Die Entstehungsgeschichte von OKAY ist gut erforscht. Zunächst wird die Entstehungsgeschichte von OKAY von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des 20. Jahrhunderts dargestellt. Es werden verschiedene Theorien vorgestellt, die sich im Laufe von Jahrzehnten entwickelt haben und die eine Gemeinsamkeit haben: Sie beanspruchen den Ursprung von OKAY. Dabei wird zunächst auf OKAY im englischsprachigen Raum eingegangen und danach Erläuterung zu OKAY im Französischen und Deutschen gegeben. Daran anknüpfend wird die Verwendung und Verbreitung von OKAY in der digitalen Welt seit Ende des 20. Jahrhunderts bzw. Anfang des 21. Jahrhunderts, zum einen im Hinblick auf Mensch-Maschine-Interaktionen, zum anderen in OKAY-Verwendungsweisen auf Social-Web-Plattformen nachgezeichnet.

1 Sprach- und Zeichengeschichte von OKAY – 1. Etappe: Ursprung im 19. Jh. und Verbreitung bis Ende des 20. Jh

Die Ursprungstheorien für das Englische werden auf Grundlage von Read (1963a, 1963b, 1964a, 1964b, 1964c) und Metcalf (2010) zusammengefasst. Im Anschluss daran wird, basierend auf Fagard (2019), die Verbreitung von OKAY im Französischen dargestellt. Ferner widmet sich das Abschnitt 2.1 OKAY-Belegen im Deutschen, die anhand von Korpusrecherchesystemen ermittelt wurden und Aussagen über die Verbreitung des Internationalismus in deutscher Schrift unterstützen.

Im Folgenden wird zunächst auf vier Theorien zum Ursprung von OKAY eingegangen, die immer wieder sprachübergreifend in verschiedenen Grammatiken, Wörterbüchern und Beschreibungen zu OKAY auftretenFootnote 1 oder aber den Ursprung von OKAY in anderen Sprachen verorten, z. B. im Französischen oder im Deutschen.

Ein Ursprung von OKAY wird dem ehemaligen US-Präsidenten Andrew Jackson (1767–1845), dem demokratischen Vorgänger von Martin Van Buren, über den später noch berichtet wird, zugeschrieben. Jackson war für seine Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen bekannt, die im Gegensatz zu dem aristokratischen Hintergrund seiner sechs Vorgänger als Präsident der Vereinigten Staaten stand. Während die Mehrheit seiner Mitbürger seinen Aufstieg aus bescheidenen Verhältnissen bewunderte, stellten andere in Frage, ob eine Person, der es so offensichtlich an Bildung mangelte, das Amt des Präsidenten bekleiden sollte. Als er 1828 zum Präsidenten gewählt wurde, hatte er bereits als US-Senator gedient. Dennoch gingen seine Gegner davon aus, dass jemand, der aus so ärmlichen Verhältnissen stammte, Analphabet sein musste – oder zumindest ein schlechter Buchstabierer. Und so wurde während Jacksons erfolgreichem Präsidentschaftswahlkampf 1828 seine Rechtschreibfähigkeit in verschiedenen Zeitungsartikeln angezweifelt, oft in Form von Satire und Sarkasmus (vgl. Read 1963a). Der Streit setzte sich während des gesamten Wahljahres 1828 fort, wobei jede Seite mehr oder weniger authentische Briefe vorlegte, um ihre Ansicht über Jacksons Rechtschreibung zu untermauern. Ein weiterer Aspekt von Andrew Jacksons Rechtschreibfähigkeiten, oder deren Fehlen, sollte sich mehr als ein Jahrzehnt später als wichtig für die Entwicklung von OKAY erweisen: Er verwendete oft ein K statt eines C. So schrieb Jackson koalition anstelle von coalition und kongress anstelle von congress.

Metcalf (2010) zufolge kann fast zwei Jahrhunderte später herausgestellt werden, dass Jacksons Rechtschreibung weder grundlegend falsch noch vollkommen richtig war. Entscheidend ist, dass die Geschichte seiner Kakographie, einschließlich der Ersetzung von C durch K, weit verbreitet war und OKAY, das zu diesem Zeitpunkt, 1840, noch in den Kinderschuhen steckte, dadurch zu einem festen Bestandteil der Sprache wurde (vgl. Metcalf 2010, S. 56–62).

Der ChoctawFootnote 2 W. S. Wyman, Professor für Englisch an der Universität von Alabama, veröffentlichte 1885 und 1894 Artikel, in denen er behauptete, dass der Ursprung von OKAY die Choctaw-Sprache sei. Auch diese Theorie bezieht Andrew Jackson mit ein, indem herausgestellt wurde, dass Jackson öffentliche Dokumente, die er genehmigte, mit „O. K.“ kennzeichnete. Der für Wyman wahre Ursprung von OKAY liegt darin, dass Jackson den Ausdruck „O. K.“ aus der Choctaw-Sprache entlehnt hat. Dort gibt es das Wort „okéh“, das in der Sprache der Choctaw jede Behauptung abschließt und ein „Es ist wahr“/„Es ist in Ordnung“ der Behauptung nachschiebt. So hat Jackson den Begriff in jungen Jahren als eine sehr ausdrucksstarke Art von Slang übernommen und ihn, nachdem er Präsident geworden war, als privates Symbol („O. K.“) für Zustimmung verwendet.

Metcalf (2010) hält fest, dass, so verlockend die Choctaw-Erklärung auch sei, es keine Beweise dafür gebe. Zweifellos war „O. K.“ eine nützliche Markierung auf einem Dokument, aber es wäre kaum angemessen für einen Präsidenten, einen bekannten Rechtschreibfehler zu verwenden. Der Choctaw-Ursprung war ein Ausweg: Woodrow Wilson ergriff die Gelegenheit und kennzeichnete seine Genehmigungen auf Dokumenten nicht mit „O. K.“, sondern mit „okeh“ (vgl. Metcalf 2010, S. 84–86).

Nicht nur verschiedene Teile Nordamerikas werden mit dem Ursprung von OKAY in Verbindung gebracht. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde festgestellt, dass Aux Cayes, der französische Name eines Hafens in Haiti, ähnlich wie OKAY klingt. Da lag die Vermutung nahe, dass Aux Cayes der Ursprung ist. Scheinbar wurde von Aux Cayes aus eine Rumsorte exportiert, die mit „It’s O. K.“ bewertet wurde. Alternativ dazu gibt es die Theorie, dass OKAY von aux quais (= „zu den Docks/Anlegestellen“) stammt.

Letztlich gibt es die Theorie, dass es sich bei OKAY um eine Fehldeutung der Initialen für „alles korrekt“ handelt, die von einem deutschen Militärberater während der Koalitionskriege geschrieben wurde. Eine andere Theorie führt OKAY auf Baron von Steuben zurück, der „O. K.“ für „Oberkommando“ bzw. „Oberst/Kommandant“ neben seinen Namen schrieb (vgl. Metcalf 2010, S. 90 f.).

Auch wenn die gerade beschriebenen Theorien plausibel klingen, werden sie von Forscher:innen mehrheitlich nicht als Ursprung von OKAY angesehen. In den 1960er-Jahren hat der US-Amerikaner Allen Read in mehreren Fachbeiträgen die Entstehungsgeschichte von OKAY nachgezeichnet. Dies wurde von Allan Metcalf zu Beginn des 21. Jahrhunderts aufgegriffen und um zusätzliche OKAY-Belege aus verschiedenen Jahrzehnten erweitertFootnote 3.

Der Ursprung von OKAY geht laut Read (1963a) auf einen schriftlichen Wortwitz aus dem Jahr 1839 zurück. Die Redakteure der Zeitungen „Daily Journal“ aus Providence, Rhode Island, sowie der Bostoner „Morning Post“ ließen sich aufgrund der aufgrund mangelnder Nachrichten zu Wort- und Sprachwitzen in wettbewerbsartigem Ausmaß hinreißen, häufig in Kommentaren und Beiträgen der Chefredakteure selbst verankert (vgl. Read 1963a, S. 25). Charles Gordon Greene, Chefredakteur der „Morning Post“, war bekannt für seinen Humor und ließ sich verschiedene solcher Äußerungen einfallen. Neben Greene haben auch Park Benjamin und Rufus W. Griswold in New York Abkürzungen wie K.G. für no go, ausgesprochen know go, sowie K.Y. für no use, ausgesprochen know yuse, kreiert. Es war Greene, der am 23.03.1839 in einem Kommentar, vgl. Abb. 2.1, erneut an die Schreiber:innen des „Daily Journal“ in Province gerichtet, zuerst die Abkürzung o.k. für oll korrect als intendierte Fehlschreibung von „all correct“ einsetzte (vgl. Read 1963a, S. 13 f.).

Abb. 2.1
figure 1

Boston Morning Post, March 23, 1839 mit OKAY-ErstverwendungFootnote

Boston Morning Post, March 23, 1839, Pg. 2, Boston, Massachusetts, US https://newspaperarchive.com/boston-morning-post-mar-23-1839-p-2/, im Anhang A im elektronischen Zusatzmaterial ist in Abb. A-7 die komplette Seite 2 der Zeitung abgedruckt.

