Diesen Leitlinien des ZFD liegt ein allgemeiner Do-no-Harm-Ansatz zugrunde. Er wurde von (Anderson, 1999) als Ansatz entwickelt, um eine Aufrechterhaltung struktureller oder kultureller Gewalt zu vermeiden. Seither wird er in der Friedens- und Entwicklungsarbeit von vielen Organisationen angewendet. Um (ungewolltes) unethisches oder negatives Handeln von CSOs zu verhindern, ist es wichtig, dass CSOs das Umfeld und die Akteur*innen in dem Feld, in dem sie arbeiten, verstehen und ein spezieller Fokus auf mögliche Dilemmata der Arbeit gelegt wird (Anderson, 1999). Diese Analyse ist nicht nur für die Arbeit relevant, sondern auch für das persönliche und das generelle Umfeld, in dem internationale Akteur*innen arbeiten. Die Relevanz soll an einem kurzen Beispiel erläutert werden: Um professionelles Personal zu halten, benötigen Organisationen der Zivilgesellschaft wettbewerbsfähige Gehaltspakete, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter*innen bereit sind, weiterhin im Globalen Süden zu arbeiten, anstatt ihre Arbeit im Globalen Norden fortzusetzen. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Löhne von internationalen Fachkräften weit über den Gehältern von Mitarbeitenden aus der lokalen Bevölkerung und auch der lokalen Bevölkerungen allgemein liegen (Ryerson, 2013, S. 56). Die Anwesenheit von internationalen Fachkräften wirkt sich auch auf generelle Strukturen vor Ort aus. So kann zum Beispiel die Kaufkraft der CSOs-Beschäftigten wirtschaftliche Kapazitäten vor Ort freisetzen, Beschäftigungen im privaten Umfeld schaffen (Sicherheitspersonal, Hausangestellte) und durch die Nachfrage nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen den Markt bestimmen. Das Ergebnis ist, dass die Präsenz der internationalen Fachkräfte zum Beispiel den Zugang zu Immobilien für die lokale Bevölkerung erschwert und dass Nahrung und Wasser knapp oder teurer sein können (Ryerson, 2013, S. 57). Die Analyse umfasst die folgenden Schritte: 1. Verstehen des Konfliktkontextes; 2. Analysieren von Dividers und Spannungen; 3. Analysieren von Connectors und lokalen Friedenskapazitäten; 4.Analysieren des Programms; 5. Analysieren der Auswirkungen des Programms auf Dividers und Connectors im Konflikt; 6. Prüfen (und Generieren) von Programmoptionen; 7. Testen von Programmoptionen und Anpassungen im Programm (CDA, 2004, 3 ff.). Dabei geht es im Do-no-Harm darum, negativen Einfluss zu minimieren und positiven Einfluss zu maximieren. Zudem ist darauf zu achten, dass konfliktsensibel gehandelt wird und Ergebnisse und Lerneffekte dokumentiert werden. Die Anregung des Do-no-Harm-Ansatzes zur Selbstreflexion der eigenen Arbeit brachte auch in Deutschland ein neues Selbstverständnis der Friedensarbeit mit sich. Man kann sogar von einem Paradigmenwechsel sprechen, der auch von der Bundesregierung mitgetragen wurde und bei den verschiedenen Nichtregierungsorganisationen in die Arbeit einfließt. Dabei geht es bei konfliktsensibler Arbeit darum, dass die Organisationen den Kontext verstehen, in dem sie arbeiten. Dass sie die Interaktionen in diesem Kontext und die Interventionen begreifen und dass sie ihr Handeln nach diesem Verständnis ausrichten, so dass sich keine negativen Effekte auf das Umfeld auswirken. Auch wenn das Konzept nach dem Genozid in Ruanda entwickelt wurde (Anderson, 1999), seit den 2000er Jahren ein großes politisches Interesse an dem Thema signalisiert wurde und es Einzug in CSOs, internationale Organisationen und Policy-Dokumente fand, setzen es dennoch die meisten Organisationen, die in dem Bereich arbeiten, nicht in vollem Maße um (Paffenholz, 2016a, 6 f.). Dies lässt sich damit erklären, dass kein richtiges Mainstreaming des Konzeptes stattfand und es so nicht in die Handlungen im Feld eingebunden wurde. Außerdem gab es im Rahmen des Konzeptes immer wieder einen starken Fokus auf Toolboxes. Diese haben jedoch nicht dazu geführt, das Konzept als Instrument in den Projekten und Programmen zu implementieren (Paffenholz, 2016a, 7 f.).

Aus diesem Handlungsrahmen ergeben sich die Ziele für die Arbeit des ZFD. So möchte der ZFD den Ausbruch von Gewalt im Vorfeld verhindern (Krisenprävention), Gewalt in Konflikten verringern und nach einem Konflikt Strukturen und Institutionen aufbauen, die den Frieden langfristig sichern (Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung). Außerdem zielt der ZFD darauf ab, den gewaltfreien Umgang mit Konflikten und Konfliktpotenzialen zu fördern(Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2010, S. 9). Der ZFD arbeitet mit dem Konzept der konstruktiven Konfliktbearbeitung, das von Adam Curle (1994), Johan Galtung (1969) und Jean Paul Lederach (1997) gefördert wurde. Der Begriff bezieht sich auf einen fortlaufenden Prozess der Veränderung von Beziehungen, Verhalten, Einstellungen und Strukturen von negativ zu positiv (Lederach, 1997). Diese Herangehensweise hat damit zu tun, dass im ZFD Konflikte als Bestandteil einer jeden Gesellschaft angesehen werden und sich die Arbeit des ZFD nicht auf die komplette Konfliktvermeidung oder Konfliktlösung bezieht, sondern auf die Art der Bearbeitung (Quack, 2009, S. 33). So ist im Strategiedokument des ZFD folgendes Ziel definiert:

„Konflikte werden von allen gesellschaftlichen Akteuren als notwendiger Bestandteil von Entwicklung wahrgenommen und gewaltfrei bearbeitet. Werte und Mechanismen gewaltfreier Konflikttransformation finden ihren Ausdruck gleichermaßen auf individueller, kollektiver und institutioneller Ebene“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 3).

Der Bundesregierung zufolge kann Zivile Konfliktbearbeitung dazu dienen, einem Aufkommen von Gewalt und/oder Konflikten entgegenzuwirken, diesen vorzubeugen und an der Wurzel der Ursachen zu arbeiten. Im Sinne der präventiven Politik ist es deswegen sinnvoll, wenn ziviler Einsatz möglichst früh beginnt (BMZ, 2010, S. 15). Dabei wird im ZFD mit einem positiven Friedensbegriff gearbeitet, welcher „die Stärkung partizipativer und inklusiver Strukturen, die dem Ausbruch physischer Gewalt langfristig vorbeugen, umfasst“ (Quack, 2009, S. 20). Um an diesen allgemeinen, größeren Zielen zu arbeiten, setzt der ZFD verschiedene Mittel ein: Dazu gehören Kooperations- und Dialogplattformen zur Schaffung sicherer Begegnungsstätten für die Konfliktparteien; die Stärkung von Informations- und Kommunikationsstrukturen zur Unterstützung besonders verletzlicher Gruppen und zur Förderung der sozialen Integration besonders betroffener Menschen; die Förderung von Methoden und Konzepten der Zivilen Konfliktbearbeitung sowie die Beratung und Ausbildung in Friedenspädagogik und die Stärkung der Rechtssicherheit und die Förderung der Menschenrechte (BMZ, n.d.). Dabei steht – wie im Strategiedokument festgehalten – immer die Sicherheit an oberster Stelle:

„Bedürfnisse nach menschlicher Sicherheit können befriedigt werden. Sie werden von jeder Gesellschaft entsprechend ihres sozio-kulturellen Kontexts lokal unterschiedlich definiert, doch immer auf die Würde des Menschen bezogen. Sicherheit beschränkt sich nicht auf die Abwesenheit manifester Gewalt, sondern bedeutet die Möglichkeit, frei von Angst und Not das eigene Leben gestalten zu können“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 3).

Auch das Konsortium hat sich gemeinsame, übergeordnete Ziele gesetzt. Dazu gehört, dass Konflikte als Bestandteil von Entwicklung und Veränderung wahrgenommen und gewaltfrei bearbeitet werden. Dies geschieht auf individueller, kollektiver und institutioneller Ebene. Sicherheit wird im ZFD immer im jeweiligen lokalen Kontext definiert, bietet jedoch die Möglichkeit, ein Leben ohne Angst und Not zu führen. Themen wie soziale, Geschlechter- oder Verteilungsgerechtigkeit, aber auch politische Teilhabe, Menschenrechte und kulturelle Entfaltung sind vor Ort in den jeweiligen Strukturen verankert. Sie sind entwicklungsfähig und zugleich verhaltensweisend (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2016, S. 15). Allgemein ist Gerechtigkeit ein der Zivilen Konfliktbearbeitung zugrundeliegendes Ziel. Denn wenn Frieden ohne Gerechtigkeit erlangt wird, werden strukturelle Ungleichheiten gefestigt (Rieche, 2006a, S. 18).

„Soziale Gerechtigkeit, Geschlechter- und Verteilungsgerechtigkeit, das Recht auf gesellschaftlich-politische Teilhabe und kulturelle Entfaltung sowie die Menschenrechte sind in Sozialstrukturen und Institutionen nachhaltig verankert. Diese sind stabil und entwicklungsfähig und halten gewaltfördernden Diskursen und Verhaltensweisen stand“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 3).

Es ist Aufgabe des ZFD, Reibungen in Konflikten vor Ort positiv zu nutzen und dadurch zu Veränderungen beizutragen. Wichtig dabei ist es jedoch im Blick zu haben, wie es danach weitergeht und welche Lernerfahrungen gemacht wurden, die vor Ort für ein weiteres, friedliches Zusammenleben genutzt werden können. Um dies umzusetzen, wird die Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen als ein wichtiger Teil der Projekte und des Friedensprozesses angesehen. Nur so kann das Ziel eines gesellschaftlichen Wandels (BMZ, n.d.) erreicht werden. Dabei ist es die Aufgabe des ZFD, die Menschen vor Ort in diesen Prozessen zu begleiten und mit ihnen Veränderungen von Verhaltensweisen zu reflektieren (Ries, 2012, S. 1). Durch dieses Herangehen wird der ZFD als „basisnahe[s] Instrument […], welches die friedenspolitische Lücke zur Intervention auf nationaler Ebene schließen kann“ (Ries, 2012, S. 1) gesehen. Auer-Frege führte 2007 eine Studie durch, in der sie über 40 deutsche Organisationen befragte, die im In- und Ausland in der Zivilen Konfliktbearbeitung arbeiten. Wie sich herausstellte, betonten alle Organisationen, dass sie mit den Projekten nur begleiten und unterstützen wollen. Sie sind allparteiliche, unterstützende Institutionen, welche möglichst wenig in die Friedensprozesse eingreifen wollen. Sie schaffen vielmehr ein konstruktives Umfeld (Environment for Peace), stärken positive Elemente (Connectors) im Konflikt und grenzen gleichzeitig die negativen Faktoren aus (Dividers/Spoilers) (Auer-Frege 2010, 25). Jedoch war es allen Organisationen im gleichen Maße bewusst, dass die Projekte auch dazu führen können, Dinge vor Ort zu verändern. „Nur wenn die Betroffenen die Inhalte und Ziele der Projekte annehmen und sich mit diesen so weit identifizieren, dass sie selbst aktiv und engagiert handeln, kann die Projektarbeit tatsächlich zu persönlichen und gesellschaftlichen Veränderungen führen“ (Auer-Frege, 2010b, S. 25). Dies hat zur Folge, dass Projekte in der Regel eine lange Planungszeit benötigen. In dieser Zeit müssen die Bedürfnisse vor Ort und die Konflikthintergründe und Akteur*innenkonstellationen im Konflikt genau analysiert werden.

Da im ZFD die Einbindung der lokalen Partner*innen einen so wichtigen Stellenwert einnimmt, ist es wichtig, diese gesondert zu betrachten. An dieser Stelle findet eine allgemeinere Einordnung der Arbeit mit den lokalen Partner*innen statt, bevor im folgenden Kapitel auf die Akteur*innen genauer eingegangen wird. Der ZFD setzt auf die Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen, fördert einen „Frieden der Menschen vor Ort“ (Paffenholz, 2011, S. 11) und versteht sich dabei nicht als schnelle Eingreiftruppe, sondern setzt auf langfristige und nachhaltige Beziehungen mit lokalen Akteur*innen (Neumann, 2016, S. 12). Dieser lokal verankerte Ansatz geht Hand in Hand mit einem allgemeinen Trend der 1990er Jahre, Friedensarbeit nicht nur mit der Top-down-Methode durchzuführen, sondern auf lokaler Basis zu beginnen. Generell erhöht die direkte und indirekte Einbindung lokaler zivilgesellschaftlicher Akteur*innen in die Friedensförderung die Legitimität der Konsolidierung und bildet ein Gegengewicht zu externen, oft stark militarisierten oder politisierten Ansätzen (Zanker, 2018, S. 207). Dabei werden die lokalen Akteur*innen als ein Schlüssel zur Zivilen Konfliktbearbeitung angesehen (Ropers, 2000a). Es geht im ZFD nicht darum, von außen Strategien und Lösungen vor Ort zu implementieren, sondern vielmehr darum, lokale Partner*innen zu befähigen zu handeln, sich zu positionieren und weiterzuentwickeln. Die lokalen Partner*innen werden als Verantwortliche der Arbeit im ZFD gesehen und werden damit zu den Auftraggeber*innen für die ZFD-Organisationen (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 9). Es ist die Idee des ZFD, dass die lokalen Akteur*innen die Konflikte selbst lösen und in diesem Prozess Begleitung durch Fachkräfte erfahren (Neumann, 2016, S. 12). Ebenso ist die Verantwortung für die Umsetzung der Programme des ZFD zwischen den verschiedenen Akteur*innen geteilt. Dieser Ansatz findet sich theoretisch in den Konzepten des Local Ownership, des Local Turn und des Everyday-Peace, wie in Kapitel 3 dargestellt. Dabei hat sich der ZFD partnerschaftliche Zusammenarbeit als eines seiner Grundprinzipien gesetzt. So wie Partnerschaft im ZFD in der Regel verstanden wird, stellt der Begriff der Partnerschaft ein bewusstes Auswählen und aktives Zugehen auf Partner*innen dar, was strategisch genutzt werden kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Partnerschaft freiwillig und auf Augenhöhe stattfindet und allen Seiten einen Vorteil bringt. Der ZFD kann somit auch als strategische Partnerschaft beschrieben werden. „Bei strategischen Partnerschaften handelt es sich also um ein Netzwerk, das bereits eine gewisse Verbindlichkeit und ein zumindest kurz- oder mittelfristiges gemeinsames Ziel aufweist“ (Borries von 2007, S. 194). Dabei handelt es sich im ZFD sowohl um eine Lernpartnerschaft (gemeinsames Wissen wird erarbeitet, Austausch ist wichtig) als auch um eine operative Partnerschaft (gemeinsame Planung, Durchführung und Aufgabenbearbeitung) und um eine politische Partnerschaft (Advocacy-Arbeit für Partner*innen und deren Themen) (Borries von, 2007, 194 f.). Dies alles sind Ebenen einer Partnerschaft, die im ZFD nicht immer für alle Akteur*innen in gleichem Maße im Vordergrund steht.

Und auch wenn auf der To-do-Liste von vielen externen Friedensfachkräften die Schlagworte „Partnerschaft“ und „Zusammenarbeit“ stehen, werden diese oft nicht ernst genommen und die Begriffe müssen kritisch hinterfragt werden. Oft wird die lokale Bevölkerung oder auch die lokalen Mitarbeiter*innen und Partner*innen mehr als Dienstleister*innen wahrgenommen und nicht an Entscheidungsprozessen beteiligt (Barnett, 2016, S. 23). Um diese Machtbeziehungen zwischen den Akteur*innen zu verstehen, ist es wichtig, sich das Wort Partnerschaft in der Zusammenarbeit genauer anzuschauen. Zwar wird dieser Begriff immer wieder verwendet, um aufzuzeigen, dass eine Arbeit auf Augenhöhe in einem solidarischen Kontext stattfindet. In der Realität aber bestehen weiterhin Ungleichheit und Machtverhältnisse fort, die eine wirkliche Partnerschaft nahezu unmöglich machen (glokal e. V., 2016). Dazu wird auf Literatur der kritischen Entwicklungsforschung zurückgegriffen, da dort die Diskussion stärker als in der Friedensforschung geführt wird. Partnerschaft ist auch ein Kernelement der VN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Ziel 17 zielt darauf ab, die Ziele der SDGs in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit umzusetzen, Partner*innenschaft allgemein zu beleben und eine globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung zu etablieren (United Nations, 2015a). Der Begriff der Partnerschaft ist dabei jedoch immer als ein wertbeladener Begriff mit starken normativen Obertönen darüber zu verstehen, wie eine Beziehung zwischen Partner*innen aussehen sollte (Harrison, 2007). Das Verständnis der SDGs vom Begriff der Partnerschaft impliziert in der Tat eine Beziehung zwischen zwei oder mehr Parteien, die auf Merkmalen wie Gleichheit, Inklusivität, gegenseitigem Vertrauen und Verständnis sowie auf gemeinsamen Zielen beruht (Harrison, 2007). Diese Definition stimmt teilweise mit dem überein, was in der entwicklungswissenschaftlichen Literatur überwiegend als „ideale Partnerschaft“ bezeichnet wird (Kontinen, 2003; Mohiddin, 1998). Jedoch wird dieser ideale Begriff in der wissenschaftlichen Debatte ergänzt. So kann beispielswiese der Begriff der Gegenseitigkeit hinzugenommen werden, der auf Gleichheit, Horizontalität und Solidarität zwischen den Partner*innen beruht (Hately, 1997). Jedoch bleibt dieser ideale Partner*innenbegriff eine Idealvorstellung, denn er geht von einer Gleichheit in der Arbeitsweise und Gegenseitigkeit in Bezug auf Position und Rolle aus (Fowler, 1998, S. 141). Tatsächlich herrscht eine Kluft zwischen diesem Ideal einer Entwicklungspartnerschaft und der tatsächlichen Realität der meisten Nord-Süd-Partnerschaften (Borries von, 2007; Lister, 2000; Mohiddin, 1998; Pickard, 2010). Anstatt dass sich CSOs ihrer Rolle in Bezug auf ein koloniales Erbe stellen, wird weiterhin der Blickwinkel auf das vermeintlich „passive Mündel“ eingenommen, also die angeblich selbstverschuldeten Opfer im Globalen Süden. Daran angelehnt

„[…] kommt vermeintlich neutralen, weil aufgeklärten Dritten der historische Auftrag zu, die Entwicklung einer bis dato nicht ausreichend fortgeschrittenen Gesellschaft zu fördern und dafür den Umfang der Gewaltanwendung in der Austragung gesellschaftlicher Konflikte zu reduzieren bzw. eine solche zu verhindern“ (Gulowski & Weller, 2017, S. 391).

