Zusammenfassung
Hintergrund
Mit zunehmendem Einsatz von Immuntherapien in der Onkologie steigt die Bedeutung der radiologischen Beurteilung häufiger und schwerwiegender immunbedingter Nebenwirkungen.
Fragestellung
Inzidenz und Manifestation radiologischer und nuklearmedizinischer Befunde der immunbedingten Nebenwirkungen.
Material und Methode
Literaturübersicht zu Klinik und bildgebenden Befunden immunbedingter Nebenwirkungen der Immuncheckpointinhibitoren Ipilimumab, Nivolumab und Pembrolizumab. Veranschaulichung mit Bildbeispielen und Gegenübergestellung mit anderen relevanten Differenzialdiagnosen.
Ergebnisse
Die häufigsten bildgebenden Manifestationen sind Kolitis, Hepatitis, Pankreatitis, Hypophysitis, Pneumonitis, Arthritis und die sarkoidähnliche Lymphadenopathie. Schwere bis lebensbedrohliche Komplikationen können aus einer Kolitis, Pneumonitis und Hypophysitis resultieren. Eine klare Abgrenzung zu Autoimmunerkrankungen sowie Differenzierung von immunbedingten und entzündlichen pulmonalen Veränderungen kann sehr schwierig sein und bedarf einer engen multidisziplinären Zusammenarbeit.
Schlussfolgerungen
Das Wissen um die klinischen und typischen bildgebenden Befunde von Nebenwirkungen der Immuntherapie ist essenziell, um rasche und adäquate Therapieentscheidungen treffen zu können. Neben Staging und Verlaufsbeurteilung ergänzt das Erkennen und Kontrollieren therapieassoziierter Nebenwirkungen die Verantwortung der Radiologie bei der Behandlung onkologischer Patienten.
Abstract
Background
The increasing use of immunotherapy in oncology increases the need for radiologic evaluation of frequent and severe immune-related adverse events.
Objective
Determination of the incidence and manifestation of radiologic and nuclear medicine findings of immune-related adverse events.
Material and methods
Literature review of clinical and imaging findings of immune-related adverse events induced by the immune checkpoint inhibitors ipilimumab, nivolumab and pembrolizumab. Findings are illustrated with pictorial examples and contrasted to other relevant differential diagnoses.
Results
The most frequent imaging manifestations are colitis, hepatitis, pancreatitis, hypophysitis, pneumonitis, arthritis and sarcoid-like lymphadenopathy. Severe to life-threatening complications may result from colitis, pneumonitis and hypophysitis. A clear differentiation from other autoimmune diseases and discrimination of immune-related and infectious pulmonary findings can be very difficult and need close multidisciplinary collaboration.
Conclusion
Knowledge of clinical and imaging findings of adverse events induced by immunotherapy is essential for timely and adequate therapeutic decisions. In addition to staging and follow-up imaging, identification and monitoring of immune-related adverse events adds to the radiologic responsibility in oncologic care.
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Mit der zunehmenden Verwendung von Immuntherapien in der Onkologie steigt die Bedeutung der radiologischen Beurteilung immunbedingter Nebenwirkungen. Nebenwirkungen von Immuncheckpointinhibitoren sind häufig und können zu schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Komplikationen führen, die ein rasches Handeln und adäquate therapeutische Entscheidungen erfordern.
Immuncheckpointinhibitoren und Nebenwirkungen
Immuncheckpoints sind wichtige negative Regulatoren des Immunsystems zur Verhinderung der Autoimmunität, Erhalt der Selbsttoleranz und Eindämmung überschießender Immunreaktionen. Sie blockieren kostimulatorische Signale der Immunaktivierung und führen zu einer T‑Zell-Anergie und Immunsuppression. In der Tumortherapie bietet die Blockade dieses Signalwegs (Immuncheckpointinhibition) mit dem Ziel der Steigerung der T‑Zell-vermittelten Immunantwort gegen Tumorzellen neue Behandlungsoptionen für eine Reihe von Krebsarten wie das metastasierte Melanom, nichtkleinzellige Lungenkarzinom und das Nierenzellkarzinom [21].
