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FormalPara Kernaussagen

Zwischen November 2020 und April 2021 wurde im Rahmen der bundesweiten Studie „Hohes Alter in Deutschland“ eine Befragung von mehr als 10.000 Personen ab 80 Jahren zu deren Lebenssituation und Lebensqualität durchgeführt. Dieser Kurzbericht aus der deutschlandweiten Repräsentativbefragung stellt dar, welche Werte hochaltrige Menschen in Deutschland vertreten, wie sie das gesellschaftliche Zusammenleben wahrnehmen und welche Wünsche sie für ihre konkrete eigene Situation, für andere Menschen oder für unsere Gesellschaft als Ganzes haben.

Für die meisten Hochaltrigen ist es wichtig, eine sichere Umgebung zu haben (94 %), selbstbestimmt handeln zu können (90 %), Traditionen zu achten (85 %) und sich um Natur und Umwelt zu kümmern (83 %). Nur den wenigsten Hochaltrigen sind Macht und Prestige (12 %) sowie aufregende Erlebnisse und Abenteuer (9 %) wichtig. Insgesamt sind die Werte der Dimensionen „Bewahrung des Bestehenden“ und „Selbsttranszendenz“ (Sorge um das Wohlbefinden Anderer) für Hochaltrige bedeutsamer als Werte der Dimensionen „Offenheit für Wandel“ und „Selbststärkung“.

Ebenso sind dem Großteil der Hochaltrigen verschiedene Formen der Sorge um und für jüngere Generationen wichtig: Sie möchten ihnen soziale Werte vermitteln (83 %), ein Vorbild sein (78 %) und ihre Erfahrungen weitergeben (77 %). Jeweils ein etwas geringerer Anteil kann entsprechende Verhaltensweisen auch manchmal oder häufig ausüben. Je wichtiger Hochaltrigen solch generatives Verhalten ist, desto häufiger setzen sie es auch um. Besonders bedeutsam ist es für jüngere, höhergebildete, privatwohnende und kognitiv gesunde Hochaltrige.

Die Mehrheit der Hochaltrigen in Deutschland gibt an, Gefühle von Anomie zu erleben. Mehr als zwei Drittel (69 %) sind der Ansicht, dass die Wertevorstellungen der modernen Gesellschaft nicht mit ihren eigenen übereinstimmen. Außerdem gibt mehr als jede:r zweite Hochaltrige an, sich in der Gesellschaft nicht mehr orientieren zu können (55 %) und schlecht mit der gesellschaftlichen Lebensweise zurecht zu kommen (52 %). Frauen, ältere Personen, niedriger Gebildete, Ostdeutsche, Heimbewohner:innen und Personen mit schlechterem kognitivem Status sind von solchen anomischen Gefühlen stärker betroffen.

Knapp zwei Drittel (65 %) der Hochaltrigen in Deutschland haben das Gefühl, durch die Coronapandemie von der Gesellschaft entfremdet worden zu sein. Besonders betroffen sind hiervon Ab-90-Jährige, hochaltrige Frauen, niedriger Gebildete, Personen in Heimen und solche mit Verdacht auf beginnende Demenz.

Viele Hochaltrige sind mit ihrem Leben zufrieden. Andere äußern jedoch Wünsche für ihren Lebensalltag, die zum einen konkrete Unterstützungsbedarfe erkennen lassen, welche sich auf den eigenen Alltag beziehen und situativ (z. B. aus bestimmten Fähigkeitsverlusten) gewachsen sind. Zum anderen betreffen sie den gesellschaftlichen Umgang mit älteren Menschen. Schließlich verweisen sie auch auf die Sorge hochaltriger Menschen um und für Andere und unsere Gesellschaft als Ganzes.

Einleitung

Was ist uns wirklich wichtig im Leben? Wonach bewerten wir, ob unser Leben lebenswert, gelungen, oder erfüllend ist – auch im hohen Alter? Welchen Zielen weisen wir noch im hohen Alter besondere Bedeutung zu?

Grundlegende Basis für die Antworten auf solche Fragen sind die Wertvorstellungen eines Menschen. Sie bestimmen, was ihm im Leben wichtig ist, geben Orientierung und leiten über Situationen hinweg sein Handeln, dienen aber auch der nachträglichen Rechtfertigung und Sinngebung von Handlungen (Schwartz 2012). Somit stellen sie einen Referenzrahmen dafür dar, wie eine Person Dinge, Situationen, andere Menschen, oder ihr Leben bewertet. Individuelle Werte sind daher ein wichtiges Konstrukt für das Verständnis von subjektiver Lebensqualität (Michalos 1985; Neise und Zank 2016).

Der Psychologe Shalom H. Schwartz entwickelte 1992 seine Theorie universeller menschlicher Werte, die bis heute viel beachtet ist. Sie unterscheidet zehn grundlegende Werte, welche in weltweiten Studien identifiziert werden konnten (Schwartz und Bilsky 1990). Sie repräsentieren unterschiedliche Ziele, die vier übergeordneten Wertetypen zugeordnet werden können (Tab. 1). Erkennbar stehen die Werte in teils bipolarer Beziehung zueinander: Werte des Typs Selbsttranszendenz (oft auch übersetzt als „Selbstüberwindung“) stehen für eine geringe Selbstzentriertheit zugunsten des Interesses an und der Sorge für andere Menschen, Lebewesen oder die Natur als Ganzem. Dahingegen betonen Werte des Typs Selbststärkung die Verfolgung eigener Interessen und die Stärkung des eigenen Status im Sinne der Dominanz über Andere. Zwei weitere gegensätzliche Pole sind Offenheit für Wandel und Bewahrung des Bestehenden: Erstere drückt sich in der Bereitschaft für Veränderungen aus; Zweitere steht für konservative Haltungen im Sinne eines Widerstands gegen Veränderungen, der Befürwortung von Ordnung und Selbstbeschränkung.

Tab. 1 Die zehn universellen menschlichen Werte nach Shalom Schwartz (1992). (Eigene Darstellung)

So sortieren sich die zehn Werte, je nach Zuordnung und Position zwischen zwei Polen, in einem Kreis (Abb. 1). Der Theorie zufolge weisen Menschen den einzelnen Werten daher eine bestimmte Bedeutsamkeit in Relation zu den anderen Werten zu. Wem also beispielsweise der Wert Universalismus sehr wichtig ist, dem ist der Wert Macht theoretisch sehr viel weniger wichtig. So ergibt sich für jede Person ein individuelles Profil ihrer Werteprioritäten. Dieses Profil, also die relative Wichtigkeit der einzelnen Werte im Vergleich zu den anderen, lenkt die Handlungen einer Person und dient ihr als Grundlage für die Bewertung ihrer Realität (Schwartz 2012).

Abb. 1
figure 1

Wertekreis nach Shalom Schwartz (1992). (Eigene Abbildung)

Da Werthaltungen aus anthropologischer Sicht zu kulturell geteilten Sinnsystemen gehören, wonach bestimmte Werthaltungen für bestimmte Populationen typisch sind (vgl. Fischer und Schwartz 2011), bildet die Untersuchung der Werthaltungen von Menschen in unterschiedlichen Ländern einen Schwerpunkt der Werteforschung. Seit 1981 werden mit der European Values StudyFootnote 1 und dem World Values SurveyFootnote 2 die Werthaltungen in vielen Staaten mit unterschiedlichen kulturellen oder politischen Prägungen europa- bzw. weltweit untersucht. Doch auch Nationen sind in dieser Hinsicht nicht homogen, sondern können Regionen mit sehr unterschiedlicher (ideologischer, politischer) Historie aufweisen. So wurden nach der deutschen Wiedervereinigung Unterschiede in den arbeitsbezogenen Werten ost- und westdeutscher Frauen gefunden, wobei das Berufsleben und damit verbundene sozioökonomische und soziale Aspekte von ostdeutschen Frauen als wichtiger bewertet wurden als von westdeutschen Frauen (Adler und Brayfield 1997; Braun und Borg 1997). Auch Unterschiede im Wohlstand von Ländern oder Regionen scheinen bedeutsam zu sein: In einer längsschnittlichen Untersuchung auf Basis des European Social Survey (Tormos et al. 2017) sagten ein höherer nationaler Wohlstand und eine geringe Einkommensungleichheit eine höhere Priorisierung von Selbsttranszendenz und geringere Priorisierung von konservativen Werten vorher.

Doch auch individuelle Merkmale von Personen scheinen mit ihren Werthaltungen zusammenzuhängen. So wurden Werthaltungen von Menschen unterschiedlichen Alters betrachtet. Dabei fanden Studien, dass ältere Menschen im Vergleich zu jüngeren solchen Werten mehr Bedeutung zuschreiben, die auf die Bewahrung des Bestehenden statt auf Offenheit für Wandel ausgerichtet sind (z. B. Tulviste et al. 2017; van Herk und Poortinga 2012). Lebensspannenpsychologisch wird dies damit erklärt, dass im Alter mehr Verluste als Gewinne erlebt werden und ältere Menschen sich daher stärker auf die Vermeidung von Verlusten als auf neues Wachstum konzentrieren (Ebner et al. 2006). Darüber hinaus vertreten ältere Menschen vor allem Werte, die weniger selbstzentriert (Selbststärkung) sind und stattdessen das Wohlergehen Anderer betonen (Selbsttranszendenz) (Borg et al. 2017; Fung et al. 2016; Robinson 2013; Tulviste et al. 2017; van Herk und Poortinga 2012). Eine solche nachlassende Selbstzentrierung und stärkere Fokussierung auf soziale und emotionale Werte wird auch in prominenten entwicklungspsychologischen Theorien angenommen, etwa im Stufenmodell der menschlichen Entwicklung nach Erikson (1980) oder dem Modell der Gerotranszendenz (Tornstam 1997). Doch auch Kohortenunterschiede könnten ursächlich für Altersunterschiede in Werthaltungen sein. Beispielsweise geht Inglehart (1997) davon aus, dass individuelle Werthaltungen von Erwachsenen die jeweiligen (z. B. sozioökonomischen, politischen) Lebensbedingungen ihrer Kindheit und Jugend widerspiegeln. Allerdings konnte anhand von längsschnittlichen Daten aus mehreren europäischen Ländern gezeigt werden, dass sich die Werthaltungen von Personen über die Zeit verändern – selbst bei älteren Personen, die vor bzw. während des Zweiten Weltkriegs geboren wurden (Dobewall et al. 2017). Dies widerspricht der Hypothese, dass Werte im jugendlichen Alter geformt werden und danach gänzlich stabil bleiben, wonach Altersunterschiede allein auf Kohortenunterschiede zurückzuführen wären.

Auch mit Blick auf das Geschlecht wurden Unterschiede in individuellen Werthaltungen gefunden. Schwartz und Rubel (2005) konnten anhand von Daten aus 70 Ländern zeigen, dass Frauen mehr Wert auf Selbsttranszendenz legten, während Männern Werte des Typs Selbststärkung bzw. Offenheit für Wandel wichtiger waren. Solche Geschlechterunterschiede werden einerseits mit unterschiedlichen Formen des Evolutionsdrucks erklärt. So könnte die Entwicklung eines höheren Kompetenzdenkens für Männer adaptiv gewesen sein, um etwa bei der Jagd oder bei der Suche nach einer Frau erfolgreich zu sein, während bei Frauen eine höhere Verantwortung für das Wohl und die Sicherheit Anderer (v. a. Kinder) lag (Schwartz und Rubel 2005). Auch heutige geschlechterspezifische Rollenerwartungen könnten zu Geschlechterunterschieden in Werthaltungen führen (ebd). Des Weiteren wurden für das Bildungsniveau systematische Zusammenhänge mit individuellen Werthaltungen berichtet: Schwartz (2006) fasst anhand mehrerer Befunde zusammen, dass Offenheit für Wandel für Menschen mit höherer Bildung wichtiger ist, während sich Menschen mit niedriger Bildung stärker an der Bewahrung des Bestehenden orientieren. Er spekuliert, dass sich Personen mit höherem Bildungsniveau länger in einem Umfeld befanden, welches eigenständiges Denken und intellektuelle Flexibilität fordert und fördert, und sich auch danach eher in beruflichen Kontexten wiederfinden, die ebendies erfüllen (Schwartz 2005). Zuletzt könnte ein schlechter gesundheitlicher Zustand Bewältigungsmechanismen in Gang setzen, die eine Verschiebung der Werteprioritäten hin zu einer stärkeren Priorisierung von Selbsttranszendenz und Bewahrung des Bestehenden auslösen (Fegg et al. 2005).