Auch wie Local Ownership definiert wird, ist im ZFD unzureichend:

„Das lokale Ownership drückt sich u.a. in einer Kooperationsanfrage an einen ZFD-Träger aus und begründet das Mandat für die mitarbeitenden ZFD-Fachkräfte oder die Finanzierung von Aktivitäten vor Ort. […] Für projektübergreifendes lokales Ownership im Bereich Friedensförderung strebt der ZFD die Stärkung bestehender örtlicher Friedensnetzwerke an“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.5 S.1).

Oftmals bestehen die Mandate, mit denen Organisationen vor Ort arbeiten, zur reinen Selbsterfüllung (Winter, 2001, S. 32). Viele hilfsorientierte Organisationen arbeiten mit einer Definition von Humanität, die sich auf die unparteiische, unabhängige und neutrale Bereitstellung von Hilfe beschränkt, was sie nach ihrem Urteil unpolitisch macht. Dennoch steht der Humanitarismus kaum außerhalb der Politik. Tatsächlich fühlen sich viele Helfer*innen gerade deshalb zum Humanitarismus hingezogen, weil er in einer Welt, in der so viele unnötig geopfert werden, eine klare politische Aussage macht (Barnett & Weiss, 2008, S. 37). Auf diese Weise leben sie die Mahnung Michel Foucaults, dass das Unglück der Menschen niemals das stille Überbleibsel der Politik sein darf (Foucault, 2016). Doch nicht nur die Begriffe der Partnerschaft und des Local Ownership müssen im ZFD kritisch betrachtet werden. Vielmehr ergeben sich daraus auch Fragen der Abhängigkeiten, die geschaffen werden, des Machtungleichgewichts und der Deutungshoheit. Obwohl sich die Akteur*innen im ZFD als Partner*innen der lokalen Organisationen sehen, deren Friedensförderungsarbeit sie unterstützen, stellt sich wie in vielen Friedensprozessen die Frage, inwieweit lokale Organisationen ihre eigenen Handlungen konzipieren oder die friedensfördernden Agenden ihrer Geber*innen übernehmen (Pearce 2005). Weitere allgemeinere Kritikpunkte am ZFD, die unter anderem auch eine Evaluation ergeben hat, sind seine Profilschwäche, seine nicht optimale Steuerungsfunktion durch das BMZ, ein Identitätsproblem (staatlich finanziertes Gemeinschaftswerk), sehr unterschiedliche Effektivität und Nachhaltigkeit der einzelnen Projekte, keine konstante Bedürfnisorientierung an den Partner*innen und Probleme bei der Thematisierung von Genderfragen in den Projekten (Paffenholz, 2011, 5 f.). Zwar wurde einigen dieser Kritikpunkte mit dem Reformprozess entgegengewirkt, doch spielen viele Aspekte noch heute eine wichtige Rolle, die kritisch betrachtet werden muss. Diese Fragen werden in den folgenden Kapiteln immer wieder aufgegriffen und empirisch betrachtet.

4.4.2 Struktur und Akteur*innen im ZFD

Wie bereits im Kapitel über die historische Entwicklung des ZFD klar wurde, ist der ZFD ein gemeinsames Projekt von staatlichen und nicht staatlichen Institutionen und wird als Gemeinschaftswerk definiert. Dabei ist es hilfreich, auf die genaue Struktur und Arbeit im Gemeinschaftswerk zu schauen. Wie in Abbildung 4.1 deutlich wird, ist der ZFD in seiner Umsetzung und Struktur sehr komplex.

Abbildung 4.1
figure 1

Struktur des ZFD. Die Beispiele von AGIAMONDO und GIZ sind exemplarisch ausgewählt und können im Einzelfall auch anders aussehen. f = Finanzierung; pp = Projektproposal (Abbildung der Autorin)

Als gemeinsames staatliches und zivilgesellschaftliches Programm leistet laut eigenen Aussagen der ZFD einen wirksamen Beitrag zur Zivilen Konfliktbearbeitung. Seinem Selbstverständnis nach trägt er weltweit zum Frieden bei (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). „Das BMZ fördert den ZFD im Sinne einer subsidiären Umsetzung der Ziele deutscher Entwicklungs-, Friedens- und Außenpolitik“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). In dem Zusammenschluss aus BMZ und Konsortium erfolgt die inhaltliche Ausrichtung, Steuerung, das Festlegen von Standards, Verfahren, Wissensmanagement und Öffentlichkeitsarbeit in einem einvernehmlichen Prozess (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2; Ries, 2012, S. 1). Das BMZ wird dabei von Engagement Global bei der Umsetzung der Antragsverfahren, der Antragsbearbeitung, bei Weiterleitungsverträgen, Zuwendungen, Qualitätssicherung, Mittelprüfung und Verwaltungsverfahren unterstützt (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 4). Die zivilgesellschaftliche Seite ist im Konsortium Ziviler Friedensdienst zusammengeschlossen. Dieser Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Träger*innen hat den großen Vorteil, dass alle Träger*innen bestimmte Konflikte und Regionen gemeinsam im Blick haben und gemeinsam entscheiden können, wer mit welchen Partner*innen vor Ort am besten welche Themen bearbeitet (Ries, 2012, S. 2) und welche unterschiedlichen Zugänge es vor Ort gibt (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2016, S. 10). Dabei ist die Entscheidung, wer wo arbeitet und wer welche Arbeitsschwerpunkte hat, nicht immer einfach. Manche Prozesse sind historisch gewachsen. Wie zum Beispiel, dass die Träger*innen der kirchlichen Organisationen vermehrt mit christlichen Partnerorganisationen oder in kirchlichen Strukturen vor Ort arbeiten oder dass die GIZ auch mit staatlichen Partner*innen arbeitet. Einige Organisationen sind in bestimmten Regionen historisch stärker gewachsen, beispielsweise das forumZFD oder die Kurve Wustrow in europäischen Ländern. Auch einige Themenschwerpunkte haben sich im Laufe der Zeit herausgebildet, wie zum Beispiel das Thema Menschenrechte bei pbi (Peace Brigades International/Internationale Friedensbrigaden). Jedoch gibt es auch Themen, Regionen und Partner*innen, die nicht einer bestimmten Organisation zuzuordnen sind. Hier müssen die Organisationen miteinander in Verhandlung gehen. Im Konsortium finden auch die Abstimmungen mit dem BMZ und dem AA statt, dafür tagt der sogenannte Programmausschuss (Erl, 2000, S. 16). Durch diese engen Abstimmungen und Themensetzungen, welche auch gemeinsam erfolgen, stellt sich die Frage, inwieweit CSOs tatsächlich unabhängig sind, da sie auch von staatlichen Finanzierungen abhängen (Spurk, 2010, S. 17). Hier müssen die einzelnen Abstimmungsprozesse im ZFD genauer betrachtet werden, um eine genaue Einschätzung für den ZFD abgeben zu können. Dies geschieht in diesem Kapitel, wenn es um Evaluationen geht, und wird in Abschn. 8.6.1 auf dem Weg der Empirie erneut aufgegriffen.

Dem Konsortium sitzen zwei Sprecher*innen aus der Zivilgesellschaft vor. Ihre Sitze rotieren zwischen den einzelnen Organisationen. Trotz dieses Verständnisses als Gemeinschaftswerk hat der ZFD ein ambivalentes Verhältnis zum Staat. Zum einen wird auf die eigene Unabhängigkeit viel Wert gelegt, teilweise wird auf Distanz gegangen, und es soll keine Instrumentalisierung stattfinden. Zum anderen lassen sich die Organisationen von der öffentlichen Hand jedoch unterstützen (aus Überzeugung des Subsidiaritätsprinzips), sei dies finanziell, durch Steuerbegünstigungen oder durch die Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit (Erl, 2000, S. 19).

„Leider ist die Bundesregierung auch mehr als zehn Jahre nach der Verabschiedung des ‚Aktionsplanes Zivile Krisenprävention‘ noch ebenso weit von einer kohärenten Friedenspolitik entfernt wie vom geforderten Primat des Zivilen. Das zeigt sich nicht zuletzt an den neuesten Haushaltszahlen“ (Strohscheidt et al., 2017, S. 5).

So lagen 2016 erstmals die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit, unter die die Zivile Konfliktbearbeitung fällt, bei 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes (Strohscheidt et al., 2017, S. 5), auch wenn diese Zahl nur erreicht wurde, da viele Maßnahmen im Inland für Geflüchtete aus diesen Töpfen finanziert wurden (BMZ, 2017b; Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen, 2017, 7 ff.). Zwar steigt die Finanzierung des ZFD, jedoch gibt es mehr Bedarfe. Von 1999 bis 2015 betrug die Finanzierung des ZFD durch das BMZ insgesamt 330 Mio. Euro. Für das Jahr 2015 waren es 39 Mio. Euro und 42 Mio. Euro für das Jahr 2016 (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2016, S. 10). Im Jahr 2019 wurde für den ZFD ein Jahreshaushalt von 55 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag blieb zunächst konstant und stieg 2023 auf 60 Mio. an (ZFD, 2023).

In der Umsetzung des ZFD gibt es ein Projektlevel, auf dem die Partnerorganisationen, die lokalen und internationalen Fachkräfte (wobei diese integriert und nicht integriert arbeiten können) und die Koordinator*innen arbeiten. Hierbei steht die Partnerschaft im Vordergrund. Außerdem gibt es das Programmlevel. In diesem arbeiten die Programmverantwortlichen der einzelnen Organisationen, die Koordinator*innen und das BMZ.Footnote 8 Das Besondere am ZFD ist, dass die Projekte und Aktivitäten auf der Grundlage entwicklungspolitischer Kriterien stattfinden. Dazu zählen unter anderem das Subsidiaritätsprinzip, der Grundsatz der Selbsthilfe und das Prinzip des kleinstmöglichen Eingreifens (Bohnet, 2004, S. 134). Die Projekte werden dabei grundsätzlich durch die ZFD-Trägerorganisationen in Zusammenarbeit mit ihren Partner*innen konzipiert. Ist die Konzipierung gelungen, bringt die ZFD-Trägerorganisation das entsprechende Projekt im Austausch mit dem BMZ ein, das dann als Zuwendungsgeber entscheidet (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). Sollte die Bewilligung gelingen, führen die ZFD-Trägerorganisationen die Projekte gemeinsam mit den lokalen Partner*innen in Eigenverantwortung durch. Es geht darum, positive Veränderungsimpulse zu setzen, die in einen Wandel des Konfliktverhaltens und schließlich in eine langfristige Transformation münden können, die wiederum Raum für Begegnung und Verhandlung schafft (Burba & Stanzel, 2015a, S. 6). Dabei beruhen die Aufgaben des ZFD auf bestimmten Arbeitsansätzen. Diese werden zunächst auf der Ebene der TLS benannt und in ihrer Wirkungslogik auf Projektebene dargestellt. Dabei ist es wichtig, dass es sich bei den Arbeitsansätzen nicht um Überthemen wie zum Beispiel „Umweltkonflikte“ handelt, sondern konkretere Themen definiert werden, der Friedensbedarf benannt werden kann und entschieden wird, wo in der Arbeit angesetzt werden soll. Dieser Arbeitsansatz wird dann durch bestimmte Methoden operationalisierbar gemacht, was sehr trägerspezifisch geschieht (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.1 S. 1).

Alle Organisationen arbeiten nach den Programmrichtlinien des ZFD, aber auch nach ihren eigenen Statuten. Generell ist der Stellenwert des ZFD in den einzelnen Trägerorganisationen sehr unterschiedlich (Quack, 2009, S. 65). So vielfältig wie der ZFD ist, so vielfältig sind auch seine Organisationen. So kommen einige Organisationen direkt aus der Friedensbewegung, die zum ZFD geführt hat, wobei andere Organisationen schon länger in der Entwicklungszusammenarbeit tätig waren. Hier soll kurz auf zwei besondere Formen der Organisationen eingegangen werden. So spielt die GIZ als einzige staatliche Träger*in eine besondere Rolle. Sie versteht als Herzstück ihrer Zusammenarbeit das Capacitybuilding im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (giz, 2015, S. 3). Auch arbeitet die GIZ in den Ländern nicht nur mit nicht staatlichen, sondern auch mit staatlichen Partner*innen zusammen und kann den Dialog zwischen ihnen fördern (Ries, 2012, S. 1). So wird es auch der GIZ möglich, abseits von Regierungsverhandlungen oder bestimmten Sektorschwerpunkten am Thema Frieden zu arbeiten (Ries, 2012, S. 2). Die GIZ ist im ZFD vor allem in Ländern engagiert, in denen Deutschland aufgrund der eigenen Geschichte von der internationalen Gemeinschaft als authentisch und kompetent wahrgenommen wird. So zum Beispiel bei der Vergangenheitsaufarbeitung, bei Versöhnungs- und Dialogprozessen oder im Bereich der Menschenrechte (Burba & Stanzel, 2015a, S. 10). Auch die christlichen Organisationen spielen in der Art ihrer Arbeit und Motivation eine Sonderrolle. Sie sehen es als Grundaufgabe der Kirche, sich für den Frieden einzusetzen und betrachten den ZFD als Möglichkeit, ihr eigenes Engagement für den Frieden zu verstärken, wobei dieser das generelle Engagement verstärkt und komplementär zu betrachten ist (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 4). Dabei handeln AGIAMONDO und BfdW stellvertretend für die Kirchen und die Partnerorganisationen im In- und Ausland und repräsentieren die kirchlichen Entwicklungsdienste. Die Arbeit basiert dabei auf einer christlichen Wertebasis und auf der Idee eines christlichen Menschenbildes und des gerechten FriedensFootnote 9 (Die deutschen Bischöfe, 2013; Evangelischen Kirche in Deutschland [EKD], 2007), der sich an biblischen Quellen orientiert. Die christliche Friedensarbeit ist dabei stark in der christlichen Soziallehre verankert und betont die ganzheitliche Arbeit für den Frieden. Dazu gehört es auch, die eigene Rolle als christliche*r Akteur*in in einem Konflikt zu reflektieren und zu hinterfragen, da sie auch zu Konflikttreibern zählen können (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 5). Elementar für die christliche Friedensarbeit sind die Aspekte der Vergebung und der Versöhnung, von denen sowohl Opfer als auch Täter*innen und deren Positionen in den Blick genommen werden und der Prozess der Versöhnung als ein spiritueller betrachtet wird. Des Weiteren ist es für die christliche Friedensarbeit elementar, dass kirchliche Strukturen weltweit vorhanden und somit die Akteur*innen gut lokal verankert und vernetzt sind (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 7). Allgemein wird die Rolle von religionsbasierten Akteur*innen erfolgreich bewertet. Denn sie verfügen in der Regel über Fachkompetenzen, bringen in der Region oder in dem Konflikt eine gewisse Glaubwürdigkeit mit und weisen eine Nähe zum Konflikt auf. Oft genießen sie einen gewissen Vertrauensvorschuss (Weingardt, 2007, S. 47).

4.4.2.1 Verständnis, Rolle und Aufgaben der Fachkräfte

Der ZFD arbeitet sowohl mit internen Akteur*innen, welche die Konflikte kennen und eine intrinsische Motivation zur Konfliktbeilegung mitbringen, als auch mit externen Akteur*innen, die als Außenstehende neue Sichtweisen einbringen und über zusätzliche Ressourcen und Wissen verfügen (Rieche, 2006a, S. 17). Der ZFD ist ein Mittel der Personalentsendung, möchte jedoch lokale Partner*innen ernst nehmen. Dass dies strukturell nicht immer der Fall ist, zeigt schon ein Blick in das aktuelle Konzeptpapier des ZFD. Dort heißt es: „Die ZFD-Fachkraft stellt das Alleinstellungsmerkmal dar, das den ZFD von allen anderen Instrumenten oder Programmen der gewaltfreien Konflikttransformation unterscheidet“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2. S. 3). Deswegen werden an dieser Stelle ausführlich die Rollen und Aufgaben der Fachkräfte beleuchtet.