Wieso sich OKAY durchsetzte und andere Sprach- und Wortspiele aus der Zeit nicht, ist von Zufällen bedingt. Metcalf (2010) begründet anhand von vier Gegebenheiten, warum OKAY, im Vergleich zu anderen Wörtern, auf fruchtbaren Boden fiel:

  1. (1)

    die Vorliebe für scherzhafte Abkürzungen in den Zeitungen der späten 1830er-Jahre

  2. (2)

    die Kampagne zur Wiederwahl des US-Präsidenten Martin Van Buren im Jahr 1840

  3. (3)

    Andrew Jacksons Rechtschreibschwäche

  4. (4)

    die Erfindung des Telegrafen

(vgl. Metcalf 2010, S. 26)

Nach OKAYs Entstehung 1839 als Sprachwitz in der Bostoner Morning Post machte die erneute Präsidentschaftswahl ein Jahr später, 1840, OKAY einem breiteren Publikum zugänglich. Anhänger Martin Van Burens, der zur Wiederwahl antrat, gründeten den „O.K. Club“ als Anspielung auf Van Burens Spitznamen „Old Kinderhook“, der auf seinen Geburtsort „Kinderhook“ im US-Bundesstaat New York zurückgeht (vgl. Read 1963b, S. 86). In Wahlslogans wie „Old Kinderhook is O.K.“ wurde OKAY aufgegriffen und im politischen Kontext verbreitet. Auch während Van Burens zweiter Präsidentschaftswahl – er hatte bereits 1836 die Wahl für sich entschieden – spielte Jacksons Popularität eine große Rolle: so groß, dass Gegner von beiden die bereits beschriebene Kontroverse um Jacksons Rechtschreibschwäche ins Leben riefen. Schließlich siegte Van Buren und die Erfolgsgeschichte von OKAY streifte den letzten der von Metcalf (2010) genannten Aspekte: den Telegrafen.

Im Jahr 1844 wurde die erste Fernnachricht im Morsecode übermittelt. Rund sieben Jahre später, 1851, wurde Western Union gegründet, die kleinere Telegrafenunternehmen miteinander verband und 1861 die transkontinentale Linie fertigstellte. In der Zwischenzeit, ebenfalls 1851, begannen Eisenbahnstationen ihre Züge per Telegraf abzufertigen. OKAY spielte in dieser Abfertigung eine wichtige Rolle: Man musste lediglich zwei Buchstaben morsen, O und K, um die Abfahrtszeit eines Zuges zu bestätigen (vgl. Metcalf 2010, S. 97).

Funktional hat sich OKAY nach seiner initialen Verwendungsweise als Adjektiv auch als Nomen verbreitet. Die erste Verwendung von OKAY als Nomen geht auf das Jahr 1841 zurück (vgl. Read 1964a, S. 86). Im Anschluss daran lassen sich erste Belege von OKAY in der Verwendung als Verb auf das Jahr 1888 datieren. Dort wurde es besonders im wirtschaftlichen Kontext gebraucht, wie in „Please O.K. and hurry return of my account“ (Read 1964a, S. 94). „O.K.“ wird hier im Sinne von „bestätigen“ benutzt. Belege wie „is/being O.K.’d“ finden sich einige Zeit später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts (vgl. Read 1964a, S. 94).

Im 19. Jahrhundert wurde OKAY als eine humorvolle Abkürzung erkannt, aber im 20. Jahrhundert waren viele Aspekte seines Ursprungs vergessen. Auch verbreitete sich immer mehr die Formvariante „okay“, wodurch der Ursprung von OKAY als Abkürzung weiter aus dem Blickfeld rückte. In den 1920er-Jahren kamen auch die Formvarianten „oke“, „kay“ oder einfach nur „k“, sowohl im Schriftlichen als auch im Mündlichen verwendet, hinzu. Zu gleicher Zeit, auch um OKAY den bis dahin verlorenen geglaubten Witz erneut zuzuschreiben, wurden Wendungen wie „okey-dokey“ und „oke-doke“ kreiert (vgl. Metcalf 2010, S. 147 f.). Wie OKAY selbst sind auch Wendungen wie „okey-dokey“ um die Welt gereistFootnote 5.

Metcalf (2010) beschreibt zur Verbreitung, dass „[f]rom pole to pole, from the precincts of Paris to the homes of Hong Kong, from the plains of Serengeti to the steppes of Siberia, from the tip of Tierra del Fuego to the top of Mount Everest“ Menschen mit OKAY kommunizieren (Metcalf 2010, S. 171). Diese weltweite Verbreitung soll für die vorliegende Arbeit für das Französische und im Anschluss für das Deutsche genauer beleuchtet werden.

Für das Französische wird auf Fagard (2019) zurückgegriffen. Fagard (2019) nutzt schriftliche Korpusbelege aus frantextFootnote 6 sowie Google-Bücher und den Google Ngram-Viewer, um OKAY-Verwendungsweisen im Französischen herauszustellen. Im Vergleich zu den für andere Sprachen verfügbaren Daten ist das Auftreten von OKAY im Französischen vergleichbar mit dem, was anderswo in Europa zu beobachten ist (vgl. Fagard 2019, S. 22). Sehr frühe Vorkommen von OKAY, z. B. aus dem Jahr 1845, gehen auf Fehler in der OCRFootnote 7-Erkennung der Google-Bücher und Ngramme zurück, die z. B. „Oh“ als „OK“ wiedergaben.

Nach Fagard (2019) lassen die Korpusdaten auf eine Verbreitung in Etappen schließen mit einem kleinen, aber bemerkenswerten Anstieg der Häufigkeit in den späten 1940er-Jahren und einem größeren Anstieg ab den 1960er-Jahren. Das Auftreten von OKAY in den späten 1940er-Jahren führt Fagard (2019) auf den Sprachkontakt französischer Landsleute mit amerikanischen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs zurück. Ein Anstieg des OKAY-Gebrauchs nach dem Ersten Weltkrieg lässt sich nicht verzeichnen; Fagard (2019) hält fest: „le long séjour qu’ont fait en France, pendant la guerre, les armées anglaise et américaine, ne semble pas avoir eu d’influence marquée sur notre vocabulaire“ (Fagard 2019, S. 24).

Fagard (2019) stuft den als OKAY-Erstverwendung im französischen Wörterbuch „Trésor de la langue française“ (TLF) zitierten Beleg von 1869 als metasprachlich ein. Ihm zufolge zeigen Belege zu dieser Zeit eindeutig, dass OKAY aus dem amerikanischen Englisch entlehnt wurde und dementsprechend als direkte Entlehnung in den Text eingefügt wurde (vgl. Fagard 2019, S. 25).

Abb. 2.2
figure 2

(Quelle: Figuier 1869, S. 111 f.)

Bibliothèque nationale de France.

Der TLF-Erstbeleg von OKAY, vgl. Abb. 2.2, beschreibt die Verlegung eines Kabels, das im Atlantik Europa und Nordamerika verbindet. Die durch Kursivschrift abgesetzte Formatierung („O. K.“) verdeutlicht, dass es sich um eine direkte Entlehnung handelt. Auf semantischer Ebene lässt sich jedoch festhalten, dass der Begriff verstanden wurde und als prädikatives Adjektiv in „tout était O. K.“, anstelle von beispielsweise „d’accord“, in den Satz eingefügt wurde.

Darüber hinaus findet Fagard (2019) auch Verwendungsweisen von OKAY in Figurenrede, dies jedoch in größerer Vorkommenshäufigkeit ab den 1960er-Jahren, vgl. Abb. 2.3.

Abb. 2.3
figure 3

(Quelle: Fagard 2019, S. 27)

Beispiel von OKAY in Figurenrede.

Der Autor führt weiterhin aus, dass zu diesem Zeitpunkt gerade bei Übersetzungen von belletristischen Werken aus dem Englischen in das Französische OKAY nicht übersetzt wurde, wohingegen alle anderen Wörter ins Französische übersetzt wurden. Sollte einer Figur eine amerikanische Herkunft zugeschrieben werden oder generell dargestellt werden, dass sie sich vom Französischen abgrenzt, griffen die Beitragenden in diesen Kontexten auf OKAY zurück. Um die Auswirkungen eines Sprachkontakts vom Englischen zum Französischen in den realen Lebenswirklichkeiten der Autor:innen zu messen, hat Fagard (2019) jedes Vorkommen von OKAY im Frantext-Korpus daraufhin geprüft, ob die Autor:innen Verbindungen zu den USA im realen Leben hatten, z. B. ein Studium oder einen längeren Aufenthalt in den USA absolviert hatten. Er stellt heraus, dass insbesondere Autor:innen, denen er eine Verbindung zu den USA nachweisen konnte, bis in die späten 1960er-Jahre die beschriebene OKAY-Verwendungsweise einsetzen: OKAY wurde den Figuren zugeschrieben, um ihre Herkunft deutlich zu machen (vgl. Fagard 2019, S. 26). Dies markiert für Fagard (2019) den Ausgangspunkt, an dem die Verwendung von OKAY in der Schrift mehr und mehr zulässig erscheint, wenn auch kontextuell auf Figurenrede begrenzt.