Ipilimumab blockiert die Interaktion des zytotoxischen T‑Lymphozyten-Antigen-4-(CTLA-4)-Rezeptors auf T‑Zellen mit B7-Molekülen (CD80 und CD86) an Antigen-präsentierenden Zellen und führt zu einer Aktivierung der Proliferation und Funktion der T‑Zellen. Nivolumab und Pembrolizumab blockieren die Interaktion zwischen dem Cell-death-protein-1(PD-1)-Rezeptor an T‑Zellen und seinen Liganden PD-L1 und PD-L2, an Antigen-präsentierenden Zellen und Tumorzellen. Im Unterschied zur CTLA-4-Inhibition initiieren PD-1-Inhibitoren somit auch eine tumorspezifische Interaktion mit dem Immunsystem.
Als Folge der reduzierten Selbsttoleranz können Immuncheckpointinhibitoren ein breites Spektrum immunbedingter Nebenwirkungen auslösen, die jedes Organ und System betreffen können [12, 26].
Allgemeine klinische Aspekte
Die Inzidenz von Nebenwirkungen der Immuncheckpointinhibitoren ist hoch und betrifft bis zu 80–90 % der Patienten [18]. Symptomatische immunbedingte Nebenwirkungen zeigen ein breites klinisches Spektrum und werden nach den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE) als Grad 1 (mild), Grad 2 (moderat), Grad 3 (schwer) und Grad 4 (lebensbedrohlich) eingeteilt. Ein aktueller systematischer Übersichtsartikel von publizierten Toxizitäten aus Phase-II- und -III-Studien beziffert die Häufigkeiten von immunbedingten Nebenwirkungen Grad 3 und 4 mit 20–30 % für Ipilimumab, 10–15 % für Nivolumab und Pembrolizumab, und 55 % für die Kombinationstherapie Ipilimumab und Nivolumab [26]. Toxizitäten von Ipilimumab sind dosisabhängig und zeigen einer höhere Rate gastrointestinaler, dermatologischer und endokriner Nebenwirkungen [19, 26]. Im Gegensatz dazu sind die Toxizitäten von Nivolumab und Pembrolizumab dosisunabhängig und mit höheren Raten von hepatologischen und pulmonalen Nebenwirkungen assoziiert [19, 26]. Der Beginn immunbedingter Nebenwirkungen nach Therapiestart von Ipilimumab zeigt eine zeitliche Assoziation [19]:
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Hautmanifestationen nach 2 bis 3 Wochen (1. Dosis),
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Kolitis nach 5 bis 10 Wochen (2. Dosis),
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Hepatitis nach 12 bis 16 Wochen (3. Dosis),
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endokrine Dysfunktionen nach 9 Wochen (4. Dosis) und
-
Pneumonitis nach 8 bis 14 Wochen.
Manche Patienten weisen simultan mehre als eine Nebenwirkung auf [7].
Das Management der immunbedingten Nebenwirkungen richtet sich nach der klinischen Einschätzung und folgt den CTCAE-Richtlinien [19, 26]. Als generelle Behandlungsstrategie wird bei Grad-2-Toxizitäten die Behandlung mit Immuncheckpointinhibitoren unterbrochen und erst dann wieder begonnen, wenn die Symptome unter Grad 1 zurückgehen. Die Behandlung von Grad-3- und -4-Toxizitäten erfordert eine Hochdosistherapie mit Glukokortikoiden, eventuell unterstützt mit zusätzlicher Gabe von Immunsuppressiva, und einen permanenten Abbruch der Immuncheckpoint-Inhibitortherapie bei Patienten mit Grad-4-Toxizität. Mit der prompten Initiierung einer adäquaten Therapie lassen sich die meisten immunbedingten Nebenwirkungen erfolgreich behandeln.