Auch wenn der ZFD in einem eigenständigen Handlungsfeld arbeitet, wird er jedoch durch seine Ansiedlung im BMZ wie die Entwicklungszusammenarbeit reguliert (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 18). Dabei werden die Fachkräfte nach dem Entwicklungshelfer*innengesetz behandelt und der ZFD als Instrument der Personalentsendung verstanden. „Der ZFD ist im Grundsatz konzipiert als zeitlich befristeter Dienst von qualifizierten Fachkräften, durch den Menschen und Organisationen in Konfliktländern in ihrem Einsatz für den Frieden gestärkt werden“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). Im Rahmen der Personalentsendung sollten die Fachkräfte die in den jeweiligen Ländern erworbenen Fähigkeiten und das erworbene Wissen in die deutsche Gesellschaft einbringen (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2016, S. 15). Sie sollen fachliche Qualifikationen und Ressourcen beisteuern, welche vor Ort nicht oder nur unzureichend vorhanden sind. Da Frieden jedoch nicht von außen hereingetragen werden kann, sollen die Fachkräfte immer eine beratende, unterstützende und begleitende Rolle der lokalen Partner*innen einnehmen (Willmutz, 2005, S. 2). „Fachkräfte arbeiten nicht im Alleingang, sondern stellen ihre Fähigkeiten und ihr Wissen für Lösungsprozesse zur Verfügung, die von Akteuren vor Ort getragen und verantwortet werden“ (AGEH & Brot für die Welt, 2014, S. 9). Somit verschiebt sich auch das klassische Modell, das im Rahmen des Entwicklungshelfer*innengesetzes geschaffen wurde, von Macher*innen hin zu Berater*innen (DEval, 2015, 24 ff.). Den Entwicklungsdiensten, die den ZFD durchführen, ist es durch diese Abgrenzung gelungen, sich in der Praxis von dem Vorwurf zu befreien, dass sie sich nun einfach auch als Friedensdienste präsentieren und ihre Programme nur unter einem neuen Namen fortführen wollen. Es sei betont, dass der Frieden zwar auch in der Entwicklungszusammenarbeit eine Rolle spielt, jedoch nicht ihr eigentliches Ziel ist (Erl 2000, 16). Der große Unterschied ist, dass die Friedensfachkräfte andere Aufgaben erfüllen als die bisherigen Entwicklungshelfer*innen. Dazu zählen: 1. Unterstützung zu leisten bei der Heilung von seelischen Wunden, die durch Einwirken von Gewalt entstanden sind; 2. Gewalt vorbeugen und verhindern; 3. Erarbeitung und Vermittlung von Möglichkeiten des gewaltfreien Umgangs mit Konflikten; 4. Schlichtungsaufgaben in Konflikten zwischen Einzelnen, Interessengruppen, Ethnien und Religionen; 5. Friedenspotenziale verstärken und 6. Versöhnung voranbringen (Erl 2000, 17). Es gilt, die Arbeit und die gegebenen organisatorischen und strukturellen Kontexte mit Leben zu füllen und an die Realitäten vor Ort anzupassen (AGEH und Brot für die Welt 2014, 11).

Dabei ist eine zentrale Aufgabe, den Partner*innen vor Ort Handlungsmöglichkeiten in scheinbar ausweglosen Situationen aufzuzeigen. Dies wird durch eine Begleitung mithilfe von Konzepten, Instrumenten und Handlungen ermöglicht. Dadurch können bei den Partner*innen Fähigkeiten entwickelt und neue Perspektiven gestaltet werden (Ries 2012, 2). Dabei sind die Friedensfachkräfte als Katalysatoren zu sehen, die unter anderem durch ihre Präsenz vor Ort Lernprozesse und Gespräche zwischen den Konfliktparteien ermöglichen (Evers, 2000, S. 18). Es geht dabei nicht darum, dass die Fachkräfte als „Friedensengel“ aus Deutschland (Djateng et al., 2009b, S. 16) in ein anderes Land reisen und dort ein vorgefertigtes Paket Friedensarbeit abliefern. Vielmehr geht es darum, dass die Aufgaben und Inhalte der Organisationen vor Ort ernst genommen werden. Denn Frieden kann nicht nur von einer Person erreicht werden, sondern bedarf der Zusammenarbeit von verschiedenen Akteur*innen (Djateng et al., 2009b, S. 16). Dadurch kommt es in der Arbeit auch zu bewussten Musterunterbrechungen. Dies bedeutet, zuerst bestimmte Muster zu erkennen, diese zu hinterfragen und zu reflektieren und dann Schritt für Schritt mit bestimmten Techniken und Methoden zu durchbrechen (Ries 2012, 2). Durch das Konsortium ZFD werden folgende Handlungsfelder für die Fachkräfte des ZFD beschrieben:

  • “Aufbau von Kooperations- und Dialogstrukturen über Konfliktlinien hinweg (einschließlich Stärkung traditioneller Schlichtungsinstanzen)

  • Schaffung von Anlaufstellen und gesicherten Räumen für Unterstützung und Begegnung von Konfliktparteien

  • Stärkung von Informations- und Kommunikationsstrukturen zum Thema ‚Ursachen und Auswirkungen gewaltsamer Konflikte’ (u. a. Friedensjournalismus, Vernetzung, Monitoring von Konfliktverläufen)

  • Reintegration und Rehabilitation der von Gewalt besonders betroffenen Gruppen (einschließlich Maßnahmen der psychosozialen Unterstützung/Traumabearbeitung)

  • Beratung und Trainingsmaßnahmen zu Instrumenten und Konzepten ziviler Konfliktbearbeitung, sowie beim Aufbau von Strukturen

  • Friedenspädagogik (einschließlich Bildungsmaßnahmen zum Abbau von Feindbildern)

  • Stärkung der lokalen Rechtssicherheit (Beobachtung der Menschenrechtssituation, Schutz vor Menschenrechtsverletzungen, Aufbau und Stärkung lokaler Institutionen)“ (Gemeinschaftswerk ZFD 2008, 3).

Es ist anzumerken, dass die hier aufgeführte Idee der Handlungsfelder im Zuge des ZFD-Reformprozesses aktualisiert wurde. Nun steht vielmehr der Begriff des Arbeitseinsatzes im Vordergrund. Hier findet die Operationalisierung der Arbeit einer ZFD-Fachkraft nicht mehr mithilfe bestimmter Themen statt, sondern stattdessen entlang bestimmter Methoden und durchgeführter Aktivitäten. Dadurch wird die Arbeit mehr auf die Projektebene heruntergebrochen und kann von jeder Organisation an die eigenen Stärken angepasst und umgesetzt werden (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.1. S. 1). Dabei arbeiten die Fachkräfte entweder als integrierte Fachkräfte und sitzen somit direkt in den Büros der lokalen Organisationen oder sie arbeiten von Büros der deutschen Organisationen vor Ort aus und unterstützen dann in der Regel mehrere lokale Organisationen und sind somit nicht integriert. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen haben auch etwas damit zu tun, wie die einzelnen Organisationen mit dem Thema Allparteilichkeit umgehen. So gibt es beispielsweise einige Träger*innen, die bewusst darauf achten, dass die Fachkräfte nicht nur mit einer Partnerorganisation zusammenarbeiten und sich mit einer einzelnen Organisation identifizieren. Hier wird vielmehr mit verschiedenen Organisationen zusammengearbeitet. Dadurch soll möglichst viel Glaubwürdigkeit und Handlungsspielraum vor Ort entstehen. Der ZFD ist so als eine Art dritte Partei vor Ort tätig und hat eine eigene Parteilichkeit, welche auf den ZFD-Grundsätzen beruht. Hier gibt es in der Regel ein eigenes Projektbüro vor Ort, wodurch die Fachkräfte eine sehr aktive Rolle einnehmen, da sie Konfliktparteien für die Zusammenarbeit identifizieren und die Regeln der Zusammenarbeit festlegen. Dadurch werden nicht integrierte Fachkräfte zwar eher allparteiisch gesehen als integrierte, aber auch sie stehen vor Herausforderungen. Denn am Ende arbeiten sie trotzdem eng mit Organisationen zusammen und leben vor Ort. Gerade durch diese Form der partnerschaftlichen Arbeit kann es schwierig für die Fachkräfte sein, immer neutral zu handeln. Gerade wenn sie Verträge mit lokalen Partner*innen abschließen, entsteht automatisch eine Verbundenheit und auch Loyalität (Quack, 2006, 18). Andere Organisationen hingegen setzen auf integrierte Fachkräfte, wodurch diese Allparteilichkeit etwas in den Hintergrund rückt. Diese arbeiten direkt bei den Partnerorganisationen, sind dort angestellt und der Leitung der lokalen Organisation unterstellt. Bezahlt aber werden sie von den Organisationen aus Deutschland. Hier liegt der Schwerpunkt der Arbeit stärker auf der Herausbildung von Ownership durch die gezielte Unterstützung einer Organisation (Quack, 2006, 18). Bei einigen Organisationen gibt es auch beide Modelle, somit kann je nach Thema entschieden werden, welches Modell passender ist. Dabei ist die hier dargestellte Struktur des ZFD nur exemplarisch zu sehen. Verschiedene Organisationen haben unterschiedliche Möglichkeiten, vor Ort zu kooperieren und Fachkräfte zu entsenden. So gibt es beispielsweise Projekte der GIZ, die anders arbeiten. „There are several different cooperation models available at GIZ CPS: 1) a CPS expert advises a PO from within that PO; 2) a CPS expert advises several POs on one topic; 3) a CPS expert advises networks or interest groups directly. Models 1) to 3) can be employees in tandem with a local expert or national personnel; 4) a PO receives local subsidies without a direct connection to a CPS expert“ (giz, 2017, S. 17).Footnote 10 Es lässt sich also feststellen, dass die Fachkräfte im Spannungsverhältnis zwischen Allparteilichkeit und Ownership arbeiten. Einerseits arbeiten Fachkräfte an vertrauensstiftenden Maßnahmen, dem Abbau von Vorurteilen, sie vermitteln in Konflikten und arbeiten an der Versöhnung zwischen Konfliktparteien. Dies sind alles Aufgaben, bei denen Allparteilichkeit eine wichtige Rolle spielt. Andererseits arbeiten die Fachkräfte mit den Grundlagen entwicklungspolitischer Arbeit, wie etwa Subsidiarität oder Hilfe zur Selbsthilfe, und tun dies vor einem bestimmten Hintergrund beziehungsweise mit einem bestimmten Ziel, das sie verfolgen (Quack, 2006, 18). Dieses bestimmte Ziel kann je nach Person oder Organisation sehr individuell sein. Denn externe Fachkräfte neigen dazu, bestimmte Bilder von dem, was sie über Konflikte wissen zu verwenden, die im Einklang mit ihren Erfahrungen und Ideologien stehen (van Leeuwen, 2009, S. 3). Gleichzeitig arbeiten sie in und an den Konflikten und werden somit selbst ein Teil davon, was eine Allparteilichkeit oder Neutralität erschwert (Ropers, 2001, S. 524). Dieser Gedanke der Allparteilichkeit ist also nicht immer einfach umzusetzen. Denn ZKB generell – und somit auch der ZFD – ergreifen Partei für Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Gleichzeitig wird versucht, Zugang zu allen Konfliktparteien zu haben und alle Sichtweisen einzubeziehen (Heinemann-Grüder & Bauer, 2013b, S. 18). Somit sind sie „allparteilich gegenüber Gruppen, dabei aber parteilich für Prinzipien“ (Evers, 2007, S. 158).

In dieser Diskussion spielt auch das allgemeine Credo der Neutralität eine wichtige Rolle, das seit dem Beginn des humanitären Völkerrechts als wichtiges Element gilt (Schade, 2007, S. 179). Auch die Bundesregierung versteht die Rolle von externen Akteur*innen in Konflikten als Unterstützung und Begleitung für subsidiäre, friedenserhaltende oder friedensschaffende Prozesse. Geprägt soll diese Rolle sein durch Nichtparteieinnahme und kulturelle Sensibilität (Die Bundesregierung, 2004, S. 10). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Fachkräfte eine produktive Fremdheit mit in ihre Arbeit einbringen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 5). Sie werden zum Teil auch als „objektive Insider“ bezeichnet (Meintjes, 2006, S. 12). Dadurch kann es gelingen, alle Seiten in einem Konflikt in gleichem Maße anzuhören und zu berücksichtigen. Doch ist dies nicht einfach, da es gerade in einem konfliktiven Umfeld oft nur natürlich scheint, mit einer Seite zu sympathisieren (Luithlen, 2014, S. 8). Produktive Fremdheit bedeutet jedoch nicht, dass die Fachkräfte auch immer neutral sind. Der Annahme kann also nicht zugestimmt werden, dass die Fachkräfte in der Ausbildung „entnationalisiert“ werden und „beim Einsatz keine Namen mehr, keine Psychologie [mehr haben]. […] Sie sind Beauftragte einer höheren Macht, die eine humanitäre Mission zu erfüllen hat“ (Erl, 2000, S. 20). Viel mehr beziehen sie schon durch ihre Anwesenheit in bestimmten Organisationen oder ihre Arbeit an bestimmten Themen politisch Stellung (Méndes, 2011, S. 7). Somit sind Fachkräfte als fremde Akteur*innen vor Ort, sie sind jedoch keine Partei, können aber Partei ergreifen (Luithlen, 2014, S. 8). Diese Zuschreibungen von Innen- und Außenseitertum haben damit zu tun, wie die Akteur*innen wahrgenommen werden und wie sie sich selbst wahrnehmen. Je nach Position einer Person kann eine Fachkraft ein Insider sein, während er oder sie aus der Perspektive einer anderen Person als Außenseiter*in gesehen wird. Wie im Fall von Identitäten können sich die Wahrnehmungen je nach Kontext, Position und Perspektive ändern (Bernhard, 2013, S. 9). Einige Akteur*innen können (Dunning, 2004; Nustad, 2001) gleichzeitig Insider- und Außenseiterpositionen innehaben, was mit dem Kontext zu tun hat, in dem gearbeitet wird (Reimann, 2007, S. 104).

In einigen Organisationen wird davon ausgegangen, dass die Fachkräfte vor Ort auf Augenhöhe arbeiten und Beziehungen zu den Personen vor Ort aufbauen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2. S. 3). Diese Augenhöhe ist jedoch nicht immer leicht zu erreichen und teilweise auch ein regelrechter Trugschluss. So berichtet eine ehemalige Friedensfachkraft in einem Artikel, dass all ihre Handlungen von ihren westlichen Vorstellungen geprägt sind und sie sich immer wieder fragte: „Wie finden wir eine Verbindung zu dieser Welt und zu den Menschen, mit denen wir hier leben und arbeiten? Wie können wir da wirksam werden als Friedensarbeiter?“ (Richter, 2010, S. 20). Dort, wo Ressourcen in größerem Maße transferiert werden, ist die Partnerschaft auf Augenhöhe fragwürdig (Borries von, 2007, S. 199). Folglich argumentieren einige Wissenschaftler*innen, aber genauso Personen aus dem ZFD, dass Partnerschaft eher „Rhetorik“ (Brinkerhoff, 2002; Crawford, 2003; Menashy, 2019), ein „Schlagwort“ (Ashman, 2001; Cornwall & Brock, 2005; Mohiddin, 1998) oder ein „Etwas-Nichts-Wort“ (Malhotra, 1997) sei, das das Ungleichgewicht der Macht mit einer Sprache der Gleichheit verschleiert (Hately, 1997, S. 22).

Fachkräfte sind auch Repräsentant*innen und haben eine symbolisch-moralische Macht. „Damit einher gehen Zuschreibungen von politischer und wirtschaftlicher Macht (die trotz minimaler Ressourcen real sein kann, im Verhältnis zu einem daniederliegenden Umfeld)“ (Evers, 2007, S. 155). Dies kann schon auf eine zunächst banal verschiedene Art und Weise geschehen, die bei genauerer Betrachtung jedoch tiefergreifende Mechanismen von struktureller Macht offenlegt: Es kommt immer wieder vor, dass ein europäischer Pass oder eine weiße Hautfarbe und Sozialisierung die Arbeit und Zugänge vor Ort vereinfacht und die Herkunft von Fachkräften sie mit einer „quasi natürlichen Autorität und Expertise“ (Ziai, 2013, S. 18) ausstattet und somit der Gedanke der Allparteilichkeit nochmal schwieriger wird. Mit dieser Grundannahme, dass Fachkräfte in bestimmten Situationen überlegen sind, arbeitet auch der ZFD.

„ZFD-Fachkräfte sind zwar durch ihre Tätigkeit in vielen Fällen auch in den Konflikt involviert, verfügen aber als Ausländer bzw. Ausländerinnen über eine spezifische Rolle. Sie können dadurch Mittler zwischen Menschen sein und Brücken zu Wegen bauen, die den einheimischen Kollegen und Kolleginnen möglicherweise verstellt sind. ZFD-Fachkräfte leisten durch ihre Herkunft und Kontakte wertvolle Beiträge zur Vernetzung, besonders international“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2. 1).

Damit diese Arbeit dennoch gelingen kann, ist es wichtig, dass die spezifischen (friedens-)fachlichen, aber auch persönlichen Kompetenzen mit in die Arbeit eingebracht werden und vor Ort Vertrauen aufgebaut werden kann. Denn gerade durch das Einbringen der eigenen Persönlichkeit wird es möglich, dass Werte transportiert werden, ein anderer Arbeitsstil eingebracht wird und Vorbildfunktionen zum Beispiel in Bezug auf Gender-Rollen übernommen werden können (Evers, 2007, S. 155). Dazu sind eine solidarische Grundhaltung, Werteorientierung und ein angemessener Lebensstil (welcher jedoch nicht genauer definiert wird) vorausgesetzt (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2. S. 1 f.). Aber auch Kompetenzen wie Flexibilität, Selbstreflexion, Belastbarkeit, Empathie, Geduld, Engagement, Selbstmotivation, Offenheit und Erfahrungen im Umgang mit Angst und Bedrohung sind hilfreich (Evers, 2007, S. 145; Kramer, 2001, S. 359). Die weiteren fachlichen Kompetenzen sind von den jeweiligen Projekten abhängig (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2. S. 1 f.). Oftmals wird schon in den Stellenausschreibungen betont, dass es als Fachkraft wichtig ist, sich den Gegebenheiten vor Ort anzupassen und die lokale Sprache zu lernen. Sicherlich sehr hilfreiche Hinweise und Dinge, die den Alltag, aber auch die Arbeit vereinfachen. Jedoch macht dies die Fachkräfte nicht zu „Lokalen“ und „die verbleibenden Unterschiede zu verleugnen, hieße aber, den Aufbau ehrlicher Beziehungen von Beginn an zu verhindern“ (Kurschat, 2000, S. 65). Außerdem ist eine wichtige Voraussetzung nicht zuletzt die Bereitschaft, in einem risikoreichen und konfliktiven Umfeld zu arbeiten, Risiken vor Ort zu erkennen und sich selbst flexibel anzupassen (Eguren, 2001, S. 33). Besonders in diesem Punkt zeigt sich die sehr machtvolle Stellung von Friedensfachkräften. Allein die Tatsache, dass Friedensfachkräfte sich aus freiem Willen dazu entschieden haben, in einem konfliktiven Umfeld zu leben und zu arbeiten, und das Wissen haben, jederzeit wieder ausreisen zu können, verleiht ihnen Macht (Kurschat, 2000, S. 65). Im Falle einer Gefahr werden die ausländischen Mitarbeitenden evakuiert, die lokalen Mitarbeitenden bleiben vor Ort und sind der Gefahr ausgesetzt (Köhler, 2005, S. 90). Dabei stellt sich auch die Frage, was Personen dazu motiviert, im Globalen Süden in der Friedensarbeit zu arbeiten. Dies können zum einen idealistische Faktoren sein (Frieden und eine gerechte Welt zu schaffen), aber auch individuell-lebensbezogene Faktoren (Selbsterkenntnisse, Abenteuerlust, Familie oder Freundschaft), kulturelle, politische oder historische Faktoren (politische Überzeugung, interkulturelle Neugierde), ökonomische Faktoren (guter Lebensstil in dem entsprechenden Land, Karriere machen) und der Faktor der Sucht (Suche nach dem „Kick“) (Kramer, 2001, 354 f.). Somit agiert der ZFD auf dem schmalen Grat zwischen einer freiwilligen Entscheidung, sich in einen Konflikt zu begeben und der Situation, dem Konflikt ausgesetzt zu sein.