Aus morphosyntaktischer Sicht ist das Profil von OKAY typisch für einen Diskursmarker, mit einer überwältigenden Mehrheit an Verwendungen in Figurenrede im von Fagard untersuchten schriftlichen Korpus. Er stellt heraus, dass OKAY bis heute als umgangssprachlich angesehen wird. In den von ihm dargestellten OKAY-Belegen wird es mehrheitlich nicht in die Satzsyntax integriert: In den schriftlichen OKAY-Belegen in Frantext finden sich fast alle Vorkommen (98 %) in Dialogen, wobei die Initialposition besonders häufig vorkommt. Fagard spricht von OKAY als Diskursmarker „hors-sol“, der nicht im französischen Satz verankert ist, sondern sich „oberirdisch“ bewegt (vgl. Fagard 2019, S. 35). Weiter führt der Autor aus, dass im Gegensatz zu anderen Diskursmarkern, die einen üblichen Grammatikalisierungsprozess durchlaufen, dieser bei OKAY scheinbar nicht stattgefunden hat und dass die Mehrzahl der untersuchten OKAY-Belege funktional dem eines Diskursmarkers entsprechen: „dès les premières occurrences de notre corpus, les emplois comme marqueur discursif sont majoritaires“ (Fagard 2019, S. 35). OKAY scheint mehrheitlich in dieser Funktion verblieben zu sein.

Für die Verbreitung von OKAY im Deutschen sollen zunächst Belege im DWDS, dem „Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache“ analysiert werden. Die folgenden Belege stammen aus dem DWDS-KernkorpusFootnote 8 des 20. Jahrhunderts bzw. aus dem deutschen Textarchiv (DTAFootnote 9) und sollen zur Einordnung von OKAY im Deutschen beitragen. Der früheste Treffer von OKAY ist im deutschen Sprichwörter-Lexikon von 1880 aufzufinden, vgl. Abb. 2.4.

Abb. 2.4
figure 4

(Quelle: Deutsches Sprichwörter-Lexikon 1880, S. 1639)

Erster Eintrag zu OKAY.

In Abbildung 2.4 wird unter der Phrase „Das ist O. K.“ die Bedeutung von OKAY erläutert. Gleichermaßen wird auf den etymologischen Ursprung als Fehlschreibung Jacksons hingewiesen. Im DTA lässt sich kein früheres OKAY-Beispiel finden, auch nicht zu anderen Formvarianten wie „OK“ und „okay“Footnote 10. Es ist ersichtlich, dass es sich bei dieser OKAY-Verwendung um eine metasprachliche Beschreibung handelt. Dennoch zeigt diese, ähnlich zum Eintrag im französischen TLF, dass die Existenz von OKAY und dessen Bedeutung bekannt war.

Zur Schreibvariante „O. K.“, aber auch „okay“, finden sich im DWDS-Kernkorpus Belege, ähnlich zum Französischen, vorrangig in der Figurenrede in belletristischen Texten, aber bereits ab den 1930er-Jahren, vgl. die folgenden Ausschnitte.

  • Feuchtwanger, Lion: Die Geschwister Oppermann, Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2001 [1933], S. 62

  • »Denk mal darüber nach«, bat Berthold.

  • »Okay«, sagte Heinrich; manchmal, wenn er herzlich sein wollte, kamen ihm die Worte seiner Kindheit.Dann trennte sich ihr Weg.

  • Ausschnitt a: „Okay“ in Figurenrede im Roman „die Geschwister Oppermann“, Beispiel 1

  • Feuchtwanger, Lion: Die Geschwister Oppermann, Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2001 [1933], S. 150

  • So eine Gelegenheit kommt nicht wieder«, versuchte er zu scherzen.

  • »Oder sag: Okay«, lächelte er, bettelte er. Heinrich schaute ihn auf und ab, mit jener sachlichen Neugier, mit der man im Zoologischen Garten Tiere betrachtet.

  • Ausschnitt b: „Okay“ in Figurenrede im Roman „Die Geschwister Oppermann“, Beispiel 2

Ausschnitte a und b stammen aus Feuchtwangers Roman „Die Geschwister Oppermann“, der aus den drei Teilen „Gestern“, „Heute“ und „Morgen“ besteht und die Geschichte der Geschwister Oppenheim in den Jahren 1932 und 1933 schildert. Die OKAY-Verwendung in Ausschnitt a stammt aus dem Teil „Gestern“, die Verwendung von OKAY in Ausschnitt b aus dem Teil „Heute“.

  • Storfer, A. J.: PidGIN – ENGLISH. In: Gelbe Post, 01.05.1939, S. 18

  • Einen Shanghaier Kuli, der vielleicht nur über einige Dutzend englische Wörter verfügt, okay sagen zu hören ist nun ebenso alltäglich, wie z. B. einen armen russischen Handwerker in Shanghai, der nur für seine Landsleute arbeitet und nur notdürftig etwas Englisch radebricht, in rein russischer Konversation okay sagen zu hören.

  • Ausschnitt c: „okay“ in einem Zeitungsbericht der Zeitung „Gelbe Post“

In Ausschnitt c wird „okay“ in einem Bericht über das „Englisch der Neuen Welt“, das die Amerikaner in Ostasien und auf den Südseeinseln zur Verbreitung bringen“Footnote 11, als Beispiel herangezogen.

Die Verwendungsweisen in den dargestellten drei Ausschnitten zeigen, dass die Anfänge von OKAY im Deutschen in der Figurenrede in belletristischen Texten sowie in Berichten über das Wort liegen. Gerade bei den Einbindungen von OKAY im Roman Feuchtwangers lässt sich der Sprachkontakt des Autors zum Englischen zu jener Zeit erkennenFootnote 12.

In den 1940er- und 1950er-Jahren lassen sich kaum Belege von OKAY im DWDS-Kernkorpus finden. Ein Beleg aus den 1940er-Jahren ist einem Zeitungsbericht aus der „Süddeutschen Zeitung“ zu entnehmen, vgl. Ausschnitt d.

  • Süddeutsche Zeitung, 1995 [1945]

  • Ein Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung besuchte einen dieser Rückkehrer, Herrn Alfred Howe, im Funkhaus von Radio München.

  • Im Juli 1945 erschien eine amerikanische Kommission im Gefangenenlager und fragte Howe und einige seiner Kameraden nach deutschen Kriegsgefangenen, die „O.K.“ seien. O.K. waren diejenigen, die sich anständig führten und sich nicht am Terror in den Lagern beteiligten bzw. ihn bekämpften.

  • Denn, so berichtet Herr Howe, wir waren eher Gefangene der Deutschen als der Amerikaner.

  • Ausschnitt d: „O.K.“ in einem Zeitungsbericht der „Süddeutschen Zeitung“

Auch hier wird OKAY in der Redewiedergabe verwendet.

Die folgenden drei Ausschnitten e-g zeigen die Verwendung von OKAY in den 1960er- und 1970er-Jahren.

  • Dürrenmatt, Friedrich: Die Physiker, Zürich: Arche 1962, S. 67

  • DOKTOR: Die Scheinwerfer, Sievers.

  • OBERPFLEGER: OK, Boß. Er hebt die Hand.

  • Ausschnitt e: „OK“ in Figurenrede im Roman „Die Physiker“

  • Knef, Hildegard: Der geschenkte Gaul, Berlin: Ullstein 1999 [1970], S. 384

  • Johnny, Millionärssohn aus Chicago, der sich mit seinen Millionen gelangweilt und Arzt geworden war, rief an:

  • »Hilde, ich muß zu einer Operation nach Paris fliegen, bin am Wochenende

  • zurück – hab’ einen neuen Sportwagen, ich laß dich auf der Schnellstraße

  • fahren, der Wetterbericht für Sonntag ist O. K. Ich hol’ dich um elf ab,

  • Freunde von mir haben ein Haus bei Bridgeport, da essen wir Abendbrot.

  • Rauch nicht soviel. «

  • Ausschnitt f: „O.K.“ in Figurenrede im Roman „Der geschenkte Gaul“

  • Hilsenrath, Edgar: Der Nazi & der Friseur, Köln: Literar. Verl. Braun 1977, S. 93

  • Wir können das Stück zu Fuß gehen. „Und der Mann am Lenkrad sagte: „O. K.

  • „O. K.“, sagte Frau Holle, obwohl sie gar nicht wußte, was das war.

  • Ausschnitt g: „O.K“ in Figurenrede im Roman „Der Nazi & der Friseur“

Bis auf OKAY in Verwendung eines prädikativen Adjektivs in „der Wetterbericht für Sonntag ist O.K.“ (vgl. Ausschnitt f) sind in den Ausschnitten e und g OKAY-Funktionsweisen als Diskursmarker dargestelltFootnote 13. Erstaunlicherweise findet sich hier eine deutliche Überschneidung zu OKAY-Gebrauchsweisen im Französischen. In beiden Sprachen, Deutsch und Französisch, wird OKAY in belletristischen Texten der 1960er- und 1970er-Jahre eindeutig der Mündlichkeit zugeschrieben bzw. als Phänomen der Mündlichkeit behandelt. Dementsprechend ist es am häufigsten direkt in Figurenrede verankert. Ende der 1980er-Jahre findet im Deutschen jedoch eine Entwicklung statt, die Fagard (2019) für das Französische so nicht nachgezeichnet hatFootnote 14: die syntaktische Integration von OKAY. Damit schließt sich für das Deutsche der Entwicklungskreislauf von OKAY: vom Ursprung in der Schrift über die rasche Verbreitung in der Mündlichkeit bis zum erneuten Einzug in die Schrift bei paralleler Verwendung im Mündlichen. Für OKAY spielt weiterhin die Stigmatisierung als umgangssprachlich eine entscheidende Rolle, auch im Deutschen. So ist es wenig verwunderlich, dass nicht mehrere 100 syntaktisch integrierte OKAY-Belege in Ratgeber- oder wissenschaftlichen Texten vorzufinden sind. Dennoch zeigen die angeführten Belege, dass sich OKAY aus der starren Verankerung der Redewiedergabe bzw. der Figurenrede herausentwickelt. In den Ausschnitten h-j sind OKAY-Belege dargestellt, die sich als außerhalb der Figurenrede in die Syntax integriert einordnen lassen.