Radiologische und nuklearmedizinische Manifestationen
Mit bildgebenden Verfahren darstellbare Manifestationen der immunbedingten Nebenwirkungen von Checkpointinhibitoren umfassen Kolitis, Hepatitis, Pankreatitis, Hypophysitis, Thyreoiditis, Pneumonitis, Arthritis, sarkoidähnliche Lymphadenopathie und entzündliche Veränderungen der Weichteile (Myositis, Fasziitis und Dichteerhöhungen des retroperitonealen Fettgewebes [5, 6, 28]). Publizierte Inzidenzen radiologischer Auffälligkeiten aus retrospektiven Studien von Patienten und Patientinnen mit metastasiertem Melanom, die mit Ipilimumab behandelt wurden, erreichen bis zu 31 % [6, 28]. Es scheint einen direkten Zusammenhang zwischen der Inzidenz immunbedingter Nebenwirkungen und dem klinischen Response zu geben [6]. Nach Behandlung der immunbedingten Nebenwirkungen zeigen bis zu 90 % der radiologischen und nuklearmedizinischen Befunde einen vollständigen Rückgang [6, 28].
Kolitis
Neben dermatologischen Manifestation wie Juckreiz und Hautausschlag zählen gastrointestinale Toxizitäten zu den häufigsten immunbedingten Nebenwirkungen [12]. Diarrhö und Kolitis treten typischerweise 5 Wochen nach Therapiebeginn auf und weisen eine Prävalenz von 36–38 % und 8–10 % für Ipilimumab bzw. 8–20 % und 1–3 % für die Gruppe Nivolumab und Pembrolizumab auf [19]. Eine Kolitis Grad 3 und 4 findet man in 7–9 % für Ipilimumab und in ungefähr 1–2 % für Nivolumab oder Pembrolizumab [19, 26]. Schwere und lebensbedrohliche Ereignisse resultieren aus Durchfall mit signifikanten Blutungen und intestinaler Perforation [9, 12, 17].
In einer retrospektiven Fallserie mit 16 Patienten mit Ipilimumab-assoziierter Kolitis und verfügbarer CT-Untersuchung berichteten Kim et al. [17] vermehrte mesenteriale Gefäßzeichnung in 83 %, Darmwandverdickung in 75 %, und flüssigkeitsgefüllte distendierte Darmschlingen in 25 % der Fälle. Perikolische Fettgewebsdichteerhöhungen wurden bei 16 % der Patienten in einer Fallsammlung von Barina et al. [4] berichtet. Eine Pneumatose oder ein Pneumoperitoneum wurden nicht beobachtet [4, 17]. Die immunbedingte Kolitis kann in 3 verschiedenen Mustern auftreten (Tab. 1 und Beispiel in Abb. 1; [4]):
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diffuse Kolitis,
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segmentale Kolitis assoziiert mit Divertikulitis und
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isolierte rektosigmoidale Kolitis ohne Divertikulose.
Bei segmentaler Kolitis assoziiert mit Divertikulitis waren die Wandverdickung des Kolons stärker und perikolische Fettgewebsdichteerhöhungen häufiger als bei diffuser Kolitis [17]. Klinische Symptome mit gemischt wässriger und blutiger Diarrhö und krampfartigen Schmerzen waren schwerer in der Gruppe mit segmentaler Kolitis assoziiert mit Divertikulitis; hingegen zeigte die Gruppe mit diffuser Kolitis und isolierter rektosigmoidaler Kolitis ohne Divertikulose leichtere Symptome mit vorwiegend wässriger Diarrhö [4, 17]. Eine Ipilimumab-assoziierte Ileitis ohne Kolitis ist extrem selten und wurde in einem Fallbericht vorgestellt [29].
Wichtige Differenzialdiagnosen der immunbedingten Kolitis sind Morbus Crohn, Colitis ulcerosa sowie die infektiöse und pseudomembranöse Kolitis (Tab. 1). Morbus Crohn betrifft vorwiegend das terminale Ileum und hat eine ungleichmäßige und transmurale Verteilung, die Colitis ulcerosa befällt typischerweise das Kolon mit zunehmender Intensität nach distal. Eine infektiöse Kolitis ist vorwiegend auf das rechte Kolon beschränkt, und die pseudomembranöse Kolitis zeigt eine sehr ausgeprägte zirkumferenzielle oder exzentrische Wandverdickung des gesamten Kolons [11].