Generell stellt sich immer die Frage, ob die fachliche oder die persönliche Kompetenz einer Fachkraft wichtiger für eine erfolgreiche Arbeit ist (Kruhonja, 2001, S. 22). In ihrer Forschung über Peacebuilding-Akteur*innen in der Demokratischen Republik Kongo hat Séverine Autesserre gezeigt, dass oftmals lokale Akteur*innen das technische oder methodische Wissen von Externen mehr schätzen als deren Wissen über das jeweilige Land (Autesserre, 2014, S. 75). Und auch Barnett geht davon aus, dass generell in modernen Gesellschaften Wissen und Kenntnisse, die sich de facto nachweisen lassen – wie zum Beispiel durch formale Bildung oder Zertifikate –, das Wissen übertrumpfen, das nicht durch formale Bildung erworben wurde (Barnett, 2012). Diese Kenntnisse werden gerade für externe Fachkräfte durch zielgerichtete Trainings vermittelt, welche universelle Tools und Techniken beinhalten (Autesserre, 2014, S. 77). Dabei stellt sich immer auch die Frage, was die externen Fachkräfte zu Expert*innen macht. Alleine schon der Terminus des oder der Expert*in bringt Autorität mit sich (Barnett, 2012, S. 508), spricht gleichzeitig lokalen Akteur*innen ihr Wissen ab und stellt eine Hierarchie auf (Barnett, 2016, S. 29). „Expertise often creates a distance and power differential between those who hold it and those who do not“ (Autesserre, 2014, S. 76). Auch bei diesen Problemen und Fragen gibt es keine einheitliche Antwort und kein einheitliches Vorgehen der Organisationen. Dabei ist der berufliche Hintergrund der Fachkräfte sehr unterschiedlich und richtet sich nach den jeweiligen Projekten. So gibt es Sozialarbeiter*innen, Jurist*innen, Kommunikations- und Medienwissenschaftler*innen, Geistes-, Sozial- und Gesellschaftswissenschaftler*innen. Ein Problem bei Personen, die direkt von der Universität kommen, ist jedoch oft, dass die geforderte Berufserfahrung fehlt. Neben diesem fachlichen Wissen werden aber auch Erfahrungen im Projektmanagement, in der Mittelakquise und im internationalen Kontext gefordert (Burba & Stanzel, 2015b, S. 218). Welche Fähigkeiten die Fachkräfte mit in den Beruf bringen sollten, hängt sehr stark von dem jeweiligen Projekt und den Vorstellungen der lokalen Partner*innen ab. Wichtig ist jedoch ein gutes Selbstmanagement, grundlegende friedensfachliche Kompetenzen und die ideelle Motivation für den „Dienst am Gemeinwohl“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 5). Dabei ist auch der Bewerbungs- und Auswahlprozess je nach Organisation sehr unterschiedlich. Zwar werden alle Fachkräfte nach dem Entwicklungshelfer*innengesetz entsendet. Aber es gibt in den Organisationen zum Teil Assessment-Center, während andere den Schwerpunkt auf persönliche Gespräche legen. Auch hier ist es sehr unterschiedlich, inwieweit die lokalen Partner*innen einbezogen werden. Zum Teil bekommen diese einen Lebenslauf zugesendet und werden um Zustimmung gebeten, in anderen Fällen nehmen sie digital an Auswahlverfahren statt, wenn bereits eine Vorauswahl getroffen wurde. Einige Projektpartner*innen des ZFD berichten offen gegenüber den Organisationen, dass sie enttäuscht sind, nicht am Auswahlprozess der Fachkräfte beteiligt zu sein, obwohl sie dies explizit wünschen (Meintjes, 2006, S. 12). Generell können die Auswahlverfahren jedoch relativ lange dauern. Zwar ist positiv anzumerken, dass es in einem solchen Kontext sinnvoll ist, diesen Prozess möglichst umfassend und ausführlich durchzuführen (Kruhonja, 2001, S. 22). Aber es kann von der Antragsidee bis zur Entsendung der Fachkraft, der eine Vorbereitung vorausgeht, in der Regel ein bis zwei Jahre dauern. Das ist problematisch, da sich in dieser Zeit vor Ort Dinge und Situationen verändern.

Die Ursachen und Formen von Konflikten werden immer vielschichtiger, also müssen auch die Formen der Bearbeitung vielschichtiger werden. Die Fachkräfte werden durch eine mehrmonatige Ausbildung, zusätzliche Sprachkurse und eine Einführung in die Gegebenheiten der jeweiligen Gebietes vorbereitet (Evers, 2000, S. 17). Das allgemeine Ziel ist es dabei, sie auf ihren Einsatz vorzubereiten und die Differenz zwischen dem erforderlichen und dem vorhandenen Wissen zu verringern (Truger, 2001a, S. 337). Dabei ist ein Schwerpunkt die Sensibilisierung für die Arbeit in einem interkulturellen, konfliktiven Umfeld. Auch geht es um die eigene psychische Gesundheit und Traumaarbeit, um Fragen von Distanz und Nähe. Generell gibt es zwei verschiedene Philosophien in der Vorbereitung (Evers, 2007, S. 145). Grundsätzlich gelten für die Vorbereitungen im ZFD allgemeine thematische Ausrichtungen, die auch in anderen Trainings für Friedensfachkräfte Anwendung finden. Dazu zählen zum Beispiel: Mediation, humanitäre Unterstützung, Monitoring, Administration, Rollenverständnis der Akteur*innen vor Ort, Konflikt-Mappings, Empowerment, Kontext- und Methodenwissen, aber auch Informationen über die Reintegration nach dem Einsatz (Truger, 2001b). Dies ist ein eher normativ-prozessorientierter Ansatz in der Ausbildung, der eher in den Organisationen der Friedensbewegung zu finden ist. Außerdem gibt eseinen mehr pragmatisch-ergebnisorientierter Ansatz, welcher eher bei den größeren Entwicklungsdiensten zu finden ist (Evers, 2007, S. 145). Einige Trägerorganisationen führen die Ausbildungen komplett eigenständig durch, während andere ihre Fachkräfte in die Ausbildungsinhalte von anderen Organisationen einbuchen (Evers, 2007, S. 147). Jedoch stößt auch die Vorbereitung an ihre Grenzen. Zwar werden Notfallpläne für bestimmte Szenarien entwickelt, aber gerade in einem Notfall kann es doch auch anders kommen (Neumann, 2016, S. 14). Deswegen ist es wichtig, dass die Fachkräfte vor Ort nicht alleine gelassen werden. Darauf achten vor Ort die lokalen Partner*innen und Koordinator*innen, aber es erfolgt auch durch die Rückbindung an die entsprechenden Personen in den Organisationen in Deutschland. Während der Zeit in den Projekten vor Ort haben die Fachkräfte die Möglichkeit zur Supervision und Coaching (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 5; Neumann, 2016, S. 14).

Generell sind die Themen Mitarbeiterfürsorge und Selbstfürsorge in den vergangenen Jahren im ZFD immer wichtiger geworden. Diese sehen bei jeder Organisation etwas anders aus. Sie können Elemente von individuellem Coaching, Peergroup-Meetings, Kurse in Deutschland nach einer bestimmten Zeit im Land, individuelle oder Gruppencoachings, Strategien, die schon in der Vorbereitung erkannt werden oder virtuelle Meetings enthalten (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 9.2 S. 5 f.). Diese sind in der Regel jedoch nur für die Fachkräfte verfügbar. Daraus ergibt sich auch die Frage, was mit den lokalen Partner*innen ist und welche Rolle in Bezug auf die Themen auch die lokalen Partner*innen spielen. Können sie Elemente davon bereitstellen oder benötigen sie selbst Unterstützung (Rieder, 2019, S. 66)? Jedoch hat eine Umfrage in einigen ZFD-Projekten ergeben, dass diese Elemente nicht immer von allen ernstgenommen und umgesetzt werden. Gerade in den einzelnen Organisationen fehlen oftmals Raum und Platz für offene Dialoge und Reflexion (Rieder, 2019, S. 70). Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat ergeben, dass die größten Stressfaktoren für Personen, welche in der Friedensarbeit arbeiten, entweder auf organisatorische Faktoren, Beziehungen im Team, hohe Arbeitsbelastung, schlechte Führung, Ressourcenprobleme oder Management-Faktoren (Bürokratie, Entscheidungsprozesse) zurückzuführen sind und nicht auf das konfliktive Umfeld an sich (Wiesenthal & Rößler, 2015). Diese Prozesse der Begleitung sollten vor, während und nach dem Einsatz stattfinden (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 46). Es ist hilfreich für die Fachkräfte, wenn in der Mitarbeiter- und Selbstfürsorge die folgenden Themen enthalten sind: psychosoziale Vorbereitung und Begleitung, begleitende Workshops, Thematisierung von organisationsinternen Konflikten, Selbstevaluierung mit Feedbackmechanismus, Thematisierung von Stressauslösern, Sensibilisierung für stressauslösende Faktoren, Unterstützung nach dem Einsatz (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 47). Dazu können während des Einsatzes auch Auszeiten von der Arbeit gehören (Ribeiro Andres et al., 2005, S. 49). Es gibt in der Vorbereitung bestimmte Themen, die für alle Fachkräfte, die im Rahmen des Entwicklungshelfer*innengesetzes entsendet werden, von Bedeutung sind. Dazu gehören das Trägersystem, Verfahren, Sprachkompetenz, interkulturelle Kommunikation, Sicherheit, Stressbewältigung und Landeskunde. Des Weiteren gibt es Inhalte, die speziell für ZFD-Fachkräfte wichtig sind. Dazu zählen Informationen über den ZFD, Verfahren im ZFD sowie fachliche und methodische Kompetenzen für die jeweiligen Projekte (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 9.1 S. 4). Auch vor Ort geht die Vorbereitung noch weiter. Zu Beginn des Einsatzes sind die Fachkräfte einem Reality-Check (Burba & Stanzel, 2015b, S. 219) ausgesetzt, der Zeit braucht. So ist es bei einigen Organisationen durchaus üblich, dass die ersten drei Monate im Land als komplette Orientierung verstanden werden und die Fachkräfte sich alles anschauen und begleiten, während bei anderen Organisationen diese Zeit viel kürzer ist.

Eine besondere Art der Fachkraft stellt dabei die Rolle eine*r Koordinator*in dar.

„Zu ihren Aufgaben gehören die strategische Weiterentwicklung des ZFD-Engagements, die Verantwortung für operative Steuerung oder Begleitung des ZFD-Projektes, Beiträge zu Lobbyarbeit und Öffentlichkeitsarbeit des Trägers, die Unterstützung von Fachkräften und Partnern, die finanzielle und administrative Abwicklung des Projektes sowie die Personalverantwortung und -führung gegenüber internationalen und lokalen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 4).

Jedoch ist die genaue Ausdifferenzierung der Aufgaben je nach Organisation unterschiedlich. In der Evaluation 2011 wurde festgestellt, dass sie oft zu wenig Managementfunktion haben und ihre Rolle gestärkt werden muss (Paffenholz, 2011, S. 8). Daraus folgte eine Schärfung der Rolle der Koordinator*innen. So haben diese nun konzeptionelle Aufgaben wie zum Beispiel die Dienst- und Fachaufsicht (wenn diese nicht bei den Partnerorganisationen liegt), Strategieentwicklung, Projektweiterentwicklung, Identifikation von neuen Partnerorganisationen und sind Schnittstelle zu anderen Trägerorganisationen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.4 S. 1). Generell ist es auch möglich, dass eine trägerübergreifende Koordination eingesetzt wird, dies geschieht durch ein Mandat des Konsortiums (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.4 S. 2). Besonders auf trägerbezogene Koordinator*innen kommen folgende Aufgaben zu: strategische Weiterentwicklung des ZFD-Landesprogramms, operative Steuerung, Fachberatung und Begleitung der Fachkräfte und Partner*innen, Begleitung des Planning-Monitoring- & Evaluationprozesses, Steuerung des Wissensmanagements, ggf. Personal- und Führungsverantwortung, Unterstützung der Fachkräfte und von deren Familien zum Beispiel in den Bereichen Gesundheit, Wohnen, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, finanzielle und administrative Abwicklung des ZFD vor Ort, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, Organisation von Austauschmöglichkeiten (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.2.2 f.). Trägerübergreifende Ansprechpersonen (nicht mehr Koordinator*innen genannt) hingegen haben kein Weisungsrecht gegenüber Fachkräften von anderen Träger*innen. Vielmehr ist ihre Aufgabe der Informations- und Erfahrungsaustausch, die Vernetzung des ZFD im Land, aber auch über die ZFD-Strukturen hinaus (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.4. S. 3).

Neben der Entsendung der Fachkräfte gibt es auch die Möglichkeit für weitere Personalressourcen, um flexibel agieren zu können. Dies sind zum Beispiel Kurzzeitfachkräfte oder Berater*innen auf Zeit (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.3. S. 1). Jedoch können auch lokale Projektmitarbeiter*innen friedensfachliche, technische oder administrative Aufgaben übernehmen. Hier steht auch der Kompetenztransfer von der ZFD-Fachkraft zur lokalen Fachkraft im Fokus. Wie lokales Projektpersonal angestellt wird, ist je nach Träger*in sehr unterschiedlich. In der Regel wird davon ausgegangen, dass bei integrierten Fachkräften vor Ort die jeweilige Organisation ihr eigenes Personal hat. Hier sind eher ergänzende Förderungen angedacht, die dabei unterstützen können, die vereinbarten Ziele zu erreichen und das Projekt durchführbar zu machen. Bei Fachkräften, welche zum Beispiel in einem eigenen Projektbüro arbeiten, kann lokales Personal angestellt werden, um ein Team zusammenzustellen und administrativ das Büro zu unterstützen. Dies ist auch bei Partnerorganisationen möglich (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn 5.3 S. 2). Damit einher geht jedoch ein Problem, das durch viele CSOs aus dem Globalen Norden erzeugt wird, die in den jeweiligen Projektländern lokale Fachkräfte einstellen. Da die internationalen CSOs vor Ort in der Regel besser zahlen als lokale CSOs, wandern viele Mitarbeitende aus lokalen CSOs ab und es kommt zu einem starken Wissensverlust (Fahrenhorst, 2007, S. 84). Auch lässt sich oftmals eine Veränderung von Mitarbeitenden bei internationalen CSOs gegenüber anderen lokalen Akteur*innen feststellen, die als Hochnäsigkeit beschrieben wird (Leach, 2018, S. 11). Und auch die Möglichkeit, dass lokale Kontakte und Mitarbeiter*innen als Vermittler*innen zwischen wohlhabenden Geber*innen und Gemeinschaften fungieren können, fügt den Machtungleichgewichten komplexe Schichten hinzu, die die Gebergemeinschaft noch nicht erfolgreich bewältigt hat (Leach, 2018, S. 11).

Trotz formeller Vorgaben seitens des ZFD gibt es gerade in der Praxis weiterhin Unklarheiten in Bezug auf die Definition und Erwartungen der Rolle der Fachkräfte. Dies kann unterschiedliche, auch negative Auswirkungen auf den Einsatz als Fachkraft haben und wird oft als das größte Hindernis für eine erfolgreiche Intervention angesehen (Ameln, 2006, S. 92; Pastoors, 2017, S. 436; Wenzler-Cremer & Cremer, 2006). Um diese Rolle als nicht zu starr und vorgegeben zu betrachten, ist es wichtig, dass sich die Friedensfachkräfte vor Ort auch verändern lassen. Dass sie sich auf Neues einlassen, sich und ihre Arbeit infrage stellen, so die eigene Wahrnehmung und Arbeit besser reflektieren und sich neu auf die Partner*innen und Situationen vor Ort einlassen können (Richter, 2010, S. 21). In vielen Konfliktanalysen, die im Rahmen des ZFD angefertigt werden, wird die eigene Rolle und wie diese das Geschehen verändert, nicht weit genug einbezogen. Sicherlich ist dies vorher nicht genau vorhersehbar, jedoch können verschiedene Vermutungen angestellt werden. Daraus kann dann herausgearbeitet werden, wie diese Beeinflussung positiv für alle Beteiligten genutzt werden kann (Bächtold et al. 2013,9).