  • Sloterdijk, Peter: Kritik der zynischen Vernunft Bd. 2, Frankfurt: Suhrkamp 1983, S. 559

  • Die Tendenz deutet auf brutalere Wege aus der Spannung – auf eine Neigung zum Losbrechen, zum Massaker, zur Explosion, zur Katastrophe. Präambivalente Denkformen schlagen durch – alles oder nichts, dufte oder Scheiße, gut oder böse, Bombe oder Zucker, o.k. oder nicht o.k.

  • An die Stelle subtiler Fallerörterungen tritt immer häufiger die kunstfaschistische Entladung; Spannungssituationen wollen nicht mehr so sehr ermittelt und aufgelöst als in die Luft gesprengt werden.

  • Ausschnitt h: „o.k.“ im philosophischen Werk „Kritik der zynischen Vernunft“

  • Jentzsch, Kerstin: Ankunft der Pandora, München: Heyne 1997 [1996], S. 258

  • Bo zwang sich zur Ruhe.

  • Nachdem die Angestellte das Okay der Bank bekommen hatte, tippte sie die Kontonummer in den Computer.

  • Langsam legte sie einen Kopfbogen der Bank in den Drucker.

  • Ausschnitt i: „OK“ im Roman „Ankunft der Pandora“

  • Die Zeit, 10.06.1999, Nr. 24

  • Der war modern, als die Mädels noch im Petticoat und mit Bienenkorbfrisur durchs Leben rockten.

  • Alles andere – besonders der Safran – ist jedenfalls okay.

  • Und dass fünf Minuten genügen, um die Kohlrabi gar zu kriegen, ergibt sich aus der Anweisung»dünnblättrig geschnitten«.

  • Ausschnitt j: „Okay“ in einem Zeitungsartikel der Zeitschrift „Die Zeit“

OKAY-Belege aus Zeitungstexten entstammen häufig dem Ressort „Leute“ bzw. lassen sich dem Feuilleton zuordnen, vgl. Ausschnitt j. Darüber hinaus findet sich OKAY in Funktion eines Nomens, vgl. Ausschnitt i, sowie als prädikatives Adjektiv, vgl. Ausschnitt h. Letzteres ist durch die vergleichsweise aufwendige Schreibweise mit Leerzeichen und Abkürzungspunkten „o. k.“ gekennzeichnet. Beispielhaft wurde in Ausschnitt h ein vergrößerter Ausschnitt der Textstelle aus dem Originalwerk eingefügt. Dort ist „o. k.“ bzw. „nicht o. k.“ in eine Dichotomie von Beispielen eingebunden, die als „präambivalente Denkformen“ bezeichnet werden. „o. k.“ bzw. „nicht o. k.“ wird vom Autor zu anderen sprachlichen Einheiten der Mündlichkeit, z. B. „dufte oder Scheiße“, gezählt.

Die Verwendung von OKAY in Kontexten, die über belletristische Texte hinausgehen, steigt in den 1980er- bzw. 1990er-Jahren. Die Wortverlaufskurve in Abbildung 2.5 sieht einen ähnlichen Trend.

Abb. 2.5
figure 5

Wortverlaufskurve zu OKAY in DWDS-Referenz- und ZeitungskorporaFootnote

DWDS-Wortverlaufskurve für „{'okay','o. k.','ok','O. K.','OK','Ok'}“, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache,

https://www.dwds.de/r/plot/?view=1&corpus=public&norm=date%2Bclass&smooth=spline&genres=0&grand=1&slice=10&prune=0&window=3&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=1900%3A2010&q1=%7B'okay'%2C'o.%20k.'%2C'ok'%2C'O.%20K.'%2C'OK'%2C'Ok'%7D

Die Wortverlaufskurve zu den Formvarianten der Schreibweisen „okay“, „OK“ und „O. K.“ in Abbildung 2.5 basiert auf allen Referenz- und ZeitungskorporaFootnote 16 des DWDS. Sie zeigt die Häufigkeit von OKAY in relativer Frequenz von 1900 bis 2010Footnote 17. Zu sehen ist eine Steigung der Kurve und damit eine Zunahme der Häufigkeit von OKAY in den letzten 30 bis 40 Jahren. Bei einem Blick auf die Y-Achse der Grafik wird aber auch deutlich, dass OKAY kein übermäßig häufig auftretendes Wort in den Referenz- und Zeitungskorpora des DWDS darstellt. Es liegt im Bereich relativer Frequenz zwischen 1 und 6 pMWFootnote 18. Dennoch kann es als in den vorhandenen Textsorten des DWDS etabliert angesehen werden. Wie sich OKAY zu Beginn des 21. Jahrhunderts verbreitet, wird im Folgekapitel 2.2 beschrieben.

2 Verbreitung von OKAY – 2. Etappe: neue Entwicklungen in digitaler Welt des 21. Jh.

Metcalfs (2010) Erläuterungen zur Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte von OKAY enden mit Ausführungen zur Verbreitung der Personal Computer (PCs) und der rasch zunehmenden Anzahl privater Internetnutzer:innen zum Ende des 20. Jahrhunderts hin. Er stellt fest, dass heutzutage jeder Computer sowie jedes andere mobile Endgerät, z. B. Smartphones oder Tablets, in irgendeiner Art und Weise durch das Betätigen der Schaltfläche OKAY gesteuert werden (vgl. Metcalf 2010, S. 169).

Abb. 2.6
figure 6

OK als Schaltfläche eines Dialogfeldes in Windows OS

Abbildung 2.6 zeigt „OK“ als Schaltfläche eines Dialogfeldes im Betriebssystem von Windows. Dabei war OKAY keinesfalls die erste Wahl, was die Beschriftung von Schaltflächen in Dialogfeldern betrifft. Anfang der 1980er-Jahre, als Ingenieure von Apple erstmalig eine grafische Benutzeroberfläche mit der revolutionären „Point-and-Click-Technik“Footnote 19 entwickelten, stellten sie die Schaltflächen „Do It“ und „Cancel“ zur Auswahl. Nach Testläufen mit PC-Nutzer:innen wurde die Schaltfläche von „Do It“ zu „OK“ geändert, da einige Nutzer:innen die beiden Wörter „Do It“ als ein Wort „dolt“ (= „Dummkopf“) interpretierten (vgl. Metcalf 2010, S. 169).

Die Verbreitung von OKAY in der digitalen Welt endet nicht durch dessen Omnipräsenz in Computer-Dialogfenstern. Gerade diese machte den nächsten Schritt erst möglich: Sprachsteuerung mit OKAY. Mit Sprachsteuerung werden Befehle an technische Geräte per Stimme übermittelt. Sprachsteuerung als Alternative zu Maus und Tastatur ist im Bereich der PCs schon länger bekannt. Was in den letzten Jahren neu hinzukommt, ist das Einsatzgebiet von Sprachsteuerung mit persönlichen Sprachassistenten, z. B. auf Smartphones. Viele Hersteller und Entwickler von technischen Endgeräten schließen sich dabei mit Top-Tech-Firmen zusammen, um deren Sprachassistenten zu nutzen, z. B. Alexa von Amazon, Googles Assistant oder Apples Siri. So lassen sich durch Sprachbefehle wie „Guten Morgen, Alexa“ in Kombination mit entsprechenden Smart-Home-Apps automatisch Rollläden am Haus hochfahren, Lichter in bestimmten Räumen anschalten, Lautsprecher aktivieren und Kaffeemaschinen in Betrieb setzenFootnote 20.

Abb. 2.7
figure 7

Nutzung von Sprachassistenten laut ARD/ZDF-Online-Studie, 2019 und 2020 im VergleichFootnote

https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2020/2020-10-12_Onlinestudie2020_Publikationscharts.pdf.

Laut ARD/ZDF-Online-Studie 2020 nutzten im Schnitt ein Drittel der Befragten einen Sprachassistenten, am häufigsten erfolgt die Nutzung über Smartphones (vgl. Abb. 2.7). In der Kategorie der 14- bis 29-Jährigen sind es sogar knapp zwei Drittel der Befragten, die Sprachassistenten verwenden. Der Sprachassistent Google Assistant ist dabei auf Platz 3. Im Folgenden soll er im Mittelpunkt stehen.

