Die vergangenen Kapitel haben sowohl den ZFD an sich als auch das Konzept der ZKB vorgestellt und dabei immer wieder das Thema Macht reflektiert und kritisch hinterfragt. An dieser Stelle wird nun vertieft in die ZFD-Landschaft eingeführt. Es werden empirische Ergebnisse vorgestellt, welche in Expert*inneninterviews in Deutschland und durch die Teilnahme an Vorbereitungsseminaren für Fachkräfte vor ihrer Ausreise gewonnen werden konnten. Durch dieses Kapitel können vertiefte Einsichten in den ZFD gewonnen werden. Zudem wird die Grundlage für die weitere empirische Forschung und das weitere Verständnis gelegt. Dabei wird zunächst der ZFD aus Sicht der durchführenden Organisationen dargestellt. Anschließend wird beantwortet, wer die lokalen Partner*innen sind.

6.1 Der ZFD aus Sicht der durchführenden Trägerorganisationen

Um die Hintergründe, Strukturen und Ansätze der einzelnen Organisationen, die die ZFD-Projekte durchführen, zu verstehen und das erworbene Wissen und die theoretischen Konzepte überprüfen zu können, führte ich Expert*inneneninterviews mit dem BMZ und mit den Programmverantwortlichen von sechs OrganisationenFootnote 1, die Projekte des ZFD durchführen. Damit die Befragten möglichst viel Freiraum für ihre Antworten hatten, wurden qualitative Interviews mit offenen Leitfragen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Interviews lassen sich in Bezug auf das Selbstverständnis der Organisationen, die Ziele des ZFD, die Wahrnehmung der Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen und allgemeine Herausforderungen, die in der Arbeit – gerade in Deutschland – auftreten, einordnen.

Schon in der allgemeinen Darstellung des ZFD in Abschnitt 4.4 ist deutlich geworden, dass die verschiedenen Durchführungsorganisationen unterschiedliche Herangehensweisen an ihre Arbeit haben, welche auch auf die unterschiedlichen Selbstverständnisse zurückzuführen sind. Hier wurde von den Interviewpartner*innen angemerkt, dass dies sehr positiv zu sehen ist. Der ZFD als Gemeinschaftswerk gibt den einzelnen Organisationen Raum, sich zu entfalten und Arbeit nach eigenen Richtlinien und eigenen Schwerpunkten durchzuführen, dies jedoch in gemeinsamen Strukturen und mit gemeinsamen Grundgedanken. So konnte in den Interviews festgestellt werden, dass das eigene Selbstverständnis grundsätzlich mit dem offiziellen ZFD-Verständnis einhergeht. Dieser Punkt ist sehr wichtig, da er die Grundlage für die Zusammenarbeit im Konsortium bildet und die Basis des ZFD darstellt. Sicherlich ist dies zum einen darauf zurückzuführen, dass der ZFD ein historisch gewachsenes Konstrukt ist, aber auch darauf, dass dieses Konstrukt schon immer von dem Austausch zwischen Organisationen gelebt hat. Dabei wurden von den Interviewten die folgenden Punkte als wichtigste Elemente dieses Selbstverständnisses identifiziert: die enge Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den lokalen Partner*innen, die Motivation, mit zivilen Methoden der Konflikttransformation zu arbeiten, die Fähigkeit, an Konflikten zu arbeiten, und die Rolle, als externe*r, eher neutrale*r Akteur*in zu handeln. Im Zuge dieses Blicks auf das Selbstverständnis der Organisationen im ZFD ist es ebenfalls wichtig zu schauen, welchen Stellenwert der ZFD in den einzelnen Organisationen hat. Einige Interviewpartner*innen betonten, dass der ZFD zusammen mit anderen Projekten der Friedens- und Entwicklungsarbeit durchgeführt wird, und zwar in etwa zu gleichem Maße oder mit einem geringen Anteil. Lediglich zwei Interviewpartner*innen gaben an, dass der ZFD mehr eine Randnotiz in der Organisation ist, auch wenn er an sich ernstgenommen und geschätzt wird. Dies läge zum einen daran, dass der ZFD kein Schwerpunkt der Organisation sei, da es noch so viele weitere Förderprogramme gebe, aber auch daran, dass der ZFD nur ein sehr geringes Finanzvolumen mit sich bringt. Dabei wurde ebenfalls von vielen Interviewpartner*innen betont, dass der ZFD in seiner Struktur und Zuwendungsform oft anders funktioniert als andere Programme, was für die jeweiligen Organisationen einen gewissen Mehraufwand mit sich bringt. Andere Organisationen hingegen, die einen größeren internen Schwerpunkt auf den ZFD gesetzt haben, betonten diesen Mehraufwand nicht.

Diese Besonderheiten zeigen sich auch in der Frage, wer die lokalen Partner*innen sind. Im Allgemeinen hat jede ZFD-Trägerorganisation die Freiheit, lokale Partnerorganisationen auszuwählen. Bei einigen handelt es sich um langjährige Partner*innen, die bereits in früheren Projekten zusammengearbeitet haben. Andere sind völlig neue Akteur*innen, die durch persönliche Kontakte oder Netzwerktreffen vom ZFD erfahren haben. In einigen besonderen Fällen gibt es auch Partner*innen, die auf Bitten des BMZ oder der Botschaft in den jeweiligen Ländern aufgenommen werden. Dabei werden bei der Auswahl je nach Organisation verschiedene Kriterien angelegt. Immer jedoch werden Partner*innenverträge oder ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Einige Interviewpartner*innen betonten auch, dass sie grade bei neuen Partner*innen vorher eine Analyse durchführen und schauen, inwieweit CSOs vor Ort aktiv sind, wie sie kooperieren, wer Fürsprecher*innen sind oder wer ähnliche Arbeiten durchführt, und dass sie sich dann die für sich passende*n Partner*innen heraussuchen. Dies wird in der Regel immer in neuen Projektländern gemacht. In bestehenden Projektländern aber ist dies kein bei allen Organisationen gängiges Vorgehen. Einige der Befragten erwähnten ein grundsätzliches Problem im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, mit bestimmten lokalen Akteur*innen zusammenzuarbeiten. Es hieß, dass die Projektpartner*innen vor Ort eine bestimmte Verfasstheit haben müssten. Gemäß den ZFD-Standards ist es wichtig, dass es sich bei den lokalen Partner*innen um gemeinnützige, zivilgesellschaftliche Akteur*innen, kirchliche Organisationen oder öffentliche Institutionen handelt. Die genauen Kriterien sind spezifisch und werden von jeder einzelnen Organisation festgelegt (Gemeinschaftswerk ZFD 2014, S. 4). So sind zum Beispiel lokale Autoritäten, die nicht über eine solche Verfassung verfügen, keine realistischen Projektpartner*innen. „Es ist auf jeden Fall manchmal hinderlich, dass die Partnerorganisation eine gewisse Verfasstheit braucht. Zum Beispiel ist es schon dann hinderlich, wenn die Organisation aus politischen Gründen keinen Status bekommt“ (Interview pbi). Hierbei wurde von den Interviewpartner*innen jedoch auch betont, dass dies nicht an den Akteur*innen vor Ort liegt, sondern an der Verfasstheit des ZFD an sich. Diese Verfasstheit sollte jedoch keinen Druck für lokale Akteur*innen bedeuten, sich einen bestimmten rechtlichen Status zuzulegen, sondern eher eine Aufforderung an den Zuwendungsgeber, also das BMZ sein, flexiblere Fördermodelle zu entwickeln. Andere Interviewpartner*innen wiederum betonten, dass eine gewisse Verfasstheit der lokalen Partner*innen auch Vorteile mit sich bringt, da es dann nicht zu Überschneidungen von Personengruppen kommen kann. So könnten beispielsweise Personen, die im ZFD arbeiten, gleichzeitig nicht auch die Rolle einer lokalen Autorität in ihrer Gemeinde übernehmen, was zu Interessenskonflikten führen könnte. Auch müsse bedacht werden, dass einige Akteur*innen vor Ort eventuell selbst Konfliktpartei sein können. Das Risiko hierfür ist höher, wenn sie vor Ort nicht als CSO registriert sind.

Darüber hinaus zeigte sich, dass die Zusammenarbeit auch stark von der Einbeziehung der Partner*innen in die gesamte Projektgestaltung abhängt. Bei Brot für die Welt zum Beispiel liegt diese ganz bei den Partnerorganisationen, mit denen Brot für die Welt vor Ort zusammenarbeitet:

„Für uns war immer völlig klar, dass wir selbst keine Ownership die Entwicklungs- oder Friedensarbeit vor Ort betreffend, also über die Arbeit in den Projekten haben. Unsere Arbeit dient dazu, die Partnerorganisationen zu stärken oder bei ihrer Vernetzung zu unterstützen, die die Entwicklungs- und Friedensarbeit machen und verantworten“ (Interview Brot für die Welt).