Oben wurde bereits beschrieben, dass im höheren Alter die Sorge um das Wohlbefinden Anderer im Vergleich zu einer stärker selbstzentrierten Haltung wichtiger wird. Ein Phänomen, welches in diesem Zusammenhang besonders bedeutsam erscheint, ist die Generativität. Diese beschreibt das Sorgetragen um nachkommende Generationen. Das von Erik H. Erikson (1980) begründete Stufenmodell zur Entwicklung der menschlichen Identität beschreibt, welche Bedürfnisse und Aufgaben in den verschiedenen Stufen des Lebens vorherrschen und sieht Generativität als zentrale Entwicklungsaufgabe des mittleren Erwachsenenalters. Doch auch auf das höhere Alter kann Generativität ausgeweitet werden: Während das mittlere Erwachsenenalter von der Verantwortung und Sorge für die eigenen Kinder geprägt ist, dehnt sich diese Zuständigkeit im höheren Alter auf jüngere Generationen im gesellschaftlichen Sinne, also auch außerhalb der Familie, aus (Höpflinger 2002). Durch die Weitergabe materieller und immaterieller Ressourcen an nachfolgende Generationen leisten ältere Menschen einen Beitrag zum Zustand und zur weiteren Entwicklung der Gesellschaft; auch um etwas zu schaffen, was noch nach dem eigenen Leben Bestand hat („symbolische Unsterblichkeit“; Kruse 2017). Demnach ziehen ältere Menschen einen relevanten Teil ihres Sinnerlebens (Höpflinger 2002) und ihrer Lebenszufriedenheit (Schmitt 2013) aus der Weitergabe ihrer Erfahrungen und aus der sozialen Verantwortung für jüngere Personen. Allerdings ist es (bspw. aufgrund fehlender Kapazitäten) nicht allen älteren Personen möglich, ihren Wunsch nach generativem Handeln auch umzusetzen (Schoklitsch und Baumann 2012; Stewart und Vandewater 1998). Auch hier werden Alter und gesundheitliche Ressourcen, sowie geschlechtsspezifische oder allgemein kulturell geprägte Normen potenziell eine Rolle spielen.

Die Möglichkeiten einer Lebensgestaltung nach den eigenen Werten spielt theoretisch eine große Rolle für die Lebensqualität (Schwartz und Sortheix 2018). Neben persönlichen Ressourcenlagen werden diese auch davon mitbestimmt, inwiefern die eigenen Werte mit denen des (nahen) sozialen oder gesellschaftlichen Umfelds übereinstimmen und die Verfolgung entsprechender Ziele somit unterstützt wird. Empirische Studien finden positive Effekte von empfundener oder objektiv erhobener Wertekongruenz auf psychische Gesundheit, Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit oder Beziehungsqualität (z. B. Sortheix und Lönnqvist 2015; Sortheix et al. 2013). Die erlebte Nicht-Passung von eigenen und kontextuellen Werten bezeichnen wir als Anomie. Sie äußert sich in Gefühlen von Entfremdung, Desorientierung oder Exklusion (Sagiv et al. 2004) und kann Einsamkeit (Kaspar 2004), depressive Symptome, geringere Lebenszufriedenheit (Brandtstädter und Wentura 1994) und suizidale Tendenzen (Schaller 2008) auslösen. Die Coronapandemie wird oft als „Trennungsbeschleuniger“ (Vogel 2020, S. 468) im Sinne eines Verstärkers von gesellschaftlicher Spaltung beschrieben (Beckmann und Schönauer 2021). Einschneidende Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und Schließungen haben das soziale Miteinander sowohl in der Familie, unter Freunden, in Nachbarschaften als auch in Organisationen und Vereinen beeinflusst und könnten die Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhalts verändert haben (Kühne et al. 2020). Pauschale Unterscheidungen zwischen verschiedenen Personengruppen sind während der Pandemie in manchen Bereichen besonders prominent geworden (z. B. Junge vs. Alte, Gesunde vs. Vorerkrankte; Hirschauer 2020). Gerade die ältere Bevölkerung wurde in den Medien und auch durch die Politik stereotyp als hilflose, vulnerable, gefährdete Risikogruppe dargestellt (Ayalon et al. 2021). Dadurch könnte sich erlebte Altersdiskriminierung intensiviert haben und sich die ältere Bevölkerung von der Gesellschaft stärker entfremdet fühlen (Brooke und Jackson 2020; Jimenez-Sotomayor et al. 2020; Meisner 2021; Xiang et al. 2021). Nach Befragungen des DEAS fühlten sich jedoch nur 5 % der 80-Jährigen und Älteren in Deutschland während der Coronapandemie aufgrund ihres Alters benachteiligt (Wettstein und Nowossadeck 2021). Allerdings gehört eine gesteigerte Entfremdung von der Gesellschaft zu den von Hochaltrigen am stärksten subjektiv erlebten Veränderungen durch die Pandemie (Hansen et al. 2021). Welche Gruppen hiervon besonders betroffen sind, bleibt unklar.

Ziel

Zur Gestaltung zielgerichteter politischer Maßnahmen für die stetig wachsende Bevölkerungsgruppe der Hochaltrigen ist es wichtig, Kenntnis über deren Werte, Unterstützungsbedarfe und konkrete Wünsche für ihr Leben in der Mitte der Gesellschaft zu haben. Der Einbezug des individuellen Wertesystems als eine Ressource für Lebensqualität ist jedoch eine Besonderheit der Studie D80+ (sowie der Partnerstudie NRW80+)Footnote 3 gegenüber anderen bekannten Altersstudien. Über die Werthaltungen von Menschen im sehr hohen Alter ist daher bislang kaum etwas bekannt. Auch ist unklar, ob sich Unterschiede nach weiteren Merkmalen wie Geschlecht, Bildung oder Wohnregion, wie sie für jüngere Gruppen gefunden wurden, auch im sehr hohen Alter zeigen. Es besteht demnach eine erhebliche Forschungslücke dahingehend, welche Ziele Menschen in der Hochaltrigkeit verfolgen, inwieweit sie sich mit ihren Wertvorstellungen in der Gesellschaft wiederfinden und eingebettet fühlen, und welche konkreten Wünsche sie für ihre eigene Situation und das gesellschaftliche Zusammenleben haben.

Dieser Beitrag betrachtet daher grundlegende Werthaltungen der Hochaltrigen in Deutschland, sowie ihre Vorstellungen zum und Wahrnehmungen vom gesellschaftlichen Zusammenleben (z. B. Generationenaustausch, Wertekonsens). Vor dem Hintergrund der während der Befragungen aktuellen Coronapandemie wird auch analysiert, ob sich diese auf das von Hochaltrigen empfundene Verhältnis zur Gesellschaft ausgewirkt hat. Alle Betrachtungen prüfen, inwieweit sich Hochaltrige nach verschieden Gruppenmerkmalen unterscheiden. Zudem werden Bereiche identifiziert, in denen Hochaltrige Verbesserungsbedarfe für ihren eigenen Alltag oder das gesellschaftliche Zusammenleben sehen.

Methodik

Stichprobe

Aufgrund der Coronapandemie konnte die Befragung im Rahmen von D80+ nicht wie geplant in Form von persönlichen Interviews durchgeführt werden. Stattdessen wurde ein alternatives Studiendesign, bestehend aus zwei Modulen, entwickelt. Ein umfangreiches erstes Modul wurde per Fragebogen erhoben. Insgesamt 10.578 Personen haben hier teilgenommen. Dieses erste Modul konnte allerdings nicht alle Inhalte des vorgesehenen Instrumentariums berücksichtigen, unter anderem weil sich nicht alle Instrumente (z. B. kognitive Tests) für eine schriftliche Befragung eigneten. Daher wurde um die Teilnahme am nachgelagerten Modul 2 gebeten, welches telefonisch erhoben wurde. Die hier dargestellten Inhalte wurden beinahe gänzlich im schriftlichen Fragebogen erhoben. Die Ergebnisse beziehen sich also auf die Gesamtstichprobe von 10.578 Personen. Eine Ausnahme sind Analysen, die Unterschiede nach kognitivem Status darstellen, da Informationen hierzu nur für die Teilstichprobe vorliegen, die am nachgelagerten telefonischen Interview teilgenommen hat (3233 Personen). Dezidierte Gewichtungen der Daten, die die Auswahl- und Teilnahmewahrscheinlichkeit an Modul 1 und ggf. zusätzlich die Teilnahmewahrscheinlichkeit am telefonischen Interview (Modul 2) berücksichtigen, stellen die Repräsentativität der Stichproben für wesentliche Strukturmerkmale (z. B. Alters- und Geschlechtsverteilung) weitgehend sicher. Mit Blick auf andere Merkmale bleibt die Korrektur in Subgruppen jedoch möglicherweise unvollständig.

Variablen

Individuelle Werthaltungen

Die Abfrage der individuellen Werthaltungen orientierte sich an dem Erhebungsinstrument Portraits Value Questionnaire (PVQ) von Shalom Schwartz (2003) mit jeweils einer Frage für jeden der zehn Werte. Anders als im originalen PVQ sollten sich die Befragten jedoch nicht mit Portraits von Menschen mit verschiedenen Werthaltungen vergleichen.Footnote 4 Stattdessen wurden sie direkt nach der Wichtigkeit der einzelnen Werte für ihr persönliches Leben und Handeln gefragt. Diese wurde auf einer 4-stufigen Skala (1 = gar nicht wichtig, 2 = eher nicht wichtig, 3 = eher wichtig, 4 = sehr wichtig) eingeschätzt. Die Fragen lauteten im Einzelnen: „Wie wichtig ist es Ihnen, …

  • … Dinge auf Ihre eigene Art und Weise zu tun?“ (Selbstbestimmung)

  • … wohlhabend zu sein, viel Geld zu besitzen und sich teure Dinge zu leisten?“ (Macht)

  • … zu meiden, was gefährlich ist und eine sichere Umgebung zu haben?“ (Sicherheit)

  • … eine schöne Zeit zu verbringen und sich zu amüsieren?“ (Hedonismus)

  • … etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun?“ (Benevolenz)

  • … dass andere Menschen Ihre Leistungen anerkennen?“ (Leistung)

  • … auch mal ein Risiko einzugehen, Abenteuer zu erleben und ein aufregendes Leben zu führen?“ (Stimulation)

  • … zu vermeiden, bei anderen anzuecken? (Konformität)

  • … sich um die Natur und um die Umwelt zu kümmern?“ (Universalismus)

  • … Traditionen, die Sie von Ihrer Familie oder Religion gelernt haben, zu achten?“ (Tradition)

Der Anteil fehlender Angaben schwankt in den 10 Items zwischen 3,6 % und 5,6 %. Angesichts der für die Antwort nötigen hohen Introspektion ist dies ein akzeptables Ergebnis.