Seit 2012 kann man mit dem Sprachbefehl „OK Google“ den ersten Sprachassistenten von Google, Google Now, steuern. Im Jahr 2016 wurde dieser durch den Sprachassistenten Google Assistant und die Anrede „Hey Google“ erweitert. Google Assistant ersetzte nach und nach Google Now, „OK Google“ als Sprachbefehl blieb erhalten. Während es beim ersten Assistenten Google Now darum ging, einfache Befehle auszuführen, kann Google Assistant komplexere Zusammenhänge analysieren und beantworten. Abbildung 2.8 zeigt, welche Aufgaben mit „OK Google“ ausgeführt werden könnenFootnote 22.

Abb. 2.8
figure 8

Sprachbefehle einstellen „OK Google“, Android OSFootnote

https://i0.wp.com/www.androidmag.de/wp-content/uploads/2015/09/Screenshot_2015-07-03-14-44-55.png.

Den Smartphone-Nutzer:innen werden verschiedene Einstellungsmöglichkeiten zur Wahl gegeben, z. B. kann durch das Äußern von „OK Google“ eine Sprachsuche in der Google-App gestartet werden. Weitere Verwendungsweisen zeigt Abbildung 2.9.

Abb. 2.9
figure 9

Beispiel-Sprachbefehle mit „OK Google“Footnote

https://blog.deinhandy.de/ok-google-befehle-die-besten-sprachbefehle-fuer-den-google-assistant#Google%20Maps%20&%20Co.

Die Liste solcher Beispiele, die aufzeigen sollen, welche Informationen mithilfe der Assistenten abgefragt werden können, ist lang. „OK Google“ und „Hey Google“ haben gemein, dass sie selbst kein Teil einer vom Sprachassistenten durchzuführenden Aktion sind, sondern lediglich ankündigen (im Englischen als wake words bezeichnet), dass eine Interaktion mit den Sprachassistenten stattfinden soll. Alle Eigenschaften, die OKAY auszeichnen, kommen in seiner Funktion als wake word zum Tragen: Es ist kurz, prägnant und unkompliziert. Dadurch verlängert es die Anrede der Sprachassistenten nicht unnötig. Es ist ein Wort, das uns aus dem Alltag bekannt ist, es wird täglich unzählige Male verwendet. Darauf gründet auch ein weiterer Faktor: Dadurch, dass es gerade nicht neu und ungewohnt ist, baut es mögliche Hemmschwellen ab. Dass Sprachassistenz-Systemen kritisch gegenübergestanden wird, ist nicht neu. Aus diesem Grund ist es sicherlich von Vorteil, wenn auf Wörter zurückgegriffen wird, die den Nutzer:innen vertraut und durch das Vorkommen in anderen technischen Bereichen positiv konnotiert sind. Darüber hinaus ist OKAY in vielen Ländern dieser Welt bekannt, die Aussprache von OKAY ähnlich. Somit können Sprachassistenz-Systeme auf dem internationalen Markt etabliert werden, ohne dass für jedes Land sprachspezifische Anpassungen der wake words vorgenommen werden müssten.

Metcalf (2010) hat gezeigt, dass OKAY eine Aura von Sprachwitz und Sprachstil umgibt. Die Kombination von OKAY und anderen Wörtern zu kreativen Slogans und Sprüchen scheint besonders gut zu gelingen. So ist es wenig verwunderlich, dass der Ausruf „OK, Boomer“ im Jahre 2019 unter medialer Anteilnahme Aufsehen erregte.

Abb. 2.10
figure 10

Facebook-Beitrag des Accounts „tagesschau“ mit Beitrag zu „OK, Boomer!“ vom 13.11.2019Footnote

https://www.facebook.com/tagesschau/posts/ein-sarkastischer-spruch-der-generation-Y-und-Z-als-antwort-auf-veraltete-ansich/10157982966889407/

.

Im Facebook-Beitrag des Accounts „tagesschau“, vgl. Abb. 2.10, wird der Ausruf „OK, Boomer!“Footnote 26 als „sarkastischer Spruch der Generation Y und Z als Antwort auf veraltete Ansichten und Gemecker über die jüngeren Generationen seitens älterer Menschen“ bezeichnet. Internationale mediale Beachtung fand der Spruch, nachdem er im Herbst 2019 in einem TikTokFootnote 27-Video geäußert wurde, das viral gingFootnote 28. Im Allgemeinen wird „OK, Boomer!“ verwendet, um anzuzeigen, dass jüngere Menschen Meinungen älterer Menschen nicht teilen und besagte Meinung als typische Denkweise für Menschen aus der Baby-Boomer-GenerationFootnote 29 identifizieren. „OK, Boomer!“ wird dabei als Reaktion auf eine Vorgänger-Äußerung oder eine generelle Denkrichtung eingesetzt. So findet es auch häufig Anwendung, wenn Menschen der Generation Y und Z ihr Missfallen über politische Beschlüsse ausdrücken möchtenFootnote 30. Der in der „New York Times“ veröffentliche Artikel unter der Überschrift „ ‚OK Boomer‘ Marks the End of Friendly Generational Relations“Footnote 31 fasst die Diskrepanzen zwischen den zwei Generationen im Hinblick auf Umweltschutz und technologischen Wandel zusammen.

OKAY löst sich in der Phrase „OK, Boomer!“ von seiner Bedeutung „all correct“ und tritt in Funktion einer Interjektion haltungs- und empfindungsunterstützend auf.

Eine weitere in sozialen Medien auftretende Wendung mit OKAY ist „weird flex but ok“, vgl. Abb. 2.11.

Abb. 2.11
figure 11

Ausgangs-Tweet zu OKAY im Slogan „weird flex but OK“Footnote

https://twitter.com/finnfeighery/status/947688101647921155.

Im Dezember 2017 wurde der Ausdruck „weird flex but OK“ als Reaktion auf einen Tweet der Aktivistin Malala Yousafzai gepostet. Mit „weird flex but ok“ wurden auf sarkastische Weise Malalas beeindruckende Errungenschaften des Jahres 2017, die sie in ihrem Tweet aufzählt, kommentiert. „to flex“ ist eine umgangssprachliche Entsprechung für „to show off“ (= „angeben“), die ihren Ursprung in der Redewendung „to flex one’s muscles“, verstanden als „to show strength or power“ hatFootnote 33. Der Ausdruck wird nicht nur als Reaktion auf eine für die betroffene Person als ungewöhnlich eingestufte Charaktereigenschaft verwendet, sondern er wird auch von Nutzer:innen selbst verwendet, wenn sie in z. B. in Videos von ihren eigentümlichen Fertig- und Fähigkeiten berichtenFootnote 34.

„OK, Boomer!“ und „weird flex but ok“ werden beide als Internet-Memes bezeichnet. Nach Limor (2014) wurde der Begriff „Meme“ von Richard Dawkins 1976 geprägt und definiert als „small units of culture“, die sich durch Kopieren oder Nachahmung von Mensch zu Mensch verbreiteten (Limor 2014, S. 2). Marx und Weidacher (2019) fügen hinzu: „[G]anz generell [enthalten Memes] Informationen in sprachlicher, bildlicher oder einer anderen Zeichenform, die durch häufige Wiederholungen verbreitet werden“ (Marx/Weidacher 2019, S. 38).

Im Zeitalter des Internets ist diese Verbreitung von Memes um ein Vielfaches erhöht, sowohl was Reichweite als auch Anzahl angeht. Limor (2014) erläutert drei Hauptmerkmale, die Memes auszeichnen: (1) die allmähliche Übernahme vom Gebrauch des Einzelnen auf viele, (2) die Vervielfältigung durch Kopieren und Nachahmen des Inhalts sowie (3) die durch Wettbewerb entstehende Auslese von Memes (vgl. Limor 2014, S. 18). Diese Merkmale führen den Autor zur Definition von Internet-Memes als eine Gruppe digitaler Elemente mit gemeinsamen Merkmalen in Bezug auf Inhalt, Form und/oder Meinung, die in Kenntnis anderer erstellt und über das Internet von vielen Nutzer:innen verbreitet, imitiert und/oder verändert wurden (vgl. Limor 2014, S. 42). Die Kategorisierung Limors (2014) von Memes als „Gruppe digitaler Elemente“ lässt eine Vielzahl von (Bewegt-)Bild-Text-Kombinationen zu. So können Internet-Memes sowohl Videos sein als auch Bilder(ketten), die durch Ausrufe oder Wortgruppen komplementiert werden. Entscheidende Charakterisierungsmerkmale liegen im Imitieren inhaltlicher, formaler bzw. meinungsbekundender Aspekte sowie in der umfangreichen Verbreitung.

Abb. 2.12
figure 12

Suchleiste der Meme-Datenbank „Know your Meme“Footnote

https://knowyourmeme.com/search?q=ok.

Es ist daher naheliegend, dass auch OKAY häufig in Memes eingebunden wird. Ein Blick in die größte Meme-Datenbank „knowyourmeme.com“ bestätigt dies und zeigt, dass es am häufigsten in Bild-Text-Memes („Images (31k)“) auftritt, vgl. Abb. 2.12. Um den thematischen Bogen zu schließen, ist in Abbildung 2.13 eines dieser 31.000 Memes zu OKAY dargestellt, dessen Inhalt bereits vertraut ist:

Abb. 2.13
figure 13

Meme „Ok Boomer“Footnote

https://knowyourmeme.com/search?context=images&page=3&q=ok.

Neben den Verwendungsweisen von OKAY in Memes findet es sich im Internet auch zahlreich und vielfältig eingesetzt in/als GIFs, Sticker und Emojis.