Dies zeigt sich in der Umsetzung beispielsweise auch daran, dass die Koordinator*innen vor Ort in der Regel lokale Personen aus den Partnerorganisationen sind. Generell war allen Interviewpartner*innen gemein, dass sie die Ownership immer bei den Partner*innen vor Ort sehen. In der Praxis sieht die Umsetzung jedoch nicht immer so aus wie bei Brot für die Welt. So sind zum Beispiel beim forumZFD oder bei der GIZ die Mechanismen andere, da sie in den jeweiligen Ländern eigene Projektbüros haben und oftmals von dort aus über die Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen entscheiden. Dennoch gilt auch hier:

„Um zu verhindern, dass wir Prozesse initiieren, die gar nicht mitgetragen werden […], muss vieles von innen heraus entstehen. Wenn wir da nicht sehr genau drauf achten, dass unser externer Impuls, der sich gegebenenfalls auch sehr deutlich unterscheidet von dem, was Partner beschreiben, irgendwo Nährboden findet und auf Personen trifft, die das weitertragen, agieren wir losgekoppelt von lokalen Bemühungen und lokalen Interessen“ (Anonymes Interview mit ZFD-Organisation).

In Bezug auf die lokalen Partner*innen ist es wichtig zu erwähnen, dass etwa die Hälfte der Interviewpartner*innen in ihren Erklärungen die Lederach Pyramide (Lederach, 2001) erwähnte, welche in Abschnitt 4.4.2.2. diskutiert wurde, wenn sie von lokalen Partner*innen sprachen. Es wurde deutlich, dass es das erklärte Ziel aller Organisationen ist, die Basis der Pyramide, die Graswurzelebene, zu stärken und zu unterstützen, dies aber auch durch die Arbeit auf den anderen Ebenen erfolgt. Die Strategien zur Erreichung der ZFD-Ziele sind somit sehr unterschiedlich. Einige Organisationen arbeiten auf allen Ebenen, andere nur auf bestimmten.

„Ich würde die primären Zielgruppen der pbi-Arbeit in der Lederach-Pyramide ganz unten einordnen, aber das ist ja ein Grundansatz von pbi, wir versuchen eine Brücke zu bauen zwischen Graswurzelaktivisten, deren Stimme sonst oft überhört wird, zu internationalen NGOs, zu den nationalen Behörden, das heißt dann eher Track-Zwei-Level“ (Interview pbi).

Es gibt jedoch auch spezielle Projekte, die an der Spitze der Pyramide arbeiten (Top-Leadership), zum Beispiel GIZ-Projekte, die mit Regierungsvertreter*innen zusammenarbeiten. Auch hier bietet der ZFD in seinen flexiblen Auslegungen verschiedene Möglichkeiten, um mit unterschiedlichen Akteur*innen zu kooperieren. Wie bereits in Abschnitt 4.4.2.2. angemerkt, ist ein Nachteil der Lederach-Pyramide, dass sie zu statisch ist. Darüber hinaus haben viele ZFD-Projekte gezeigt, dass es eine Verknüpfung zwischen den verschiedenen Ebenen geben muss, um die beabsichtigten Inputs und Ergebnisse zu erreichen. Es ist daher wichtig zu bedenken, dass die lokalen Akteur*innen als Ergebnis der alltäglichen Interaktionen selbst auf fließende Weise Identitätskategorien schaffen. Sie sind transversal, flexibel und fließend, und die Akteur*innen können die Kategorien wechseln und sich selbst neu positionieren (Kappler, 2015, S. 876).

„Wenn ich von der Lederach Pyramide ausgehe, ist die schon ziemlich alt und drückt eine Selbstverständlichkeit aus, dass ich auf allen Leveln arbeiten muss. Wenn ich nur einen Fokus habe, dann verliere ich das Andere. Von daher muss ich mit den verschiedenen Multiplikatoren und Ebenen arbeiten und die Arbeit entsprechend ausrichten. Somit ist der Local Turn nicht wirklich eine neue Erkenntnis, die in der Praxis nicht schon angewendet wird. In meiner Beschränktheit als ein Akteur bin ich jedoch nicht ständig auf allen Ebenen aktiv. Wenn ich an der einen Stelle arbeite, muss ich schauen, wie habe ich die anderen im Blick oder weiß, dass da andere sind, mit denen ich vernetzt bin oder denen ich zuarbeiten kann“ (Interview AGDF).

Alle Interviews haben gezeigt, wie wichtig die Interviewten die Partner*innen schätzen und wertschätzen. Oftmals besteht die Zusammenarbeit bereits über einen sehr langen Zeitraum. Alle Organisationen halten es für sehr wichtig, die Partner*innen vor Ort ernst zu nehmen und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen.

„Es können Lösungen nur aus dem lokalen Kontext kommen. Ob jetzt die Nachfrage nach diesen Lösungen aus dem lokalen Kontext unmittelbar kommt oder ob man sie stimuliert, indem man Angebote macht, das ist eine andere Frage. Also es gibt sicher Situationen, in denen wir mit einem gewissen Analysevorsprung im Sinne des Blicks von außen und mit einem gewissen Angebot an Dienstleistungen auf Partner zugehen und diese lokale Ownership stimulieren, nicht simulieren. Sie muss dann allerdings irgendwann genuin sein und manchmal wird sie es auch erst später, manchmal gehen solche Versuche in die Irre; das muss man dann anerkennen und abbrechen. Wenn ein Anstoß von außen kommt, der zunächst überhaupt erstmal dazu führt, dass lokale Nachfrage entsteht und artikuliert wird, finde ich das jetzt nicht problematisch. Problematisch finde ich, wenn man so tut, als gäbe es genuines lokales Interesse, macht aber trotzdem in der Praxis sein eigenes Ding“ (Interview GIZ).

Auch um das Thema Ownership zu fördern, spielt besonders die Vernetzung der einzelnen ZFD-Projekte und Organisationen in den Ländern eine wichtige Rolle. Aber auch überregionale, thematische Vernetzung wird gefördert. Dies können Treffen zum reinen Austausch, zur Vernetzung oder für Weiterbildungen und Workshops sein oder die Zusammenarbeit an inhaltlichen Themen. Einige Organisationen führen auch spezielle Fachkräfte- und Partner*innentreffen durch, um die beiden Gruppen getrennt voneinander zusammenzubringen. Oder, um Raum zu schaffen, um sensible Themen anzusprechen und über die eigene Arbeit zu reflektieren. Inwieweit diese Themen dann jedoch tatsächlich mit der jeweils anderen Gruppe rückgekoppelt werden, bleibt offen. Vor allem dienen laut Aussagen der Interviewpartner*innen diese Treffen aber auch dazu, den ZFD-Zusammenhalt zu stärken und kollegialen Austausch über Organisationsgrenzen hinweg zu fördern. Jedoch ist auch anzumerken, dass diese Vernetzung je nach Land sehr unterschiedlich stark ausfällt und es auch Länder gibt, in denen laut Interviewpartner*innen kaum Vernetzung stattfindet. Ein Thema, welches im Zuge der Vernetzung auch wichtig wird, ist der Süd-Süd-Austausch. Dieser findet in einigen Organisationen regionsübergreifend in thematischen Workshops statt. Allerdings wurde mehrmals in den Interviews betont, dass dieser Austausch noch stärker gefördert werden könnte, dazu aber die finanziellen Mittel fehlen würden. Im Zuge der Vernetzung könnten auch die ZFD-Organisationen, die in Deutschland aktiv sind, vom Wissen der Süd-Partner*innen profitieren. Doch auch dafür stehen kaum finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung, so die Interviewpartner*innen.

Gerade wenn es um das Thema Ownership geht, gewinnt die Rolle der Fachkräfte an Bedeutung. Wie in Abschnitt 4.4. beschrieben, gibt es einige Organisationen, die mit integrierten Fachkräften arbeiten, in denen also die Fachkraft im Büro der Partnerorganisation mitarbeitet. Aber es gibt auch Organisationen, die nicht mit integrierten Fachkräften arbeiten. Außerdem gibt es Organisationen, die mit beiden Modellen arbeiten.

„Es gibt sehr gute Gründe für beide Herangehensweisen [die der integrierten und die der nicht integrierten Fachkräfte]. Die eine Position ist zu sagen, der Partner muss klar den Hut aufhaben. Auf der anderen Seite kann ich meine Rolle als Externer, wenn ich nicht in einer parteilichen Organisation eingebunden bin, anders ins Spiel bringen“ (Interview AGDF).