Hepatitis
Immunbedingte hepatotoxische Nebenwirkungen, die zu einer Erhöhung der Transaminasen und ggf. des Bilirubins führen, treten in ungefähr 1–10 % bei einer Monotherapie, aber in bis zu 30 % unter der Kombinationstherapie Nivolumab plus Ipilimumab auf [19, 26]. Eine Grad-3-Toxizität mit 3‑ bis 5‑fach über dem oberen Normlimit erhöhten hepatischen Transaminasen wurde bei 1–2 % der Patienten in der Monotherapie und 14 % der Patienten in der Kombinationstherapie beobachtet [26]. Die Patienten sind zumeist asymptomatisch, können aber Fieber, Müdigkeit, Gelbsucht und Stuhlverfärbungen aufweisen [11].
In der CT und MRT zeigt die manifeste immunbedingte Hepatitis eine Hepatomegalie, periportales Ödem, verminderte Leberdichte im Vergleich zur Baseline-CT, periportale T2-Signalsteigerung in der MRT und vergrößerte periportale Lymphknoten (Tab. 1 und Abb. 2; [16, 28]). Im Ultraschall (US) wurden ergänzend eine periportale Echogenitätssteigerung und ein Gallenblasenwandödem beschrieben [11, 16]. In einer Fallserie mit 6 Patienten mit Ipilimumab-assoziierter Hepatitis berichteten Kim et al. [16], dass die Dichteminderung des Leberparenchyms Lebermetastasen maskieren und dass das Auftreten neuer landkartenartiger Areale mit niedriger Dichte Metastasen ähneln kann. In Verlaufsuntersuchungen nach Glukokortikoidtherapie zeigt sich üblicherweise ein vollständiger Rückgang der Hepatomegalie und periportalen Lymphadenopathie [16].
Die bildgebenden Befunde der immunbedingten Hepatitis sind unspezifisch und ähneln denen einer viralen Hepatitis, alkoholinduzierten Hepatitis und Autoimmunhepatitis. Des Weiteren müssen differenzialdiagnostisch eine extrahepatische Cholestase und das Neuauftreten von Lebermetastasen ausgeschlossen werden [16].
Pankreatitis
Die immunbedingte Pankreatitis ist selten und zeigt eine Inzidenz von <1 % [28]. Sie geht mit einer Erhöhung der Serumamylase und Lipase einher, kann klinisch asymptomatisch sein oder Oberbauchschmerzen verursachen [19].
In der CT und MRT finden sich eine Organvergrößerung, Verminderung der Parenchymdichte und eine Dichteerhöhung des umgebenden Fettgewebes (Tab. 1 und Abb. 3; [28]). In der Positronenemissionstomographie(PET)-CT zeigt die immunbedingte Pankreatitis eine gesteigerte Fluordesoxyglukose(FDG)-Aufnahme des Pankreas [20]. Es kann sehr schwierig sein, die Befunde von einer Immunoglobulin-G4-assoziierten Autoimmunpankreatitis zu unterscheiden [20]. Im Unterschied zur immuntherapieinduzierten Pankreatitis kann die Immunoglobulin-G4-assoziierte Autoimmunpankreatitis jedoch auch fokale Formen aufweisen. Die typische Auflösung der normalen fettigen Lobulierung wird als „Wurst-Pankreas“ beschrieben, und es können simultane Befunde in anderen Organen auftreten (wie z. B. Gallengänge, Speicheldrüsen, Aorta und retroperitoneales Fettgewebe). Die Magnetresonanzcholangiopankreatographie (MRCP) kann eine diffuse Einengung oder segmentale Stenose des Pankreashauptgangs („pancreatic duct penetrating sign“) ohne Gangaufstau zeigen oder Strikturen des pankreatischen Segments des Ductus choledochus, proximalen Gallengangsaufstau und Gallenblasenvergrößerung aufweisen. Veränderungen des Pankreashauptgangs und der Gallenwege im Rahmen der immuntherapieinduzierten Pankreatitis wurden bisher nicht berichtet. Im Unterschied zum zumeist milden klinischen Bild der immuntherapieinduzierten Pankreatitis präsentiert sich eine Immunoglobulin-G4-assoziierte Autoimmunpankreatitis häufig mit obstruktiver Gelbsucht und Oberbauchschmerzen.