Auch wenn die Fachkräfte eine der wichtigsten Rollen in der Arbeit des ZFD einnehmen, ist ihre Arbeit kritisch zu betrachten. Durch diese ständige Überlegenheit, in der die Friedensfachkräfte leben, und den Status, den sie innehaben, wird automatisch ihr Verhalten geprägt. Es wird möglich, dass sie „ihre strukturelle Macht und ihr Fachwissen gegenüber den Menschen vor Ort zu ihrem eigenen Vorteil einsetzen und ausleben“ (wfd, 1999, S. 5). Was bedeutet es, viel oder wenig situationsbezogene Macht zu haben (Latham, 2001, S. 83)? Mächtig zu sein, bedeutet in diesem Zusammenhang, flexibel und beherrscht zu sein. Es bedeutet, die Fähigkeit zu haben, hochspezialisiert zu bleiben und bereit zu sein, die Ströme von Ressourcen, Bedeutungen und Körpern in und aus einer „Situation“ gemäß der von ihr definierten Logik zu kanalisieren (Latham, 2001, S. 83). Zum einen ist deutlich geworden, dass es einheitliche Standards und Regelungen für die Auswahl und Vorbereitung der Fachkräfte gibt. Je nach Organisation können sie jedoch mit Spielraum ausgelegt werden. Dies kann den Vorteil haben, dass jede Organisation dies an die eigenen Organisationsziele anpassen kann. Allerdings kann es auch Nachteile mit sich bringen, da es so zu einem fragmentierten Bild der Fachkräfte in den jeweiligen Einsatzländern kommt. Diese Fragmentierung wird durch die unterschiedlichen Entsendungskonzepte von integrierten und nicht integrierten Fachkräften noch verstärkt. Doch auch die Rolle und Arbeit der Fachkräfte in den Ländern vor Ort sind kritisch zu betrachten. So ist es in der Arbeit immer entscheidend, wie die jeweilige Fachkraft vor Ort arbeitet. Auch die jeweilige Persönlichkeit spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn letztendlich sind es Individuen, die zusammenarbeiten. Von Bedeutung ist auch das Verhalten der Fachkraft in Bezug auf Handlungen vor Ort. Und zwar in dem Spannungsfeld zwischen neutrale*m Expert*in, Berater*in, Wissensvermittler*in und entsendeter Friedensfachkraft nach Entwicklungshelfer*innengesetz. Gerade die Entsendung per Entwicklungshelfer*innengesetz schafft weitere Ungleichheiten. So sind davon zum Beispiel Personen ausgenommen, die keinen europäischen Pass haben. Hier zeigen sich klare Machtstrukturen und Rassismen in der „Zusammenarbeit“ (wfd, 1999, S. 5), die in Form eines strukturellen Rassismus tief in der Alltagskultur und der Arbeitspraxis verankert sind. Daraus resultieren Fragen zur partnerschaftlichen Arbeit, zu Macht und Abhängigkeit. Diese werden in Kapitel 8 empirisch bearbeitet und belegt.

4.4.2.2 Verständnis, Rolle und Aufgaben der lokalen Partner*innen

Auch wenn der ZFD ein Instrument der Personalentsendung ist und somit formell die Fachkräfte im Fokus sind, steht der ZFD in seiner Arbeit für Partnerorientierung und für „basisnahe Fachlichkeit“ (Ries, 2012, S. 1). Die Fachkräfte arbeiten dabei im Gleichschritt mit den lokalen Partner*innen (Burba & Stanzel, 2015a, S. 6) und laut Selbstverständnis des ZFD auf Augenhöhe (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014b, S. 4). Das Konsortium geht davon aus, dass allein durch diese gemeinsame Umsetzung Ownership erwächst. „Dieser Grundsatz [dass Projekte gemeinsam mit den Partner*innen durchgeführt werden] gewährleistet lokales Ownership in Bezug auf die Urheberschaft von Projektzielen und Arbeitsansätzen sowie auf die Nachhaltigkeit und Breitenwirksamkeit der durch das Projekt aufgebauten neuen Strukturen oder Kompetenzen“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 4). Dass dies differenzierter betrachtet werden muss, wird die empirische Untersuchung in Kapitel 8 zeigen. Deswegen ist es zunächst wichtig, darauf zu schauen, was dies in der Umsetzung des ZFD bedeutet. Die unterschiedlichen ZFD-Organisationen arbeiten in Programmen in verschiedenen Ländern. Dabei werden unterschiedliche Projekte mit lokalen Partner*innen durchgeführt. Wie dies genau aussieht, ist aber je nach ZFD-Trägerorganisation unterschiedlich.

Auffällig ist, dass in dem aktuellen Dokument, das die Standards des ZFD festlegt, nur eine halbe Seite dazu verfasst wurde, wer als „einheimische“ Partner*innen verstanden wird. Lokale Akteur*innen sollten in Bezug auf regionale Verteilung und Themen möglichst plural sein. Die Partner*innen sind zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie etwa Vereine, Verbände oder Initiativen, kirchliche Partner*innen oder auch öffentliche Institutionen wie zum Beispiel Ämter, Universitäten oder Ministerien (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.5. S. 1 f.). Etwa 80 % der Partner*innen sind zivilgesellschaftliche Organisationen und 20 % sind staatliche oder teilstaatliche Institutionen (Burba & Stanzel, 2015b, S. 216). Die einzelnen Kriterien zur Auswahl der Partner*innen sind dabei den jeweiligen ZFD-Trägerorganisationen überlassen. Im Rahmen des ZFD sollten jedoch keine reinen Implementing Partners gesucht werden, die bestimmte Maßnahmen umsetzen können. Vielmehr sollten die Partner*innen gewählt werden, die vor Ort einen Wandel erreichen können (Borries von, 2007, S. 199). Dabei ist es wünschenswert, auch gezielt mit anderen Akteur*innen (wie zum Beispiel Konfliktparteien oder Akteur*innen ohne klare juristische Verfasstheit) zusammenzuarbeiten. Es wird gefordert, dass sich die politische Ausrichtung Deutschlands für noch mehr und diversere Akteur*innen öffnet (Strohscheidt et al., 2017, S. 4). Es gibt bestimmte Kriterien, die erfüllt sein sollten, damit gut mit einer lokalen Organisation zusammengearbeitet werden kann. Es sollten die internen Strukturen, Prozesse und Arbeitsansätze konfliktsensibel ausgerichtet sein. Dazu sollten die Mitarbeiter*innen methodische Kompetenzen mitbringen, die in der Konfliktbearbeitung hilfreich sein können. Falls diese nicht vorhanden sind, sollte die Bereitschaft bestehen, sie zu erlernen. Auch sollte die Mitarbeitendenstruktur möglichst divers sein und die thematische Ausrichtung zu der externen Organisation passen (FriEnt, 2005, S. 2). Dabei können die Partner*innen vor Ort in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. So gibt es direkte Partner*innen: „Direct Partners are those women and men, groups or organisations the project interacts with directly to effect change and they are women and men who have opportunities to influence others. The project engages with Direct Partners and fosters mutual learning“ (Kuijstermans, 2019, S. 100). Es gibt auch strategische Partner*innen: „Strategic Partners are women and men, groups or organisations who contribute to the project but the project does not seek to change their behaviour“ (Kuijstermans, 2019, S. 100) und indirekte Partner*innen: „Indirect Partners are women and men the project hopes to influence in the long-term via the project and its Direct Partners“ (Kuijstermans, 2019, S. 100). In einigen Fällen gibt es die Möglichkeit, dass auch personelle Ressourcen für lokale Mitarbeiter*innen eingesetzt werden können. Dazu gibt es unterschiedliche Ansätze je nach ZFD-Trägerorganisation (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 6). Zudem besteht die Möglichkeit, dass die lokale Organisation im Sinne der Partnerschaft komplementär gefördert wird. Dies kann geschehen, um bestimmte Voraussetzungen in einer Organisation zu schaffen. Dazu zählen beispielsweise die Bereitstellung von Infrastruktur, Workshops, Weiterbildungen, Maßnahmen zur Projektplanung, -entwicklung und -sicherung (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 6).

Diese Prozesse müssen jedoch gerade mit Blick auf das Thema Macht in einem globaleren und kritischeren Zusammenhang betrachtet werden. Der Großteil der heutigen internationalen Entwicklungszusammenarbeit und der Friedensarbeit besteht nach wie vor aus einer Nord-Süd-Beziehung zwischen Geber*innen aus dem Norden und Empfänger*innen aus dem Süden. Dabei werden die Partner*innen sehr unterschiedlich gewählt. So sind es bei kirchlichen Organisationen oft Partner*innen aus den kirchlichen Strukturen vor Ort („natürliche“ Partner*innen). In der staatlichen Zusammenarbeit sind es in der Regel auch „natürliche“ Partner*innen, wenn es um die anderen staatlichen Akteur*innen geht. Diese werden oft als formale Partner*innen gesehen. Die CSOs hingegen, die die Arbeit in der Praxis umsetzen, gelten als Implementierungspartner*innen (Borries von, 2007, S. 198). Hier lässt sich feststellen, dass das Verhältnis zwischen Geber*innen aus dem Norden und Empfänger*innen aus dem Süden aus mehreren Gründen ungleichgewichtig ist: Erstens wird argumentiert, dass der Großteil der gegenwärtigen internationalen Entwicklungszusammenarbeit auf einen einseitigen Geldfluss von Nord nach Süd angewiesen ist (Kontinen, 2003; Lister, 2000; Menashy, 2019) und es einen „donor-driven peace“ (Duckworth, 2016, S. 5) gibt. Zweitens heißt es, dass der Norden seinen südlichen Partner*innen weiterhin seine Vision von Entwicklung aufzwingt (Lister, 2000; Menashy, 2019). Drittens wird angeführt, dass die wenigsten Partnerschaften nachhaltig und langfristig angelegt sind (Borries von, 2007). Daraus ergeben sich Machtasymmetrien, die es den Geber*innen aus dem Norden ermöglichen, den Empfänger*innen bestimmte Entwicklungspolitiken oder ein bestimmtes Verständnis von Frieden (meist im Sinne eines liberalen Friedens – siehe Abschn. 3.1.) aufzuzwingen. Oder die es ihnen erlauben, das letzte Wort über die Projektauswahl sowie über die Bedingungen zu haben, die die Empfänger*innen erfüllen müssen, um Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten (Menashy, 2018, 2019). Oft sind in der Praxis lokale Bedarfserwägungen zunehmend irrelevant geworden, da CSOs dem „Projekt“-Zyklus folgen und genau das tun müssen, was ihnen gesagt wird. Sie müssen also die Prioritäten der Geber*innen umsetzen oder sie riskieren, dass ihnen die Mittel entzogen werden (Schuller, 2012, S. 175). Auch wenn im ZFD diese Projektanträge und Zyklen gemeinsam ausgearbeitet werden, ist es dennoch der Fall, dass sie bestimmte Richtlinien und Vorgaben von BMZ, AA und TLS erfüllen müssen.

An dieser Stelle soll ein genereller kritischer Blick auf die Entstehung von CSOs in Ländern des Globalen Südens geworfen werden. Auch wenn diese Aussagen eher allgemein gehalten sind, so gelten sie auch für einige ZFD-Partnerorganisationen. In vielen Ländern des Globalen Südens wurden in der Vergangenheit lokale CSOs in ihrem Aufbau von globalen CSOs unterstützt und gefördert. Dies geschah besonders in der Entwicklungszusammenarbeit, um vor Ort mehr Dynamiken zu erzeugen und um ein Gegengewicht zu staatlichen Interessen zu schaffen. Dabei wurden die CSOs in der Regel nach euro-amerikanischem Vorbild organisiert und aufgebaut, damit sie in die global vorherrschenden Strukturen passen. Dies hat in einigen Fällen sehr erfolgreich funktioniert. In anderen Fällen wurden so jedoch bereits vorhandene lokale Strukturen zerstört (Fahrenhorst, 2007, S. 71). Hier kann von sogenannten Donor-created CSOs gesprochen werden. Oder von Quasi-CSOs, wenn sie von staatlicher Förderung abhängig sind (Carey, 2012, S. 10). Durch umfangreiche Förderungen wurden hier jedoch auch Fassaden aufgebaut und Organisationen aus reinem Selbsterhaltungszweck gegründet (Fahrenhorst, 2007, S. 71). Oftmals werden nun als einzige mögliche Kooperationspartner*innen für internationale CSOs solche Organisationen angesehen, die nach westlichem Vorbild aufgebaut sind und funktionieren (Carey, 2012, S. 27). Auch ist festzustellen, dass CSOs, die ihren Sitz in urbanen Zentren und somit eine gewisse Nähe zu Geber*innen haben, in der Regel mehr finanzielle Unterstützung von externen Geber*innen erhalten (Fahrenhorst, 2007, S. 78). Je mächtiger eine CSO wird, desto mehr gilt ihre Arbeit der Selbsterhaltung mit Mitarbeiter*innensicherung und weniger einer kritischen Diskussion der eigenen Arbeit (Ropers, 2001, S. 525). Diese Art von CSOs sind für internationale Geldgeber*innen attraktiv, weil sie eine lokale Basis haben und einen relativ einfachen und kostengünstigen Kanal für die Verteilung von Geldern bieten können. Aus einem rein pragmatischen und möglicherweise zynischen Blickwinkel betrachtet stellen CSOs einen alternativen Kanal zu Strukturen dar, die zuvor versagt haben oder sich als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist leicht, Menschen zur Gründung neuer CSOs zu ermutigen. Ein gescheitertes Projekt kann der Inkompetenz von CSOs zugeschrieben werden, wobei den Mitarbeiter*innen eines*einer Geldgeber*in oder den eigenen Systemen nur minimale Schuld angelastet werden kann (Crowther, 2001, S. 10).

Für das Verständnis, wer lokale Partner*innen sein können, und für die Bearbeitung von Konflikten auf einer lokalen Ebene wird im ZFD die Akteur*innenpyramide von Lederach (Abbildung 4.2) relevant, da sie im ZFD Anwendung findet (Brinkmann, 2000, S. 39; forumZFD/Akademie für Konflikttransformation, 2017, S. 28; Schrader, 2008, S. 16). Dabei werden die lokalen Akteur*innen in die Kategorien (Level) Top Leadership, Middle-Range Leadership und Grassroots Leadership einsortiert (Lederach, 2001, S. 146). Level 1 sind die Akteur*innen der Kategorie Top Leadership. Dies sind die höchsten politischen, militärischen oder oppositionellen Führer*innen (oder definieren sich selbst als solche). Hierbei herrscht oft hierarchische Macht vor, die in sich nochmals verschiedene Abstufungen aufweist. Die Akteur*innen auf Level 2 zählen zum sogenannten Middle-Range Leadership. Auf diesem Level bewegen sich Personen in Führungspositionen, die nicht unbedingt von der (politischen) Autorität kontrolliert werden oder an die formale Regierungsordnung gebunden sind. Hierbei handelt es sich meist um in der Bevölkerung respektierte Ämter. Auch gibt es verschiedene inhaltliche Netzwerke (CSOs, Religionen, Akademiker, etc.), die individuelle, prominente Führer*innen haben. Jedoch können dies auch Personen sein, die einer Gruppe vorstehen, welche sich über ihre Identität zusammensetzt (ethnische Gruppen, geografische Gruppen). Das Besondere an diesem Level ist, dass die Akteur*innen sowohl zu den politischen Führer*innen (Level 1) als auch zu der lokalen Ebene (Level 3) gute Kontakte pflegen und in beide Richtungen Verbindungen haben. Ihr Status gründet sich auf ihre Beziehungen und Fähigkeiten, nicht aber auf politische oder militärische Macht. Dies erlaubt ihnen größere Flexibilität. Auch bestehen meist Beziehungen zu verschiedenen Konfliktparteien. „Middle-rang actors are far more numerous than are top-level leaders and are connected through networks of many influential people across the human and physical geography of the conflict“ (Lederach, 2001, S. 148). Die schon angesprochenen Akteur*innen auf Level 3 sind die des Grassroots Leadership. Zu diesen Akteuren gehören zum Beispiel Mitglieder von lokal verorteten CSOs, Führungspersönlichkeiten auf lokaler Ebene, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen, oder lokale Autoritäten. Auf dieser Ebene gibt es neben dem großen, übergreifenden Konflikt auch viele kleine Konflikte, die oft aus dem bloßen Überlebenskampf entstehen. Oft ist dieses Level als eine Art Mikrokosmos des Konfliktes zu betrachten. Generell ist festzuhalten, dass die meisten Konflikte in der Pyramide nicht vertikal, sondern horizontal verlaufen (Lederach, 2001, S. 149). Dies liegt daran, dass die meisten Führungspersönlichkeiten Kontakte auf den verschiedenen Leveln haben und eine Verbindung zu „ihrer Bevölkerung“ besteht. Auch gibt es Verbindungen, wie zum Beispiel Religion oder Ethnizität, in denen sich Personen aus allen Leveln wiederfinden. Dies sind in der Regel die identitätsstiftenden Merkmale. Auf der oberen Ebene können Entscheidungen getroffen werden, die alle betreffen, da Informationen über das komplette Bild des Konflikts vorliegen. Auf der unteren Ebene ist dies nicht möglich, jedoch werden hier die Entscheidungen direkter spürbar. Dies wirft dann ein gewisses Dilemma auf und birgt gleichzeitig großes Potenzial (wenn es richtig genutzt wird), wenn es darum geht, Konfliktlösungsmechanismen zu entwerfen.