Alle Interviewpartner*innen betonten, dass beide Varianten Vor- und Nachteile haben. Bei integrierten Fachkräften existiert eine starke Bindung an und in die Partnerorganisationen. Das heißt, die Dienst- und Fachaufsicht der Fachkräfte liegt bei der Partnerorganisation und diese klärt auch, welche Ziele in und mit der Arbeit erreicht werden sollen. Hierbei erfolgt den Interviewpartner*innen zufolge ein kontinuierlicher Dialog. Für einige Interviewpartner*innen wird dadurch die Partnerorganisationen sozusagen zur Säule des ZFD in den jeweiligen Ländern. Es wurde betont, dass es ein ganz anderes Arbeiten ist, wenn eine Fachkraft in der Organisation vor Ort integriert ist, als wenn jemand von außen immer mal wieder mit der Organisation arbeitet: Anders in Bezug darauf, was die Fachkraft erfährt, wie sie sich damit identifiziert und wie sie diese Organisation beraten kann, weil sie sie besser versteht und tiefere Einblicke gewinnt. Als größter Nachteil der integrierten Fachkräfte wurde genannt, dass es schwer ist, die Distanz zu wahren. Denn es gebe so keine richtige Außensicht mehr, wodurch es schwierig werde, nicht selbst Teil von Konflikten zu werden. Dieser Nachteil, so einige Interviewpartner*innen, sei wiederum ein Vorteil für nicht integrierte Fachkräfte. Sie könnten unabhängiger arbeiten und brächten eine klarere Außensicht mit. Als Nachteil der nicht integrierten Fachkräfte wurde aufgeführt, dass sie oft an alte und konventionelle Praktiken und Rollenverständnisse der Friedens- und Entwicklungsarbeit anknüpfen. Dass also Entwicklungshelfer*innen in einer Organisation vor Ort mitarbeiten, um diese mit ihrem Wissen zu bereichern und ihr Wissen weiterzugeben, das ihrer Ansicht nach über dem lokalen Wissen steht. Die Frage der Neutralität war generell ein kontroverser Punkt in den Interviews. Einige Interviewpartner*innen gaben an, nicht an das Neutralitätsgebot zu glauben, da eine Fachkraft immer auch eine Position vertritt und ein Mensch an sich einfach nicht neutral sein kann. Angesichts dieser Aspekte gewinnt erneut die Frage nach der Rolle der Fachkräfte vor Ort und nach ihrer Legitimation an Bedeutung. Auch wenn es einen formalen Vertrag im ZFD gibt, stellt sich, wie ein*e Interviewpartner*in betonte, dennoch immer die Frage, auf welcher Ebene Legitimation hergestellt wird. Dabei kann es helfen, die folgenden Fragen zu reflektieren, um die eigene Rolle als Fachkraft zu klären: Wer hat mich geschickt? Bin ich willkommen, weil ich Geld oder Beziehungen mitbringen? Warum wird das Externe eingekauft? Laut diesem*dieser Interviewpartner*in muss ein Teil dieser Rollenklärung auch eine Antwort zum Eigeninteresse beinhalten. So kann es auch legitim sein zu sagen, dass man als Fachkraft ein Interesse an Konfliktregionen hat, weil sie Arbeitsplätze schaffen. Dabei sollte man nicht vergessen, die Abhängigkeiten zu reflektieren, von denen man als Fachkraft profitiert. Einigen Interviewpartner*innen zufolge muss man sich der moralischen und durch historische Verflechtungen gewachsenen Abhängigkeiten bewusst sein und sich in der Folge der eigenen Verantwortlichkeit stellen. „Zu sagen, es betrifft mich, ist der eine Schritt und dann zu schauen, wie kann ich mit den Leuten vor Ort verhandeln und klar machen, warum ich persönlich ein Interesse an dem Konflikt habe, ist der andere Schritt“ (Anonymes Interview mit ZFD-Organisation). Ein Punkt, der im Zuge von Ownership und Legitimität im ZFD immer wieder diskutiert wird, ist das eigene Rollenverständnis als Geber*in oder als Partner*in. Der Großteil der Interviewpartner*innen betonte, dass sie sich klar als Partner*innen und nicht als klassische Geberorganisationen sehen. Jedoch wurde auch angemerkt, dass diese Perspektive nicht immer leicht einzunehmen ist. Es kann durchaus vorkommen, dass der ZFD eher als klassische Geberorganisation wahrgenommen wird. Laut eine*r Interviewpartner*in richten die Partner*innen vor Ort ihre Interessen nach dem aus, was gerade gewünscht wird. Zudem spielt es laut der Interviewpartner*innen eine Rolle, dass viele lokale Organisationen Geld benötigen, um überleben zu können: „Also viele Partner wollen zunächst mal Geld. Zur Unterstützung ihrer Ziele. Ich will das jetzt gar nicht anrüchig darstellen, natürlich braucht eine NGO Geld“ (Anonymes Interview mit ZFD-Organisation). Es wurde hervorgehoben, dass diese andere, gewünschte Perspektive und Zusammenarbeit Zeit benötigt. Es sei erkennbar, dass die Idee des ZFD, je länger er in einem Land und je besser er vernetzt ist, umso schneller auf der Arbeitsebene umgesetzt wird. Aber auch die meist zu Beginn eines Programms stattfindenden Workshops, Gespräche und gemeinsam erarbeiteten Dokumente sollen den Partner*innen helfen, besser zu verstehen, dass der ZFD keine Geberfinanzierung, sondern eine personelle Unterstützung zum Ziel hat. Hier wurde in den Interviews jedoch deutlich, dass es für die Partner*innen keine langwierige oder intensive Vorbereitung auf den ZFD und die ZFD-Fachkraft gibt. Es wurde betont, dass dies zum Teil nicht nötig ist, da eine Zusammenarbeit schon lange besteht, die Aufgaben bei den Koordinator*innen vor Ort liegen oder die Vorbereitung verkürzt in kleineren Workshops stattfindet. Einige Interviewpartner*innen äußerten aber auch, dass eine bessere Partner*innenvorbereitung wünschenswert wäre.

Diese Vielfalt im ZFD, mit seinen unterschiedlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern*innen, machen ihn so interessant für die Debatte über die Einbeziehung lokaler Akteur*innen in die Friedensarbeit. Alle Organisationen haben das gleiche Ziel und arbeiten nach den gleichen Leitprinzipien, nutzen aber unterschiedliche Formen und Ansätze der Zusammenarbeit. Als Ergebnis dieser unterschiedlichen Ansätze zeigt sich offensichtlich, dass vielfältige Herausforderungen auftreten können. Dabei sind die Herausforderungen in den ZFD-Ländern zum einen mit den Themen verknüpft, an denen die Organisationen arbeiten, aber auch damit, wie die deutschen Fachkräfte arbeiten (integriert oder nicht integriert). Dennoch wurden einige Herausforderungen häufig genannt. So zum Beispiel, dass Partner*innen vor Ort unter schwierigen Bedingungen leben und arbeiten. So gibt es Situationen, in denen lokale Akteur*innen Verpflichtungen gegenüber anderen Geberorganisationen haben oder noch einer anderen Arbeit nachgehen, um ihren Lebensunterhalt sichern zu können. Darüber hinaus wurden logistische und bürokratische Herausforderungen erwähnt, wie zum Beispiel, dass einige Partner*innen schwer zu erreichen sind oder Prozesse vor Ort einfach länger dauern. Gerade dieses „Länger dauern“ wurde immer wieder betont. Einige Interviewpartner*innen gaben an, dass dies im Globalen Süden „eben so sei“. Andere differenzierten, warum dies der Fall ist; zum Beispiel aufgrund von schlechtem Internet oder durch Mehrfachbelastungen der Partner*innen. Jedoch kamen die Interviewpartner*innen zu dem Schluss, dass die in den Ländern tätigen Fachkräfte und die lokalen Partner*innen diese Herausforderungen besser verstehen, einordnen und bewältigen können.

Eine weitere Herausforderung, die die Interviewpartner*innen ebenfalls für die Arbeit des ZFD in Deutschland identifizierten, betrifft das Projektmonitoring und die -evaluation (PM&E). Einige betonten, dass dies zwar eine Herausforderung sei, sie daran jedoch als Organisation gewachsen sind und die Qualität der Arbeit zugenommen hat. Es wurde oft erwähnt, dass das PM&E nach den neuen ZFD-Richtlinien für einige Akteur*innen relativ neu ist und in einigen Projekten erstmals umgesetzt wird. Diese Richtlinien wurden auch zu dem Zweck geschaffen, näher an den Realitäten des ZFD arbeiten zu können und Wirkungen nicht allzu abstrakt erfassen zu müssen.

„Ich glaube, wenn man die Anträge nur liest und vor Ort nichts kennt, fragt man sich sehr oft, was passiert da. Es sollen und müssen in den Anträgen keine konkreten Aktivitäten benannt sein, was auch nicht sinnvoll wäre in fragilen Kontexten, denn die zur Zielerreichung nötigen Aktivitäten können sich ändern; da muss ein Träger nicht exakt sagen, ‚wir machen zum Beispiel drei Workshops‘, das ist überholt. Wir arbeiten heute mit einer anderen Wirkungslogik. Die Wirkungen, die erreicht werden sollen, werden hier benannt, und dann wird uns hinterher berichtet, welche erreicht wurden. Es ist nicht quantitativ unterlegt, weil es qualitative Wirkungen sind und sie möglichst exakt beschrieben werden“ (Interview BMZ).

Dennoch wurde von anderen Interviewpartner*innen betont, dass die Pflicht, das PM&E umzusetzen, oft dazu führt, dass der Prozess nicht auf natürliche Bottum-up-Weise umgesetzt wird. Vielmehr ginge es darum, irgendwelche Wirkungen nachweisen zu müssen. Von einigen Interviewpartner*innen wurde sich mehr Freiheit schon in der Projektplanung gewünscht, die dann natürlich die Wirkungen beeinflussen soll. Aus der Freiheit, eine Organisation oder eine Person in einer neuen Idee zu unterstützen, die vielleicht auch schiefgeht, könnte beispielsweise eine neue Idee entstehen. Eine weitere Herausforderung scheint es zu sein, die Ergebnisse der PM&E in andere Arbeitsprozesse einzubeziehen. Hier liegt laut einer Interviewpartner*in die Schwierigkeit auch darin, dass in einem Projektantrag bestimmte Wirkungen formuliert werden und mit einem bestimmten Budget geplant wird. Dass aber das tatsächlich bewilligte Budget oftmals geringer ist. Somit können oft nicht alle zu Beginn erwünschten oder geplanten Wirkungen erzielt werden.