Generativität

Generativität wurde in einer Doppelstruktur erhoben, die sowohl die Wichtigkeit verschiedener generativer Handlungen für die teilnehmende Person, als auch die Häufigkeit von deren Umsetzung berücksichtigte. Zunächst füllten Teilnehmende aus, wie wichtig folgende Handlungen für sie sind (1 = gar nicht wichtig, 2 = eher nicht wichtig, 3 = eher wichtig, 4 = sehr wichtig):

  • Erfahrungen an Jüngere weitergeben

  • Jüngeren Menschen soziale Werte vermitteln (z. B. Hilfsbereitschaft)

  • Vorbild für Jüngere sein

Für jede dieser Handlungen sollte außerdem angegeben werden, wie häufig sie umgesetzt wird (1 = nie, 2 = eher selten, 3 = manchmal, 4 = häufig).

Möglicherweise aufgrund der Doppelstruktur der Abfrage und der daraus folgenden komplexen Darstellung in der schriftlichen Befragung kam es zu einem hohen Anteil fehlender Angaben, der auch durch eine telefonische Nacherhebung in einem Teil der Stichprobe nur auf weiterhin hohe Anteile fehlender Werte zwischen 10,2 % und 16,2 % in den 6 Items verringert werden konnte.

Anomie

Teilnehmende wurden anhand von drei Fragen gefragt, wie sie ihr Verhältnis zur Gesellschaft empfinden. Diese wurden auf einer vierstufigen Skala (1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = trifft eher zu, 4 = trifft zu) beantwortet.

  • „Haben Sie das Gefühl, mit der heutigen gesellschaftlichen Lebensweise immer schlechter zurecht zu kommen?“ (Divergierende Lebensweisen)

  • „Haben Sie das Gefühl, dass Ihre eigenen Wertvorstellungen immer weniger zu den Wertvorstellungen der heutigen Gesellschaft passen?“ (Wertedissonanz)

  • „Haben Sie das Gefühl, dass sich die heutige Gesellschaft so schnell ändert, dass Sie nicht mehr wissen, woran Sie sich orientieren sollen?“ (Orientierungslosigkeit)

Für 5,1 % bis 5,5 % der Teilnehmenden fehlen Angaben zu diesen Fragen.

Einfluss der Coronapandemie

Teilnehmende wurden gefragt, ob sie das Gefühl haben, dass die Coronapandemie sie von der Gesellschaft entfremdet hat (Antwortmöglichkeiten: 1 = überhaupt nicht, 2 = ein wenig, 3 = mäßig, 4 = stark, 5 = sehr stark). Insgesamt 2,5 % der Befragten gaben keine Antwort auf diese Frage.

Wünsche für den eigenen Alltag

Am Ende des Interviews hatten Teilnehmende die Möglichkeit, frei auf folgende Frage zu antworten: „Was könnte getan werden, um Ihren konkreten Alltag zu verbessern?“ In der schriftlichen Befragung konnten sie ihre Gedanken in einem freien Textfeld eintragen. Im telefonischen Interview wurde die Antwort bei Zustimmung der befragten Person per Audiomitschnitt aufgenommen. Andernfalls notierten die Interviewenden die Antworten schriftlich. Nach den Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2015) wurde auf Basis des vorliegenden Materials (d. h. induktiv) ein umfangreiches konsensuelles Kategoriensystem entwickelt, um auf dieser Basis alle Wünsche der Hochaltrigen durch mehrere Mitarbeiter:innen zu kodieren und zusammenfassend darstellen zu können.

Die oben genannten quantitativ erhobenen Variablen werden in Abhängigkeit von individuellen Merkmalen und Ressourcenlagen hochaltriger Menschen betrachtet. Dabei unterscheiden wir zwischen Befragten verschiedener Altersgruppen (80–84 Jahre/85–89 Jahre/90+ Jahre) und zwischen Geschlechtern (männlich/weiblich). Differenziert wird auch zwischen Personen mit unterschiedlichem Bildungsniveau (niedrig/mittel/hoch).Footnote 5 Es werden zudem Unterschiede zwischen Hochaltrigen in unterschiedlicher Wohnsituation (Privathaushalt/Heim) und Wohnregion (Ost-/Westdeutschland) analysiert. Schließlich werden Unterschiede nach kognitivem Status (altersadäquate kognitive Leistung/leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI)/Verdacht auf beginnende Demenz) betrachtet.

Gruppenunterschiede werden auf statistische Signifikanz geprüft. Alle Analysen beruhen auf gewichteten Daten und berücksichtigen die komplexe Stichprobenstruktur.

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieses Berichtes basieren auf folgenden Fallzahlen für die dargestellten Subgruppen hochaltriger Menschen in Deutschland: Männer (n = 4012, 37,9 %), Frauen (n = 6566, 62,1 %); 80–84 Jahre (n = 6243, 59,0 %), 85–89 Jahre (n = 2850, 27,0 %), 90 Jahre und älter (n = 1485, 14,0 %); Bildung hoch (n = 1752, 17,3 %), mittel (n = 5999, 59,2 %), niedrig (n = 2382, 23,5 %); Privathaushalt (n = 9426, 90,0 %), Heim (n = 1043, 10,0 %); West (n = 8256, 78,0 %), Ost (n = 2322, 22 %); altersadäquate Kognition (n = 1695, 57,0%), leichte kognitive Beeinträchtigung (n = 739, 24,9 %), Verdacht auf beginnende Demenz (n = 539, 18,1 %).

Individuelle Werthaltungen

Übersicht

Sicherheit, Selbstbestimmung, Tradition und Universalismus sind für eine deutliche Mehrheit der Hochaltrigen (eher oder sehr) wichtige Werte. Insgesamt sind die Wertedimensionen „Bewahrung des Bestehenden“ und „Selbsttranszendenz“ für Hochaltrige bedeutsamer als die Dimensionen „Offenheit für Wandel“ und „Selbststärkung“.

„Selbsttranszendenz“ wird von ressourcenreichen Gruppen wichtiger und von eher ressourcenschwachen Gruppen weniger wichtig bewertet als einzelne Werte des Typs „Bewahrung des Bestehenden“.

Abb. 2 stellt das Werteprofil der Hochaltrigenbevölkerung in Deutschland dar: Es zeigt in absteigender Reihenfolge, wie vielen der Hochaltrigen der entsprechende Wert (eher oder sehr) wichtig für ihr Leben und Handeln ist.

Abb. 2
figure 2

Werteprofil der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung in Deutschland

An der Spitze steht der Wert Sicherheit, welchen beinahe alle Hochaltrigen (93,7 %) als wichtig beschreiben. Er wird dicht gefolgt von dem Wert Selbstbestimmung: 90,2 % empfinden es als wichtig, Dinge auf ihre eigene Art und Weise tun zu können. Auch das Befolgen von Traditionen (84,6 %) sowie ein respektvoller Umgang mit bzw. der Einsatz für Natur und Umwelt (Universalismus; 83,4 %) sind für eine große Mehrheit der Hochaltrigen bedeutsam.

Noch deutlich über die Hälfte der Hochaltrigen orientieren sich in ihrem Leben und Handeln daran, Gutes für die Gesellschaft zu tun (Benevolenz; 67,7 %) und bei Anderen nicht anzuecken (Konformität; 58,4 %). Hedonismus, also eine angenehme Zeit zu haben und sich zu amüsieren, ist nur noch für etwa jede:n Zweite:n (50,9 %) wichtig; die Anerkennung der eigenen Leistungen durch Andere (46,0 %) für knapp unter die Hälfte der Hochaltrigen. Macht (12,0 %) und Stimulation durch aufregende Erlebnisse (8,9 %) sind nur für wenige Hochaltrige von Bedeutung für ihre Lebensführung.

Die oberen Ränge im Werteprofil der Hochaltrigen belegen demnach beinahe ausschließlich Werte des Typs „Bewahrung des Bestehenden“ bzw. „Selbsttranszendenz“. Eine Ausnahme ist der Wert Selbstbestimmung, welcher der Dimension „Offenheit für Wandel“ zugeordnet wird und der für Hochaltrige zweitwichtigste Wert ist. Abgesehen davon sind Werte aus den Dimensionen „Offenheit für Wandel“ und „Selbststärkung“, wie auch theoretisch angenommen, für Hochaltrige von nachgeordneter Wichtigkeit.

Die beschriebene Rangfolge von Werteprioritäten findet sich in allen Subgruppen (beinahe) identisch wieder. Es zeigen sich nur wenige Verschiebungen: Für Männer steht Universalismus, anders als in der Gesamtgruppe, im Werteprofil vor Tradition auf dem 3. Rangplatz. Selbes gilt für die Gruppe der 80–84-Jährigen, für Hochgebildete und Personen mit altersadäquater kognitiver Leistung oder nur leichten kognitiven Einschränkungen. Bei Personen ab 90 Jahren hingegen rückt Benevolenz hinter Konformität auf den 6. Rang. Dies lässt sich ebenso bei niedriggebildeten Hochaltrigen und solchen mit Verdacht auf beginnende Demenz beobachten. In der Heimpopulation nehmen sowohl Benevolenz als auch Universalität einen niedrigeren Rang ein, während die relative Wichtigkeit von Konformität, Hedonismus und Leistung für sie höher ausfällt. Hochaltrige in Ost- und Westdeutschland unterscheiden sich in ihrem Werteprofil nicht voneinander bzw. von der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung.

Zusammenfassend betreffen Verschiebungen im handlungsleitenden Werteprofil ausschließlich Werte der Typen „Selbsttranszendenz“ und „Bewahrung des Bestehenden“: Ressourcenreiche Gruppen bewerten Selbsttranszendenz wichtiger, eher ressourcenschwache Gruppen bewerten sie weniger wichtig als einzelne Werte des Typs „Bewahrung des Bestehenden“. Lediglich für Heimbewohner:innen zeigt sich zusätzlich eine höhere relative Wichtigkeit der Selbststärkung zuungunsten der Selbsttranszendenz. Für alle Gruppen jedoch bleiben Sicherheit und Selbstbestimmung die wichtigsten Werte.

Generativität

Verschiedene Formen generativen Verhaltens sind für den Großteil der Hochaltrigen (eher oder sehr) wichtig (77 % – 83 %). Ein etwas geringerer Anteil von jeweils etwa 70 % übt entsprechende Verhaltensweisen manchmal oder häufig aus. Je wichtiger Hochaltrigen generatives Verhalten ist, desto häufiger setzen sie dies auch um. Besonders bedeutsam ist es für jüngere, höhergebildete, privatwohnende und kognitiv gesunde Hochaltrige.

Dem Großteil der Hochaltrigen sind die verschiedenen Arten generativen Verhaltens wichtig (Abb. 3). Für eine Mehrheit von 77,0 % ist es mindestens eher wichtig, ihre Erfahrungen an Jüngere weiterzugeben, für 27,0 % ist dies sogar sehr wichtig. Nur etwa jede:r Fünfte (23,0 %) findet dies eher nicht oder gar nicht wichtig. Auch soziale Werte zu vermitteln ist für 82,9 % der Hochaltrigen wichtig, für mehr als jede:n Dritte:n (35,4 %) sogar sehr wichtig. Nur 17,0 % geben an, dies sei ihnen eher oder gar nicht wichtig. Ein Vorbild für Jüngere möchten ebenfalls die meisten der Hochaltrigen sein: Für 78,3 % ist dies mindestens eher wichtig, dabei wiederum für mehr als jede:n Dritte:n (37,5 %) sogar sehr wichtig. Nur etwa jede:r fünfte Hochaltrige (21,8 %) legt hierauf weniger oder keinen Wert.