Pneumonitis
Immunogene pulmonale Toxizitäten sind selten und treten typischerweise erst spät auf, ungefähr 10 Monate nach Beginn der Therapie [19]. Die Symptomatik reicht von beschwerdefrei und mild bei Grad 1 und 2 bis Husten, Hypoxie und lebensbedrohlichem Atemversagen mit Notwendigkeit der Hospitalisierung und intensivmedizinischen Maßnahmen bei Grad 3 und 4 [15, 19]. Eine immunbedingte Pneumonitis wurde häufiger berichtet bei Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs (3–5 %) als für Patienten mit malignem Melanom (0–2 % [26]). Die Prävalenz ist höher für Nivolumab und Pembrolizumab und die Nivolumab‑/Ipilimumab-Kombinationstherapie als für die Ipilimumab-Monotherapie [1, 18]. Patienten mit vorbestehender Lungenerkrankung und erhaltener Radiotherapie von Lungenmetastasen vor Initiierung der Immuncheckpointinhibitortherapie scheinen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer immunbedingten Pneumonitis zu haben [23, 27].
Entsprechend der Klassifikation der American Thoracic Society/European Respiratory Society für interstitielle Pneumonien ordneten Nishino et al. [25] die radiologischen Befunde von 20 Patienten mit PD1-assoziierter Pneumonitis folgenden Mustern zu:
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kryptogene organisierende Pneumonie (COP) in 65 %,
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unspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP) in 15 %,
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Hypersensitivitätspneumonitis (HP) in 10 % und
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akute interstitielle Pneumonie/akutes respiratorisches Distresssyndrom (AIP/ARDS) in 10 %.
Die unteren Lungenabschnitte waren häufiger betroffen als die mittleren und oberen [25]. Gemischte und multifokale Verteilungen wurde häufiger beobachtet als periphere und basale Verteilungen [25]. Milchglasverdichtungen wurden in allen Fällen gefunden, retikuläre Muster und Konsolidierungen in den meisten Fällen [25] – Tab. 1 zeigt eine Zusammenfassung der Befunde und Abb. 4 ein Beispiel mit COP-Muster. Nach dem Auslaufen der Glukokortikoidtherapie kann sich ein „flare“ der klinischen und bildgebenden Befunde einer rezidivierenden Pneumonitis zeigen [25].
Die Bildgebung kann helfen, andere pulmonale Erkrankungen abzugrenzen, wie z. B. eine bakterielle Pneumonie, die typischerweise asymmetrische Konsolidierungen mit positivem Pneumobronchogramm und eventuell einen Pleuraerguss aufweist [30]. Zusätzliche Informationen wie Befundpersistenz nach Antibiose sowie negative Kulturen aus Sputum, Bronchiallavage und Pleuraerguss können wichtige Hinweise auf eine immunbedingte Pneumonitis sein [30]. Zur Abgrenzung pulmonaler Toxizitäten von zytotoxischen und nicht zytotoxischen Medikamenten ist eine sorgfältige Durchsicht der Medikamentenhistorie notwendig. Eine Strahlenpneumonitis betrifft Lungenabschnitte, die mit mehr als 30–40 Gy belastet wurden und respektiert keine anatomischen Grenzen wie interlobuläre Fissuren und bronchiovaskuläre Strukturen [13]. Typischerweise beginnt sie nach 6 bis 10 Wochen und zeigt Milchglasverschattungen, die an Dichte zunehmen und schließlich konsolidieren [13].
Hypophysitis
Die Hypophysitis wurde als eine Komplikation der Ipilimumab-Therapie beschrieben [19]. Sie wird synonym als Ipilimumab-induzierte Hypophysitis (IIH), oder Ipilimumab-assoziierte Autoimmunhypophysitis (IAH) bezeichnet [3]. Die Hypophysitis tritt gewöhnlich nach dem 3. Zyklus von Ipilimumab auf, also etwa 9 Wochen nach Therapiebeginn und hat eine Inzidenz von 2–4 % [19]. Höhere Inzidenzen von 8 % wurden von Larkin et al. [22] für die Kombinationstherapie Nivolumab plus Ipilimumab und bis zu 25 % von Albarel et al. [2] für die hoch dosierte Therapie mit Ipilimumab (10 mg/kgKG) beschrieben. Initiale Symptome sind Kopfschmerzen und Müdigkeit, gefolgt von einer Insuffizienz der thyreo-, gonado- und kortikotropen Achse, die auch schwerwiegend bis lebensbedrohlich sein kann [2, 3, 19].