Ferner gaben die Interviewpartner*innen an, dass die Koordination der ZFD-Arbeit in den Ländern recht gut funktioniert, die Koordination des ZFD in Deutschland jedoch verbesserungsfähig sei. Generell galt das Konsortium ZFD als die ideale Plattform, um Aktivitäten zu diskutieren und zu koordinieren. Laut Aussagen der Interviewpartner*innen kann dies aufgrund fehlender Kapazitäten und hoher Arbeitsbelastung jedoch nicht in dem Maße erfolgen, wie es die meisten Organisationen wünschen. Generell wurde die hohe Arbeitsbelastung durch die Bürokratie und die Erschließung neuer Themen, die mit verbleibenden personellen Kapazitäten in den Organisationen in Deutschland umgesetzt werden müssen, als ernstes Dilemma identifiziert. Gerade mit Blick auf den bürokratischen Aufwand des ZFD wurde von den Interviewpartner*innen die Rolle des BMZ angesprochen. Mehrfach wurde beispielsweise betont, dass die Prozesse der Antragsstellung oft zu lange dauern. Dies sei besonders bei neuen Partner*innen oder neuen Projekten der Fall. Erst wenn eine ZFD-Organisation in einem Land Partner*innen vor Ort gefunden und die verschiedenen Wege im Antragsverfahren durchlaufen hat, kann es zur Auswahl der Fachkräfte kommen. Dafür vergehen zum Teil bis zu zwei Jahre. Das ist oftmals zu lang, da sich in der Zwischenzeit Bedarfe ändern können. Darüber hinaus wurden weitere bürokratische Hürden identifiziert: zum Beispiel das Belegverfahren für Ausgaben (Dokumentation, Führen von Listen) oder das Einholen von verschiedenen Angeboten in den Projektländern für größere Anschaffungen (ab einer gewissen Auftragssumme müssen drei verschiedene Angebote eingeholt werden). Generell wurde festgestellt, dass seit der ZFD-Reform deutlich mehr Verwaltungsaufwand anfällt. Dass aber der ZFD gleichzeitig eine Flexibilität in der Umsetzung ermöglicht, die sonst wenige staatlich geförderte Programme bieten. Vor allem in Bezug auf Planungssicherheit für die Organisationen in Deutschland, aber auch für die Personen in den jeweiligen Ländern, wurde als zusätzliche große Herausforderung die Projektlaufzeit bemängelt, die in der Regel auf drei Jahre festgelegt ist. Diese Laufzeit führt zum einen dazu, dass oftmals schon an den nächsten Antrag oder einen Folgeantrag gedacht werden muss, während noch die eigentliche Arbeit läuft. Andererseits bewirkt sie auch, dass vor Ort keine nachhaltige Arbeit geplant werden kann.

6.2 Vorbereitung von Fachkräften

Die Fachkräfte des ZFD, der ein Instrument der Personalentsendung ist, sind sein Herzstück und werden sowohl in den ZFD-Leitlinien als auch in den einzelnen Organisationen immer wieder in den Vordergrund gerückt (siehe Abschnitt 4.4.2.1.). Um die Fachkräfte und ihre Arbeit besser begreifen zu können, ist es deswegen wichtig, ihre Perspektiven zu verstehen. Dies bezieht sich in meiner Forschung nicht nur auf die Projekte selbst in Liberia, Kenia und Sierra Leone, sondern beginnt bereits einen Schritt vorher bei den Vorbereitungsseminaren vor der Ausreise. Dies ist wichtig, da es bislang vergleichsweise wenig Forschungsliteratur zur Vorbereitung von Fachkräften gibt. Somit führt die vorliegende Arbeit diese Vorbereitung systematisch ein, unterfüttert sie mit empirischen Daten aus Deutschland und greift deren Bedeutung für die Fachkräfte, wenn sie im Ausland arbeiten, an späterer Stelle (siehe Abschnitt 8.5.) erneut auf. Zudem ist es für die vorliegende Arbeit wichtig, die Vorbereitungen zu beleuchten, weil für die Arbeit im Ausland schon in der Vorbereitung bestimmte Weichen gestellt werden. So wird zum Beispiel thematisiert, wie Partnerschaftlichkeit verstanden wird oder wie eine Verortung im Projekt stattfindet. Themen, die die Arbeit der Fachkräfte prägen und für den empirischen Teil in Kapitel 8 von Relevanz sind. Zusätzlich werden in der Vorbereitung bereits Machtdynamiken deutlich. Wie in Kapitel 2 beschrieben wurde, entsteht Macht über Diskurse. Auch die Fachkräfte sind in diese Diskurse eingebettet und die Vorbereitung ist ein wichtiger Teil davon. Alleine dadurch, dass die Vorbereitung nicht für Partner*innen aus den jeweiligen Ländern stattfindet, der überwiegende Teil der Trainer*innen aus Deutschland kommt und durch die Art und Weise, wie Themen behandelt werden (zum Beispiel die eigene Positionierung in Bezug zum Projekt), zeigen sich Machtdynamiken im Diskurs und können sich manifestieren. Um diese verschiedenen Punkte zu beleuchten, werden im Folgenden zunächst die generellen Ideen und Inhalte einer Vorbereitung beschrieben. Schließlich werden die empirischen Ergebnisse der teilnehmenden Beobachtung während verschiedener Vorbereitungsseminare dargestellt.

Die Auswahl der Fachkräfte erfolgt nach den Standards der jeweiligen Organisation, aber im Einklang mit dem deutschen Entwicklungshelfer*innengesetz. Neben ihrer Auswahl spielt auch die Vorbereitung der Fachkräfte eine wichtige Rolle. Hier verfolgt jede Organisation ihre eigene Aus- und Fortbildungsstrategie, die jedoch nach einem bestimmten gemeinsamen Verständnis erfolgt. Die Organisationen haben mittlerweile ihr Angebot zur Ausbildung von Fachkräften, aber auch von Trainer*innen aufeinander abgestimmt (Rieche, 2006b, S. 35). So können Fachkräfte einer Organisation auch an den Trainings einer anderen Organisation teilnehmen. Dennoch gibt es keine einheitlichen Standards, wie in Gesprächen mit den Trainer*innen und den ZFD-Organisationen betont wurde.

Die Ausbildung umfasst eine Vielzahl von Themen. Alle Organisationen bieten dem jeweiligen Kontext angepasste Kurse zur Vorbereitung der Fachkräfte an. Sie finden teilweise intern, manchmal aber auch extern statt. Die Dauer hängt von der Organisation und den Vorkenntnissen der Fachkräfte ab. Sie kann nur einige Wochen, aber auch bis zu sechs Monate dauern. Bei den meisten Organisationen gilt das Prinzip der individuellen Vorbereitung. Dies bedeutet, dass genau darauf geachtet wird, an welchen Stellen eine Fachkraft noch Aus- und Weiterbildungsbedarf hat. Und zwar sowohl auf fachlicher Ebene, aber zum Beispiel auch in Form von Sprachkursen. Zu den so identifizierten Bereichen werden dann spezielle Trainings angeboten. Gleichzeitig gibt es auch einige Komponenten, die trotz individueller Vorbereitung immer angeboten werden. Dazu zählen zum Beispiel Grundlagen des ZFD oder der jeweiligen Organisation, aber auch Landeskunde und Sicherheitstrainings. Jedoch haben einige Mitarbeiter*innen von ZFD-Organisationen in den Interviews betont, dass die spezielle ZFD-Vorbereitung oft etwas zu kurz kommt und es keine so großen Unterschiede zu anderen Vorbereitungsformaten für Fachkräfte gebe, die ausreisen.

Dabei ist nicht nur eine gute interkulturelle Vorbereitung der Fachkräfte wichtig, sondern auch, dass sie Mechanismen und Diskurse von Macht und Herrschaft kennenlernen und dass sie diese in den Kontext einordnen können, in dem sie arbeiten werden (Reich, 2005, S. 482). Das ist zumindest die konzeptionelle Idee einiger Trägerorganisationen. Dass diese Themen in der Vorbereitung behandelt werden, ist für die Fachkräfte sehr relevant. Es wird immer wieder bemängelt, dass sie aber in vielen Vorbereitungen für Friedensfachkräfte fehlen: „It has also been criticized that often [international] NGOs lack an understanding of the broader social or economic context in given conflict zones where they engage as outsiders. In fact, very few civil society actors have the necessary knowledge, means and power“ (Fischer, 2011, S. 297). Mit den Trainings will der ZFD genau dieser Kritik durch eine intensive Vorbereitung der Fachkräfte entgegenwirken. Für die Vorbereitung gilt vor allem, dass es dabei nicht nur um die Vermittlung von Fähigkeiten geht, sondern auch um einen Prozess der Wissensentwicklung (Reich, 2005, S. 484), der Reflexion und der Arbeit an Ambiguitätstoleranz. Doch wie die kommenden Darstellungen und auch Kapitel 8 zeigen werden, findet dies auf sehr unterschiedliche Art und Weise statt. Bei jeder Fachkraft herrscht ein anderer Umgang mit dieser Thematik.