Abb. 3
figure 3

Wichtigkeit generativer Handlungen für die hochaltrige Allgemeinbevölkerung

Gruppenvergleiche zeigen, dass die Bedeutung, die generativem Verhalten zugeschrieben wird, mit steigenden Altersgruppen signifikant sinkt (alle p < 0,001) (Abb. 4). Außerdem legen hochaltrige Frauen weniger Wert auf generatives Verhalten (p < 0,001). Nur in der Bedeutung, die der Vermittlung von sozialen Werten zugeschrieben wird, unterscheiden sich die Geschlechter nicht. Die beobachteten Geschlechterunterschiede sind jedoch nicht mehr vorhanden, wenn für das Bildungsniveau kontrolliert wird – die Unterschiede liegen also nicht im Geschlecht an sich begründet, sondern darin, dass Frauen in diesem Alter weniger Bildung genießen konnten als Männer (siehe auch folgender Abschnitt).

Abb. 4
figure 4

Wichtigkeit generativer Handlungen nach Alter und Geschlecht

Hochaltrige mit hoher formaler Bildung zeigen ein höheres Interesse an generativem Verhalten als solche mit mittlerer Bildung (p < 0,001) (Abb. 5). Das Gleiche gilt für Hochaltrige mit mittlerer Bildung im Vergleich zu denjenigen mit niedriger Bildung (p < 0,05), allerdings nicht für den Aspekt „Vorbild sein“ – hier unterscheiden sich diese beiden Bildungsgruppen nicht. Mit Blick auf die Wohnregion kann kein Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Hochaltrigen bezüglich der Aspekte „Erfahrungen weitergeben“ und „soziale Werte vermitteln“ nachgewiesen werden. Allerdings ist es für Ostdeutsche wichtiger als für Westdeutsche, ein Vorbild für Jüngere zu sein (p < 0,001).

Abb. 5
figure 5

Wichtigkeit generativer Handlungen nach Bildung und Wohnregion

Hochaltrige in Heimen geben für alle Aspekte von Generativität seltener an, dass sie ihnen wichtig seien, als Hochaltrige in Privathaushalten (alle p < 0,001) (Abb. 6). Hochaltrigen mit altersadäquater Kognition ist Generativität in allen Aspekten wichtiger als Personen mit Verdacht auf beginnende Demenz (alle p < 0,001). Dasselbe gilt auch im Vergleich mit Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung – mit der Ausnahme, dass hier kein Unterschied in der Wichtigkeit, die der Weitergabe von Erfahrungen zugeschrieben wird, nachgewiesen werden kann. Personen mit leichter kognitiver Einschränkung und solche mit Verdacht auf beginnende Demenz unterscheiden sich nur in einem Aspekt statistisch relevant: Für Erstere ist es wichtiger, ihre Erfahrungen weiterzugeben (p < 0,01).

Abb. 6
figure 6

Wichtigkeit generativer Handlungen nach Wohnsituation und Kognition

Zuletzt finden sich auch Unterschiede zwischen Personen, die Kinder haben und solchen, die kinderlos sind: Erstere finden generatives Verhalten signifikant wichtiger (p < 0,001) (Abb. 7). Dies gilt auch für Hochaltrige, die in einer Partnerschaft leben, im Vergleich zu solchen ohne Parter:in (p < 0,001).

Abb. 7
figure 7

Wichtigkeit generativer Handlungen nach Eltern- und Partnerschaft

Allgemein lässt sich jedoch beobachten, dass in allen betrachteten Teilgruppen der Hochaltrigen eine deutliche Mehrheit generatives Verhalten für wichtig empfindet. Ebenso übt die Mehrheit, wennschon ein etwas geringerer Anteil, entsprechendes Verhalten auch aus (Abb. 8): 69,8 % der Hochaltrigen geben an, manchmal oder häufig Erfahrungen an Jüngere weiterzugeben; 67,7 % vermitteln manchmal oder häufig soziale Werte und 68,7 % finden, dass sie manchmal oder häufig als Vorbild agieren können. Die Häufigkeit der Ausübung hängt jedoch deutlich mit der Wichtigkeit, die der jeweiligen Verhaltensweise zugeschrieben wird, zusammen (alle p < 0,001): Jeweils über 80 % derjenigen, die das entsprechende generative Verhalten (eher oder sehr) wichtig finden, üben dieses auch manchmal oder häufig aus. Dagegen sind es nur zwischen 9,5 % und 16,5 % von denjenigen, die das jeweilige Verhalten (eher oder gar) nicht wichtig findet (Abb. 8). Dies bedeutet auch, dass sich in der Häufigkeit der Ausübung von generativem Verhalten einige signifikante Unterschiede nach den für die subjektive Wichtigkeit relevanten Merkmalen (siehe Abb. 4, 5, 6 und 7) finden lassen. In welche Richtung dabei die Kausalität zu interpretieren ist – ob also diejenigen, die solche Verhaltensweisen weniger wichtig finden, diese seltener ausführen oder ob Personen, die weniger Möglichkeiten hierzu haben, in der Folge weniger Wert darauf legen –, kann hieraus nicht abgelesen werden.

Abb. 8
figure 8

Anteil der Hochaltrigen, die ein generatives Verhalten manchmal oder häufig ausüben, in der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung und nach subjektiver Wichtigkeit des jeweiligen Verhaltens

Generatives Verhalten kann auch in Form eines Ehrenamts ausgeübt werden. Die Ausübung eines Ehrenamts wurde im zusätzlichen telefonischen Interview (n = 3233) erfragt. Demnach engagieren sich insgesamt 16,6 % der Hochaltrigen in Deutschland ehrenamtlich. Die Bereitschaft, ein Ehrenamt auszuüben, unterscheidet sich auch nach der subjektiven Wichtigkeit, die generativem Verhalten zugeschrieben wird (Abb. 9). So führen Hochaltrige eher ein Ehrenamt aus, wenn sie es wichtig finden, ihre Erfahrungen weiterzugeben (p< 0,001), soziale Werte zu vermitteln (p < 0,001) und ein Vorbild für Jüngere zu sein (p < 0,01). Inwieweit diese Wünsche im Ehrenamt konkret erfüllt werden und/oder die Ausübung eines Ehrenamts etwa als Modell für Jüngere dienen soll, bleibt dabei unklar.

Abb. 9
figure 9

Anteil von Personen, die ein Ehrenamt ausführen, nach subjektiver Wichtigkeit der Aspekte generativen Handelns

Anomie

Die Mehrheit der Hochaltrigen in Deutschland hat das Gefühl, dass die Wertvorstellungen der modernen Gesellschaft (eher) nicht mit ihren eigenen übereinstimmen (68,6 %). Außerdem erlebt mehr als jede:r zweite Hochaltrige Gefühle von Orientierungslosigkeit (54,9 %) und divergierenden Lebensweisen (52,1 %). Frauen, ältere Personen, niedriger Gebildete, Ostdeutsche, Heimbewohner:innen und Personen mit schlechterem kognitivem Status berichten insgesamt stärkere Gefühle von Anomie.

Mit Blick auf die drei Aspekte von Anomie ist das Gefühl von Wertedissonanz bei den Hochaltrigen in Deutschland am stärksten ausgeprägt (Abb. 10): Mehr als zwei Drittel (68,6 %) haben das Gefühl, dass die von der Gesellschaft vertretenen Werte (eher) nicht zu ihren eigenen passen. Doch auch über die Hälfte der Hochaltrigen gibt an, sich in der Gesellschaft (eher) nicht orientieren zu können (55,4 %) bzw. mit der Lebensweise der modernen Gesellschaft (eher) nicht gut zurecht zu kommen (52,1 %).

Abb. 10
figure 10

Gefühle von Anomie in der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung

Die folgenden Abbildungen stellen vergleichend dar, für wie viele der Hochaltrigen bestimmter Teilgruppen Gefühle von Anomie (eher) zutreffen. Diese differenzierte Auswertung zeigt, dass Gefühle von Anomie mit den Altersgruppen in allen Aspekten signifikant ansteigen (alle p < 0,001). Außerdem wird deutlich, dass hochaltrige Frauen signifikant häufiger Gefühle von Anomie angeben als hochaltrige Männer (alle p < 0,001). Am ausgeprägtesten ist in allen Gruppen wie auch in der Gesamtgruppe das Gefühl der Wertedissonanz (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

Gefühle von Anomie nach Alter und Geschlecht

Hochaltrige mit höherer formaler Bildung haben weniger anomische Gefühle als solche mit niedrigerer formaler Bildung (Abb. 12). Mit Blick auf das Gefühl, mit der gesellschaftlichen Lebensweise nicht zurecht zu kommen und die Orientierung verloren zu haben, unterscheiden sich alle Bildungsgruppen (p < 0,001). Bei Personen mit hoher Bildung gibt deutlich weniger als die Hälfte an, solche Gefühle zu erleben. Hinsichtlich der erlebten Wertedissonanz ist kein Unterschied zwischen niedriggebildeten Personen und solchen mit mittlerer Bildung nachweisbar, jedoch haben Hochgebildete im Vergleich zu Hochaltrigen mit mittlerer Bildung ein signifikant weniger Gefühle von Wertedissonanz (p < 0,01). Auch in Ost- und Westdeutschland finden sich leicht verschiedene Anteile von erlebter Anomie (Abb. 12). Diese sind jedoch nur für das Gefühl der Orientierungslosigkeit statistisch signifikant (p < 0,01). Ostdeutsche erleben demnach mehr Orientierungslosigkeit innerhalb der Gesellschaft als westdeutsche Hochaltrige.

Abb. 12
figure 12

Gefühle von Anomie nach Bildungsstand und Wohnregion

Schließlich zeigen sich auch deutliche Unterschiede bezüglich erlebter Anomie nach Wohnsituation und kognitivem Status (Abb. 13). Hochaltrige, die in einem Heim wohnen, geben zu einem größeren Anteil anomische Gefühle an. Das gilt sowohl für das Gefühl, mit der Lebensweise der Gesellschaft nicht zurecht zu kommen (p < 0,001), für das Gefühl der Wertedissonanz (p < 0,01), als auch für das Gefühl der Orientierungslosigkeit (p < 0,001). Anders als in allen anderen Gruppen und in der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung ist für die Heimpopulation nicht das Gefühl von Wertedissonanz, sondern das Erleben von Orientierungslosigkeit am stärksten ausgeprägt.

Abb. 13
figure 13

Gefühle von Anomie nach Wohnsituation und Kognition

Mit Blick auf Kognition sind keine Unterschiede hinsichtlich der empfundenen Wertedissonanz nachzuweisen (Abb. 13). Allerdings haben Personen mit Verdacht auf beginnende Demenz häufiger das Gefühl, mit der heutigen gesellschaftlichen Lebensweise schlecht umgehen zu können, als solche mit MCI (p < 0,05). Bezüglich der Orientierungslosigkeit unterscheiden sich alle Gruppen: Personen mit altersadäquater Kognition erleben diese seltener als Personen mit MCI (p < 0,05), und diese wiederum seltener als solche mit Verdacht auf eine beginnende Demenz (p < 0,001).

Einfluss der Coronapandemie

Knapp zwei Drittel der Hochaltrigen in Deutschland geben an, durch die Coronapandemie von der Gesellschaft entfremdet worden zu sein. Besonders betroffen sind hierbei Ab-90-Jährige, hochaltrige Frauen, niedriger Gebildete, Personen in Heimen und solche mit Verdacht auf beginnende Demenz.

Beinahe zwei Drittel (63,0 %) der Hochaltrigen in Deutschland haben das Gefühl, durch die Coronapandemie von der Gesellschaft entfremdet worden zu sein (Abb. 14). Die meisten geben jedoch nur ein leichtes (35,0 %) bis mäßiges (14,8 %) Ausmaß an Entfremdung an. Doch 9,8 % fühlen sich durch die Pandemie stark von der Gesellschaft entfremdet – 3,4 % sogar sehr stark. Nur etwa jede dritte hochaltrige Person (34,7 %) gibt nicht an, sich durch die Coronapandemie von der Gesellschaft entfremdet zu fühlen.

