Abb. 1.1
figure 1

Tweet „How your spelling of ‚okay‘ makes you sound“Footnote

https://twitter.com/WorldAndScience/status/1213442470165536768.

OKAYFootnote 2 – „the world’s best-known word“ erfreut sich ungebrochener Beliebtheit (Metcalf 2010, S. 3). Die Faszination von OKAY erstreckt sich über die Vielzahl der Theorien und Mythen rund um die Entstehung des Wortes vor über 180 Jahren bis zur Art und Weise, wie es heute geschrieben wird: Die Popularität von „America’s greatest invention“ ist konstant (Metcalf 2010, S. 26). Der dargestellte Tweet in Abbildung 1.1 ist nur einer von vielen, der im Zuge der Analyse zu schriftlichem OKAY im Internet entdeckt wurde. Die Präferenz für eine Formvariante von OKAY soll gleich einem Sternzeichen voraussagen, über welche Charaktereigenschaften Autor:innen verfügen, die OKAY so vielfältig und zahlreich in ihre Schriftstücke integrieren. Eine Präferenz für die Formvariante mit Abkürzungspunkten „O.K.“ scheint dabei nur durch außerirdische Einwirkung erklärbar.

Ob man die Art und Weise, wie OKAY geschrieben wird, nun als „normal“ oder „alt“ einschätzt (vgl. Abb. 1.1), eines ist sicher: OKAY hat seinen Ursprung im amerikanischen Englisch. Der globale Einfluss des Englischen wächst stetig. Somit ist es wenig verwunderlich, dass sich OKAY in eine Vielzahl von Sprachen der Welt verbreitet hat und zum wahrscheinlich erfolgreichsten sprachlichen Export des amerikanischen Englisch wurde, und das gerade in der Alltagskommunikation. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht durch OKAY Einverständnis gekennzeichnet wird – sei es in einem Gespräch mit den Nachbar:innen oder beim Surfen im Netz, wenn durch einen Klick auf die Schaltfläche „OK“ die auf Webseiten verwendeten Cookies akzeptiert werden sollen. Doch nicht nur dort, sondern auch in der Online-Kommunikation mit anderen Menschen, z. B. über Social-Web-Anwendungen, begegnet uns OKAY. Netzbasierte Formen der Kommunikation nehmen einen immer größeren Teil des Alltags ein. Um aktiv an solchen Kommunikationsformen teilnehmen zu können, folgen Internetnutzer:innen den erforderlichen Praktiken und Bedingungen der Netzkommunikation. Allen vorweg: die Kommunikation über das Medium der SchriftFootnote 3. Ob in einer gesellschaftlichen Debatte mitdiskutiert oder in einem Forum eine Frage gestellt werden soll – immer muss dies schriftlich ausformuliert werden. Inwieweit OKAY funktional in solche Kontexte eingebunden werden kann, steht im Forschungsinteresse dieser Arbeit.

Die vorliegende Arbeit untersucht den InternationalismusFootnote 4 OKAY in schriftlicher Interaktion im Internet. Ziel der Arbeit ist es, die Bandbreite aktueller funktionaler OKAY-Beschreibungen um schriftliche OKAYs in internetbasierten Kommunikationsformen zu erweitern. Dabei steht die Analyse von interaktionsorientierten Wikipedia-Diskussionsbeiträgen in den empirischen Untersuchungen dieser Arbeit im Fokus. Im Abriss zur Verbreitung von OKAY in der digitalen Welt sind darüber hinaus weitere schriftliche OKAY-Gebrauchsweisen internetbasierter Kommunikation in die Analyse eingegangen, wie z. B. OKAY in Blogs und Tweets. Die Untersuchung von Wikipedia-Diskussionsbeiträgen, stellvertretend für andere interaktionsorientierte internetbasierte Kommunikationsformen, ist zum einen gewinnbringend, da diese Beiträge in aufbereiteter Form für Forschungszwecke über Korpusrechercheplattformen abrufbar vorliegen. Zum anderen ermöglichen sie den Zugang zu sprachvergleichenden Analysen, denn Wikipedia bietet mit 315 aktiven Sprachversionen eine reichhaltige Datengrundlage für das Herausstellen sprachspezifischer und sprachübergreifender Funktionsweisen.