Um diese Vorbereitung genauer zu untersuchen, habe ich als teilnehmende Beobachterin an verschiedenen Seminaren teilgenommen. Dies waren das Seminar „Konzepte, Rollen und Realitäten – Ziviler Friedensdienst der AGEH“ (heute AGIAMONDO), das Seminar „Training zur katholischen Friedenslehre. Kirche und Konflikt – Teil des Problems, oder Teil der Lösung?“ von AGIAMONDO; Teile des Seminars „Wer, weshalb, wozu und wie? Rahmenbedingungen Personeller Entwicklungszusammenarbeit“ der AGIAMONDO; Teile des Seminars „Constructive third-party Intervention“ an der Akademie für Konflikttransformation und Teile des ZFD-Inhouse-Kurses der GIZ. Es wird nun zunächst kurz auf die Kontexte und Inhalte der einzelnen Seminare eingegangen, bevor dann eine zusammenfassende Analyse stattfindet.

Das Seminar „Konzepte, Rollen und Realitäten – Ziviler Friedensdienst der AGEH“ (heute AGIAMONDO) ist ein zweieinhalbtägiger Kurs, der sich an Fachkräfte von AGIAMONDO richtet, welche über den ZFD ausreisen. Während meiner Teilnahme haben drei Fachkräfte an dem Kurs teilgenommen. Alle lebten zu dieser Zeit auf dem Gelände von AGIAMONDO. Das ist durchaus üblich, da dort viele Vorbereitungskurse stattfinden. Sie hatten bereits an einigen anderen Kursen zur Vorbereitung teilgenommen. Der Kurs wird sowohl von Referent*innen von AGIAMONDO als auch von externen Expert*innen durchgeführt. Dieser Kurs beginnt mit einer Einführung in das Gemeinschaftswerk ZFD. Er informiert über die Entstehung des ZFD, die Struktur des Gemeinschaftswerks und die Rolle der verschiedenen Akteur*innen und die zentralen Grundlagen als eine gemeinsame Basis der einzelnen ZFD-Träger*innen. Außerdem geht der Kurs auf den ZFD bei AGIAMONDO ein. Er stellt die internen Strukturen sowie die Rolle der ZFD-Koordinator*innen vor und diskutiert das Selbstverständnis der Arbeit „Mehrwert Mensch und Partnerorientierung“ mit einer Verbindung zum Outcome-Mapping von AGIAMONDO (siehe Abschnitt 4.4.4.). Auch setzt der Kurs den ZFD in den Kontext einer katholischen Trägerorganisation. Hier wurde sowohl der Handlungsrahmen der Arbeit besprochen als auch auf die Bedeutung der „Justitia-et-Pax“-Strukturen für den ZFD von AGIAMONDO eingegangen. Nach diesen Grundlagen ging es auch um die Verortung der eigenen Rolle im Kontext des Projektes, des Landesprogramms und der trägerübergreifenden Länderstrategie. Nicht zuletzt wurde auch das Wissensmanagement des Konsortium ZFD behandelt.

Das Seminar „Training zur katholischen Friedenslehre. Kirche und Konflikt – Teil des Problems, oder Teil der Lösung?“ richtet sich nicht nur an ZFD-Fachkräfte, sondern generell an Fachkräfte, die über AGIAMONDO ausreisen. Es wird über zwei Tage in Kooperation mit externen Trainer*innenFootnote 2 durchgeführt. Hier geht es darum, die katholische Friedenslehre kennenzulernen und sich mit Themen wie dem Leitbild des „gerechten Friedens“ zu beschäftigen. Auch findet eine Auseinandersetzung mit der eigenen Beziehung zur katholischen Kirche und zu Begriffen wie Krieg und Frieden statt. Generell geht es also darum, die Kirche als Friedensakteurin kennenzulernen, aber auch kritisch (im Sinne von „Teil des Problems oder Teil der Lösung“) zu reflektieren.

Das dritte Seminar von AGIAMONDO, an dem ich teilgenommen habe, war „Wer, weshalb, wozu und wie? Rahmenbedingungen Personeller Entwicklungszusammenarbeit“. Dieser Kurs dauert zwei Wochen (angelehnt an Arbeitswochen und -zeiten) und richtet sich an alle Fachkräfte und deren mitausreisende Partner*innen, die über AGIAMONDO ausreisen. An diesem Kurs haben vier ZFD-Fachkräfte teilgenommen. Der Kurs wird von einer oder einem externen Trainer*in in Kooperation mit weiteren Trainer*innen geleitet. Da hier zum Teil auch sehr persönliche und vertrauliche Inhalte besprochen wurden, habe ich nicht die kompletten zwei Wochen, sondern nur punktuell teilnehmen können. Der Kurs beginnt mit allgemeinen Grundlagen und Informationen zu AGIAMONDO als Organisation, zu der personellen Entwicklungszusammenarbeit und zur Fachkräfteentsendung. Inhaltlich geht der Kurs dann auf interkulturelle Kommunikation ein und diskutiert mit praxisnahen Methoden Wert- und Normvorstellungen, Hierarchieverständnis und Kommunikations-Fallen. Danach wird der Kurs konkreter und richtet sich immer gezielter auf die Arbeit und die Situationen, die die Fachkräfte vor Ort zu erwarten haben. So findet eine Auseinandersetzung mit dem Beziehungsgeflecht der Vertragspartner*innen statt und die Fachkräfte ermitteln praxisnah die Rollen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, die in ihrem Projekt eine Rolle spielen werden (auch in Bezug auf die katholische Kirche und katholische Sozialethik). Außerdem wird der Blick darauf gerichtet, welche Akteur*innen in welchem Bezug und mit welchen Interessen zueinanderstehen. Auch über mögliche Erwartungen an die Fachkraft und ihr Selbstverständnis wird gesprochen. Praktische Aspekte der Arbeit spielen gleichfalls eine Rolle, so zum Beispiel das Vertragswesen, Technik, die Ausreise und die Rückkehr sowie Finanzen und Korruption.

Der Kurs „Constructive third-party Intervention“ an der Akademie für Konflikttransformation dauert eine Woche. Dieser Kurs ist buchbar für verschiedene Personengruppen und eine offene Anmeldung konnte über die Website vorgenommen werden. Einige Personen hatten den Kurs als Weiterbildung oder Vertiefung gebucht und einige Fachkräfte waren dabei, die von anderen Organisationen entsendet wurden. Jedoch gab es auch eine festere Seminargruppe, die in der Akademie für Konflikttransformation eine zehnwöchige Weiterbildung besuchte. Für diese letztgenannte Gruppe war dieser Kurs ein Teil des längeren Kurses. Einige Personen, die den kompletten Kurs besuchten, waren ZFD-Fachkräfte von unterschiedlichen Organisationen. Auch einige Personen aus Ländern des Globalen Südens nahmen an dem Kurs teil. Dies war im Vergleich zu den anderen Kursen eine Besonderheit. Der zehnwöchige Kurs wird von einer Person geleitet, die mit unterschiedlichen Trainer*innen zusammenarbeitet. Ich konnte zwei Tage an dem Kurs teilnehmen. In dieser Woche wurde vor allem auf verschiedene Möglichkeiten der Konfliktintervention eingegangen. Es wurden verschiedene Interventionsformen besprochen, ausprobiert und reflektiert.

Der ZFD-Inhouse-Kurs der GIZ dauert insgesamt zwei Wochen und richtet sich speziell an ZFD-Fachkräfte. Er ist Teil verschiedener Kurse, die die Fachkräfte zur Vorbereitung besuchen. Ich konnte den Kurs und die sechs Fachkräfte einige Tage begleiten. Der Kurs befasst sich zu Beginn mit dem ZFD in der GIZ, dem Aufbau und den Strukturen. Dabei geht der Kurs auf die Rolle und mögliche Rollenverständnisse in der Arbeit und in den Projekten vor Ort ein. Außerdem werden die Fachkräfte mit dem PM&E-System der GIZ (siehe Abschnitt 4.4.4.) vertraut gemacht. Da ZFD-Fachkräfte in konfliktiven Umfeldern arbeiten, fokussiert der Kurs außerdem die Erstellung von Konfliktanalysen. Dazu werden verschiedene Analysemethoden bearbeitet, ausprobiert und auf unterschiedliche, reale Kontexte übertragen. Hierbei spielen neben den Analysemethoden auch die Themen Do-no-Harm und Reflecting-on-Peace-Practices eine wichtige Rolle in der Vorbereitung.

Diese ausführlichen Beschreibungen der Kurse konnten gut aufzeigen, in welchen Bereichen die ZFD-Fachkräfte vorbereitet werden. Sie reichen von allgemeinen Informationen rund um den ZFD (inklusive Finanzierung und Monitoring) über trägerspezifische Informationen hin zu Konfliktanalysen, Rollenklärungen und praktischen Handlungsempfehlungen. Dabei fand die Vermittlung der Inhalte anhand verschiedener Methoden statt und erfolgte in der Regel partizipativ. Die Beobachtungen von Karl Ernst (Nipkow, 2013, 54 f.) zeigen, dass in den Trainingsseminaren allgemein sowohl praktische Fertigkeiten wie Konfliktanalyse, Projektmonitoring oder Methoden der Mediation vermittelt werden, um gut vorbereitet zu sein. Dass aber auch eine Reflexion der Arbeit relevant ist, also zum Beispiel der Werte und Bedeutungen, die der Arbeit zugrunde liegen. Diese Elemente lassen sich im ZFD wiederfinden, jedoch nicht auf Effektivität oder Nutzen hin vereinheitlichen. Denn letztendlich ist der Umgang der Fachkräfte mit ihrem erlernten Wissen jeweils ein anderer.