Abb. 14
figure 14

Einfluss der Coronapandemie auf gesellschaftliche Entfremdung der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung

Diese Zahlen sind bereits im D80+ Kurzbericht zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf die hochaltrige Bevölkerung in Deutschland nachzulesen (Hansen et al. 2021).

Das Gefühl der Entfremdung durch die Coronapandemie variiert zwischen einigen Subgruppen. Abb. 15 zeigt die Gruppenmittelwerte auf der 5-stufigen Skala (1 = überhaupt nicht, 5 = sehr stark). So geben die Ab-90-Jährigen ein stärkeres solches Gefühl an als die jüngeren Altersgruppen (p < 0,01). Hochaltrige Frauen fühlen sich durch die Coronapandemie stärker gesellschaftlich entfremdet als hochaltrige Männer (p < 0,001). Auch steigt dieses Gefühl mit sinkendem Bildungsniveau (p < 0,001). Personen im Heim empfinden diese Auswirkung der Pandemie deutlich stärker als Hochaltrige in Privathaushalten (p < 0,001). Zuletzt ist diese Empfindung auch stärker bei Personen mit Verdacht auf beginnende Demenz (p < 0,01). Zwischen Personen mit altersadäquater Kognition und solchen mit MCI, und ebenso zwischen Hochaltrigen ist Ost- und Westdeutschland, kann kein statistisch signifikanter Unterschied nachgewiesen werden.

Abb. 15
figure 15

Einfluss der Coronapandemie auf gesellschaftliche Entfremdung im Gruppenvergleich

Wünsche für den eigenen Alltag

Viele Hochaltrige sind mit ihrem Leben „wunschlos“ zufrieden. Andere äußern jedoch Wünsche zur Verbesserung ihrer Lebenssituation. Aus diesen werden zum einen konkrete Unterstützungsbedarfe erkennbar, die sich auf den konkreten eigenen Alltag beziehen und situativ (z. B. aus bestimmten Fähigkeitsverlusten) gewachsen sind. Zum anderen betreffen sie den gesellschaftlichen Umgang mit älteren Menschen. Schließlich verweisen sie auf die Sorge hochaltriger Menschen um und für Andere und unsere Gesellschaft als Ganzes.

Auf die zum Abschluss des Interviews gestellte, offene Frage („Was könnte getan werden, um Ihren konkreten Alltag zu verbessern?“) hatten Teilnehmende die Möglichkeit, eine freie, ausführliche, thematisch völlig offene Antwort zu geben. Insgesamt 5190 Personen haben diese Möglichkeit wahrgenommen und inhaltliche Angaben zu dieser Frage gemacht. Alle Antworten wurden mithilfe des am Material entwickelten Kategoriensystems kodiert, um sie thematisch zusammenfassen zu können. Die folgenden Abschnitte sind den insgesamt 14 herausgearbeiteten Themenbereichen gewidmet, die von den Hochaltrigen angesprochen wurden. Manche erwähnten dabei nur einen dieser Bereiche, andere äußerten Wünsche in mehreren Bereichen. Ihre zum Ausdruck kommenden Wünsche und Bedarfe werden näher beschrieben und mit Zitaten anschaulich gemacht. So soll ein Eindruck davon vermittelt werden, welche Art von Wünschen und Verbesserungsbedarfen unter Hochaltrigen bestehen (bzw. welche sie bei spontaner Antwort, d. h. ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten oder auch nur vorgeschlagene Themenbereiche, äußern).

Wichtig anzumerken ist, dass sich diese Beschreibung als Ergänzung zu den bisher dargestellten quantitativen (also numerischen) Auswertungen versteht. Ziel und Potenzial dieser Art der (qualitativen) Ergebnisbeschreibung ist es nicht, wie in quantitativen Analysen, Häufigkeitensanalysen oder andere statistische Auswertungen darzustellen. Zwar können Zahlen auch in qualitativen Auswertungen teilweise eine Rolle spielen, jedoch sollte ihre Verwendung „für jede qualitative Inhaltsanalse sorgfältig reflektiert werden“ (Kuckartz 2018, S. 54). Im vorliegenden Fall wurde die Entscheidung getroffen, keine Häufigkeiten anzugeben. Zum einen hat nur etwa die Hälfte der Stichprobe inhaltliche Angaben zu der offenen Frage gemacht, sodass quantitative Befunde hierzu ohnehin kaum verallgemeinert werden könnten. Zum anderen würde sich hier die grundsätzliche Frage stellen: „Bedeutet häufig auch wichtig?“ (ebd.). Würden die Kategorien mit Prävalenzen versehen, käme man schnell zu einer Abwägung der Bereiche gegeneinander. Diese Denkweise ist jedoch umso weniger gültig, je freier ein Interview geführt wurde – im vorliegenden Fall etwa wurde die Frage, welcher der Bereiche am wichtigsten ist, den Teilnehmenden gar nicht gestellt (die Kategorien wurden schließlich erst aus den Antworten generiert).

Bei einer qualitativen Auswertung handelt es sich vielmehr um eine Möglichkeit, „das Subjekt mehr ‚zur Sprache‘“ (Mayring 2015, S. 130) kommen zu lassen und somit einen zugänglicheren Eindruck und ein tiefer gehendes Verständnis von der individuellen Lebensrealität der Befragten zu gewinnen. Gerade für das Thema des vorliegenden Kurzberichts scheint diese Ergänzung einer einseitig quantitativen Perspektive zur Erweiterung des Bildes von den Präferenzen und Bedarfen der Hochaltrigen in Deutschland besonders wertvoll.

  • Keine besonderen Wünsche vorhanden

Ein Teil der Teilnehmenden, die auf die betreffende Frage eine Antwort gaben, äußerte, keine besonderen Wünsche zur Verbesserung ihres Alltags zu haben. Dabei spricht aus der überwiegenden Mehrheit dieser Gruppe eine erfreuliche Zufriedenheit: „bin glücklich und zufrieden“; „total ausgefüllt!“; „so wie es ist, soll es bleiben!“; „mit 85 kann man auch zufrieden sein!“. Bei wenigen Anderen ist dies nicht sicher, sie haben schlichtweg „keine Idee“.

Manche jedoch bringen mit ihrer „Wunschlosigkeit“ im Gegenteil ihre Resignation zum Ausdruck. Sie haben nicht das Gefühl, dass noch Möglichkeiten der Verbesserung ihrer Situation bestehen („keine Hoffnung!“). Dies leiten sie zum Teil konkret von ihrem Alter ab: „Was soll für mich noch getan werden? Ich bin 90 Jahre alt!!!“; „Nichts mehr! (Siehe Alter)“.

  • Wünsche mit Bezug zur Coronapandemie

Ein vorherrschendes Thema ist nicht überraschend die Coronapandemie. Den Schwerpunkt innerhalb dieser Kategorie bildet der Wunsch, wieder an sozialem Leben und Freizeitangeboten teilnehmen zu können, wenn auch ggf. unter Sicherheitsvorkehrungen: „Aufheben der Beeinträchtigungen sozialer Kontakte“; „Wiederbeleben des kulturellen Lebens“. Hier werden auch die Besuchsbeschränkungen in Heimen angesprochen: „Dass meine Kinder und Enkelkinder mich wieder öfter besuchen dürfen“. Andere wünschen sich allgemeiner ein Ende der Coronapandemie: „Corona besiegen“; „es wäre schön, wenn es wieder so werden könnte wie vor der Coronapandemie“. Auch eine Impfung gegen das Virus wird ersehnt: „dass ich und meine Pflegepersonen geimpft werden“. Es finden sich auch Stimmen, die sich auf übergeordneter Ebene mit Bezug auf die ältere Bevölkerung wünschen, dass „bessere Lösungen für ältere Menschen in der Coronaphase gefunden werden, anstelle sie wegzusperren“, oder dass „den alten Menschen bei den Impfterminen besser [geholfen wird]“.

  • Wunsch nach Verbesserung oder Erhalt der eigenen Gesundheit

Nach ihren Wünschen gefragt, sprechen Hochaltrige auch das Thema Gesundheit an. Dabei hoffen manche schlichtweg, ihren aktuellen Gesundheitszustand erhalten zu können, „gesund“ und „fit“ zu bleiben. Andere leiden unter verschiedenen Beschwerden oder Einschränkungen und wünschen sich hier konkrete Verbesserungen, die zu einer selbstständigeren Lebensführung oder zu einem beschwerdefreieren Leben beitragen würden: „Sehfähigkeit verbessern“; „wieder laufen können“; „Körper und Geist renovieren“; „mir die Schmerzen nehmen“.

  • Wunsch nach besserer medizinischer Versorgung

Ein weiterer Bereich, in dem Hochaltrige Verbesserungbedarfe äußern, ist die medizinische Versorgung. Hier sammeln sich verschiedene Aspekte, die die Hochaltrigen an der ärztlichen Versorgung kritisieren. So wünschen sie sich beispielsweise kürzere Wartezeiten im Wartezimmer, aber auch auf Behandlungstermine (v. a. bei Fachärzt:innen). Vor allem auf dem Land soll der Ärztemangel behoben werden. Bemängelt wird zudem, dass Patient:innen in manchen Praxen aufgrund ihrer Krankenkassenzugehörigkeit abgelehnt werden. Manche fühlen sich auch aufgrund ihres Alters schlechter behandelt: „Keine Sätze wie: ‚[Sie] sind schon 85 Jahre, das ist alles Verschleiß“; „Denken Sie an Ihr Alter?? Tue ich nicht – ich denke an die Schmerzen!!“

Einige Hochaltrige wünschen sich außerdem eine Erhöhung ihrer Pflegestufe oder eine bessere, fallgerechtere Einteilung des Pflegegrads.

  • Wunsch nach besserer Versorgung (pflegerisch)

Auch Verbesserungsmöglichkeiten im Rahmen der pflegerischen Versorgung werden in den offenen Antworten genannt. Hierbei werden u. a. Verbesserungen der Personalausstattung in Heimen vorgeschlagen: bessere Qualifikation des Personals, weniger Wechsel von Personal, geschlechterspezifische Zuteilung von Personal für bestimmte Pflegehandlungen, und nicht zuletzt mehr Personal, damit die Pflege mit mehr menschlicher Zuwendung gestaltet werden kann: „der menschliche Kontakt (=Zeit) sollte zu den bezahlten Leistungen des Pflegeheims gehören“. Zudem wird mehr Abwechslung im Heimalltag gewünscht durch ein größeres Angebot von Freizeitangeboten (z. B. Gespräche, Vorlesen, Spazieren fahren, singen, basteln, tanzen, mehr Bewegungsangebote). Auch eine schönere Gestaltung der Pflegeumgebung (z. B. frei zugänglicher Garten) wird angesprochen.

