1 Einleitung

Weltweit sind Städte mit einer Reihe von Herausforderungen wie der Erschöpfung von Ressourcen, dem Klimawandel und der Verschlechterung der Ökosysteme konfrontiert. Wenn die Städte ihre derzeitige Infrastruktur und ihr Ressourcenmanagement nicht anpassen, werden sie nicht in der Lage sein, diese Herausforderungen zu bewältigen. Naturbasierte Lösungen (NBS) oder grüne Infrastrukturen (GI) sind ein Element, das dazu beitragen kann, diesen Übergang zu erreichen. NBS und GI können wechselseitig Ökosystemleistungen erbringen, wie z. B. die Regulierung des Mikroklimas, den Hochwasserschutz, die Wasseraufbereitung und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, die für die städtische Umwelt von Nutzen sind. Bislang konzentriert sich die Umsetzung von NBS meist auf die Erbringung nur einer Ökosystemleistung (z. B. Verdunstungs-Kühlung oder Abwassereinigung; z. B. Pucher et al. 2023). Der Nutzen für städtische Gebiete kann gesteigert werden, wenn zusätzlich das Konzept der Kreislaufwirtschaft Anwendung findet, d. h. NBS, die verschiedene Ökosystemleistungen erbringen und es zusätzlich ermöglichen, Ressourcen für die Wiedernutzung rückzugewinnen.

Das Ziel der von der Europäischen Union finanzierten COST (COoperation in Science and Technology) geförderten Action Circular City (COST Action CA17133 „Implementing nature-based solutions for creating a resourceful circular city“, https://circular-city.eu) war es, die Hypothese zu testen, dass ein Kreislaufsystem, das NBS für das Management von natürlichen Ressourcen innerhalb der städtischen Biosphäre einsetzt, zu einer widerstandsfähigen, nachhaltigen und gesunden städtischen Umwelt führt. Diese Hypothese wurde in fünf Bereichen überprüft: bebaute Umwelt, urbanes Wassermanagement, Ressourcenrückgewinnung, urbane Landwirtschaft und Werkzeuge/Tools für Transformation, mit besonderem Schwerpunkt auf der Integration der Ergebnisse der anderen Bereiche, um Lösungen für kreislauforientierte Städte zu finden. Die Arbeit war entsprechend den fünf Bereichen in fünf Arbeitsgruppen (Working Groups – WGs) organisiert (Langergraber et al. 2020).

Die COST Action war dabei eine interdisziplinäre Plattform für die Zusammenarbeit von Stadtplaner:innen, Architekt:innen, Systemdesigner:innen, Kreislaufwirtschaftler:innen, Ingenieur:innen und Forscher:innen aus den Sozial- und Naturwissenschaften aufzubauen, mit dem Ziel, Systeme für die Kreislaufwirtschaft von Ressourcen in Städten mithilfe von NBS zu entwickeln. In dieser COST Action wurde die Definition einer gemeinsamen Sprache und eines gemeinsamen Verständnisses zwischen den Disziplinen als entscheidender Erfolgsfaktor angesehen, während Konzepte der Kreislaufwirtschaft (CE) als Schlüsselansatz und NBS- oder GI-Lösungen als Kernelemente des Instrumentariums betrachtet werden.

In diesem Beitrag stellen wir die COST Action Circular City sowie die Hauptergebnisse kurz vor.

2 Die COST Action Circular City

Die COST Action „Circular City“ (COST Action CA17133 „Implementing nature-based solutions for creating a resourceful circular city“, https://circular-city.eu) startete im Oktober 2018 und endete nach viereinhalb Jahren im April 2023. Mehr als 600 Wissenschaftler:innen aus mehr als 40 Ländern arbeiteten zusammen, um die Ziele der COST Action zu erreichen. Die teilnehmenden Personen deckten eine Vielzahl von Professionen ab, darunter Stadtplaner:innen, Architekt:innen, Systemdesigner:innen, Wirtschaftswissenschaftler:innen, Ingenieure:innen und Forscher:innen aus den Sozial- und Naturwissenschaften. Die Ziele von Circular City wurden auch in einem Animationsfilm verständlich dargestellt (siehe https://www.youtube.com/watch?v=R3NXLb-W1pg, mit Untertiteln in über 30 Sprachen).