GIF, Abkürzung für Graphics Interchange FormatFootnote 37, ist „ein Format für die Datenkompression digitaler Bilder“Footnote 38. GIFs sind keine Erfindung der letzten Jahre, sondern sind schon seit den 1980er-Jahren Bestandteil des Web (vgl. Miltner/Highfield 2017, S. 1). Nach ihrer Entstehung wurden sie in den späten 1990er-Jahren als altmodisch und „outdated“ beschrieben und nicht mehr häufig verwendet (Miltner/Highfield 2017, S. 1).

Abb. 2.14
figure 14

GIFs der 1990er-Jahre zum Schlagwort „construction“Footnote

https://gifcities.org/?q=construction. „GeoCities Animated Gif Search Engine“ wurde als Teilprojekt der Non-Profit-Organisation Internet Archive, einer digitalen Bibliothek mit Internet-Seiten und anderen kulturellen Artefakten in digitaler Form, erstellt und bietet über eine Volltext-Suchmaschine Zugriff auf 4.500.000 animierte GIFs.

Auch ohne Animation kann man sich leicht vorstellen, welche Bewegungen und Bildabfolgen in den einzelnen GIFs der Abbildung 2.14 dargestellt werden. Insbesondere zu Beginn der Entwicklung des Internets als Medium vieler wurde eine hohe Anzahl von Webseiten erstellt, in erster Linie, um eine bestimmte Domain zu belegen; somit fehlte es an inhaltlicher Ausschmückung. GIFs stellten in diesem Zusammenhang ein ebenso einfaches wie anschauliches Mittel dar, um solche Lücken zu füllen und Besucher:innen der Webseiten darauf hinzuweisen, dass inhaltliche Aspekte bald folgen werden.

Bei GIFs werden mehrere Einzelbilder in einer Datei abgespeichert, die von Webbrowsern als Animationen interpretiert und abgespielt werden können. GIFs können mehrere Bedeutungsebenen gleichzeitig vermitteln. Charakteristisch wird in einem GIF eine Bildabfolge in endloser Wiederholung in Schleifen (looping) dargestellt. Es kann sich dabei um eine Sammlung thematisch ähnlicher Bilder handeln, es kann ein Ausschnitt aus einem bekannten Film in einem GIF wiedergegeben werden, es können Personen dargestellt sein, die sich in einer bestimmten Abfolge von Bewegungen befinden, es können lediglich bestimmte Aspekte innerhalb der Bildsequenz animiert sein – die Möglichkeiten sind nahezu endlos. GIFs vereinen laut Miltner und Highfield (2017) zwei Kernaspekte der digitalen Kommunikation: die Darstellung von Gemütszuständen und die Demonstration kulturellen Wissens (Miltner/Highfield 2017, S. 3).

Die größte Datenbank zu GIFs, GiphyFootnote 40, verzeichnet zum Stichwort „okay“ knapp 18.000 Treffer, vgl. Abb. 2.15.

Abb. 2.15
figure 15

Suchabfrage „okay“ in der GIF-Datenbank „Giphy“Footnote

https://giphy.com/search/okay.

GIFs sind in Giphy nach bestimmten Kategorien unterteilt, z. B. „Entertainment“ oder „Sports“. Neben GIFs können auch Sticker kostenfrei heruntergeladen werden. Gleichermaßen besteht die Möglichkeit, durch einen spezifischen „Embed Code“ die GIFs direkt in den eigenen Web-Content einzubinden. Giphy stellt außerdem „Giphy Clips“ zur Verfügung, die eine kurze Videosequenz mit Ton beinhalten. Auch werden weitere Suchanfragen zur durchgeführten Anfrage „okay“ angezeigt, z. B. „ok“ oder „okaay“. Giphy ist dabei nicht nur über einen Webbrowser erreichbar, sondern auch in verschiedene Social-Web-Anwendungen eingebunden wie beispielsweise Facebook, Twitter, Instagram und WhatsApp. Über diese Apps kann direkt auf die Datenbank zugegriffen und eigene Nachrichten mit GIFs ausgeschmückt werden.

Abb. 2.16
figure 16

GIFFootnote

Mithilfe der Seite „https://ezgif.com/“ wurden die GIFs in Einzelbildfolgen zerlegt, sodass sie in dieser Arbeit abgebildet werden können.

Hund mit Hut und „OK!“ als HandzeichenFootnote

https://giphy.com/gifs/animated-ok-okay-oOCbcGBJjlXJL8imGO.

Abbildung 2.16 zeigt ein GIF, in dem ein Hund mit Hut die OKAY-Geste oder das OKAY-Zeichen gestikuliert. Im Moment der Durchführung der Geste wird über ihm „OK!“ angezeigt. Die Geste wird ausgeführt, indem Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis verbunden und die anderen Finger gerade oder entspannt von der Handfläche weggestreckt werden. Heutzutage wird die Geste häufig von Tauchern gebraucht und bedeutet „ich bin OKAY“ bzw. als Frage „bist du OKAY?“Footnote 44. Neben der in Abbildung 2.16 dargestellten Verwendungsweise wird OKAY auch in Clips gebraucht, in denen eine Person zustimmend nickt oder klatscht bzw. an der Mimik erkennbar wird, dass sie OKAY sagt oder im Zusammenhang mit der „Daumen hoch“-Geste signalisiert, dass alles in Ordnung ist.

Metcalf (2010) verortet die Entstehung der OKAY-Geste auf Mitte des 20. Jahrhunderts in den Zusammenhang von Radiosendungen. Er führt einen Beleg aus der Zeitschrift „American Speech“ an, in dem folgendes Szenario geschildert wird: Bei der Produktion einer Radiosendung sitzt der Regisseur mit einem Techniker hinter einem schalldichten Glas und weist die Künstler mithilfe von Zeichensprache an. Der Regisseur teilt den anderen Beteiligten anhand der OKAY-Geste mit, dass beispielsweise bestimmte Einstellungen vorgenommen wurden und nun von seiner Seite aus alles in Ordnung ist. Dabei verwendet er die OKAY-Geste im gleichen Maße, wie zum damaligen Zeitpunkt generell das Zeichen „OK“ in der amerikanischen Gebärdensprache (ASL) gestikuliert wurde (vgl. Metcalf 2010, S. 166 f.) Footnote 45.

Die OKAY-Geste ist es nicht nur vielfältig in GIFs eingebunden, sondern hat auch einen eigenen UnicodeFootnote 46: U + 1F44C –für das Emoji .

Abb. 2.17
figure 17

Suchabfrage „okay“ in EmojipediaFootnote

https://emojipedia.org/search/?q=okay.

In Emojipedia, einem englischsprachigen Online-Nachschlagewerk für Emojis, werden zur Suchabfrage „okay“ zwei Emojis angezeigt (vgl. Abb. 2.17): „ OK Button“ und „ OK Hand“. (U + 1F197) drückt dabei als Gegenstück zu (= „no good“) Zustimmung aus. Es wurde 2010 in Unicode aufgenommen und ist seit 2015 über die Emoji-TastaturFootnote 48 in Nachrichten einfügbar. wurde ebenfalls 2010 in Unicode aufgenommen und ist seit 2015 in die Emoji-Tastatur integriert. Zu finden sich ausführliche Informationen in Emojipedia. wird beschrieben als eine Geste, bei der sich Zeigefinger und Daumen berühren, um einen offenen Kreis zu bilden. Als Bedeutung werden „I’m okay“ und „yes, that’s correct/good“ angegeben. Es wird vermerkt, dass in der ASL mit dieser Geste die Zahl Neun dargestellt wirdFootnote 49. In einigen Kulturen, darunter in Teilen Europas, des Nahen Ostens und Südamerikas, kann das gleiche Handzeichen als beleidigend angesehen werdenFootnote 50.

Abbildung 2.18 zeigt eine Auswahl an Emojis, die in der über WhatsApp eingebundenen Emoji-Tastatur angezeigt werden, wenn in der Suchleiste „okay“ eingegeben wird. Dabei handelt es sich um mehrere Emojis. Neben den bereits genannten Emojis und wird auch das „Daumen hoch“-Emoji angezeigt, das aufgrund seiner Bedeutungsüberschneidung zu OKAY im Sinne von „gut“, „in Ordnung“ oder „einverstanden“ Anwendung finden kann, sowie das Emoji (= „check mark button“). wird häufig in Listen verwendet, um abgeschlossene Aufgaben oder die Überprüfung einer Aussage zu kennzeichnen. In dieser Verwendung erinnert es an die Ursprungsbedeutung von OKAY: „all correct“.