  • Wunsch nach Verbesserung der ambulanten Pflegesituation

In diesem Bereich finden sich zwei Perspektiven. Die erste wird von Hochaltrigen eingenommen, die sich für ihre eigene ambulante Versorgung Verbesserungen wünschen. Für die meisten geht es dabei um Unterstützung im Haushalt, etwa dass auch ohne Vorliegen einer Pflegestufe Haushaltshilfen eingesetzt werden können. Nicht unbedingt soll dabei grundsätzlich alles übernommen werden, sondern Angebote an individuelle Bedarfe angepasst werden können, sodass einige Aufgaben weiterhin selbst ausgeführt werden können. Andere wünschen sich, endlich Pflege wie etwa eine professionelle 24-Stunden-Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Einige Hochaltrige, die bereits durch Angehörige oder Professionelle unterstützt werden, wünschen sich Verbesserungen für diese: „Meine Kinder gehen mir täglich zur Hand. Wäre schön, wenn es dafür eine Art Belohnung/Entschädigung gäbe.“; „mir wäre wohler, wenn die Pflegekräfte (…) mehr geachtet, besser ausgebildet und – vor allem – besser bezahlt werden“; „Ich wünsche mir, dass diese Arbeit mehr Achtung und Anerkennung findet. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten (finanziell).“

Unter den Hochaltrigen finden sich auch solche, die selbst eine andere Person pflegen. Ihre Wünsche verdeutlichen, wie sehr die Krankheit ihrer:s pflegebedürftigen Angehörigen auch ihr eigenes Leben und Wohlbefinden betrifft und dass sie hier Entlastung benötigen – vorrangig durch Unterstützung bei der Pflege und mehr eigene Auszeiten, aber auch durch Vereinfachungen bürokratischer Vorgänge. „Selber noch ‚fit‘ wie ein Turnschuh. Es dreht sich aber Vieles um das Wohlbefinden meiner Frau. Für mich selber bin ich in guter Form und könnte Bäume ausreißen. (…) Aber mir sind die Hände gebunden alles das umzusetzen was ich gerne möchte.“; „Mein Mann hat Parkinson und mein Leben ist dadurch schwer beeinträchtigt. (…) Trotz Pflegedienste bleibt viel Arbeit und Sorge bei mir.“; „Ich muss immer da sein, habe wenig Zeit für mich und spüre oft meine Grenzen.“ „Ich pflege meine Frau in häuslicher Pflege, was all meine Kraft verlangt. Bessere Unterstützung der Kassen für den Pfleger ohne die ständigen Wiederholungen der Anträge (…) mit 84 Jahren geht das an die ‚Psyche‘“.

  • Wunsch nach finanzieller Unterstützung

Einige Wünsche machen finanzielle Unterstützungsbedarfe deutlich. In diesem Bereich erhoffen sich Hochaltrige allgemein eine Erhöhung der Rente oder eine Abschaffung der Rentenbesteuerung, um sich das Leben schöner gestalten zu können: „Rente erhöhen, um sich mehr Aktivitäten im Alltag leisten zu können“; „Die Versteuerung der Rente abschaffen, damit man besser leben kann“. Andere wünschen sich konkreter finanzielle Unterstützung für medizinische Leistungen oder ein höheres Pflegegeld.

  • Wunsch nach Barrierereduzierung

Im Bereich „Barrierereduzierung“ teilen sich die Wünsche auf in solche, die sich auf den Wohnraum beziehen und solche, die den öffentlichen Raum betreffen. Erstere sprechen beispielsweise eine größere Barrierefreiheit im Mietshaus an, etwa durch den Einbau eines Aufzugs, oder die Unterstützung beim altersgerechten Umbau des eigenen Hauses.

Zweitere betreffen vor allem infrastrukturelle Baumaßnahmen, um die eigenständige Bewegung älterer Menschen im öffentlichen Raum zu vereinfachen. „Längere Grünphasen an Ampeln [und] mehr Zebrastreifen“ sollen den Straßenverkehr für ältere Menschen sicherer machen. Kopfsteinpflaster wird als „Folter für Rollator + Rollstuhlfahrer“ empfunden. Bürgersteige sollen durch abgesenkte Auffahrten für die Benutzung mit Rollator und Rollstuhl aufgebessert werden. Auch wünschen sich Hochaltrige „mehr Sitzgelegenheiten: Ohne so etwas ist spazieren Gehen für alte Leute unmöglich“. Sitzgelegenheiten fehlen auch in Ämtern oder Banken. Ein weiterer Wunsch sind „mehr Toiletten im Stadtgebiet und bei Behörden“. Außerdem sollten vorhandene barrierefreie Lösungen mancherorts besser in Stand gehalten werden: „Ich habe einen Rollator und nicht überall Zugang, weil defekte Lifte und Rolltreppen es unmöglich machen.“

Abgesehen von solchen konkreten Baumaßnahmen gibt es Wünsche nach mehr Rücksicht auf ältere Menschen in der Gestaltung verschiedener Dinge, um die Teilhabe älterer Menschen besser zu ermöglichen. So wird bemängelt: „Man setzt voraus, dass alle Internet und Smartphones haben. Im Fernsehen und in Tageszeitungen erscheinen oft Fremdwörter, die wir Älteren gar nicht kennen“. Ähnlich werden „weniger Anglizismen in Nachrichten und Fernsehen“ gewünscht. „Es wäre schön, wenn das sogenannte ‚Kleingedruckte‘ groß und leserlich und in verständlicher Sprache geschrieben werden würde.“, und „Im Bahn- u. Busverkehr kann die digitale Anzeige von Sehbehinderten nicht wahrgenommen werden. Diese sollte zusätzlich mit Lautsprecher ausgestattet werden.“ Eine weitere Schilderung lautet: „An den Kassen der großen Lebensmittelläden ist leider nur eine Ablage vorhanden. Die Kassiererin ist mit dem Durchziehen der Ware so schnell, dass man als alter Mensch mit dem Einpacken der Ware nebst Bezahlen nicht nachkommt. Das macht nervös.“

  • Wunsch nach Mobilitätsförderung

Ein weiterer Bereich, in dem aus Sicht der Hochaltrigen Verbesserungsbedarfe bestehen, ist die Mobilität. Innerhalb dieses Bereichs wird der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit dichterem Netz, häufigeren Verbindungen und günstigeren Tickets gefordert, oder auch freie Bus- und Bahnfahrten für Personen im höheren Alter. Daneben werden Wünsche nach besserer Infrastruktur, weniger Schließungen und mehr Einkaufsmöglichkeiten geäußert – insbesondere auf dem Land, um dort etwa die „Erreichbarkeit [der] Ärzte und Ämter“ zu verbessern und insgesamt „das Leben auf dem Land [zu] erleichtern“.

  • Wunsch nach Förderung von Selbstbestimmung

In den Antworten der Hochaltrigen kommen auch Wünsche nach mehr Möglichkeiten der Selbstbestimmung zum Ausdruck. Als hinderlich wird hier vor allem die Bürokratie empfunden, die eine selbstständige Regelung der eigenen Belange erschwert oder unmöglich macht: „Dokumente öffentlicher Stellen/Behörden könnten übersichtlicher gestaltet sein und in größerer Schrift.“; „Die Bürokratie und vor allem die Pflege- und Krankenkasse ist für mich nicht mehr zu begreifen. Wenn meine Tochter und mein Großvetter sich nicht darum kümmern würden, dann hätte ich wohl finanzielle Probleme“. Doch auch ein besseres Verständnis politischer Vorgänge durch mehr Transparenz würde das Gefühl von Selbstbestimmung, Orientierung und Mündigkeit fördern: „bessere und verständlichere Informationen über politische Entscheidungen“; „nicht immer nur schwammige Aussagen.“

Der große Wunsch nach Selbstbestimmung macht zum Teil auch vor dem Tod nicht Halt: So fordern manche Hochaltrige etwa die „Schaffung einer gesetzlich fixierten Möglichkeit zum Ankauf von Medikamenten, um das Leben nach den eigenen Vorstellungen beenden zu können.“; oder „Eine garantierte Sicherheit, dass ich selbstbestimmt und, zu gegebener Zeit durch eine Natrium-Pentoparbital-Spritze aus dem Leben scheiden darf und kann, würde mich sehr beruhigen und meinen Alltag verbessern.“

  • Wunsch nach Möglichkeiten sozialer Teilhabe und sozialen Kontakts

Ein weiterer Bereich, den die genannten Wünsche betreffen, ist das soziale Leben. Hochaltrige wünschen sich mehr Besuche von der Familie und mehr Unterstützung durch ihre Kinder und Enkel. „Mein Hauptproblem ist, dass die Familie so weit verstreut lebt (…) sonst könnte öfter mal jemand vorbeikommen und bei Kleinigkeiten helfen.“ Andere vermissen Kontakte auch außerhalb der Familie, in der Nachbarschaft, zu Gleichaltrigen, oder „mehr Nähe, zu allen Altersstufen in der Gesellschaft“. Leid verursacht auch eine Verwitwung: „Allein leben ist nicht schön“. So hat mancher den Wunsch, wieder mit jemandem zusammen zu leben oder eine neue Partnerschaft einzugehen.

Um ihre Einsamkeit zu bekämpfen, werden auch zielgruppenspezifische Angebote vorgeschlagen, etwa „mehr gemeinsame Veranstaltungen für Rentner in den Stadtteilen“; „anspruchsvolle Angebote für Senioren-Akademiker“; „Gesprächskreise für ältere türkische Menschen“; „organisierte, schöne, altersentsprechende Zusammenkünfte mit ungefähr gleich fitten Personen“; oder „Spezialangebote für Unternehmungen und Reisen“. Auch speziell in Heimen wird eine Verbesserung und Erweiterung des Freizeitangebots gewünscht. Zudem sollen die Möglichkeiten des Besuchs von öffentlichen Veranstaltungen mit einem Rollstuhl verbessert werden.

Auch hier ist die Digitalisierung ein Thema, denn einige Hochaltrige fühlen sich durch die fortschreitende Digitalisierung ausgeschlossen. Sie wünschen sich, dass analoge Alternativen erhalten bleiben, um auch ohne digitale Ausstattung und Kompetenzen gesellschaftlich und sozial teilhaben zu können. Andere wünschen sich im Gegenteil mehr entsprechende Bildungsangebote und „Hilfe beim Erlernen der digitalen Medien, um soziale Kontakte noch besser aufrecht zu erhalten“. Wiederum andere benötigen überhaupt erst eine (bessere) Internetverbindung.

Auch die Wohnsituation spielt für das soziale Leben eine Rolle. Es besteht der Wunsch, dass Ehepaare bei nötigem Heimeinzug des einen Partners nicht automatisch getrennt werden, sondern dort einfacher gemeinsam leben können. Als wünschenswerte Alternativen zum klassischen Pflegeheim werden Senioren-WGs, spezielle Einrichtungen für ältere Menschen mit Migrationshintergrund, mehr seniorengerechte Wohnungen und soziale Wohneinrichtungen für ältere Menschen, sowie mehr Mehrgenerationenhäuser genannt. Auch möchten Hochaltrige in der Nähe ihrer Kinder oder mit ihnen zusammen wohnen können.

  • Wunsch nach mehr Wertschätzung der älteren Menschen

Hochaltrige wünschen sich mehr Wertschätzung durch die Gesellschaft. „Wenn man alt ist, wird man nicht mehr beachtet“, so ihr Eindruck; „wenn man alt ist, will und mag dich keiner, das ist das Los, wenn man alt ist“, oder sogar: „alte Menschen sind nicht gefragt, sie sind eine Last“. Einige Hochaltrige fühlen sich durch pauschale Altersstereotypen falsch wahrgenommen oder gar diskriminiert: „Die Gesellschaft nimmt alte Menschen nicht für voll. Es wird vorausgesetzt, dass alle alten Menschen senil sind. Es wird ständig versucht, mich zu übervorteilen. Dieses fühlt sich nicht gut an“. Die „Unterlassung von Altersdiskriminierung z. B. bei Kosten für Versicherungen“ wird gefordert.

Doch auch wenn man als älterer Mensch eingeschränkt ist, gilt: „abfällige Bemerkungen sind fehl am Platz, man sollte eher Hilfe anbieten“. Das Alter und die Lebensleistungen älterer Menschen sollen mehr geschätzt und anerkannt werden. „Ältere Menschen sollten mehr Verständnis, Hilfsbereitschaft und Empathie aus der Gesellschaft erfahren“.