Die Analysen und Untersuchungen zu OKAY im konzeptionellen Teil I, wie auch im empirischen Teil II, werden stets vor dem Hintergrund des Sprachvergleichs durchgeführt, der sich auf OKAY-Verwendungen in den Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch konzentriert. In Detailanalysen wird herausgestellt, wie OKAY in der Schriftlichkeit funktioniert. In der Mündlichkeit wurde OKAY sprachvergleichend in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht. Die vorliegende Arbeit strebt an, OKAY-Verwendungsweisen aus interaktionsorientierter Schriftlichkeit zu erfassen und Forschungslücken in OKAY-Funktionsbeschreibungen auf Seiten schriftlicher, internetbasierter Kommunikationsformen zu schließen.

Auch sollen Sprachdaten aus gesprächsspezifischen Kontexten nicht außer Acht gelassen werden. Sie dienen dazu, Parallelen zwischen den funktionalen Verwendungsweisen von OKAY in Diskussionsforen wie den Wikipedia-Artikeldiskussionen und Gebrauchsweisen von OKAY im Mündlichen zu ziehen. Zum einen sind funktionale Überschneidungen von Daten internetbasierter Kommunikation und Gesprächsdaten unbestreitbarFootnote 5, zum anderen sollen die untersuchten Wikipedia-Daten nicht als einzelne, abgegrenzte Einheit betrachtet werden, sondern das bereits entwickelte Funktionsspektrum von OKAY um Daten schriftlicher internetbasierter Kommunikationsformen vervollständigen.

Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Teil I bildet den konzeptionellen Rahmen der Arbeit ab und umfasst die Kapitel 2, 3 und 4. Mit Teil I wird das Ziel verfolgt, die für diese Arbeit relevanten Erläuterungen, Beschreibungen und Vorstudien zu OKAY zusammenfassend vorzustellen. Kapitel 2 widmet sich der Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte von OKAY im Englischen, Französischen und Deutschen. Im Anschluss daran wird die Verbreitung von OKAY in der digitalen Welt analysiert, mit Fokus auf Verwendungsweisen von OKAY in schriftlichen internetbasierten Kommunikationsformen. Kapitel 3 fasst funktionale Beschreibungen von OKAY zusammen. Einleitend werden funktionale Einordnungen zu OKAY in Grammatiken vorgestellt, zunächst für das Deutsche, gefolgt von Einträgen in Grammatiken und Wörterbüchern zu OKAY im Englischen und Französischen. Im zweiten Teil von Kapitel 3 (3.3 und 3.4) werden Studien zu OKAY vorgestellt. Dabei wird auf Forschungsarbeiten zu OKAY sowohl im Mündlichen als auch im Schriftlichen eingegangen. In Kapitel 4 wird schließlich die Plattform vorgestellt, von der die im Teil II analysierten Sprachdaten stammen: Wikipedia. Nach einleitenden Bemerkungen zu Wikipedia werden die Konzepte des Social Web sowie Bedingungen der Interaktion in schriftlicher internetbasierter Kommunikation vorgestellt. Damit decken die drei Kapitel alle grundlegenden Informationen ab, die für die empirischen Untersuchungen bestehend aus drei Korpusstudien benötigt werden.