Abbildung 4.2
figure 2

Akteur*innen und Ansätze in der Friedenskonsolidierung (Lederach, 2001)

Im Zuge dessen führt Lederach verschiedene Möglichkeiten an, einen Konflikt auf den unterschiedlichen Leveln zu bearbeiten. Generell werden die lokalen Akteur*innen als konstruktiv und unterstützend in den Friedensprozessen gesehen. Dabei ist die Beziehung zwischen den lokalen und internationalen Akteur*innen kooperativ. Auf Level 1 finden sogenannte Top-Level-Approaches statt. Dies sind Top-down-Ansätze in den Friedensprozessen. Die Personen auf dieser Ebene werden oft als Mediator*innen gesehen, welche ein öffentliches Profil haben und als einzelne Person agieren. In der Regel werden sie von der Regierung oder von internationalen Organisationen unterstützt. In Konflikten sind sie oft Verhandlungspartner*innen und arbeiten als vermittelnde Partei. Im Falle des ZFD sind dies zum Beispiel gemeinsame Aktionen oder Verhandlungen mit der VN. Auf Level 2 finden Middle-Range-Approaches statt. Dies ist ein Middle-out-Ansatz im Peacebuilding. Hier sind Akteur*innen verortet, welche führen können, eine klare Position einnehmen und „Who, if integrated properly, might provide the key to creating an infrastructure for achieving and sustaining peace“ (Lederach, 2001, S. 150). Dieser Ansatz kann dabei helfen, eine auf Beziehungen und Wissen basierende Infrastruktur aufzubauen, welche zu nachhaltigen Friedenprozessen führen kann. Die Grundannahme dieses Ansatzes ist, dass Führungspersonen auf dieser Ebene die zentrale vermittelnde Rolle spielen und sie als Persönlichkeit im Vordergrund stehen. Im ZFD betrifft dies zum Beispiel die Mitarbeit in Friedens- und Versöhnungskommissionen oder Trainings zur Konfliktbearbeitung. Auf Level 3 finden die Grassroot-Approaches Anwendung. Hier kann eine Vielzahl von Menschen erreicht werden und es ist lohnenswert, Strategien direkt auf den lokalen Ebenen anzuwenden. Ansätze, die hier entstehen, sind meist als praxisnah zu sehen und als Bottum-up zu bezeichnen. In diesem Bereich lassen sich sehr viele Beispiele im ZFD finden. Dies sind unter anderem psychosoziale Beratung, Bildungs- und Alphabetisierungsprogramme oder Mediationsprozesse. Schon hier wird deutlich, dass immer wieder die Begriffe Workshops oder Trainings für lokale Partner*innen auftauchen. In vielen Ländern des Globalen Südens kommt es durch das große Workshopangebot vonseiten der unterschiedlichen CSOs zu einem regelrechten Workshop-Shopping von Personen vor Ort. Dabei sollte immer kritisch hinterfragt werden, wer welches Wissen bei solchen Trainings und Workshops vermittelt. Duffield geht soweit, dass er vorschlägt, den Begriff Training durch den der Indoktrination zu ersetzen (Duffield, 1997). Externe Trainer*innen haben oft kein Kontextwissen, was es schwer macht, das erlernte Wissen in der Praxis umzusetzen. So werden die lokalen Organisationen daran gehindert, durch die Umsetzung eigener Maßnahmen einen Lernprozess zu erleben und sich selbst nachhaltig weiterzuentwickeln (Fahrenhorst, 2007, S. 80).

Auch wenn im ZFD diese Pyramide noch Anwendung findet, hat sich in der wissenschaftlichen Debatte, die auch aus der Praxis inspiriert wurde, gezeigt, dass sie nicht frei von Kritik ist. Einer der größten Kritikpunkte ist, dass nicht definiert wird, was unter „lokal“ zu verstehen ist (Paffenholz, 2001c). Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass vertikale Arbeit zwischen den einzelnen Ebenen im Modell zwar mitgedacht wird, sie in der Praxis jedoch völlig unterentwickelt bleibt. Oftmals findet diese Zusammenarbeit nur statt, wenn die Grassroot-Ebene von der Leadership-Ebene benötigt wird. Demnach ist ein organisches System von Beziehungen über die verschiedenen Ebenen hinweg notwendig, in dem alle Akteur*innen mit ihren Aktivitäten gleichermaßen respektiert werden (Graf, 2001, S. 49). Ebenfalls haben Studien gezeigt, dass der Middle-out-Ansatz in der Praxis oftmals nicht der effektivste ist (Paffenholz, 2013) und dass es wichtig ist, alle Ebenen zu erreichen, um einen Konflikt zu bearbeiten (Rieche, 2006a, S. 20). Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Handlungen auch an den jeweiligen Konflikttyp anzupassen sind. In einem latenten, politischen Konflikt etwa werden anderen Handlungen benötigt als zum Beispiel in der Konfliktbeendigung oder in der Nachkriegszeit. Entsprechend wäre es zum Beispiel wichtig, auch das jeweilige politische System mit in die Darstellung einzubeziehen (Miall, 2004). Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Darstellung externe Akteur*innen nicht einbezieht, die in der Praxis jedoch mit den einzelnen Ebenen zusammenwirken (Paffenholz, 2001c). Die Pyramide von Lederach kann als zu statisch kritisiert werden. Daher ist es wichtig zu bedenken, dass die lokalen Akteur*innen aufgrund der alltäglichen Interaktionen selbst fließende Identitätskategorien schaffen. Sie sind transversal, flexibel und beweglich, und die Akteure können zwischen den Kategorien wechseln und sich selbst neu positionieren (Kappler, 2015, S. 876).

4.4.3 Netzwerkarbeit

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist es wichtig, gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, Begriffe zu definieren, Sichtweisen auf Themen und Methoden zu besprechen und einen gemeinsamen Nenner für diese zu erarbeiten. Ebenfalls ist gegenseitiges institutionelles Vertrauen ein Kernbestandteil guter und transparenter Zusammenarbeit. Auch ist es wichtig, dass die Verantwortung für die Prozesse und Wirkungen, welche durch die Arbeit angestoßen werden, gemeinsam getragen wird (Méndes 2011, S. 7) und zu prüfen, ob der ZFD in der jeweiligen Situation vor Ort arbeiten kann. Es ist wichtig, dass es vor Ort schon eine aktive Zivilgesellschaft und Handlungsspielraum für den ZFD gibt (Evers, 2011, S. 1). Dabei ist gerade für die praktische Umsetzung der theoretischen Konzepte eine Konzeptualisierung hilfreich. Um dieses Gesamtbild zu nutzen, arbeitet der ZFD nicht nur an einzelnen Projekten bestimmter CSOs, sondern fungiert darüber hinaus als Netzwerk in den einzelnen Ländern. Dieses Netzwerk arbeitet vertikal und horizontal. Denn es bildet ein Bindeglied zwischen verschiedenen Akteur*innen über hierarchische Ebenen der Gesellschaft (vertikal) und über wahrgenommene Konfliktlinien (horizontal) hinweg (Reich, 2005, S. 477). Es stellt sich oft heraus, dass die Bildung dieser Netzwerke sehr schwierig ist. Deshalb wird davon ausgegangen, dass eine dritte Partei zur Initiierung und Unterstützung sehr hilfreich sein kann (Scotto, 2002). Im ZFD werden die Netzwerke nicht als starre Konstrukte verstanden, sondern als Plattform für CSOs, um sich gegenseitig zu unterstützen und die Arbeit gemeinsam sichtbarer zu machen. Dabei gehen die Netzwerke im Idealfall über eine Trägerorganisation hinaus (Djateng et al., 2009b, S. 75). Jede CSO, die in einen Konflikt eingreift, ist ein*e Akteur*in in einem komplexen Gefüge von Akteur*innenkonstellationen, die aus staatlichen und nicht staatlichen, lokalen und internationalen Akteur*innen bestehen, welche vor Ort tätig sind und ein transnationales Akteur*innennetzwerk bilden (Schrader, 2007, S. 2). Gerade dieser Netzwerkcharakter ist sehr positiv zu bewerten, wenn es um nachhaltige Friedensarbeit geht. „For genuine peacebuilding to take place, we need to challenge the idea that each organisation is an island seeking its own independent wellbeing, and begin to share information and resources systematically“ (Simon Fisher & Zimina, 2009).

„Unter Vernetzung versteht der ZFD das beständige Bemühen auf unterschiedlichen Ebenen um die Gestaltung institutioneller und persönlicher Beziehungen, die auf der Grundlage von Vertrauen und Wertschätzung beruht und die kurz- und längerfristige Zusammenarbeit unabhängiger Akteure zu lokalen oder übergreifenden Anliegen ermöglicht“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 9).

Ein gutes Beispiel für eine Netzwerkveranstaltung mit Bezug auf diese Arbeit ist die Regional Africa Conference im Jahr 2018. Sie wurde in Kenia durch die GIZ organisiert und involvierte Partner*innen und Fachkräfte aus Kenia, Uganda, Äthiopien, Ruanda, Burundi, Niger, Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo und Benin. Es wurden Personen aus Deutschland eingeladen und sie fand nicht nur exklusiv für GIZ-Projekte, sondern auch für andere Organisationen des ZFD statt. Ihr Thema war die praktische Arbeit des ZFD, das mittels einer offenen Workshop- und Diskussionsmethode behandelt wurde (giz Kenya, 2019, S. II). Dies ist bereits ein Beispiel für die Umsetzung und Durchführung des ZFD, auf welche im folgenden Kapitel eingegangen werden soll.

4.4.4 Evaluation und Monitoring

Evaluierung und Monitoring spielen im ZFD eine wichtige Rolle, denn auch die Organisationen und Mitarbeiter*innen im ZFD fragen sich immer wieder, inwieweit er funktioniert und wirksam ist. Deswegen geht dieses Kapitel zunächst darauf ein, wie im ZFD allgemein evaluiert wird, bevor es sich mit der konkreten Umsetzung der Evaluierungen in den einzelnen Ländern und Projekten befasst.

Eine allgemeine Evaluation mit einem 2011 veröffentlichten Kurzergebnis (Paffenholz, 2011, S. 3) hat gezeigt, dass der ZFD ein sehr nützliches Instrument ist, das weitergeführt werden soll. Auch hat die Evaluation gezeigt, dass die durchgeführten Projekte, insbesondere auf lokaler Ebene, zu einer Vielzahl positiver Veränderungen führen können. Es lässt sich feststellen, dass Projekte erfolgreicher sind, wenn mehr Personen von ihnen profitieren können. Und wenn es ihnen gelingt, ihre Reichweite über den lokalen Kontext hinaus auszudehnen, sich auf Schlüsselakteur*innen für Veränderungen zu konzentrieren und gewaltfreie Ansätze im Alltag umzusetzen (Paffenholz, 2011, S. 5). Auch die Studie von Martin Quack (2009) kommt zu dem Schluss, dass die Wirkung des ZFD eindeutig positiv ist und Schlüsselakteur*innen sowie mehr Menschen in die Lage versetzt, auf verschiedenen Ebenen (aber mit unterschiedlichen Auswirkungen) zu arbeiten (Quack, 2009). Dies kann jedoch nur dann auf nachhaltige Weise erreicht werden, wenn die Bedürfnisse der lokalen Partner*innen wirksam berücksichtigt und mit den Fähigkeiten und Kompetenzen des ZFD verknüpft worden sind. Dieses nachhaltige Engagement erfordert eine Einbettung der Aktivitäten in ein Gesamtkonzept der konstruktiven Konflikttransformation, in dem die lokalen Partner*innen als richtungsweisende Akteur*innen des sozialen Wandels anerkannt werden (Reich, 2005, S. 473). Es werden jedoch auch Schwächen des ZFD aufgezeigt. So wird berichtet, dass zum einen die Steuerung durch das BMZ verstärkt werden muss und dass der ZFD selbst die Projekte klarer ausgestalten muss, um die Umsetzung zu verbessern. Erst dann können die Potenziale voll ausgeschöpft werden und es kann dem ZFD als Akteur der deutschen Friedens- und Entwicklungspolitik eine größere Bedeutung zukommen (Paffenholz, 2011, S. 4). Generell wird in dem Evaluierungsbericht von einer Profilschwäche gesprochen. So bleibt beispielsweise unklar, ob es sich um eine Institution, ein Netzwerk, ein Instrument oder einen Fond mit gemeinsamen Standards handelt. Auch Schwächen im Bereich der Evaluierung werden aufgezeigt, zum Beispiel, dass sie nicht einheitlich stattfindet. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass vor Ort oft der Fokus auf der Förderung des sozialen Zusammenhaltes liegt. Hier sollte profilschärfend vorgegangen werden. Die unmittelbaren Friedensbedürfnisse der Bevölkerung sollten stärker in den Fokus gerückt, die Bedürfnisse der Partner*innen besser mit dem ZFD verknüpft werden und es sollte mehr auf die Nachhaltigkeit der Projekte geachtet werden (Paffenholz, 2011, S. 6). Die Reaktionen aus der Zivilgesellschaft auf den Bericht stimmten vor allem in dem Punkt überein, dass sie die Potenziale des ZFD als noch nicht ausgeschöpft beschreiben (forumZFD, 2011, S. 1). Positiv wurde angemerkt, dass einige Empfehlungen des Berichts wie zum Beispiel die TLS, Regionalkoordinator*innen oder Teams von Fachkräften bereits in der Vergangenheit von den zivilgesellschaftlichen Träger*innen angeregt worden waren (forumZFD, 2011, S. 1) und dass der ZFD allgemein positiv evaluiert wurde (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2011). So wurde von zivilgesellschaftlicher Seite gefordert, dass die Bundesregierung eine friedenssichernde politische Gesamtstrategie über den ZFD hinaus entwickelt (forumZFD, 2011, S. 1). Der ZFD sollte demnach weiter ausgebaut und reformiert werden. Als Wünsche für die Reform (neben einer Mittelerhöhung) wurde formuliert, dass das Denken in einzelnen Projekten überwunden werden möge und vielmehr über längerfristige Zeiträume nachgedacht werde, die in längerfristigen Programmen dargestellt werden können (forumZFD, 2011, S. 1).

Auch der ZFD selbst unterzieht sich in den Programmen und Projekten immer wieder Evaluationen und Monitoring-Prozessen. Diese haben besonders durch den Reformprozess nochmals an Bedeutung gewonnen. Dabei geht der ZFD davon aus, dass effektive Veränderungen eines bestimmten Zustandes, von Verhalten, von Strukturen oder Einstellungen beobachtbar sein können (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 6). Eine direkte Wirkung kann nur mit spezifischen Ressourcen, Projekten oder Aktivitäten erzielt werden. Diese Ergebnisse können nicht immer beiläufig erzielt werden, sondern sind nur bei Betrachtung des Gesamtkontextes erkennbar. Dabei bezieht sich der ZFD auch auf bereits in der Entwicklungs- und Friedensarbeit vorhandene Wirkungskonzepte und -verständnisse. Demnach lassen sich die Wirkungen in Form von Veränderungen entweder der Werte, Einstellungen und Wahrnehmungen von Individuen (individuelle/persönliche Ebene) oder in politischen Prozessen und in Wirtschafts-, Justiz- und anderen Institutionen (sozio-politische Ebene) darstellen (Anderson & Olson, 2003, S. 49). Nach diesem Verständnis von Friedensarbeit entwickelten Mary Anderson und Lara Olson eine Matrix (Abbildung 4.3), in die sich die Arbeit des ZFD einfügt. Der ZFD kann entweder bestimmte Personen oder eine große Zahl von Menschen erreichen (horizontale Achse). Aufgrund seiner Flexibilität kann die Arbeit auch entweder auf der persönlichen/individuellen Ebene oder auf der gesellschaftspolitischen Ebene (vertikale Achse) stattfinden. Hierbei hat sich besonders ein Zusammenhang zwischen der individuellen und der sozio-politischen Ebene erwiesen. Somit müssen Projekte, die für Frieden zum Beispiel zwischen Nachbar*innen angelegt sind, auch gesellschaftliche und politische Strukturen beachten, um nachhaltig zu wirken. Ebenfalls ist es wichtig zu beachten, dass Projekte meist erfolglos sind, wenn sie zwar mit vielen Menschen arbeiten, jedoch die Schlüsselpersonen nicht mit einbeziehen; gleiches gilt auch andersherum. Somit müssen nach Möglichkeit immer alle Ebenen berücksichtigt werden. Die Evaluierung des ZFD von 2011 hat gezeigt, dass Projekte dann effektiv sind, wenn sie eine große Anzahl an Begünstigten vor Ort erreichen (Paffenholz, 2011, S. 5).

Abbildung 4.3
figure 3

Erfolgskriterien und Impact in der Friedensarbeit, mit eigenen Beispielen aus dem ZFD (Anderson & Olson, 2003, S. 48; Rieche, 2006a, S. 16)

Diese Matrix bietet einen Hintergrund für das allgemeine Verständnis von Auswirkungen der ZFD-Arbeit. Um jedoch die Auswirkungen der Praxis vor Ort vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die Matrix zu öffnen und verschiedene Möglichkeiten an Wirkungen zu betrachten. Dabei werden Wirkungen vom Konsortium ZFD wie folgt definiert:

„Wirkungen sind Veränderungen eines Zustandes, von Strukturen, von Verhalten oder von Haltungen. Sie sind zu unterscheiden von Handlungen und Aktivitäten, von Produkten und Dienstleistungen in einem Projekt. Anders als diese können sie nicht direkt getan oder erstellt werden. Sie ergeben sich immer nur mittelbar aus dem komplexen Zusammenspiel verschiedener Impulse wie Handlungen oder Ereignissen. Auftretende Wirkungen können intendiert oder nicht intendiert sein. Der ZFD wirkt über den Einsatz einer oder mehrerer seiner Ressourcen. Welchen Beitrag die ZFD-Ressourcen zur Erzielung einer bestimmten Wirkung geleistet haben, lässt sich in aller Regel nicht kausal ableiten, sondern ist mit Blick auf den Gesamtkontext des Projektes plausibel zu begründen. Auch die Stabilisierung eines Zustandes bzw. die Verhinderung seiner Verschlechterung kann im Rahmen des ZFD als Wirkung bezeichnet werden“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 6) (Abbildung 4.4).

Abbildung 4.4
figure 4

Eigene Abbildung nach: Gemeinschaftswerk ZFD 2014, Abschn. 4.1. S. 3

Wirkungsverständnis des ZFD.

Somit werden unter Auswirkungen langfristige Veränderungen verstanden, in vielen Fällen beobachtbare Veränderungen, in einigen Fällen aber auch die Aufrechterhaltung friedensfördernder Aspekte. Der ZFD erwartet eine indirekte Wirkung auf die Strukturbildung, Wirkungen auf gesellschaftspolitischer Ebene und damit Nachhaltigkeit. Innerhalb dieser Kategorisierung können die Auswirkungen des ZFD geplant oder ungeplant, positiv oder negativ, kurz- oder langfristig, konfliktrelevant oder nicht konfliktrelevant sein (Quack, 2009, 100 f.). Dabei definiert der ZFD Wirkungen im individuellen Bereich als

„Veränderungen bei Einstellungen, Verhalten und Beziehungen von Schlüsselpersonen und Gruppen, mit denen ein ZFD-Projekt direkt und unmittelbar zusammenarbeitet. Hierzu zählen beispielsweise die Anwendung von Methoden konstruktiver Konfliktbearbeitung, Kontaktaufnahme mit gegnerischen Gruppen oder Personen sowie Offenheit und Transparenz bezüglich Gefühlen und Sichtweisen“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 4.1 S.1).

Als direkte strukturelle Wirkungen werden Veränderungen bei Institutionen und Strukturen, mit denen im Projektkontext zusammengearbeitet wurde, gesehen.