In der bildgebenden Übersichtsarbeit von Araujo et al. [3] über 57 Fälle von Ipilimumab-assoziierter Hypophysitis konnten pathologische Befunde der Hypophyse in 77 % nachgewiesen werden. Typische MRT-Befunde sind eine moderate Vergrößerung der Hypophyse, konvexe obere Kontur, Vergrößerung des Stiels oder Infundibulums und eine homogene Kontrastmittelaufnahme (Tab. 1 und Abb. 5; [2, 3]). Eine heterogene Kontrastmittelaufnahme wurde als ein untypisches Muster beschrieben [10]. Marlier et al. [24] fanden einer Vergrößerung der Hypophyse in jenen 2 Fällen, in denen die Dosis von Ipilimumab 10 mg/kgKG betragen hatte, während die übrigen 2 symptomatischen Patienten, die 3 mg/kgKG Ipilimumab erhalten hatten, eine normal große Hypophyse aufwiesen.
MRT-Kontrollen im Verlauf nach Glukokortikoidbehandlung können eine Abnahme des Hypophysenvolumens, Rückgang der konvexen in eine konkave Kontur oder im Extremfall eine „leere Sella“ zeigen [2]. Bei der Mehrzahl der betroffenen Patienten (64–76 %) normalisiert sich die Hypohphysenfunktion nicht [3, 14]. Eine immunbedingte Thyreoiditis, die gewöhnlich in einer Hypothyreose mündet, kann entweder isoliert oder gemeinsam mit einer Hypophysitis auftreten und zu einer erhöhten FDG-Aufnahme in der PET-CT führen [28].
Wichtige Differenzialdiagnosen der Ipilimumab-assoziierten Hypophysitis sind Hypophysenmakroadenome und seltene Fälle von Hypophysenmetastasen durch Melanome, Brust- und Lungenkarzinome [3]. Im Gegensatz zur Hypophysitis gehen Makroadenome gewöhnlich mit einer asymmetrischen oder fokal vergrößerten Hypophyse mit normalem Stiel einher und zeigen eine heterogene Kontrastmittelaufnahme ohne durale Ausläufer [10]. Autoimmunerkrankungen der Hypophyse treten sonst vorwiegend bei jungen Frauen während der Schwangerschaft oder postnatalen Periode auf und präsentieren sich klinisch mit Kopfschmerz, Visuseinschränkungen und ACTH-Mangel (adrenokortikotropes Hormon).
Arthritis
Rheumatologische Nebenwirkungen der Immuncheckpointinhibitortherapie beinhalten Arthralgien, Myalgien, Arthritis und Myositis [18]. Die Inzidenz von Arthralgien liegt zwischen 9–12 % und 6–8 % unter Pembrolizumab und Nivolumab, 5 % unter Ipilimumab und 11 % unter der Kombinationstherapie von Nivolumab plus Ipilimumab [26]. Die manifeste Arthritis ist weniger häufig (Prävalenz ca. 2 % unter Anti-PD-1-Inhibitoren [26, 27]). In einer Fallserie von Cappelli et al. [7] mit 13 Patienten mit immunbedingten rheumatologischen Nebenwirkungen, lag in 9 Fällen eine Arthritis vor, in 4 Fällen eine bildgebend bestätigte Synovitis mit entzündlicher Synovialflüssigkeit. Die Arthritis kann sowohl große als auch kleine Gelenke betreffen und sich als Oligoarthritis, additive Arthritis oder schwere Polyarthritis manifestieren [7, 26, 27].