Abb. 2.18
figure 18

Eingabe von „okay“ in Suchleiste der Emoji-Tastatur, Apple OS

Als überraschend in der Ergebnisliste aus Abbildung 2.18 stellte sich das Emoji heraus. Bei genauerer Recherche zeigte sich, dass es sich nicht wie angenommen um eine Pirouetten tanzende Person handeltFootnote 51, sondern dass eine Person dargestellt wird, die OKAY gestikuliert (= „person gesturing OK“)Footnote 52. Dabei soll der Zusammenschluss der Arme, wie es im Emoji zu sehen ist, einen großen Kreis bzw. ein großes O symbolisieren. OKAY wird mit Ganzkörpereinsatz gestikuliert, was dem japanischen Kulturraum entstammtFootnote 53. Wird dieses Emoji und das einer Frau zu (= „woman gesturing OK“) kombiniert, spricht man auch von einem Emoji in ZWJ-Sequenz (= „zero width joiner“). Dies bezeichnet Emojis, die mehrere Zeichen kombinieren, wie z. B. in . In manchen Fällen kann ihnen eine neue Bedeutung zugeschrieben werden; so wird aus den Einzelemojis , und in ZWJ-Sequenz das Emoji (= family).

ist seit 2015, und sind seit 2016 über die Emoji-Tastatur abrufbarFootnote 54. Emojis, wie auch Memes, werden von den Nutzer:innen eingesetzt, um Gemütszustande und Haltungen auszudrückenFootnote 55. Dass sich je nach Geschlecht und Alter der Nutzer:innen Unterschiede in der Emoji-Nutzung feststellen lassen, wird des Öfteren auch in Social-Web-Postings aufgegriffen, vgl. Instagram-Posting in Abbildung 2.19.

Abb. 2.19
figure 19

Instagram-Posting zu Emojis des Instagram-Accounts „memezar“Footnote

https://www.instagram.com/p/CjsSZr1IE2a/?hl=de.

Im dargestellten Instagram-Posting (Abb. 2.19), das zehn Emojis auflistet, bei deren Verwendung eine Person alt und unmodern erscheint, finden sich drei Emojis, die entweder OKAY direkt ausdrücken oder sich in der Bedeutung von OKAY interpretieren lassen: auf Platz 1, gefolgt von auf Platz 3 und auf Platz 4. Inwieweit solche Postings die eigene Emoji-Nutzung beeinflussen, ist jeder/m selbst überlassen. Möchte man solche Listen bzw. Rankings von Emojis interpretieren, kann festgehalten werden, dass sich die Beliebtheit von OKAY scheinbar nicht im gleichen Maße auf alle zur Verfügung stehenden grafischen Einheiten überträgt. Es ist möglich, dass OKAY eingebunden in GIFs, Memes oder Sticker beim Gegenüber den Eindruck eines kreativen und versierten Umgangs vermittelt und gleichermaßen kulturelles Wissen demonstriert. Die im Vergleich dazu schlicht gehaltenen OKAY-Emojis können dies eventuell nicht leisten.

Ein weiteres Einsatzgebiet von OKAY in grafischen Einheiten ist als Sticker.

Abb. 2.20
figure 20

Auswahl von Stickern in der App iMessage, Apple OS

Bei Stickern handelt es sich um größere und aufwendigere Illustrationen oder Animationen, denen manchmal Text beigefügt ist (vgl. Konrad et al. 2020, S. 217). Sticker wurden erstmals 2011 in Japan eingeführt und verbreiteten sich von dort aus auf andere mobile Plattformen in anderen Ländern. Die aufwendige Natur von Stickern ermöglicht es, Körpersprache und Gesichtsausdrücke expliziter darzustellen als Emojis. Sticker helfen Nutzer:innen darüber hinaus auch darzustellen, wie sie von anderen wahrgenommen werden möchten (vgl. Konrad et al. 2020, S. 222). Sticker können in thematischen Paketen, siehe Abb. 2.20, beispielsweise auf ein Smartphone heruntergeladen und über die Tastatur aufgerufen und eingefügt werden. Besonders beliebt sind Memoji/Bitmoji-Sticker, in denen Nutzer:innen sich selbst als Sticker darstellen können.

Abb. 2.21
figure 21

Nutzung von Stickern in der App „Facebook-Messenger“, Apple OS

Sticker können als einzelne Nachricht verschickt werden, vgl. (1) und (2) in Abb. 2.21, oder gemeinsam mit weiterem Text gesendet werden. Auch können Sticker animiert sein (die Katze in (2) bewegt sich gleichermaßen wie der Hund mit Hut in Abb. 2.16). Abbildung 2.21 zeigt die Nutzung von Stickern in der Facebook-Messenger-App. Nach dem Klicken auf (3) wird eine Grundauswahl an zur Verfügung stehenden Stickern angezeigt, aus denen die Nutzer:innen wählen können. Weitere Sticker-Pakete, die heruntergeladen werden können, sind am unteren Rand (4) dargestellt. Die folgende Abbildung 2.22 zeigt eine Auswahl von durch die Suchabfrage „okay“ ermittelten Stickern.

Abb. 2.22
figure 22

Suchabfrage „okay“ in Stickern in der App „Facebook-Messenger“, Apple OS

Die kleine Ergebnisauswahl zeigt ähnliche Mimik- und Gestik-Abfolgen in OKAY-Stickern, wie es auch zu OKAY in GIFs festgestellt wurde. Erneut wird deutlich, dass die „Daumen hoch“-Geste (siehe Beispiel-Sticker in grauer Markierung in Abb. 2.22) auch in Stickern Anwendung findet. Gleichermaßen werden Tier-Sticker durch die Integration sprachlicher Elemente, hier z. B. in der Form „OK“, ausgeschmückt, sodass interpretatorische Klarheit geschaffen wird, was ausgedrückt werden soll (siehe Beispiel-Sticker in weißer Markierung in Abb. 2.22). OKAY in GIFs und Stickern kann somit durch drei verschiedene Möglichkeiten präsentiert werden: erstens durch die „Daumen hoch“-Geste bzw. die OKAY-Geste; zweitens durch ein Nicken, Lächeln und/oder das Aussprechen von OKAY, das in der Bildfolge deutlich wird. Drittens kann OKAY auch als sprachliches Element in das GIF bzw. den Sticker integriert sein. Diese Möglichkeiten können ebenfalls in Kombination miteinander auftreten.

Wie es im Tweet in der Einleitung dieser Arbeit dargestellt wurde, ist OKAY und dessen Verwendung in Social-Web-Postings ein beliebtes Thema. Ein interessanter Beitrag ist beispielsweise der Blogbeitrag „Okidoki?!Footnote 57“ der Bloggerin Frau FreitagFootnote 58. Darin schildert die Autorin auf witzige und kreative Weise ihren Alltag mit der für sie massenhaften Verwendung von OKAY mit steigender Intonation in Gesprächen:

Was soll dieses OKAY????? Immer mit so einem leichten Fragezeichen. Und das macht nicht nur Frau Schwalle, das höre ich ständig. Wer hat denn damit angefangen? Wo kommt das her? Was soll das? Was will man damit ausdrücken. Okay?!

Soll das sugerrieren, dass man so voll zuhört, dass man voll dabei ist – sozusagen Ganz-Ohr-ist.Footnote 59

Besondere Aufmerksamkeit kommt im Blogbeitrag folgendem Satz zu: „Der Deutschlehrer – sprachlich immer hoch modern und extrem auf dem Laufenden – okayt schon seit fast einem halben Jahr.“ Die Autorin nutzt OKAY als Verb in der Form „okayt“. Diese Verwendungsweise ist so gut wie nicht belegt und wurde auch in anderen Beispielen, die im Rahmen der Analyse von OKAY-Gebrauchsweisen in der digitalen Welt ermittelt wurden, nicht vorgefunden. Unter dem Blogbeitrag finden sich 42 Kommentare, in denen sich die Autorin mit ihren Followern über deren OKAY-Erfahrungen austauscht. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls die Verwendung von „genau“ im Kontext von Schülervorträgen thematisiert und diskutiert. Die Faszination um Entstehung, Funktion und Form, Gebrauchsweisen und Anwendungsbereiche von OKAY in der digitalen Welt scheint ungebrochenFootnote 60. Der etymologische Ausflug zu OKAY in der digitalen Welt soll mit der Social-Web-Plattform abgeschlossen werden, die diese Arbeit einleitete: Twitter.

Gleich dem Tweet in Abbildung 1.1 wird in Abbildung 2.23 anhand der Präferenz für eine OKAY-Formvariante auf die charakterlichen Eigenschaften einer Person rückgeschlossen.

Abb. 2.23
figure 23

Tweet zu OKAY-Schreibweisen „vier arten von menschen“Footnote

https://twitter.com/scheeewittchen/status/1222557425837932544.

Als Beispiel dafür soll ein Tweet betrachtet werden. In dem Tweet vom Januar 2020, der 1.400 Likes und 51 Retweets erhalten hat, gibt es laut Autor:in „vier Arten von Menschen: ok, okay, okey und oki“. Twitter-Nutzer:innen stimmen in die postulierte Theorie ein und schildern ihre eigenen Erfahrungen, vgl. Abb. 2.24, 2.25 und 2.26, die alle als Antwort gepostet wurden.

Abb. 2.24
figure 24

Antwort 1 zum Tweet in Abb. 2.23Footnote

https://twitter.com/achromant/status/1222685537137561600.

Die Antwort in Abb. 2.24 erweitert den vorgegebenen Kontext um die Formvarianten „mkay“ und „kay kay“. Gleichzeitig werden ihnen die Bedeutungen „zweifelnd“ und „übermäßig euphorisch“ zugeschrieben. Bei „mkay“ könnte es sich um den Zusammenschluss von HM und OKAY handeln (vgl. Abb. 2.24).