In einer COST Action wird keine Forschung finanziert. Es handelt sich um ein Wissenschafts- und Technologienetzwerk, für das eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung steht, wie z. B. Workshops, Konferenzen, Ausbildungsschulen (training schools), kurzfristige wissenschaftliche Missionen (short-term scientific mission, STSMs) und Aktivitäten zur Dissemination.

Im Rahmen von Circular City wurden NBS als Konzepte definiert, die die Natur in die Städte bringen und solche, die von der Natur abgeleitet sind. In der COST Action wurde der Fokus auf Systemlösungen und nicht auf einzelne Technologien gelegt. Um eine Lösung zu implementieren, ist in der Regel eine Kombination von verschiedenen Technologien nötig, besonders wenn es darum geht, Kreisläufe zu schließen. Neben naturbasierten sind dafür auch konventionelle technisch intensivierte Technologien nötig. In jedem Fall sind Pflanzen ein essenzieller Bestandteil eines Systems mit NBS in einer Stadt (Langergraber et al. 2020).

Die Arbeit wurde in fünf Arbeitsgruppen (Working Groups, WGs) organisiert:

  • In WG1 „Built environment“ wurde der NBS-CE-Aspekt auf Gebäude- und Siedlungsebene untersucht (Abb. 1). Dabei wurde der Schwerpunkt auf Bauwerksbegrünungen (Green Buildings) und Begrünungen in Siedlungsgebieten (Green Building Sites) gelegt (Pearlmutter et al. 2020).

  • WG2 „Urban Water Management“ untersuchte die Umsetzung eines sicheren und funktionalen Wasserkreislaufs in der städtischen Biosphäre, bei dem Wasser als Ressource definiert wird (Oral et al. 2020).

  • In WG3 „Resource Recovery“ wurden die im städtischen Kontext verfügbaren Ressourcen, wie z. B. Ab- oder Oberflächenwasser, flüssige und feste Abfallströme, Materialien aus den anderen WGs sowie städtische Schadstoffe, identifiziert, bewertet und beurteilt (Kisser et al. 2020).

  • Städtische Landwirtschaft wurde in WG4 „Urban Farming“ (Skar et al. 2020) bearbeitet. Ziel der urbanen Landwirtschaft ist es, durch gebäudeintegrierte Landwirtschaft, einschließlich Konzepten wie Aquaponik, Indoor-Landwirtschaft, vertikale Landwirtschaft, Dachproduktion, essbare Wände sowie durch urbane Bauernhöfe, essbare Landschaften, Schulgärten und Gemeinschaftsgärten Lebensmittelproduktionsstätten im städtischen Umfeld zu schaffen.

  • Schließlich wurden in WG5 „Transformation Tools“ Werkzeuge untersucht, die die nötige Transformation der Städte ermöglichen und unterstützen (Katsou et al. 2020).

Abb. 1
figure 1

Die drei Skalen für die Umsetzung der NBS in der bebauten Umwelt: grüne Baumaterialien (Green Building Materials), Systeme für die Begrünung von Gebäuden (Green Buildings) und grüne städtische Gebiete (Green Building Sites). (Illustration: Dimitra Theochari; aus Pearlmutter et al. 2020)

Neben dem Hauptergebnis der COST Action, dem Rahmenwerk (Framework), das im nächsten Kapitel vorgestellt wird, wurden die folgenden Ergebnisse erzielt bzw. Aktivitäten gesetzt:

3 Ergebnisse

3.1 Notwendigkeit der ganzheitlichen Betrachtung

Derzeit werden NBS-Einheiten meist nur für Funktionalität (z. B. Regenwassermanagement) geplant. Verschiedene Disziplinen setzen dieselben NBS-Einheiten und -Interventionen mit unterschiedlichen Designs und Zwecken ein. Für die Anwendung von NBS im Kontext der Kreislaufwirtschaft ist jedoch ein interdisziplinarer Ansatz nötig.