Auch wenn die Vorbereitung individuelle Elemente beinhaltet, die Umsetzung und Verarbeitung der Themen bei jeder Fachkraft anders aussehen und die Träger*in unterschiedliche Schwerpunkte setzen, konnten durch die teilnehmende Beobachtung in den oben angeführten Seminaren und in informellen Diskussionen mit den Trainer*innen, aber auch mit den Teilnehmenden, Ergebnisse zu folgenden Themen erarbeitet werden: 1) Verortung des ZFD in der Friedensarbeit; 2) die Rolle und Aufgabe der Fachkräfte; 3) die Rollen und Aufgabe der Partner*innen und 4) die Zusammenarbeit. Außerdem konnten die allgemeinen Informationen zum ZFD herausgearbeitet werden. Auf sie wird an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen, da sie mit den Beschreibungen in Abschnitt 4.4. deckungsgleich sind. Diese Themen sind unstrittig und haben während der Seminarteilnahme vor allem mir als Wissenschaftlerin geholfen, mein Wissen über den ZFD zu vertiefen und zu überprüfen. Dies stellt nur einen Ausschnitt aus einem vielfältigen Angebot an Vorbereitungskursen dar und erhebt keinen Anspruch auf ein vollständiges Bild. Die Ergebnisse können aber als Ergänzung zu den allgemeineren Ausführungen über die ZFD-Arbeit und die Rollen der Fachkräfte und Partner*innen gesehen werden, so wie sie in Abschnitt 4.4.2. beschrieben wurden. Sie dienen dazu, allgemeine Aussagen über den ZFD in der Praxis zu vertiefen.

In allen Seminaren spielte 1) die Verortung des ZFD in der Friedensarbeit eine wichtige Rolle. Diese Verortung erfolgte mit Blick darauf, mit welcher Konfliktdefinition im ZFD gearbeitet wird, was allgemein unter Friedensarbeit zu verstehen ist und wie ihre Umsetzung konkret mithilfe von bestimmten Methoden aussehen kann. Es fiel auf, dass überwiegend mit Definitionen und Theorien von Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen aus dem Globalen Norden gearbeitet wurde. Diskurse und Themen, welche im Globalen Süden diskutiert werden, fanden keinen Platz. Allgemein lässt sich feststellen, dass Konflikte als ein konstruktiver Bestandteil einer Gesellschaft betrachtet werden. Insofern wird eine Konfliktdefinition nach Galtung vorgenommen (Galtung, 1969, 1976; Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, S. 3). In Anlehnung an diese Definition wird auch Friedensarbeit als etwas Produktives verstanden. Die Aufgabe des ZFD und auch die Aufgabe der Fachkräfte wurde vor Ort in den Seminaren so vermittelt, dass davon auszugehen ist, dass die Fachkräfte direkt in und an Friedensprozessen arbeiten. Dabei kann diese Arbeit in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Zum einen gibt es die Kategorie des Working-in-Conflict: Handeln im Bewusstsein der Wechselwirkung zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Konflikt und zur Vermeidung oder Minderung negativer Wirkungen beitragen (Mindestanforderung des ZFD). Außerdem gibt es die Kategorie des Working-on-Conflict: Lösungen von Konflikten oder/und Konsolidierung von Friedensprozessen als erklärtes Ziel (dies macht den ZFD aus, allerdings als Fernziel in Zusammenarbeit mit den Partner*innen). Dann folgt die Kategorie des Working-around-Conflict: Konfliktthema wird vermieden/ausgeblendet (ZFD-Fachkraft kann Impulse geben). Zwar sind diese Ansätze alle im ZFD vertreten und werden von den verschiedenen Organisationen umgesetzt. Doch es ist deutlich geworden, dass sie durch die plurale Träger*innen- und Partner*innenstruktur je nach Organisation, aber auch je nach Fachkraft und Projekt unterschiedlich umgesetzt werden. Die Aufgabe des ZFD wurde betont, wonach die Erschließung von Friedenspotenzialen und die Stärkung von Friedenskapazitäten auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein Ziel ist. Ein Ziel, das durch die Zusammenarbeit mit lokalen Strukturen und Partner*innen erreicht werden kann. Diese Aufgabe findet sich ebenfalls in den offiziellen Dokumenten des ZFD zu seiner Aufgabenbeschreibung (siehe Abschnitt 4.4.) (BMZ, n. d.; Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a). Dabei wurde kritisch hinterfragt, inwieweit der ZFD durch diese Arbeit in Strukturen vor Ort eingreift und sie verändert. Dies zeigt, dass sich die Trainer*innen und Träger*innen bewusst sind, dass der ZFD durch die herrschenden Machtdynamiken, die sich im Programm wiederfinden und durch die Fachkräfte katalysiert werden, unbewusst und bewusst Veränderungen vor Ort schaffen kann. Die Fachkräfte waren sich in den Diskussionen einig, dass ihre Anwesenheit Veränderungen bewirken kann und soll. Dass aber der ZFD nur eine ergänzende Dynamik sei und nicht den Prozess bestimmen sollte. Gerade durch diese Zusammenarbeit mit den Partner*innen vor Ort wird der ZFD legitimiert, ein Punkt, der während der Seminare vielfach diskutiert wurde. Einige betrachten diese Legitimation als gegeben, während andere von einer Art politischer Intervention sprechen. Besonders in den Seminarpausen wurde über diese Themen diskutiert und machtkritisch hinterfragt, inwieweit der ZFD Teil einer größeren Friedensindustrie ist. Diese machtkritische Diskussion zur Vertiefung der Themen Neutralität oder Legitimität wäre eine gute Ergänzung der Seminarinhalte gewesen. So könnten die Rollen und inhärenten Machtstrukturen, die für die Arbeit der Fachkräfte entscheidend sind, vertieft bearbeitet werden.

In den Seminaren wurden verschiedene Methoden besprochen, wie Friedensarbeit im ZFD funktionieren kann. Als wichtigste Voraussetzung wurde immer der Do-no-Harm-Ansatz zugrunde gelegt (BMZ, 2013, 16 ff.). Die Arbeit wurde als eine ethische Herausforderung diskutiert. Im ZFD ist es wichtig, in den jeweiligen Ländern und Projekten zu Beginn der Arbeit, aber auch immer wieder im Prozess gemeinsam mit Personen vor Ort eine Konfliktanalyse anzufertigen. Sie gilt als Grundlage für jegliche Arbeit vor Ort und ist ein Teil des partnerschaftlichen Arbeitens und der erste Schritt der Intervention (giz, 2017, 4 ff.; Kuijstermans, 2019, S. 11). Konfliktanalysen sollen dabei Folgendes beinhalten: a) die Überprüfung, ob es sich tatsächlich um einen Konflikt handelt; b) die Bestimmung der Grenzen des Konfliktsystems, mit der Möglichkeit, diese später zu revidieren; c) die Verwendung von Konfliktanalysewerkzeugen, um sich auf bestimmte Aspekte des Konflikts zu konzentrieren. Dabei wurden folgende Methoden und Tools vorgestellt: Konfliktdreiecke nach Galtung, Konfliktzwiebel, Konflikteisberg, Glasls Eskalationsstufen eines Konflikts, Herangehensweise der Analyse nach Diana Chigas, Conflict-Mapping, Konfliktbaum, Mind-Map-Prozessebene und die Drei-Boxen-Analyse. Dies alles sind in der Friedensarbeit lang erprobte und bekannte Methoden. Auch diese vorgestellten Methoden wurden von Personen aus dem Globalen Norden in der Praxis und Wissenschaft verschriftlicht. Angewendet aber werden sie meist im Globalen Süden von Personen aus dem Globalen Süden. Es blieb außen vor, sich mit Meinungen, Stimmen oder alternativen Ansätzen zu diesen Methoden zu befassen. Gleichfalls wurden keine Stimmen aus dem Globalen Süden oder konkrete Methoden von Partner*innen einbezogen, die für die Arbeit der Fachkräfte in den jeweiligen Ländern hilfreich sind. Dies zeigt, wie stark die Trainer*innen und auch der ZFD in den Diskursen des Globalen Norden verortet sind und sich nicht für andere Diskurse öffnen. Da auf diese Weise nur eine bestimmte Art von Wissen vermittelt wird, kommt es zu einer Verfestigung von Machtstrukturen in der Denkweise der Fachkräfte. Je nach Seminar wurden zwar auch praktische Übungen mit den vorgestellten Methoden zur Konfliktanalyse kombiniert, doch auch sie konnten das Problem nicht beheben. In den Seminaren, die dies nur sehr verkürzt anboten, beklagten insbesondere die Fachkräfte mit geringer Erfahrung in diesem Bereich, dass sie sich nicht gut vorbereitet fühlten. In den Seminaren, in denen Konfliktanalysen für die jeweiligen Einsatzländer und Projekte angefertigt wurden, waren die Fachkräfte in sehr unterschiedlicher Art und Weise damit zufrieden. Einige waren mit der Situation vor Ort schon sehr gut vertraut und fanden es hilfreich. Andere, denen nur die Projektinformationen vorlagen, konnten nach eigenen Angaben die Übung nicht sehr vertieft durchführen und blieben mit vielen Fragen zurück. Neben Methoden der Konfliktanalyse wurden auch Methoden der Konfliktintervention besprochen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, in unterschiedlichen Konfliktphasen unterschiedliche Methoden anwenden zu können und dass zwischen Facilitation, Mediation, Negotiation und Dialogue unterschieden werden kann. Die Fachkräfte bemängelten, dass keine Definitionen dieser Begriffe geliefert wurden. Vielmehr wurde sich den Begriffen in praktischen Übungen genähert. Geübt wurde in verschiedenen Rollenspielen in Kleingruppen und es gab die Möglichkeit zur persönlichen Reflexion der eigenen Handlungen. Dabei wurden die eigene Rolle und die Aufgabe des ZFD kritisch hinterfragt. Es wurde festgestellt, dass es für Außenstehende schwer sein kann, in einem Konflikt zu vermitteln, da sie als Fachkräfte den Konflikt, die Menschen oder die Kultur beispielsweise nicht komplett verstehen. Viele Fachkräfte fühlten sich deswegen mit dem Gedanken wohler, Kapazitäten aufzubauen, um Mediation und Strukturen unterstützen zu können. Diese Selbsteinschätzung findet sich auch in der Grundidee des ZFD wieder. Sie besagt, dass die Fachkräfte Menschen und Organisationen in den Konfliktländern durch ihren Einsatz stärken und unterstützen (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 2). Wie grundlegend sich diese Idee jedoch von der Praxis unterscheiden kann, wird in Kapitel 8 mit Fallbeispielen aus Liberia, Kenia und Sierra Leone deutlich werden.