Von der Politik wünschen sich Hochaltrige mehr konkreten und proaktiven Einsatz für die ältere Bevölkerung. „Man müsste sich um ältere Menschen mehr kümmern und sie unterstützen und nicht nur an Kinder und die nächste Generation denken – hier ist vor allem die Politik gefragt!“. Es wird eine „schlüssigere Politik in Richtung Ehrung der Alten“ und mit Blick auf die Belange Älterer gefordert. Eine mangelnde Interessenvertretung wird empfunden: „Es fehlt an entsprechenden Organisationen, die mit Nachdruck und Aktionen auf den fehlenden Willen des Parlaments einwirk[en]“.

  • Wunsch nach Möglichkeiten für Engagement und Mitverantwortung der Hochaltrigen

Unter Hochaltrigen besteht der Wunsch, „das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden“. Sie möchten ihre „Lebens- und Berufserfahrungen weitergeben“ und „für Andere da sein“. Zu diesem Zwecke wünschen sie sich von der Gesellschaft, „die ‚Alten‘ mehr einzubeziehen, ihr Wissen, ihre Erfahrungen [zu] respektieren“. Sie möchten „etwas zu tun haben“, oder „arbeiten, um dem Leben wieder Sinn zu geben“. Ein Vorschlag sind mehr Möglichkeiten für ehrenamtliche Beschäftigungen, die den eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechen.

  • Wünsche mit Bezug zu gesellschaftlichen oder politischen Entwicklungen

Die Hochaltrigen sprechen nicht nur Wünsche mit Bezug zur konkreten eigenen Situation an, sondern auch solche, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Diese beziehen sich zum einen auf ein friedliches und gutes Miteinander, etwa zwischen Generationen („ein großes Anliegen ist alte u. junge Menschen zusammenzubringen, um füreinander Verständnis zu erwecken“; „mehr Solidarität der Generationen“) oder zwischen Menschen mit unterschiedlicher Herkunft oder Lebensweise („Achtung vor dem Menschen, egal welche Hautfarbe/Herkommen er hat u. was er macht“). Auch ein besseres Klima in der deutschen Gesellschaft im Allgemeinen wird gewünscht: „gegenseitige Rücksichtnahme der Menschen untereinander“; „ein wenig mehr ‚wir‘ und weniger ‚ich‘“; „Hilfsbereitschaft Ehrlichkeit Herzlichkeit Friedfertigkeit“. Zum Teil denken Hochaltrige dabei vor allem an nachfolgende Generationen: „Mehr Menschlichkeit dies wünsche ich mir deshalb, damit ich hinsichtlich der Zukunft meiner Kinder, Enkel – und Urenkel beruhigter ‚abtreten‘ kann.“ Hinderlich sehen manche hierbei die Medien, die z. B. in Filmen Brutalität zeigen, welcher in der Folge nachgeeifert wird.

Ein für Hochaltrige wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang auch der Umweltschutz. Auch hier treten vor allem Gedanken an Andere, insbesondere an kommende Generationen, zu Tage: „zu sehen, dass die Politik alles daransetzt, dass diese schöne Welt für unsere Kinder und Enkelkinder lebenswert bleibt, d. h. mehr Umweltschutz weltweit und im eigenen Land.“; „Der Erhalt unserer Wälder – Natur – ist mir wichtig. Die Gesundheit meiner Kinder, Enkel u. Urenkel ist mir sehr wichtig!“; „würde mich sehr freuen, wenn man für das Klima mehr erreichen würde für unsere nächsten Generationen“; „Klimaschutz für Menschen u. Tiere“.

Ein weiteres Anliegen der Hochaltrigen ist mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft. So wird beispielsweise die Angleichung der weiterhin unterschiedlichen Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland erwartet. Auch eine Verkürzung der Spanne zwischen Arm und Reich, sowie die Bekämpfung von Obdachlosigkeit in Deutschland werden gefordert. Kritisiert wird auch die schlechtere Berücksichtigung und (finanzielle) Stellung der Frau. Die Wünsche nach Gerechtigkeit betreffen zum Teil sogar auf globaler Ebene eine gerechtere Verteilung der weltweiten Güter.

Ein weiteres Thema in diesem Bereich ist die Sicherheit im öffentlichen Raum, welche einige vermissen. Gewünscht wird eine „Erhöhung des Sicherheitsgefühls (…) durch Verstärkung der Polizei, Justiz“, denn „man getraut sich abends nicht mehr auf die Straße“. Doch nicht nur auf der Straße fühlen sich einige unsicher: Auch Schutz vor betrügerischen Telefonanrufen, falschen Handwerkern etc. wird vermisst und hierfür vor allem eine stärkere Justiz.

Mit Bezug auf die politische Führung in Deutschland fällt mehrmals der Wunsch nach weniger Toleranz für extreme Entwicklungen. Außerdem wünschen sich manche, dass Politiker weniger parteipolitisch geleitet entscheiden und handeln, sondern zukunftsorientiert, mit Blick für die „normalen Probleme der Bürger“, „ohne die Lobbyisten Beeinflussung“ und „nach den Grundsätzen der Natur“.

Fazit

Der vorliegende Bericht befasst sich mit den grundlegenden Werthaltungen von Menschen ab 80 Jahren in Deutschland, sowie mit ihrer Wahrnehmung und ihren Vorstellungen vom gesellschaftlichen Zusammenleben. Auch ihre Wünsche für ein besseres Leben in ihrer konkreten Lebenssituation oder im gesellschaftlichen Zusammenleben werden betrachtet. Zu dieser Thematik wurde eine erhebliche Forschungslücke identifiziert, welche auf Grundlage der großen und repräsentativen Stichprobe der Studie D80+ geschmälert werden kann.

Hochaltrige Menschen in Deutschland vertreten mit Sicherheit und Tradition zum einen solche Werte, die sich statt auf Wachstum und Wandel auf die Bewahrung des Bestehenden fokussieren. Dieses Ergebnis deckt sich mit bisherigen Forschungsbefunden zu altersspezifischen Werthaltungen (z. B. Tulviste et al. 2017; van Herk und Poortinga 2012). Dabei könnten einerseits verschiedene mit dem Alter verbundene Ressourcenverluste dazu führen, dass eine Orientierung an Wachstum zunehmend einem Interesse an der Vermeidung weiterer Verluste, d. h. an der Bewahrung des Status quo weicht (Ebner et al. 2006). Die hohe Relevanz des Wertes Selbstbestimmung, welcher eigentlich der „Offenheit für Wandel“ zugeordnet wird, könnte diese Argumentation ebenfalls unterstützen: Es scheint plausibel, dass Selbstbestimmung im sehr hohen Alter (z. B. vor dem Hintergrund [drohender] körperlicher Verlustprozesse) zu einem immer weniger selbstverständlichen Zustand wird, den es zu schützen und bewahren gilt (Reissmann et al. 2021). Bereits Borg et al. (2017) wiesen auf mögliche inhaltliche Bedeutungsverschiebungen bezüglich einzelner Werte im höheren Alter hin, welche in der Folge auch zu Verschiebungen in der Zuordnung von einzelnen Werten zu den übergeordneten Wertetypen führen könnten.

Des Weiteren stehen für Hochaltrige in Deutschland Werte des Typs Selbsttranszendenz, d. h. das Interesse an Anderen und deren Wohlergehen, über denjenigen des Typs Selbststärkung, d. h. der Fokussierung auf das Selbst und eigene Vorteile. Auch dies untermauert bisherige Befunde (z. B. Tulviste et al. 2017; van Herk und Poortinga 2012) sowie theoretische Ansätze, nach denen die Selbstzentrierung im Alter hinter die Sorge um Andere tritt (Erikson 1980; Tornstam 1997). Ältere Menschen sehen zunehmend von sich selbst ab und wenden sich stattdessen der Lebenssituation anderer (v. a. jüngerer) Menschen zu; sie stellen das eigene Leben damit in eine Generationenfolge und so auch in umfassendere, kosmische Bezüge (Kruse 2017; Kruse und Schmitt 2014). Reissmann et al. (2021) fanden Hinweise darauf, dass nur solche sozial- und wachstumsorientierte Werte in positivem Zusammenhang sowohl mit hedonischem als auch mit eudämonischen Wohlbefinden stehen. Diese Art der Selbsttranszendierung scheint jedoch vor allem dann möglich zu sein, wenn es die eigenen Ressourcen zulassen: Für ressourcenschwächere Gruppen nimmt sie im handlungsleitenden Werteprofil einen niedrigeren Platz ein, zugunsten von Werten der Bewahrung des Bestehenden. Dies betrifft Personen ab 90 Jahren und Frauen – welche in dieser Generation weniger Bildung genießen konnten sowie einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen als Männer (Zimmermann et al. 2022) –, Niedriggebildete, Personen mit Verdacht auf beginnende Demenz sowie Heimbewohner:innen. In letzterer Gruppe zeigen sich besonders viele Verschiebungen der Werteprioritäten im Vergleich zur allgemeinen Hochaltrigenpopulation. Dies könnte auf eine besondere Bedeutung auch des funktionellen Gesundheitszustands hindeuten, welcher im vorliegenden Bericht nicht als separates Differenzierungsmerkmal betrachtet wurde. Gerade dieser könnte jedoch Möglichkeiten der Zielverfolgung mitbestimmen und zu Verschiebungen im Werteprofil führen. Im Sinne akkomodativer Zielanpassung (Brandtstädter und Rothermund 2002) kann dieser Prozess durchaus günstig sein. Mithilfe ermöglichender Strukturen könnten Hochaltrige dennoch ihre Lebenssituation assimilativ an ihre eigentlichen Werte und Ziele anpassen.

Die beschriebene Hinwendung der hochaltrigen Bevölkerung zur Sorge um Andere und Mitverantwortung zeigt sich auch im hohen Stellenwert der Generativität. Die Generali-Studie identifizierte Generativität als eines der wichtigsten Daseinsthemen von Personen im Alter zwischen 65 und 85 Jahren (Kruse und Schmitt 2016). Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die hohe Bedeutung von Generativität auch für eine große Mehrheit der 80- bis 106-Jährigen. Viele Hochaltrige möchten demnach Verantwortung für die Gesellschaft, insbesondere für nachkommende Generationen, mit übernehmen. Sie tragen, vorrangig im niederschwelligen Bereich, auch praktisch ihre Erfahrungen bei: Über zwei Drittel kommen ihrem Wunsch nach Generativität manchmal oder häufig nach. Auch die Ausübung eines (formalen) Ehrenamts ist mit dem Interesse an der Sorge für Jüngere verbunden, jedoch ist der Anteil von Personen, die diese Form der Mitverantwortung übernehmen, weitaus geringer (16,6 %). Dieser Wert entspricht in etwa den Befunden des Freiwilligensurveys für die Gruppen ab 80 Jahren bzw. 85 Jahren und liegt deutlich unter der Beteiligung jüngerer Gruppen von bis zu 44,7 % im Jahr 2019 (Simonson et al. 2021). Die Autor:innen schreiben: „Freiwilliges Engagement ist eine wichtige Form der gesellschaflichen Partizipation. Geht man davon aus, dass alle Bevölkerungsgruppen die gleichen Chancen haben sollten, an der Gesellschaft teilzuhaben, dann sollte es idealerweise keine systematischen gruppenbezogenen Unterschiede im freiwilligen Engagement geben. Das ist aber nicht der Fall.“ (ebd., S. 90). Dies fügt sich in das Urteil von Kruse (2005), unsere Gesellschaft stelle keine altersfreundliche Gesellschaft dar, da „bislang noch nicht wirklich gelungen ist, sozialkulturell anerkannte Rollen nach dem Austritt aus dem Beruf zu finden und ältere Menschen als mitverantwortlich handelnde Staatsbürger anzusprechen, die durch ideelle wie materielle Ressourcen einen substanziellen Beitrag zum Humanvermögen leisten können“ (S. 277). Ressourcenschwächere Gruppen üben generatives Verhalten zudem vergleichsweise seltener aus. Dies weist darauf hin, dass eine Integration der Verletzlichkeits- und Potenzialperspektive (Kruse 2017), die Personen mit stärkeren Einschränkungen in einzelnen (z. B. körperlichen) Bereichen noch verbliebene (z. B. seelische, geistige, sozialkommunikative) Potenziale zugesteht und auch ihnen ehrenamtliche Betätigungen explizit anbietet, weiterhin ausbleibt. Dass betreffende Gruppen zugleich Generativität als weniger wichtig bewerten als solche, die diese häufiger ausüben (können), verweist erneut auf eine mögliche Anpassung der eigenen Ziele und Haltungen an die gegebenen Möglichkeiten, diese auch zu erreichen.