Von den Teilnehmer:innen der Workshops der COST Action wurden Schlüsselwörter zum Potenzial von NBS zur Förderung der Kreislaufwirtschaft in Städten abgefragt (Abb. 2). Fasst man alle Antworten zusammen, war das am häufigsten genannte Schlüsselwort „Wasser“. Bei der Analyse der Schlüsselwörter, die den beruflichen Hintergrund der Teilnehmer:innen berücksichtigen, waren die am häufigsten genannten Schlüsselwörter jedoch „Ressourcenmanagement“, „Widerstandsfähigkeit“ und „Klimawandel“ (Chemie und Biotechnologie) sowie „Biodiversität“ (Biologie und Geowissenschaften). Dies verdeutlicht die unterschiedlichen Schwerpunkte der Disziplinen bei der Verwendung von NBS und die Bedeutung eines vielfältigen und multidisziplinären Teams, um das volle Potenzial der Anwendung von NBS in Städten auszuschöpfen.

Abb. 2
figure 2

Schlüsselwörter, die das Potenzial von NBS für die Kreislaufwirtschaft in Städten zusammenfassen, basierend auf den Antworten aller Teilnehmer:innen (a) und der Teilnehmer:innen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund: b Ingenieurwissenschaften, c Chemie und Biotechnologie, bzw. d Biologie und Geowissenschaften. (Auswahl aus Langergraber et al. 2021b)

3.2 Das Circular-City-Rahmenwerk (Framework)

Das Hauptergebnis der COST Action ist ein Rahmenwerk (Framework) für die Bewältigung der Herausforderungen der städtischen Kreislaufwirtschaft mit NBS (Langergraber et al. 2021a). Das Circular-City-Rahmenwerk zielt darauf ab, die Nutzung von NBS zur Verbesserung des Ressourcenmanagements in städtischen Siedlungen durchgängig zu berücksichtigen.

Bestehende Rahmenwerke beschreiben den Einsatz von NBS zur Lösung von städtischen Herausforderungen („Urban Challenges“) (z. B. Raymond et al. 2017). Zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft in Städten müssen die Einfuhr und der Verbrauch neuer Ressourcen sowie die Produktion von Abfällen minimiert werden (Abb. 3). Die speziellen Herausforderungen der städtischen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“) sind dabei (Atanasova et al. 2021):

  1. 1.

    Wiederherstellung und Erhaltung des Wasserkreislaufs,

  2. 2.

    Wasser- und Abfallbehandlung, Rückgewinnung und Wiederverwendung,

  3. 3.

    Nährstoffrückgewinnung und -wiederverwendung,

  4. 4.

    Rückgewinnung und Wiederverwendung von Materialien,

  5. 5.

    Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion,

  6. 6.

    Energieeffizienz und Energierückgewinnung und

  7. 7.

    Revitalisierung von Gebäudesystemen

Abb. 3
figure 3

Herausforderungen der städtischen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“), die durch NBS in Kreislaufsystemen adressiert werden können. (Nach Langergraber et al. 2021a)

Das Circular-City-Rahmenwerk umfasst:

  • Einen Katalog von Technologien zur Bereitstellung sowie der Wiedergewinnung von Ressourcen mit NBS und

  • Die Analyse der erforderlichen Ressourcenströme als Input- und Output.