Befunde im US und MRT sind eine proliferative Synovitis mit typischer Hyperämie und synovialer Verdickung, ein Gelenkerguss, manchmal Gelenkerosionen, Tendosynovitis, Knochenmarködem und Myositis (Tab. 1 und Abb. 6; [7, 8]). In der PET-CT zeigt sich eine erhöhte FDG-Aufnahme in der Synovia multipler bilateraler Gelenke bei Arthritis und bei Myositis in Muskeln (Abb. 6; [6, 20]). Eine Differenzierung zur rheumatoiden Arthritis kann sehr schwierig sein, antizyklische Citrullinated-peptid-Antikörper und Rheumafaktoren werden jedoch für gewöhnlich nicht gefunden [7]. Suarez-Almazor et al. [27] postulierten 2 potenzielle Erklärungsmodelle für immunbedingte Arthritiden: Eine unspezifische Arthritis infolge einer Hochregulierung des Immunsystems und eine rheumatoide Arthritis auf dem Boden einer genetischen oder umweltbedingten Prädisposition, die durch die Immuncheckpointinhibition getriggert wird.
Sarkoidähnliche Lymphadenopathie
Eine immunbedingte sarkoidähnliche Lymphadenopathie (engl. „sarcoid-like reaction“) wurde als asymptomatischer radiologischer Befund bei ca. 5–7 % der Fälle beschrieben [5, 6, 28]. Sie kann sich als symmetrische mediastinale und bihiläre Lymphknotenvergrößerung manifestieren, mit entweder neuen oder vergrößerten vorbestehenden Lymphknoten (Tab. 1 und Abb. 7; [6]). Tirumani et al. [28] berichteten über gleichzeitige pulmonale Befunde wie bilaterale irreguläre noduläre und fleckige Verdichtungen oder Milchglasverschattungen und interstitielle Verdichtungen bei 3 von 8 Patienten. Die immunbedingte sarkoidähnliche Lymphadenopathie kann in den meisten Fällen wieder abklingen [6, 28].
Eine Differenzierung der immunbedingten sarkoidähnlichen Lymphadenopathie von metastatischen und reaktiven Lymphknoten kann sehr schwierig sein, da die bildgebenden Befunde unspezifisch und fehlleitend sein können [5]. Metastatische Lymphknoten können ein inhomogenes Kontrastmittelverhalten aufweisen und inhärente oder behandlungsbedingten Nekrosen entwickeln [6].
Nebenwirkungen neuerer Immuncheckpointinhibitoren
Die bildgebenden Befunde der toxischen Effekte neuerer Immuncheckpointinhibitoren wie Atezolizumab, Tremelimumab und Pidilizumab wurden in dieser Übersicht wegen der geringen Datenlage nicht erfasst, dürften sich aber aufgrund des ähnlichen Wirkmechanismus gleichen.
Fazit für die Praxis
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Die zunehmende Verwendung von Immuncheckpointinhibitoren erhöht die Notwendigkeit radiologischer Kompetenzen zur Abklärung immunbedingter Nebenwirkungen.
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Die wichtigsten bildgebenden Manifestationen sind Kolitis, Hepatitis, Pankreatitis, Hypophysitis, Pneumonitis, Arthritis und die sarkoidähnliche Lymphadenopathie; lebensbedrohliche Komplikationen können aus einer Kolitis, Pneumonitis und Hypophysitis resultieren.
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Die CT ist für die Abklärung akuter gastrointestinaler und pulmonaler Nebenwirkungen die Methode der Wahl, MRT für die Hypophysitis und US für rheumatologische Nebenwirkungen. PET-CT-Untersuchungen zeigen einen erhöhten Glukosestoffwechsel der betroffenen Organe.
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Die Abgrenzung von anderen Autoimmunerkrankungen sowie einer immunbedingten Pneumonitis von entzündlichen oder medikamentenbedingten pulmonalen Erkrankungen kann sehr schwierig sein und bedarf einer engen multidisziplinären Zusammenarbeit.
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Open access funding provided by University of Innsbruck and Medical University of Innsbruck.
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Widmann, G., Nguyen, V.A., Plaickner, J. et al. Unerwünschte Wirkungen der Immuntherapie. Radiologe 57, 840–849 (2017). https://doi.org/10.1007/s00117-017-0285-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00117-017-0285-0
Schlüsselwörter
- Immuncheckpointinhibitoren
- Immunbedingte Nebenwirkungen
- Bildgebende Befunde
- Computertomographie
- Magnetresonanztomographie