In Teil II, bestehend aus vier Kapiteln, stehen drei korpusgestützte Untersuchungen zu OKAY im Deutschen, Englischen und Französischen im Vordergrund. In Kapitel 5 werden die Methode und Datengrundlage der drei durchgeführten empirischen Korpusstudien beschrieben. Zunächst werden verwendete Korpora und Korpusrechercheplattformen vorgestellt, aus denen die analysierten Sprachdaten exportiert wurden, sowie erläutert, welche Schritte für diesen Export nötig waren. Anschließend wird die Art der Datenbereinigung, vor allem in Bezug auf die Aussonderung von Pseudotreffern, beschrieben. Kapitel 5 schließt mit allgemeinen Informationen zu in dieser Arbeit durchgeführten Messungen der Interrater-Reliabilität ab. Kapitel 6 umfasst die Korpusstudie 1, die Herausstellung von Formvarianten von OKAY, die über quantitative Erhebungen ermittelt werden. Die Korpusstudie 2 in Kapitel 7, die Ermittlung von OKAY-Positionen, sowie die Korpusstudie 3 in Kapitel 8, die Herausstellung von OKAY-Funktionen, basieren auf quantitativ-qualitativen empirischen Analysen. Jede Korpusstudie folgt derselben Struktur: Zunächst werden Fragestellung und zugehörige Hypothesen vorgestellt, im Anschluss daran werden die Daten analysiert und klassifiziert sowie abschließend die Ergebnisse dargestellt. In den Korpusstudien 2 und 3 folgen auf die Zusammenfassung der Ergebnisse noch Erläuterungen zur Interrater-Reliabilität.

In den drei Korpusstudien sollen die folgenden drei Forschungsfragen beantwortet und die dazugehörigen Hypothesen getestet werdenFootnote 6.

Korpusstudie 1

  • F1: Wie unterscheiden sich die Formen von OKAY in deutschen, englischen und französischen Wikipedia-Diskussionen?

  • H1-1Footnote 7: Eine Vielzahl von Formvarianten von OKAY wird in allen untersuchten Sprachen verwendet.

  • H1-2: Der Anteil von kurzen, nicht-normkonformen OKAY-Formen ist höher als der von normkonformen OKAY-Formvarianten.

Korpusstudie 2

  • F2: Wie unterscheiden sich die Positionen von OKAY in deutschen, englischen und französischen Wikipedia-Diskussionen von denen in mündlichen Gesprächen?

  • H2-1: In Wikipedia-Diskussionen wird in der Mehrzahl der Fälle in allen untersuchten Sprachen OKAY am Anfang eines Beitrags verwendet.

  • H2-2: Der Anteil von mittigen OKAYs ist in den deutschen und englischen Wikipedia-Diskussionen höher als in den französischen Diskussionen.

  • H2-3: Der Anteil von alleinstehenden OKAYs ist in mündlichen Gesprächen höher als in geschriebenen Wikipedia-Diskussionen.

Korpusstudie 3

  • F3: Welche Funktionen erfüllt OKAY in deutschen, englischen und französischen Wikipedia-Diskussionen im Vergleich zu mündlichen Gesprächen?

  • H3-1: Der Anteil von OKAY als syntaktische Einheit ist in den englischen und deutschen Wikipedia-Diskussionen höher als in den französischen Wikipedia-Diskussionen.

  • H3-2: OKAY als Reaktiv wird am häufigsten in mündlichen Gesprächen verwendet.

  • H3-3: Wenn OKAY als elliptische Konstruktion verwendet wird, dann in den französischen Wikipedia-Diskussionen.

  • H3-4: Der Anteil von OKAY als interaktive Einheit in oppositiven Relationsmustern ist in geschriebenen Wikipedia-Diskussionen höher als in mündlichen Gesprächen.

Das funktionale Bild von OKAY wird zusätzlich zu den genannten Fragestellungen und Hypothesen um Ergebnisse weiterer Analysen und Beschreibungen, z. B. in Form von Kookkurrenzanalysen, ergänzt.

In Kapitel 9 werden die Korpusstudien zunächst diskutiert. Dabei werden Einschränkungen zu den durchgeführten Erhebungen beleuchtet, bevor die Ergebnisse studienübergreifend zusammengefasst werden (Kapitel 10). Die vorliegende Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der Teile I und II sowie einem Ausblick.