Wie in den bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, spielen die Fachkräfte eine entscheidende Rolle im ZFD. Deswegen ist es wichtig auf 2) die Rolle und Aufgabe der Fachkräfte etwas genauer einzugehen. Generell wurden die Fachkräfte mit vertraglichen Details vertraut gemacht. Gerade bei einigen der integrierten Fachkräfte (die direkt in einer Partnerorganisation arbeiten) wurde nochmals hervorgehoben, dass die Fachkraft Dienstnehmer*in gegenüber der deutschen Trägerorganisation ist. Dass von beiden Seiten Leistungen und Verpflichtungen zur Vertragserfüllung bestehen und die Fachkräfte jedoch weisungsgebunden vor Ort bei der lokalen Partnerorganisation sind. Dies ist eine Situation, die sich viele Fachkräfte bei ihrer Ausreise noch nicht richtig vorstellen konnten. Hierbei wurde nicht weiter diskutiert, welche Implikationen dies für ihre Rolle vor Ort hat und inwieweit dies zu Herausforderungen führen kann. Im Zuge dessen wurde auch auf die Begleitung der Fachkraft im Ausland eingegangen. Als Ansprechpersonen vor Ort wurden die Koordinator*innen benannt. Gleichfalls wurden Angebote für persönliches Coaching besprochen. Diese Punkte wurden sehr detailliert beleuchtet, um eine engmaschige Begleitung sicherstellen zu können. Umso erstaunlicher ist es, dass in allen Seminaren nicht genau auf die Arbeit der Fachkraft eingegangen wurde. Beziehungsweise darauf, wie diese Arbeit im Detail aussehen wird. Denn es wird der Ansatz verfolgt, dass die Fachkräfte über Rollen und Aufgaben gemeinsam mit den Partner*innen entscheiden und ein entsprechender Planungsworkshop vor Ort abgehalten wird, der ein fester Bestandteil im ZFD ist (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 6). Hier ist es fraglich, warum dies erst vor Ort stattfinden soll und warum die Partner*innen nicht zum Beispiel in die Vorbereitung eingebunden werden, um diese Rollenklärung gemeinsam zu erarbeiten. So reisen die Fachkräfte mit bestimmten Vorstellungen in das Land und in die Organisation, die eventuell weit von der Realität abweichen. Eine Trainerin bezeichnete die Fachkräfte auch als „Spürnasen“, die sich vor Ort oft erst Aufgaben suchen müssen. Diese Bezeichnung war für die Fachkräfte sicherlich motivierend gemeint. Aber aus einer machtkritischen und partnerschaftlichen Perspektive heraus ist dies eine sehr fragliche Aussage. Denn sie vernachlässigt komplett die Rolle der Partner*innen vor Ort, die in der Regel viele Aufgaben und Ideen haben. Besonders neue Fachkräfte betonten, dass diese Ungewissheit für sie schwierig ist. Sie würden gerne mehr Details kennen, um eine Vorstellung davon zu haben, was auf sie zukommt. Bei einigen der Organisationen wird auch ganz bewusst darauf hingewiesen, dass die Fachkräfte die ersten Monate vor Ort eigentlich noch gar keine Aufgaben übernehmen. Sie sollen vielmehr die Zeit nutzen, um Fragen zu stellen, Beziehungsarbeit zu leisten und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Sie sollen sich also als Lernende verstehen. Dies ist generell ein immer weiter verbreiteter Ansatz in der Friedensarbeit (Meintjes, 2006, S. 12). Laut Aussage der Trainerin würde dies auch dazu beitragen, postkoloniale Linien abzubauen. Wie genau dies aussehen soll, blieb jedoch ungeklärt, was symbolisch dafür steht, dass Machtkritik oder postkoloniale Diskurse zwar immer wieder gestreift, jedoch nicht vertieft behandelt wurden.

Diskutiert aber wurde im Zuge der Aufgabenfindung im Themenblock über die eigene Rollenfindung, inwieweit eine Fachkraft vor Ort neutral sein kann. Denn zum einen arbeitet sie mit den Menschen zusammen und taucht tief ein, und zum anderen soll sie eine externe Perspektive einbringen. Ein immer wieder gefordertes Credo (Die Bundesregierung, 2004, S. 10), das aber in der Praxis oft schwer umzusetzen ist. Insbesondere dann, wenn die Fachkräfte vor Ort leben und arbeiten (Quack, 2006, 18; Ropers, 2001, S. 524). Die sogenannte produktive Fremdheit, die im ZFD bei einigen Organisationen als gegeben empfunden wird (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014c, S. 5), wurde nicht von allen Fachkräften überzeugend wahrgenommen. Denn sie betonten einerseits, dass sie nicht neutral sein können, wenn sie vor Ort integriert leben und arbeiten. Andererseits wären sie als Personen aus dem Globalen Süden immer in einer privilegierten Sonderrolle. Über dieses Dilemma wurde viel gesprochen. Auch wenn es dazu keine direkten Übungen gab, wurde in Übungen zur Konfliktvermittlung deutlich, welche unterschiedlichen Effekte Nähe oder Ferne einer Fachkraft auf eine Mediation oder ähnliches haben können. Es wurde festgehalten, dass es wichtig für die Fachkräfte ist, ihre Rolle zu reflektieren, sich treu zu bleiben, aber auch offen darüber zu kommunizieren, Emotionen zuzulassen und die eigene Rolle immer wieder kritisch zu hinterfragen. Gerade dieser kritische Blick auf die eigene Rolle verdeutlicht das Spannungsfeld, in dem die Fachkräfte leben und arbeiten und das stark von Machtdynamiken geprägt ist. So wurden zum Beispiel Fälle besprochen, in denen die Fachkräfte zwar an einem Konflikt arbeiten, aber das Land verlassen, wenn dieser eskaliert. Zum einen wurde das schlechte Gewissen betont, die Partner*innen in dieser Situation alleine zu lassen, zum anderen aber auch, dass dies eine Entlastung für die Partner*innen sein kann. Generell wurde an solchen Beispielen immer wieder deutlich, dass es in der Arbeit ein Machtgefälle gibt und integrierte Fachkräfte nie wirklich integriert oder gleich sind. Doch es wurden kaum Handlungsmöglichkeiten besprochen. Auch wurde dieses Machtgefälle in keinen größeren Kontext eingebettet. Eine Fachkraft empfahl als Denkansatz für diese Herausforderung und deren Reflexion in einem Training einen systemischen Blick auf die Rolle und auf die Arbeit der Fachkraft. Demnach sollte die Fachkraft vor Ort als Störung angesehen werden und sowohl das System vor Ort als auch die Fachkraft sollten sich ändern, damit die Fachkraft hineinpasst. Diese Empfehlung blieb jedoch eher ein abstraktes Gedankenspiel, als dass den Fachkräften klar wurde, wie dies in der Praxis aussehen kann.