„Als indirekte Wirkungen leistet der ZFD Beiträge zur Veränderung sozialer Bedingungen wie zum Beispiel Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Benachteiligung […], zur Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse hin zu Transparenz, Gleichheit und Fairness sowie zur Veränderung auf der Ebene von Institutionen“ (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 4.1 S.2).

Direkte Wirkungen im kulturellen Bereich sind Veränderungen bei Werten, Normen und Diskursen bei den direkten Zielgruppen. Wenn zum Beispiel Gewalt nicht mehr als Mittel der Konfliktaustragung gesehen wird (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 4.1 S. 2). Dieses Verständnis geht Hand in Hand mit den theoretischen Vorstellungen des Local Turn, da das Hauptziel eines positiven, nachhaltigen Friedens nur erreicht werden kann, wenn auf verschiedenen Konfliktebenen unter Einbeziehung verschiedener Akteur*innen gearbeitet und auf eine prozessorientierte Veränderung hingearbeitet wird.

Um die Effektivität des ZFD zu messen, wenden die Akteur*innen im ZFD verschiedene Methoden und Verständnisse an, die jedoch alle auf dem Reformdokument basieren. Auch der Bundesregierung ist es wichtig, dass Projekte der Zivilen Konfliktbearbeitung nachhaltig sind und einen positiven Effekt haben: „Es hat sich gezeigt, dass zu kurzfristig angelegte Projekte verpuffen oder gar konfliktverschärfend wirken können. Friedensfördernde Projekte und Programme müssen daher langfristig ausgerichtet und an Konfliktursachen orientiert sein“ (Die Bundesregierung, 2004, S. 9). An dieser Stelle sollen zwei verschiedene Möglichkeiten vorgestellt werden. Eine Möglichkeit ist das Outcome-Mapping, wie es zum Beispiel von AGIAMONDO genutzt wird.

„Outcome Mapping defines outcomes as behavioral change among groups or individuals who work together on a given project […]. Sustainable change only takes place when women and men start behaving differently in one way or another so as to have a positive impact on conflict“ (Kuijstermans, 2019, S. 2).

Dabei wurde die Methode des Outcome-Mapping vor rund 20 Jahren von dem International Development Research Centre erstmals eingeführt. Sie wird seitdem von vielen Organisationen in der Friedens- und Entwicklungsarbeit verwendet und zum Beispiel im Fall vom ZFD an die jeweiligen institutionellen Kontexte angepasst (Kuijstermans, 2019, S. 4). Bei AGIAMONDO wird diese Methode seit 2007 aktiv verwendet. Durch Outcome-Mapping werden Veränderungen im Verhalten, Aktivitäten von Personen und Interaktionen in das Zentrum der Wirkung gestellt (Kuijstermans, 2019, S. 5). Generell finden Evaluierungen statt, da die Organisationen davon überzeugt sind, dadurch noch produktiver und nachhaltiger zu arbeiten. Dennoch sind sich die Organisationen auch bewusst, dass der Fokus auf die Outcome-Orientierung die Partner*innen vor Probleme stellen kann. Dazu zählen zum Beispiel Fragen der Kapazitäten oder Finanzierung, der Umsetzung, das Wissen über die Durchführung, die Zielsetzung und Umsetzung, die Vielzahl an verfügbaren Methoden oder eine Ausrichtung der Projektziele an Zielen der Geber*innen, aber nicht an den Realitäten vor Ort. Deswegen kann es helfen, wenn sich alle im Projekt Beteiligten über die Outcomes verständigen und mit einer gemeinsamen Methode auf diese hinarbeiten. Auch wenn dadurch nicht alle Hindernisse und Probleme überwunden werden können, so hat es doch einen generell positiv zu bewertenden Effekt, sowohl in der direkten Arbeit als auch für die Projekte und deren nachhaltige Veränderungen (Kuijstermans, 2019, S. 2). Diese Veränderungen sind wichtig, passen oft jedoch nicht in die weitgehend monopolistische Finanzierung und zu den Erwartungen, dass die Friedensarbeit in bestimmte Projekte passen und sich nach bestimmten Zielen richten muss. So ist eine gewisse Kultur der Vorsicht entstanden. Es wird vermehrt über Erfolge berichtet, obwohl Misserfolge unvermeidlich häufig vorkommen und oft die fruchtbarste Arena für Lernprozesse sind. Die Abhängigkeit vom allgegenwärtigen Logframe bedeutet auch, dass die Umsetzer*innen oft nicht in der Lage sind, auf sich entfaltende Ereignisse zu reagieren, da sie diese zu Beginn nicht vorhergesehen haben. Sicherlich kann ein wiederkehrender Monitoring-Prozess dabei helfen, dies zu ändern und flexibler zu reagieren (Fisher & Zimina, 2009, 24,) Doch auch dies ist nur in einem bestimmten Rahmen möglich, da Monitoring-Prozesse nie alles abdecken können. Auf diese Weise wird aus einem nützlichen Planungsinstrument oft ein Mechanismus, bei dem jedes Thema separat behandelt wird. So besteht die Gefahr, dass es in dem sich entwickelnden Bild eines Konflikts seine Bedeutung verliert (Fisher & Zimina, 2009, S. 24). Dem soll durch das Verfahren von AGIAMONDO entgegengewirkt werden. Dabei wird ein Projektzyklus zur Analyse angewendet. Zunächst steht an erster Stelle die Analyse. Dabei werden zentrale Themen herausgearbeitet, eine Konflikt-, Organisations- und Kapazitätenanalyse erstellt und es wird sich mit dem Thema persönliche Kooperationen und deren Mehrwert befasst. In einem zweiten Schritt beginnt die Programmplanung. Hierbei stehen Projekt, VisionFootnote 11, MissionFootnote 12 und PartnerlandschaftFootnote 13 am Anfang. Es folgen erwartete und gewünschte Outcomes und Prozessmarker, eine Strategieentwicklung und die Verteilung von Aufgaben und Zuständigkeiten. Daran schließt das Thema Monitoring an. Hierzu wird ein Monitoring-Plan entwickelt. Es werden mögliche Outcomes und Strategien konkreter geplant und mit Aktivitäten verknüpft und das Thema Reflexion und Monitoring wird besprochen. Danach findet eine stetige Rückbindung und Überprüfung des zweiten Schritts statt, die Projektplanung. Am Ende steht der Schritt der Selbstevaluation, welcher einen Leitfaden und Reflexionsplan beinhaltet. Danach beginnt der Kreislauf wieder von vorne mit den Analysen (Kuijstermans, 2019, S. 11). Dabei wird in den Projekten mit verschiedenen Fortschrittsmarkern gearbeitet. Dies ist eine Reihe von Aussagen, die ein Fortschreiten von Verhaltensänderungen beschreiben, die von direkten Partner*innen erwartet werden. Sie beschreiben Veränderungen in Aktionen, Beziehungen und Interaktionen, die zum erwünschten Ergebnis führen. Um diese Veränderungen zu sehen, gibt es einen Monitoring-Plan, welcher auch Outcome- und Strategie-Monitoring umfasst. Dabei legt der erste Teil des Monitoring-Plans fest, was überprüft werden soll und mit welchen Tools dies geschieht, wohingegen der zweite den eigentlichen Prozess beschreibt (Kuijstermans, 2019, S. 100). Gerade diese Vielzahl von Analyseschritten zeigt deutlich, dass sich die Friedensarbeit professionalisiert hat. So wurde vor knapp 20 Jahren noch bemängelt, dass viele Organisationen nur unzureichende Analysen durchführen und sich dabei selbst nicht ausreichend verorten (Anderson, 1999).

Auch bei der GIZ steht der Gedanke der Veränderung im Vordergrund, welche durch narrative Diskurse aufgezeigt werden kann (giz, 2017, S. 3). Dabei werden Narrative als besondere Art der Erzählung verstanden. Sie können Einfluss auf die Wahrnehmung haben, da sie Gefühle und eigene Perspektiven vermitteln (giz, 2017, S. 71). Um Ergebnisse von Friedensprozessen zu verstehen, müssen Reflektionen über die folgenden Komponenten mit einbezogen werden: Konfliktanalyse, Konfliktdynamiken, Annahmen über die durch die Arbeit zu erwartenden Veränderungen, vermutete Outcomes (also die gewollten oder ungewollten Veränderungen in Konfliktdynamiken), Prozessindikatoren mit Bezug zu bestimmten Zielen, Friedensziele, die unterschiedlichen Ebenen, auf denen der ZFD arbeitet – vom Konsortium bis hin zu den Projekten –, Ressourcen und Ansätze der Arbeit des ZFD, Outputs (die Services oder Produkte, welche durch ZFD-Aktivitäten entstehen, normative Punkte wie Konfliktsensibilität, Gendergerechtigkeit und menschenrechtsbasierte Ansätze) (giz, 2017, 4 ff.). Dabei können generell durch einen bestimmten Input, welcher als Ressource verstanden wird, Aktivitäten entstehen, die zu Outputs führen, die wiederum in Outcomes münden und Impact erzeugen (giz, 2017, S. 9). In einem Projekt kann es beispielsweise ein großes übergeordnetes Ziel geben. Dies kann durch Veränderungen auf unterschiedlichen Leveln wie zum Beispiel auf individueller/persönlicher Ebene und auf gesellschaftlicher Ebene erreicht werden. Somit kann es verschiedene Outcomes geben, die dazu dienen, den größeren Impact zu erreichen (giz, 2017, S. 11). In der Praxis ist es wichtig, dass Planning-Monitoring & Evaluation (PM&E) als ein gesamter Prozess betrachtet wird. Dieser findet immer auf drei unterschiedlichen Ebenen statt: in dem Projekt, in dem Programm und im Konsortium. ZFD-Projekte dauern in der Regel drei Jahre. So soll im ersten Jahr auf dem Projektlevel ein Planungsworkshop stattfinden, daraus folgt die Planung der Operationalisierung und das Festlegen der Projektindikatoren und der erwarteten Outcomes. Auf dem Programmlevel werden in dieser Zeit die Programm-Outcomes und Prozessindikatoren festgelegt. Im zweiten Jahr findet auf Projektlevel der Monitoring-Prozess der Implementierung statt, es erfolgt eine erneute Planung der Operationalisierung und das erneute Festlegen der Projektindikatoren und erwarteten Outcomes. Auch auf Programmlevel findet eine Neuidentifikation der Outcomes und Indikatoren statt. Im dritten Jahr erfolgt auf Projektlevel das gleiche Vorgehen wie im zweiten Jahr, wobei der Schwerpunkt nicht mehr so sehr auf der Implementierung liegt. Auf Programmlevel findet zusätzlich die Programmevaluation statt. Über die gesamten drei Jahre hinweg findet durch das Konsortium ZFD das Monitoring der trägerübergreifenden Landesstrategie statt und der Frage, wie sie in den Programmen und Projekten umgesetzt wird (giz, 2017, 16 ff.).

Auer-Frege führte 2007 eine Studie durch, in der sie über 40 deutsche Organisationen befragte, welche im In- und Ausland in der Zivilen Konfliktbearbeitung arbeiten. Dabei stellte sich heraus, dass alle Organisationen betonten, die Projekte nur begleiten und unterstützen zu wollen. Sie sind allparteiliche, unterstützende Institutionen, welche möglichst wenig in die Friedensprozesse eingreifen wollen. Vielmehr schaffen sie ein konstruktives Umfeld (Environment for Peace), stärken positive Elemente (Connectors) im Konflikt und grenzen gleichzeitig die negativen Faktoren aus (Dividers/Spoilers) (Auer-Frege 2010, S. 25). Jedoch war es allen Organisationen im gleichen Maße bewusst, dass die Projekte auch dazu führen können, dass Dinge vor Ort ersetzt werden könnten. Es wird davon ausgegangen, dass die Projektarbeit nur zu persönlichen und gesellschaftlichen Veränderungen führen kann, wenn die Personen, die von den Projekten profitieren sollen, deren Ziele und Inhalte annehmen, sich mit ihnen identifizieren und selbst aktiv handeln. Dies hat zur Folge, dass Projekte in der Regel eine lange Planungs- und Vorlaufzeit benötigen. Eine Zeit, in der die Bedürfnisse vor Ort und die Konflikthintergründe und Konstellationen von Akteur*innen im Konflikt zu analysieren sind. Inwieweit dies in der Praxis in den drei Jahren eines Projektes möglich ist, obwohl in der Regel zehn Jahre für eine sinnvolle Umsetzung von Friedensprojekten gefordert werden (Reimann, 2007, S. 104), wird die empirische Analyse in den Kapiteln 6 und 8 zeigen. Drei Kalenderjahre sind dabei oft zu kurz bemessen (Auer-Frege, 2010a, S. 26) und führen zu einem „hit and run peacebuilding“ (Bächtold et al., 2013, S. 10).

Der PM&E-Prozess soll im Sinne einer Wirkungsorientierung erfolgen und wird schon im Antrags- und Berichtswesen einheitlich abgebildet (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7). Es gelten für die PM&E-Prozesse die durch das Konsortium vereinbarten Darstellungen zur Wirkungslogik. Wie diese umgesetzt werden, ist den einzelnen Träger*innen jedoch überlassen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7). In den PM&E-Prozessen, die wie erwähnt, auch auf der Projektebene stattfinden, ist es deswegen wichtig, dass sie als partizipativer Prozess gestaltet werden. Dass alle Akteur*innen mit einbezogen werden, sie aus einer neutralen Perspektive und transparent stattfinden, komplementär sind, in einem bestimmten zeitlichen Abstand durchgeführt werden und kontextspezifisch sind. Generell sollten jedoch im Sinne der Wirkungslogik zunächst zentrale, direkte Wirkungen formuliert werden. Dabei ist es wichtig, dass die direkten Ziele und Wirkungen eines Projektes im Prozess der Antragsbewilligung zwischen dem BMZ und den ZFD-Trägerorganisationen verbindlich vereinbart werden. Dann wird zu jeder direkten Wirkung die aktuelle Ausgangssituation beschrieben und es werden Prozessindikatoren festgelegt. Diese definieren klare Beobachtungsfelder und beschreiben angenommene Situationen. Dabei dienen sie nicht als Messlatte, sondern vielmehr der Reflexion des Projektes. Diese weiteren Schritte können im Prozess immer wieder angepasst werden. Außerdem werden Annahmen über wichtige Wirkungszusammenhänge formuliert, welche dann die Summe der Wirkungslogik des Projektes ergeben (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 8). Um Nachhaltigkeit für Projekte in der Friedensarbeit zu gewährleisten, ist es auch wichtig, das Projektende und einen möglichen Ausstieg der Geber*innen mitzudenken. Ein erfolgreicher Ausstieg kann von einem erfolgreichen Einstieg abhängig sein, da die Art und Weise, wie Beziehungen beginnen, Einfluss darauf haben, wie diese Beziehungen enden. CSOs, Spender*innen und Empfänger*innen sollten zusammenarbeiten und von Anfang an einen Ausstiegsplan erstellen (Leach, 2018, S. 4). Dabei ist es für die PM&E-Prozesse wichtig, dass diese auch ohne linear-kausale Bezüge die Wirkungslogik eines Projektes beschreiben können, sie vom Umfang her nicht zu komplex und gut umsetzbar sind, dass Anpassungen im Projektverlauf vorgenommen werden können, nicht intendierte Wirkungen möglich sind und ein Dialog über den Prozess zwischen BMZ und ZFD-Träger*innen geführt wird (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, 7 ff.). Dieser Prozess zeigt deutlich, dass PM&E zwar ein wichtiger Prozess ist und Partner*innen vor Ort eingebunden werden. Dass jedoch durch den Prozess an sich bestimmte inhaltliche Vorhaben und Vorgaben der Geber*innen gesetzt werden, sei es inhaltlich, thematisch oder methodisch, an die sich die lokalen Partner*innen anpassen. Oft auch, um möglichst schnell Output zu produzieren (Barnes, 2009, S. 144).

Auch wenn diese Prozesse je nach Organisation anders ablaufen, so gibt es doch neben den oben bereits genannten gemeinsamen Definitionen von Wirkungen auch bestimmte Elemente, die organisationsübergreifend vorhanden sind und eine Rolle spielen. Dies sind zum einen die trägerübergreifenden Landesstrategiepapiere (TLS), welche 2011 in der Evaluierung empfohlen (Paffenholz, 2011, S. 7) und im Zuge des Reformprozesses eingeführt wurden (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7). Sie dienen dem ZFD vor Ort als Strategien und sollen seine Relevanz und Wirksamkeit erhöhen und sein Profil in den einzelnen Ländern stärken (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7). Dabei kann die gemeinsame Erstellung einer TLS sehr herausfordernd sein. Denn jede Organisation bringt für sich schon bestimmte Strategien mit und die Organisationen in einem Land können sehr unterschiedliche thematische und regionale Schwerpunkte haben, die nicht immer einfach zu vereinen sind (Tahirou & Eberlein, 2019, S. 26). Diese Diversität stellt jedoch gleichzeitig eine der großen Stärken des ZFD dar. Die TLS sollen diese Vielfalt nicht in ein Raster pressen oder in einem ZFD-Landesprojekt vereinen und uniformieren, sondern einen Mehrwert für alle Beteiligten darstellen (Goedeking, 2014, S. 23). Ein TLS wird in verschiedenen Schritten vor Ort erstellt. Es findet eine Analyse des Kontextes statt, Peace-Needs werden identifiziert und gemeinsame Ziele festgelegt. Dies sind zum einen langfristige Ziele und Ergebnisse, die alle Beteiligten gemeinsam erreichen wollen und sie sind als Wirkungen (Impacts) zu verstehen. Zum anderen sind dies Ziele und Ergebnisse, die die ZFD-Organisationen gemeinsam über einen Dreijahreszeitraum erreichen wollen. Dazu werden Methoden und Herangehensweisen identifiziert (Goedeking, 2014, 24 f.). Es findet also zuerst eine systemische Kontext- und Relevanzanalyse statt, dann die Strategiebildung und dann die Festlegung der Querschnittsthemen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 3.1. S. 2 f.). Dabei muss jede TLS die folgende Struktur aufweisen: Einleitung, Kontext- und Relevanzanalyse, Ziele des ZFD-Engagements im Sinne trägerübergreifender angestrebter Wirkungen, Arbeitsansätze, Kooperationen und Synergien, Wissensmanagement und Wirkungsbeobachtung, Sicherheitslage (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 3.1. S. 3 f.). In diesen Prozess sind alle Fachkräfte, Organisationen und Partner*innen eingebunden, die Ownership soll also vor Ort liegen. Dazu finden Planungsworkshops statt. Hierbei ist es wichtig, gemeinsame Ziele zu setzten und die Notwendigkeit zu erklären, da nicht alle Beteiligten die gleichen Prioritäten in den TLS sehen (Goedeking, 2014, S. 24). Außerdem gibt es eine Rückkoppelung zu den Büros der Organisationen in Deutschland, wenn gewünscht unter Beteiligung der deutschen Botschaften vor Ort und dann wiederum auch zum AA und BMZ, die sie letztlich genehmigen müssen und prüfen, ob die TLS mit der generellen Außenpolitik kompatibel sind (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7; Goedeking, 2014, 23 f.). Die TLS sind ein Ergebnis der Evaluation und des anschließenden Reformprozesses von 2011 bis 2013. So wurden zu Beginn dieses Prozesses im Jahr 2012 zunächst im Konsortium bestimmte Rahmenbedingungen und Terms of Reference für die TLS festgelegt. Anschließend wurden sie in Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo, den Palästinensischen Autonomiegebieten, in Israel und auf den Philippinen getestet (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7; Goedeking, 2014, 23 f.). Die TLS dienen zum einen als Steuerungselement in den jeweiligen Ländern, aber auch als Referenzdokument und Dialog über die Arbeit des ZFD. Die TLS werden auf der jeweiligen Landesebene regelmäßig evaluiert, dies muss mindestens einmal im Jahr stattfinden. Alle drei Jahre wird gemeinsam mit dem BMZ evaluiert, ob eine Anpassung des Dreijahresplans notwendig ist (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 7; Goedeking, 2014, 23 f.).

