Ich begrüße Sie sehr herzlich im Namen der Akademie der Wissenschaften in Hamburg zu unserem Symposium „Infektionen und Gesellschaft“.

Ich werde oft gefragt: „Was machen eigentlich Wissenschaftsakademien?“ Wissenschaftsakademien sind einerseits Orte der wissenschaftlichen Exzellenz. Andererseits sind sie eine Brücke der Wissenschaft in die Gesellschaft. Letzteres ist wichtiger denn je. Denn wir müssen gesellschaftliche Tendenzen beobachten, die es immer schwerer machen, wissenschaftlich fundierte Sachverhalte in die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Stichworte dazu sind „Fake News“ und „alternative Fakten“. Daher ist es bedeutsam, dass es Institutionen gibt, die Orientierung für die Gesellschaft bieten können – und die Akademien sind solche Institutionen.

Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg wurde 2004 gegründet und ist damit recht jung. Uns zeichnen zwei Besonderheiten aus. Erstens: Wir sind die einzige Akademie in Deutschland, die wirklich das volle Spektrum der Wissenschaften abbildet, von den Geisteswissenschaften bis hin zu den Naturwissenschaften. Zweitens: Trotz des Namens Akademie der Wissenschaften in Hamburg ist sie die norddeutsche Wissenschaftsakademie, denn zu unseren Mitgliedern gehören auch exzellente Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern.

Wir sind in Arbeitsgruppen organisiert. Einige davon decken hochaktuelle Themen ab wie etwa Friedensforschung, Wasserstoff im norddeutschen Klimasystem, globale Klimaveränderungen sowie eben Infektionen und Gesellschaft.

Dabei möchten wir Zusammenhänge besser verstehen und neue Zusammenhänge aufzeigen. Wir hoffen, zur Lösung der Herausforderungen beitragen zu können, vor denen die Menschheit steht. Es handelt sich um sehr vielschichtige, hochkomplexe Herausforderungen, die komplexe Antworten erfordern. Wir dürfen eben nicht den einfachen Lösungen folgen, die oft sehr lautstark und öffentlichkeitswirksam propagiert werden.

Wissenschaftskommunikation ist uns in der Akademie sehr wichtig. Wir haben unter anderem einen Podcast ins Leben gerufen, wir haben einen Twitter-Account und wir geben diverse Publikationen heraus, über die man sich auf unserer Homepage informieren kann.

Hier noch zwei Gedanken. Erstens: Ich habe gestern eine Schlagzeile gelesen, nach der China die erste Infektion eines Menschen mit dem H3N8-Vogelgrippevirus gemeldet habe. Ich als Laie kann das nicht einordnen und beurteilen. Eine andere aktuelle Schlagzeile: „In Indien ist es außergewöhnlich heiß.“ Was heißt das? Auch da, denke ich, wissen viele Menschen nicht, was sie mit einer solchen Schlagzeile anfangen sollen. Deshalb ist es gut, dass sich Arbeitsgruppen in Akademien mit solchen Themen fächerübergreifend beschäftigen. Zweitens: Wir leben inzwischen im Anthropozän, einem neuen Erdzeitalter. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mensch einen zumindest ähnlich großen Einfluss auf die Umwelt besitzt wie die natürlichen Faktoren. Prominentestes Beispiel ist der Klimawandel. Bei Zoonosen und Pandemien hat der Mensch möglicherweise ebenfalls einen großen Einfluss – das diskutiert die Wissenschaft noch. Bei vielen Problemen ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen anthropogenen und natürlichen Ursachen. Auch in dieser Hinsicht können Wissenschaftsakademien Orientierung bieten.