Mit ihren Wertvorstellungen findet sich die deutliche Mehrheit der Hochaltrigen (69 %) in der deutschen Gesellschaft (eher) nicht wieder. Mehr als jede:r Zweite hat außerdem das Gefühl, sich in der Gesellschaft nicht gut orientieren zu können und mit der gesellschaftlichen Lebensweise nicht gut zurecht zu kommen. Dies bestätigt eine prinzipielle Gefährdung insbesondere älterer Menschen, aufgrund der Abkehr von traditionellen Ansichten und der Pluralisierung von Lebensformen in der modernen Gesellschaft Gefühle von Anomie zu empfinden (Brandtstädter und Wentura 1994). Zudem grenzen pauschale Altersbilder ältere Menschen von der Gesellschaft ab und könnten so auch das Gefühl von Entfremdung verstärken (Kruse 2017). Die Ergebnisse sind jedoch auch vor dem Hintergrund der Coronapandemie zu interpretieren, die für beinahe zwei Drittel der Hochaltrigen das Gefühl von Entfremdung ihrer Aussage nach verstärkt hat. Positive Entwicklungen in der Pandemie, etwa gesellschaftliches Zusammenrücken und gestiegener solidarischer Zusammenhalt (z. B. in Nachbarschaften; Kühne et al. 2020), konnten diese negativen Auswirkungen offensichtlich nicht genügend eindämmen. Besonders von der Gesellschaft entfremdet fühlen sich hochaltrige Frauen, ältere Personen, niedriger Gebildete, Ostdeutsche, Heimbewohner:innen und Personen mit schlechterem kognitivem Status. Dies ist nicht nur bedenklich angesichts der möglichen Konsequenzen von Anomie für ihre individuelle Lebensqualität (Brandtstädter und Wentura 1994; Kaspar 2004; Schaller 2008). Ein starker gesellschaftlicher „Kitt“ (Bundesministerium des Innern und für Heimat, o. J.) ist essenziell für eine gut funktionierende Gesellschaft und hängt auch davon ab, dass allen Gruppen ein Gefühl von Zugehörigkeit, Inklusion und Respekt vermittelt wird.

Erfreulich ist, dass viele Hochaltrige – jedenfalls in der Spontaneität der Befragungssituation – keine Unterstützungs- und Verbesserungsbedarfe äußern. Viele beschrieben an dieser Stelle explizit ihre Zufriedenheit mit ihrem Leben noch im sehr hohen Alter. Doch lässt ein Teil der Antworten auch erkennen, dass Hochaltrige in schlechteren Lebenssituationen diese durch internalisierte Altersbilder resignativ als Schicksal des Alters begreifen, sodass sie über Möglichkeiten der Verbesserung gar nicht erst nachdenken. Dies verdeutlicht das gefährliche Potenzial von negativen Altersbildern, sich als internalisierter Teil des Selbstbilds als selbsterfüllende Prophezeiung ungünstig auf das Leben älterer Menschen auszuwirken (z. B. Wurm et al. 2013).

Die jedoch von einem anderen Teil der Hochaltrigen frei geäußerten Wünsche lassen sich wie folgt grob strukturieren:

  1. 1)

    Die konkrete, autonome Lebensgestaltung betreffende Wünsche und situativ gewachsene Unterstützungsbedarfe: Die allgemeine Sorge um den Erhalt oder die Verbesserung des eigenen Gesundheitszustands ist ein wichtiges Thema für Hochaltrige. Daneben bestehen vor allem konkrete Wünsche nach Verbesserungen ihrer pflegerischen oder medizinischen Versorgung, oder nach Entlastung in der Pflege einer anderen Person. Zudem erhoffen Hochaltrige sich Strukturen, die ihnen höhere Autonomie gewähren – in der eigenen Wohnsituation (z. B. Unterstützung bei der Barrierereduzierung in der Wohnumgebung),Footnote 6 im öffentlichen Raum (z. B. Barrierefreiheit), bis hin zur Gestaltung des eigenen Lebensendes (Sterbehilfe).

  2. 2)

    Wünsche nach mehr sozialer Einbindung und höherer gesellschaftlicher Wertschätzung: Zum einen wünschen sich Hochaltrige mehr Besuche, mehr soziale Unterstützung innerhalb und außerhalb der Familie, sowie mehr Kontakte auch durch vermehrte zielgruppenspezifische Angebote im Nahraum. Eine stärkere soziale Einbindung ist auch das Hauptanliegen im Zusammenhang mit der Coronapandemie, wie bereits ein detaillierter D80+ Kurzbericht zur Betroffenheit der Hochaltrigen von der Coronapandemie zeigen konnte (Hansen et al. 2021).

    Zum anderen besteht der Wunsch nach einem wertschätzenderen gesellschaftlichen Umgang mit Älteren. Dazu gehört auch, dass Hochaltrige sich und ihre Belange zu wenig berücksichtigt sehen, etwa in der Gestaltung öffentlicher Räume oder in der fortschreitenden Digitalisierung mit zunehmendem Mangel an analogen Alternativen. Der Ausdruck negativer Altersstereotype wird in mangelnder Wertschätzung, im Umgang mit der älteren Generation während der Coronakrise, und auch in konkreter Altersdiskriminierung erlebt. All dies ist sicher auch ein Auslöser der oben beschriebenen gesellschaftlichen Entfremdung.

  3. 3)

    Sorge um und für Andere sowie die Gesellschaft als Ganzes: Ältere erhoffen sich nicht nur von der Gesellschaft konkrete Unterstützung, mehr Rücksicht und Wertschätzung, sondern sorgen sich auch selbst um Andere und möchten etwas an die Gesellschaft weitergeben. Dies betrifft einerseits einzelne Gruppen wie Pflegende, denen ihrer Meinung nach mehr (finanzielle) Anerkennung und bessere Arbeitsbedingungen zustehen. Sie wünschen sich außerdem mehr Möglichkeiten, sich zu engagieren und für andere da zu sein. Für die Gesellschaft als Ganzes, insbesondere mit Gedanken an nachkommende Generationen, wünschen sie sich einen besseren Schutz der Lebensumwelt (Klima), mehr Sicherheit und ein respektvolleres, gerechteres Miteinander aller gesellschaftlichen Gruppen.

Politische Implikationen

Es lassen sich drei übergeordnete Bereiche identifizieren, die politische Handlung erfordern.

  1. 1)

    Ältere Menschen müssen in ihrem Autonomie- und Sicherheitsempfinden unterstützt und gestärkt werden. Dies ist geboten, weil Sicherheit und Selbstbestimmung zu den wichtigsten Werten der Hochaltrigen zählen. Zudem wurden diese Bereiche auch in den frei geäußerten Wünschen häufig angesprochen. Gerade im Alter tragen äußere Bedingungen zunehmend zur individuellen (Un-)Selbstständigkeit bei (Lawton 1982). Maßnahmen (z. B. medizinische, pflegerische, soziale), die die Selbstständigkeit älterer Menschen aufrechterhalten oder wiederherstellen, müssen demnach als ebenso verpflichtend und investitionswürdig angesehen werden wie die gesundheitliche Versorgung jüngerer Menschen (Kruse 2005). Defizitäre Altersbilder führen jedoch oft dazu, dass die medizinisch-pflegerische Versorgung älterer Menschen eher Abhängigkeit als Selbstständigkeit fördert (Baltes 1996; Kruse 2005). Eine zusätzliche (z. B. finanzielle, bildungsbezogene) Ressourcenausstattung würde es Menschen im hohen Alter außerdem erlauben, sich stärker auf Ziele zu konzentrieren, die ihrem Wohlbefinden besonders dienlich sind (Reissmann et al. 2021; Woopen et al. 2021).

  2. 2)

    Die gesellschaftliche Integration und Mitverantwortung älterer Menschen muss gestärkt werden. Dabei muss auch bei Personen im sehr hohen Alter an flexible Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit gedacht werden, die im Rentenalter nicht primär aus finanziellen, sondern neben persönlichen (Spaß an der Arbeit) vor allem aus sozialen (Kontakt zu Anderen) Motiven ausgeführt wird (Anger et al. 2018). Doch auch die Anerkennung nachberuflichen Engagements und vor allem der Heterogenität und Potenziale älterer Menschen, die nicht nur Sorgeempfangende, sondern auch Sorgetragende sein können, ist noch immer unzureichend (Kruse 2017). Die Umsetzung von generativen Motiven muss durch Gelegenheitsstrukturen unterstützt werden (z. B. Generationenbegegnungsstätten, Mehrgenerationenhäuser, integrative Wohn- und Quartierskonzepte, Vermittlung differenzierter Altersbilder, Ressourcenausstattung älterer Menschen) (ebd.). Eine Schaffung von mehr Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements, die sich auch an Menschen im sehr hohen Alter (d. h. Abschaffung von normierten Altersgrenzen) – explizit auch solche mit stärkeren Einschränkungen in einzelnen Bereichen – richten, kann dem Wunsch hochaltriger Menschen nach mitverantwortlicher und generativer Beschäftigung nachkommen. Eine stärkere Einbindung in gesellschaftliche Strukturen und Verantwortlichkeiten kann auch dazu beitragen, dass sich ältere Menschen mit ihren Werten und Fähigkeiten in der Gesellschaft besser wiederfinden und diese als stärker wertgeschätzt erfahren. Zu diesem Zweck sollten auch weitere Maßnahmen ergriffen werden, bspw. zielgruppenspezifische, zugehende Angebote, mehr Unterstützung in Zeiten der Digitalisierung, stärkere Einbindung und Berücksichtigung der Bedürfnisse älterer Menschen und traditioneller Sichtweisen. Auch eine weitere Bekämpfung pauschaler Altersbilder ist nötig, um zu einer besseren und selbstverständlicheren Einbindung älterer Menschen in die Gesellschaft beizutragen. Bei alledem darf jedoch eine mitverantwortliche, aktive Lebensweise lediglich ein Angebot bleiben: Sie darf keinesfalls zum Zwang oder zur Voraussetzung menschlicher Wertschätzung werden.

  3. 3)

    Es muss weitere (auch längsschnittliche) Forschung zu den Werten, Wünschen und Prioritäten der stetig wachsenden sehr alten Bevölkerung gefördert werden, um diese zielgruppengerecht ansprechen und unterstützen zu können. Es bleibt unklar, welche Werte Personen durch die Hochaltrigkeit leiten, welchen Entwicklungen diese ggf. im sehr hohen Alter noch unterliegen, wodurch diese ausgelöst werden und wie nachhaltig sie sind. Beispielsweise stellt sich die Frage, wie und wie nachhaltig sich die Werte von Menschen nach bestimmten Ereignissen (z. B. Heimeinzug, Verlust des:r Partner:in oder eines Kindes) verändern. Auch scheint es im hohen Alter inhaltliche Bedeutungsverschiebungen im Verständnis der Schwartz’schen Werte zu geben, die näher untersucht werden sollten, um die Werthaltungen und Prioritäten Hochaltriger bestmöglich zu verstehen.