Abb. 2.25
figure 25

Antwort 2 zum Tweet in Abb. 2.23Footnote

https://twitter.com/DatViny/status/1222899893557055491.

Eine Meinung, die im Diskussionsverlauf öfters genannt wurde, ist, dass alle OKAY-Formvarianten „je nach Lust und Laune“ verwendet werden (vgl. Abb. 2.25). Dies unterstreicht die hohe formale und funktionale Flexibilität von OKAY. Der Tweet endet mit dem Emoji (= „Person Shrugging“Footnote 64) und demonstriert Gelassenheit bzw. Gleichgültigkeit hinsichtlich Einordnung bzw. generell in Bezug auf seine OKAY-Verwendungsweise.

Abb. 2.26
figure 26

Antwort 3 zum Tweet in Abb. 2.23Footnote

https://twitter.com/Kathy_Paw/status/1222566742427389953.

Letztlich finden sich auch Antwort-Tweets, die deutlich eine der vier vorgeschlagenen OKAY-Formvarianten ablehnen, in Abbildung 2.26 ist es die Variante „Okey“.

3 Zusammenfassung

In Kapitel 2 wurden der etymologische Ursprung von OKAY sowie dessen Verbreitung in digitalen Plattformen behandelt.

In Abschnitt 2.1 wurde die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte von OKAY für das Englische, Französische und Deutsche nachgezeichnet. OKAY hat seinen Ursprung in einem 1839 entstandenen Sprachwitz im amerikanischen Englisch. Glückliche Zufälle zu jener Zeit aus gesellschaftspolitischer Perspektive, wie die Präsidentschaftswahlen von Martin Van Buren und damit einhergehend Diffamierungskampagnen über Andrew Jackson, sowie aus technischer Perspektive, wie der Entwicklung der Telegrafen und der Ausbau der Eisenbahnen, sorgten dafür, dass OKAY nicht als „One Hit Wonder“ in Vergessenheit geriet, sondern sich in Windeseile über Kontinente hinweg und in Sprachsysteme einer Vielzahl anderer Sprachen integrierte. Die kurze und prägnante Schreibweise und der damit vergleichsweise geringe Aufwand, der von Nutzer:innen erbracht werden muss, verschafften OKAY eine uneingeschränkte Vorreiterposition. In seiner Ursprungssprache, dem Englischen, hat es sich funktionell am weitesten ausdifferenziert; hier wird OKAY funktional als Adjektiv, Adverb, Verb, Nomen und Diskursmarker verwendet.

Ferner wurden Untersuchungen und Beschreibungen zu OKAY im schriftlichen Französisch vorgestellt, die Rückschlüsse auf dessen Entwicklung in der französischen Sprache ermöglichen. In den analysierten, schriftlichen OKAY-Verwendungen konnten insbesondere figurative OKAY-Gebrauchsweisen festgestellt werden. Im Französischen gab es in Bezug auf die Häufigkeit von OKAY in den 1960er-Jahren einen Anstieg zu verzeichnen, hier vorrangig in belletristischen Texten. OKAY wurde fast ausschließlich als Diskursmarker verwendet. Es wird im Französischen im Mündlichen rege eingesetzt, hat sich aber in anderen Textsorten nur wenig verbreitet. OKAY-Belege in deutscher Schriftlichkeit, ebenfalls in der Figurenrede, können bereits in den 1930er-Jahren festgestellt werden. Eine größere Anzahl von OKAY-Verwendungen kann auf die 1960er- und 1970er-Jahre datiert werden. In diesen zwei Jahrzehnten wird – ähnlich zum Französischen – OKAY insbesondere bei der Redewiedergabe bzw. in der Figurenrede eingesetzt. Erst in den darauffolgenden Jahren, Ende der 1980er- bzw. vollends in den 1990er-Jahren, lassen sich ebenfalls OKAY-Belege vorfinden, in denen es in die Syntax selbst integriert ist, sich somit aus festen Verwendungsweisen belletristischer Texte herauslöst und auch in anderen Textsorten verwendet wird.

Abschnitt 2.2 knüpft zeitlich dort an, wo Beschreibungen zur Verbreitung von OKAY, wie in Abschnitt 2.1 dargestellt, meist enden: Ende des 20. bzw. Anfang des 21. Jahrhunderts. Auf der Erfolgswelle der PCs und der steigenden Verfügbarkeit des WWW (World Wide Web) in privaten Haushalten Ende der 1990er-Jahre schwimmend, hält OKAY in jeden Bereich des Social WebFootnote 66 und jede Social-Web-Plattform Einzug. Ob beim Installieren von Programmen, Änderungen von Einstellungen oder Akzeptieren von Cookies auf Webseiten, die Schaltfläche „OK“ ist allgegenwärtig. Dies kann vom PC auf alle weiteren technischen Endgeräte, wie Smartphones, Tablets, Navigationsgeräte etc., übertragen werden.

Ein weiterer technischer Bereich, in dem OKAY Anwendung findet, ist die Verwendung als wake word beispielsweise in dem von Google entwickelten Sprachassistenten „Google Assistant“. In solchen Kontexten kommt die Eigenschaft von OKAY als ein Internationalismus besonders zum Tragen: OKAY wird nicht nur in vielen Sprachen der Welt verstanden, sondern auch ähnlich ausgesprochen. Dadurch ist es besonders in der Mensch-Maschine-Kommunikation ein nützliches Verbindungsglied.

Einen weiteren in dieser Arbeit beleuchteten Aspekt stellt die Verwendung von OKAY in gesellschaftlichen Debatten, zusammengefasst unter dem Ausdruck „Ok, Boomer!“, dar. Die Verwendung von OKAY in politischen Kontexten geht bis auf das Jahr nach seiner Entstehung, 1840, zurück, in Slogans wie „Old Kinderhook is O. K.“. Auch hier rücken die Eigenschaften von OKAY in den Vordergrund: Es ist kurz, prägnant, für jede Person verständlich und kann dadurch besonders vielfältig in Ausdrücke oder Slogans eingebunden werden. In ähnlicher Weise, losgelöst von einem gesellschaftskritischen Kontext, finden sich Menschen online unter dem Hashtag „#weirdflexbutok“ zusammen, um in Austausch miteinander zu treten, sei es um die für sie als „eigentümlich“ eingestuften Erlebnisse anderer zu referieren oder zum Zwecke der Selbstdarstellung ihre persönlichen Fertig- und Fähigkeiten zu präsentieren.

Im Anschluss daran wurde OKAY in Memes untersucht. Allein in einer Datenbank, „knowyourmemes“, sind über 31.000 Bild-Text-Memes zu OKAY vorhanden. In der Analyse weiterer bildlicher Einheiten, wie GIFs und Stickern, konnte herausgestellt werden, dass OKAY besonders in Kombination mit der „Daumen hoch“-Geste eingesetzt wird. Sticker zeichnen sich im Gegensatz zu GIFs durch ihren hohen Personalisierungsfaktor aus, wie es in Memojis und Bitmojis zu sehen ist. GIFs können durch ihre höhere Anzahl von in Looping-abspielbaren Sequenzen mehrere Bedeutungsebenen verkörpernFootnote 67. Die Beliebtheit beider lässt sich sicherlich auch dadurch erklären, dass sie schnell und unkompliziert beispielsweise über das Tastatur-Layout oder über direkt mit Messenger-Apps verbundene Datenbanken an eigene Nachrichten angehängt werden können. In Bezug auf OKAY decken Sticker die zustimmende, positive Bedeutungskomponente von OKAY ab, während GIFs auch ironische und sarkastische OKAY-Kontexte darstellen können. Beide eint die eingangs erwähnte hohe Anzahl von integriertem OKAY als sprachliches Element in Kombination mit der OKAY- oder „Daumen hoch“-Geste.

Die OKAY-Geste findet heutzutage regen Einsatz im Tauchsport. In den 1940er-Jahren spielte sie in der Bedeutung von „in Ordnung“/„einverstanden“ eine Rolle in der Gebärdensprache des amerikanischen Englisch. Heute ist die OKAY-Geste als eine von insgesamt fünf OKAY-Emojis einzuordnen. Zu den OKAY-Emojis wurde dargestellt, dass es drei genuine OKAY-Emojis: , und sowie zwei assoziative OKAY-Emojis: und gibt. Die Emojis werden abwechslungsreich, insbesondere in Messenger-Apps eingesetzt. Auch werden sie in Online-Beiträgen kontrovers diskutiert, z. B. in Bezug auf ihre Popularität und ihren Stellenwert innerhalb verschiedener Altersgruppen.

Anschließend daran wurden metasprachliche Beschreibungen über OKAY, z. B. zu dessen Funktionsweise oder zu Formvarianten, in Blogbeiträgen und Tweets präsentiert. Insbesondere in Bezug auf die Formvarianten von OKAY konnte gezeigt werden, dass sie im Kontext von „präferierte Formvariante entspricht Charakter einer Person“ diskutiert werden. Gleichermaßen kann daraus abgeleitet werden, dass ein ausgeprägtes Bewusstsein über das Vorhandensein von Form- und Funktionsvarianten von OKAY vorliegt.

Der etymologische Abriss zu OKAY zeigt, dass es damals wie heute keinen medialen Bereich gibt, in dem OKAY nicht verbal oder nonverbal eingesetzt wird. OKAY ist ein medialer Allrounder.