Als weiterer wichtiger Punkt wurden 3) die Rollen und Aufgaben der Partner*innen immer wieder besprochen. Hier ist gleich zu Beginn anzumerken, dass dies meist in direktem Zusammenhang mit der Rolle und Arbeit der Fachkräfte erfolgte. Gleichzeitig wurde sehr intensiv über die Partner*innen gesprochen, aber in keinster Weise mit ihnen in einem partnerschaftlichen Sinn. In den Seminaren wurde nur hervorgehoben, dass die Partner*innen den Fachkräften das Mandat, die Beauftragung und Verpflichtungen im Rahmen ihrer Tätigkeit zuweisen und vor allem bei integrierten Fachkräften auch zu Dienstgeber*innen werden. Interessanterweise kamen die konkreten Aufgaben der Partner*innen wenig zur Sprache. Es hieß, dass mit ihnen zusammengearbeitet werde und sie in der Regel sehr erfahrene Personen seien, die mit ähnlichen Modellen arbeiteten, wie sie in den Seminaren vermittelt werden. Fraglich bleibt, warum die Partner*innen nicht selbst zu Wort kommen. Dies wäre zum Beispiel über einen virtuellen Austausch möglich. So könnten viele offene Fragen der Fachkräfte besser geklärt werden. Es wurde auch nicht klar definiert, wer Partner*innen sein können. Diese Beobachtung deckt sich mit den sehr wenigen schwammigen Aussagen über lokale Partner*innen in den Dokumenten des ZFD (Gemeinschaftswerk ZFD, 2014a, Abschn. 5.5. S. 1 f.). Eingegangen wurde aber auf die Einordnung der Partner*innen in die Lederach-Pyramide. Eine Zuordnung, die trotz vielfacher Kritik immer wieder im ZFD zu finden ist (Brinkmann, 2000, S. 39; forumZFD/ Akademie für Konflikttransformation, 2017, S. 28; Schrader, 2008, S. 16). Allgemein blieben Partner*innen oft eher in einem Subjektstatus. Dies ist aus einer partnerschaftlichen Sicht, wie sie der ZFD verfolgt, sehr kritisch und kontraproduktiv zu sehen. Daran zeigt sich, dass die Partner*innen deutlich weniger Handlungsmacht haben und in der Partnerschaft keine gleiche Augenhöhe herrscht. In Diskussionen wurde darauf eingegangen, dass die Partnerschaft und die vermeintliche Arbeit auf Augenhöhe immer einem Aushandlungsprozess unterliegen. Es bliebe stets die Frage, wer welchem oder welcher Akteur*in Bezeichnungen überstülpt oder sie festlegt. Nicht detailliert besprochen wurde, ob es eine Arbeit auf Augenhöhe überhaupt wirklich geben kann und wie sie angesichts der herrschenden Ungleichheit und Machtverhältnisse aussehen könnte (glokal e. V., 2016). Vielmehr wurden Fragen diskutiert wie: Wie wird eine gute und wie eine schlechte Organisation definiert? Warum sind diese Zuschreibungen wichtig, was bringen sie? Über welche Akteur*innen wird geredet und über welche nicht? Allgemein blieben die Begriffe der Partnerschaft und der lokalen Akteur*innen jedoch sehr abstrakt. Weitestgehend blieb es den Fachkräften überlassen, sie für sich zu definieren.

Genähert wurde sich den Partner*innen in den meisten Seminaren über ein Mapping, das auf Basis von Projektunterlagen erfolgte. Auch hier gab es keine Einbeziehung der Partner*innen. Das Mapping bestand rein aus Projektanträgen, Unterlagen, die von den Trägern*innen aus Deutschland zur Verfügung gestellt wurden und aus einer Internetrecherche. Es sollte helfen, die Situation vor Ort mit den unterschiedlichen Akteur*innen und 4) die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur*innen darzustellen. So wurde zum Beispiel bei der Übung „Beziehungsgeflecht der Vertragspartner*innen“ von der eigenen Rolle ausgegangen. Die anderen Rollen und Einflüsse wurden darum herum gebaut. Darüber hinaus wurden ihre persönlichen Kontakte und mögliche neue Kontakte hinzugefügt. Diese Kontakte standen (laut Antrag) nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit dem Projekt, können aber dennoch eine wichtige Rolle spielen. So wurde die Vielzahl der Akteur*innen deutlich. Sichtbar wurden vor allem die unterschiedlichen Aufgaben und die Verteilung der Arbeit mit und um die Partner*innen vor Ort. Allerdings basierte dies nur auf einer hypothetischen Grundlage, die die Fachkräfte erstellten und die aber oftmals mit der Realität vor Ort nicht übereinstimmt, wie Kapitel 8 zeigt. Diese Kartierung ist nicht nur wichtig, um die einzelnen Akteur*innen und ihre eigene Rolle neu zu definieren. Sie dient auch der Vorbereitung der Arbeit selbst. Wie Zivile Konfliktbearbeitung definiert und angewendet wird, hängt von den bestehenden (sozialen) Strukturen, dem Konfliktgegenstand, den bestehenden Eskalationsebenen und den Konfliktparteien ab (Weller & Kirschner, 2005, S. 14). Gefolgt wurde hier einem Modell, welches Sinngebung, Partizipation, Autonomie und Kompetenz in den Fokus nimmt und folgenden gedanklichen Anregungen, die auf einen Idealzustand abzielen: Ich fühle mich in meinem Team gut eingebunden, ich kann das, was ich gut kann, hier am Arbeitsplatz auch einbringen, ich kann innerhalb meines Aufgabenbereichs selbst entscheiden, ich kann meine Arbeit so durchführen, wie ich sie sinnvoll finde, ich bin in die Ausarbeitung meiner Arbeitsziele eingebunden. Beispielsweise haben die entsandten Mitarbeiter*innen für ihr Projekt ein Akteur*innen-Mapping durchgeführt. Darin wurden die wichtigsten Akteur*innen in Deutschland, im Projektland und für das Projekt vorgestellt. In dieser Übung haben einige Seminarteilnehmende Machtdynamiken identifiziert, die sich zum Beispiel durch Geldflüsse abzeichneten. Auch wenn die Diskussionen zeigten, dass das Verständnis in allen Fällen sehr kooperativ und solidarisch war, hängt die Umsetzung in den ZFD Projekten jedoch immer von dem genauen Kontext und insbesondere vom Integrationsstand des entsandten Personals ab.

Neben dem Mapping und den Einflüssen der Akteur*innen wurden auch Konfliktlinien herausgearbeitet. Es wurde betont, dass es zum Beispiel vor Ort zu Konflikten kommen kann, wenn die Fachkraft strukturell arbeiten soll, aber eigentlich eine operative Arbeitskraft gewünscht ist. Hier wurde geraten, darauf zu achten, wer welche Interessen hat und warum. Der Machtaspekt aber blieb davon ausgeklammert. Verwunderlich ist jedoch, dass generell im ZFD Konflikte als etwas Produktives wahrgenommen werden. Dass aber auf die Konflikte, die in der Zusammenarbeit entstehen könnten, nicht als etwas Produktives eingegangen wurde. Hier zeigt sich schon in der Vorbereitung, dass Potenzial verloren geht, diese Konflikte im Sinne des Friction-Konzepts nutzbar zu machen. Zudem war es interessant, zu beobachten, dass von der Fachkraft als Mittelpunkt ausgegangen wurde. In den Übungen zu den Konfliktanalysen aber wurde die Rolle der Fachkraft meist vollkommen ausgeblendet und kaum kritisch diskutiert. Mit Blick auf diese beiden Punkte stellt sich die Frage, ob der ZFD bestimmte Leitgedanken zwar für die Akteur*innen und für die Arbeit vor Ort anwendet, nicht aber für die Arbeit der Fachkräfte. Generell ist festzuhalten, dass die Vorbereitung der Fachkräfte eine wichtige Rolle spielt und sie viele relevante Elemente umfasst. Wie hilfreich diese Elemente tatsächlich für die Arbeit im ZFD sind, wird in Abschnitt 8.5. genauer betrachtet. Dieses Kapitel hat gezeigt, dass die Potenziale von Stimmen aus dem Globalen Süden, und vor allem die der Partner*innen, nicht in die Vorbereitung eingebunden werden. Machtdynamiken werden in der Vorbereitung nicht vertieft behandelt, obwohl sie immer wieder auftauchen und angesprochen werden.

6.3 Implikationen für die weitere Forschung

Die hier dargestellten Ergebnisse beruhen auf empirischen Erhebungen, die zu Forschungsbeginn um das Forschungsfeld ZFD stattgefunden haben. Zum einen dienten sie dazu, den ZFD und seine verschiedenen Akteur*innen besser einordnen zu können. Zum anderen aber dazu, bestimmte wiederkehrende Themen herauszuarbeiten. Ersteres war besonders wichtig, um mit einem klaren Verständnis des ZFD nach Kenia, Sierra Leone und Liberia reisen zu können. Der zweite Punkt war einerseits wichtig, um den Forschungsstand und den konzeptionellen Rahmen zu überprüfen und ein Stück weit zusammenzuführen. Andererseits aber auch, um erste Themen für die weitere Forschung, die in Kapitel 8 dargestellt wird, herausarbeiten zu können. Bei diesen Themen gilt es zu beachten, dass Spannungsverhältnisse und Gegensätze deutlich wurden. Wie erwähnt, kommen in Seminaren Themen zur Sprache, zu denen die Fachkräfte eine andere Meinung haben, sich unsicher fühlen oder die aus postkolonialer Sicht nicht ausreichend diskutiert wurden.

Zusammengefasst geht es um die folgenden Themen:

  • Selbstverständnis der ZFD-Organisationen;

  • Verortung des ZFD in der Friedensarbeit;

  • die Rolle und Aufgabe der Fachkräfte;

  • die Rollen und Aufgaben der Partner*innen;

  • die Bedeutung der Vorbereitung für die Arbeit der Fachkräfte und Partner*innen vor Ort;

  • Ownership und Legitimität im ZFD;

  • die Ausgestaltung der Zusammenarbeit (inklusive Herausforderungen);

  • Machtdynamiken in der Zusammenarbeit und den Strukturen des ZFD.