Ein weiteres gemeinsames Element ist das Wissensmanagement. Dies hat besonders in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Im ZFD sind es die Menschen, die das Wissen haben und es weitergeben. Da der ZFD jedoch ein dynamisches Arbeitsfeld ist, kann Wissen durch Personalwechsel verlorengehen. Wissensmanagement soll dem entgegenwirken. Außerdem trägt es zur Vernetzung und zum Austausch bei (Kohls, 2019, S. 78). Dabei wurden für das Wissensmanagement im ZFD folgende Ziele durch das Konsortium festgelegt: Der Austausch von Wissen und Erfahrungen muss in allen Bereichen des ZFD intensiviert und systematisiert werden, damit gemeinsames Lernen stattfinden kann. Es soll ein gemeinsames Informations- und Managementsystem für Dokumente geben, in dem Methoden und Erfahrungen ausgetauscht werden können. Dadurch soll auch eine Vernetzung von verschiedenen, professionellen Diskursen stattfinden (Kohls, 2019, 78 f.). Um dies zu erreichen, wird der Face-to-Face-Austausch gefördert, der Austausch zwischen Organisationen unterstützt und die technische Plattform „CPS KnowledgeNet“ (in verschiedenen Sprachen) zur Verfügung gestellt (Kohls, 2019, 79 f.). Das Wissensmanagement steht jedoch noch vor einigen Herausforderungen. So hat sich zwar eine Vielzahl von Personen im System angemeldet, ist dort jedoch nicht so aktiv wie gewünscht. Auch ist das System bei Fachkräften bekannter als bei den lokalen Partner*innen. Ferner haben viele ZFD-Organisationen ihre eigenen Managementsysteme für Wissen und oft ist unklar, ob diese nun parallel genutzt werden. Zudem wird Wissen als wichtige Ressource angesehen und es gibt Hemmungen, einige Informationen zu teilen (Kohls, 2019, 79 f.).

Friedensarbeit nach ihrer Wirkung zu beurteilen ist sinnvoll, jedoch ist es schwierig, allgemeingültige und vergleichbare Kriterien aufzustellen, da jedes Projekt anders ist (Auer-Frege, 2010a, 26 f.). Deswegen ist es ist hilfreich, dass sich die Organisationen selbst als Lernende verstehen (Meintjes, 2006, S. 12) und eine ständige Reflexion der eigenen Arbeit und Ansätze stattfindet (giz, 2015, S. 3). Ebenfalls ist es wichtig, dass auf den jeweiligen Kontext zugeschnittene und spezifische Messwerte angelegt werden (giz, 2015, S. 7). Wirkungen folgen keinem linearen Ursache-Wirkungs-Prinzip (Burba & Stanzel, 2015a, S. 6). „Wenn die Friedensarbeit erfolgreich war, herrscht Frieden. Könnte man meinen. Aber Frieden ist weniger ein Zustand als vielmehr ein Weg“ (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2012, S. 1). Es ist wichtig, immer wieder zu beachten, dass Friedensarbeit einen langen Atem braucht (Konsortium Ziviler Friedensdienst, 2012, S. 1). In der Friedensarbeit wird mit festgelegten Standards gearbeitet. Dies gilt auch für die Ziele der Arbeit, welche auf Resultate ausgelegt sein sollen. Sicherlich ist es in der Praxis hilfreich, eine Zielsetzung und einen Fokus in der Arbeit zu haben, um sich daran orientieren zu können. Dennoch kann eine klare Impact-Messung sehr schwierig sein und verschiedene Herausforderungen mit sich bringen (Bächtold et al., 2013, S. 6). Bei der Erarbeitung von Zielen und Messinstrumenten, wie die Ziele erreicht werden sollen, ist es hilfreich, wenn Geber*innen, durchführende Organisationen und lokale und internationale Akteur*innen gemeinsam entscheiden (Bächtold et al., 2013, S. 6). Konfliktive Situationen sind sehr dynamisch, komplex, auf verschiedenen Ebenen miteinander verbunden und werden schnell von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dies macht sozialen oder gesellschaftlichen Wandel oft zu einem nicht linearen Prozess. Sie treten vielmehr oft nicht vorhersehbar oder planbar auf (Bächtold et al., 2013, 7 f.; FriEnt, 2013, S. 12). Auch sind jeder Konflikt und jeder Kontext anders, so dass es schwer ist, ein Set von Evaluationen oder ein bestimmtes Messinstrument an alle Szenarien anzulegen. Auch in einem Projekt kann das Ergebnis zwischen verschiedenen Personen oder Akteur*innen unterschiedlich ausfallen, da die Akteur*innenlandschaft oft sehr divers ist. Bei solchen Maßnahmen müssen zudem immer die möglicherweise (unbeabsichtigten) negativen Auswirkungen durch die externen Akteur*innen mitberücksichtigt werden (Bächtold et al., 2013, 7 f.). Es ist wichtig, den Fokus auf die einzelnen Projekte zu legen und nicht auf den Frieden, beispielsweise auf einer nationalen Ebene (Bächtold et al., 2013, S. 8). Generell sind Veränderungen grundsätzlich besser zu beurteilen, wenn es eine Vorabstudie gibt. Diese Daten sind jedoch nicht immer in ausreichender Qualität und Quantität vorhanden (Bächtold et al., 2013, S. 8). Das Reflecting on Peace Practice Project (CDA, 2004), das erste größer angelegte Projekt über Erkenntnisse der Wirksamkeit von Friedensförderung, hat aufgezeigt, dass effektive Friedensarbeit eine gute Konfliktanalyse als Basis benötigt (CDA, 2004). Seitdem werden Konfliktanalysen nicht mehr nur als Analyse angesehen, um ein Projekt zu starten, sondern schon als erstes Ergebnis in einem Projekt (Bächtold et al., 2013, S. 9). Es ist wichtig, dass Zielformulierungen realistisch bleiben. So ist es nicht hilfreich, wenn Empowerment oder Versöhnung als Ziele gesetzt werden, ohne dass sie genau spezifiziert werden. Sie sind zunächst Worthüllen und müssen genauer beschrieben und definiter werden (Bächtold et al., 2013, S. 9). „Entwicklungspolitische Friedensarbeit ist kein Puzzle, bei dem man ‚nur‘ die richtigen Teile an die richtige Stelle platzieren muss, um zu Lösungen zu gelangen“ (FriEnt, 2013, S. 12).

4.5 Zivile Konfliktbearbeitung und Ziviler Friedensdienst – ein Zwischenfazit

Zivile Konfliktbearbeitung ist, wie das vorherige Kapitel gezeigt hat, ein schon lange verwendetes Konzept, welches jedoch in seiner Umsetzung stark variieren kann. Gerade durch das große Engagement von CSOs in der ZKB kann lokal angesetzt und auf unterschiedlichen Ebenen in der Gesellschaft gearbeitet werden. Dieses Vorgehen verfolgt auch der ZFD. Als Instrument der Personalentsendung des BMZ arbeiten Fachkräfte in verschiedenen Ländern entweder in oder mit Partnerorganisationen. Dabei nutzen sie das Instrument der ZKB, um langfristig positiven Frieden zu erreichen. Dabei ist der ZFD jedoch nicht nur in die Strukturen vor Ort eingebunden. Auch seine organisatorische Dimension muss betrachtet werden. Durch historisch gewachsene Strukturen in Deutschland ist der ZFD heute ein Gemeinschaftswerk zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Dabei hat sich der ZFD in den letzten Jahren immer weiter professionalisiert und wurde evaluiert. Elemente wie Evaluationen, Monitoring oder trägerübergreifende Strategien gehören mittlerweile auf allen Ebenen des ZFD zur Arbeit.

Organisationen setzen sich aus Menschen mit unterschiedlichen Identitäten zusammen und im Leben der Beteiligten erfüllen diese Organisationen verschiedene Rollen. Menschen, die sich an einer friedensfördernden Organisation beteiligen, können engagierte Friedensaktivist*innen sein. Sie können aber auch nur deshalb in einer Organisation arbeiten, um ihr Einkommen zu sichern. Solche multiplen Identitäten werden in einer Organisation reproduziert, denn Organisationen sind ein Raum, in dem sich Menschen treffen, von dem aus sie ihren sozialen Status und ihren Lebensunterhalt erwerben (van Leeuwen, 2009, S. 172). Durch diese auch sehr persönlichen Arbeitsaspekte im ZFD und die vielen verschiedenen Themen, Herangehensweisen und Rollenverständnisse kann es zwischen den Fachkräften und den lokalen Partner*innen zu Spannungen und Meinungsverschiedenheiten kommen. Ein gutes Beispiel hierfür bietet die Verwaltung der finanziellen Mittel. Je nach Organisation ist eine Fachkraft in unterschiedlichem Maße für die Prüfung der Finanzen zuständig. Einige tragen die komplette Verantwortung, einige teilen sie mit den Partner*innen und bei wieder anderen liegt die Verantwortung komplett bei den Partner*innen. Gerade wenn die Fachkraft eigentlich integriert, also als Mitarbeiter*in in der Organisation tätig ist, aber gleichzeitig die Finanzverantwortung trägt, kann dies zu einer schwierigen Doppelrolle führen (Meintjes, 2006, S. 12). Besonders in der Arbeit in fragilen Kontexten ergeben sich Herausforderungen im Bereich der Zusammenarbeit mit lokalen Akteur*innen und im Capacitybuilding (giz, 2015, S. 3). Problematisch ist zum einen, wie externe Akteur*innen lokale Akteur*innen unterstützen und wie sie Capacity aufbauen können, ohne dass sie dies in einem Top-down-Prozess tun, lokale Ideen übergehen und Abhängigkeiten schaffen. Dies kann gelingen, indem Programme und Angebote gezielt auf lokale Begebenheiten und Bedarfe zugeschnitten werden und in interkulturellen und interdisziplinären Teams gearbeitet wird. Außerdem helfen dabei Dialog und eine über einen längeren Zeitraum bestehende Zusammenarbeit (giz, 2015, S. 11). Eine weitere Herausforderung kann es sein, dass in einem bestimmten Gebiet oder zu einem bestimmten Thema schnell Unterstützung erfolgt und es akuten Handlungsbedarf gibt, gleichzeitig aber nicht das eigentliche Ziel der systematischen und nachhaltigen Unterstützung von lokalen Akteur*innen vernachlässigt werden darf. Hier ist es wichtig, immer wieder klar die eigentliche Aufgabe und das eigentliche Ziel zu kommunizieren. Auch wenn schnelle Nothilfe keine ZFD-Aufgabe ist, können zum Beispiel im Rahmen der Organisationsentwicklungen Strategien erarbeitet werden, wie Nothilfesituationen zu erkennen sind, wie ihnen langfristig entgegengewirkt werden kann oder wo entsprechende externe Unterstützung beantragt werden kann (giz, 2015, S. 16). Auch kann es eine Herausforderung sein, mit sich verändernden Umständen umzugehen, wenn zum Beispiel geplante Aktivitäten oder Frameworks nicht mehr zur Situation vor Ort passen. Hierbei ist es zunächst wichtig zu verstehen, dass dies gerade in fragilen Kontexten normal ist, da diese oft sehr dynamisch sind. Es kann hilfreich sein, die allgemeine Projektvision und die allgemeinen Projektziele möglichst breit zu fassen und so bei der Umsetzung flexibel zu bleiben (giz, 2015, S. 28). Die Aufgabe der Fachkräfte ist es, durch einen frischen, externen Blick von außen neue Impulse zu geben (FriEnt, 2013, S. 16) und so von innen zur Lösung bestimmter Probleme beizutragen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 5). Dabei ist es wichtig, mögliche Probleme produktiv zu nutzen. Zudem können ein interkultureller, offener und ehrlicher Dialog sowie vertieftes Wissen um Aufgaben und Engagement hilfreich sein (Méndes, 2011, S. 7). Jedoch kann es auch helfen, nochmals auf das Verständnis von Partnerschaft zu schauen. Die Art, wie Partnerschaft derzeit oftmals verstanden wird, ist strategisch und idealtypisch. Die Art der Partnerschaft zu reflektieren und zuzulassen, dass es sich oftmals in der Praxis bereits um andere Partnerschaftsformen handelt, kann in der Friedensförderung zu einem Paradigmenwechsel führen. Es besteht im Kontext der Friedensarbeit eine Lücke zwischen dem Ideal einer Partnerschaft und der für die meisten Nord-Süd-Partnerschaften wahrgenommenen Realität. Diese vermeintliche Partnerschaft ist eine ungleiche Partnerschaft. In einer Partnerschaft sollten keine Implementierungspartner*innen gesucht werden, die ein zu bearbeitendes Problemfeld, das vom Globalen Norden definiert wird, bearbeiten können. Vielmehr sollte zuerst entschieden werden, welche Akteur*innen vor Ort Potenzial für den gewünschten Wandel haben und diesen nachhaltig herbeiführen können, um dann gemeinsam Strategien zu entwickeln (Borries von, 2007, S. 199). Oft sind die Kriterien zur Auswahl von Partner*innen nicht transparent. Dies wäre jedoch ein hilfreicher Schritt, sowohl zur besseren Abstimmung zwischen Nord-Organisationen als auch für klarere Verfahren für die Akteur*innen vor Ort. Rein theoretisch könnte die Partner*innenwahl auch von Organisationen des Globalen Südens ausgehen. Dies stellt sich in der Praxis jedoch als große Herausforderung dar. Oft gelingt dies nur bereits erfahrenen und gut vernetzten Organisationen, welche englischsprachige Mitarbeitende haben und zentral gelegen sind (Borries von, 2007, S. 199).

Trotz der positiven Darstellung von ZKB, der Arbeit von CSOs und der Arbeit des ZFD müssen die einzelnen Punkte auch kritisch betrachtet werden. Dies darf nicht nur auf einer normativen, wissenschaftlichen Ebene geschehen. Diese Reflexion muss auch von den CSOs in der Praxis erfolgen. CSOs können nur erfolgreich arbeiten, wenn sie ihre bisherigen Entscheidungen und ihre bisherige Arbeit kritisch reflektieren (Carey, 2012, S. 23). Alle Organisationen und Akteur*innen in der ZKB und demnach auch im ZFD sollten angehalten sein, sich zu fragen, inwieweit sich ihre Praktiken und die Ansätze, mit denen sie arbeiten, durch die anhaltenden Debatten, die Reformbemühungen und Vorgaben schon verselbstständigt haben oder ob tatsächlich Veränderungen und Anpassungen stattfinden (Duckworth 2016, S. 5). Dazu müssen Organisationen in verschiedenen Bereichen bereit sein, zu lernen. Dies geschieht in einem partizipativen Lernprozess im Feld, aber auch auf Projekt- und Programmebene, auf Policy-Ebene und im Bereich Advocacy. Daraus lassen sich generelle und neue Positionen finden und ableiten (Brabant van 2001, S. 185). Dabei ist es wichtig, eigene Annahmen, Pläne, Modelle und Theorien immer wieder einem Realitätscheck zu unterziehen und diese zu reflektieren (Brabant van 2001, S. 187). Wie Friedensförderung in der Politik und in den Strategien von Organisationen formuliert wird, kann sich jedoch sehr von dem unterscheiden, was sie in der Praxis bei der Umsetzung tun. Dieses Spannungsverhältnis wird durch (inhärente) Machtasymmetrien oftmals noch verstärkt und auch das unreflektierte Verhalten über die eigene Rolle (Duffield 1997) bleibt problematisch. Oftmals wird kritisiert, dass die westlichen CSOs Konflikte, welche sie selber hervorrufen oder Konflikte zum Beispiel mit Partner*innen oder anderen Organisationen vor Ort nicht hinreichend reflektieren und aufarbeiten. Es werden in der Analyse der Konflikte oftmals nur interne Faktoren betrachtet und versucht zu bearbeiten. Nicht berücksichtigt aber werden globalere Faktoren wie Abhängigkeiten, Kolonialismus, erzwungene Staatenbildung oder eine Integration in den Weltmarkt. Wie sich dies auf die praktische Arbeit von CSOs auswirkt, wird in den Kapiteln 6 und 8 anhand empirischer Beispiele betrachtet.