Für die Erstellung des Technologie-Katalogs wurden in einem ersten Schritt Listen von NBS-Technologien und -Konzepten aus mehreren EU-Projekten verglichen und vereinheitlicht. Bei vielen Technologien und Konzepten wird je nach Fachrichtung eine unterschiedliche Nomenklatur verwendet. Für alle Technologien/Konzepte wurden Synonyme gesammelt und eine einfach verständliche Beschreibung erstellt. Als Beispiel dafür sind in Tab. 1 die Synonyme und die Beschreibung für die Technologie „bepflanzte Versickerungsmulde bzw. bepflanztes Rigol“ (Bioswale) angegeben.

Tab. 1 Beispiel für die Synonyme und Beschreibung für die NBS-Einheit „bepflanzte Versickerungsmulde bzw. bepflanztes Rigol“ (Bioswale; aus Tab. A2, Langergraber et al. 2021a)

In einem zweiten Schritt wurden die Technologien aus der vereinheitlichten Liste in folgende Gruppen eingeteilt (nach Castellar et al. 2021):

  • NBS-Einheiten („NBS units“, NBS_u), das sind entweder einzelne grüne Technologien („NBS technological units“, NBS_tu) oder städtische Grünflächen („NBS spatial units“, NBS_su), die in der Natur vorkommende Prozesse nachbilden, um die Leistung des Naturkapitals in Städten zu verbessern. Ihre Umsetzung kann entweder als einzelne Einheit oder in Kombination mit anderen NBS, konventionellen Technologien oder bestehenden städtischen Infrastrukturen erfolgen.

  • NBS-Interventionen („NBS interventions“, NBS_i) beziehen sich auf Maßnahmen und Techniken, die in bestimmten Ökosystemen oder anderen NBS_u angewandt werden, um natürliche Prozesse wie die Dynamik im Fließgewässer („NBS river interventions“, NBS_ri), die Bodenqualität („NBS soil interventions“, NBS_si) oder die Biodiversität („NBS biodiversity interventions“, NBS_bi) zu unterstützen und zu verbessern.

  • Unterstützende Einheiten („Supporting units“, S_u) sind zusätzliche physikalische und chemische Prozesse sowie Technologien zur Unterstützung von NBS und zur Verbesserung deren Leistung.

Der Zweck einer NBS-Einheit und/oder -Intervention (NBS_u/i) kann mit der technologischen Rolle bzw. dem Hauptanwendungsziel (z. B. städtische Regenwasserbewirtschaftung oder Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion) mit ihrer Begrünungsfunktion in verschiedenen Maßstäben (z. B. öffentliche Grünflächen oder vertikale Begrünungssysteme und Gründächer) oder mit ihrer praktischen Anwendung (z. B. Bioengineering von Boden und Wasser) in Verbindung gebracht werden. Die NBS_u/i wurden deshalb in folgende Kategorien eingeteilt:

  • Regenwasserbewirtschaftung („Rainwater Management“),

  • Vertikale Begrünungssysteme und Gründächer („Vertical Greening Systems and Green Roofs“),

  • Entfernung, Reinigung und Rückgewinnung („Remediation, Treatment, and Recovery“),

  • Wiederherstellung (von Gewässern) („(River) Restoration“),

  • Bioengineering von Boden und Wasser („Soil and Water Bioengineering“),

  • (öffentliche) Grünflächen („(Public) AGreen Space“),

  • Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion („Food and Biomass Production“).

Der Circular-City-Technologie-Katalog umfasst insgesamt 39 NBS-Einheiten, 12 NBS-Interventionen und 10 unterstützende Einheiten. Diese sind in Abb. 4 dargestellt, wobei die Einteilung in die zuvor beschriebenen Gruppen und Kategorien erfolgte. In Tab. 2 ist die deutsche Übersetzung der Einheiten und Interventionen zusammengefasst, in Tab. 3 die Anzahl der NBS_u, NBS_i und S_u in jeder Kategorie. Für die genaue Beschreibung und Definition der einzelnen Einheiten und Interventionen wird auf Langergraber et al. (2021a) verwiesen.

Abb. 4
figure 4

NBS-Einheiten (NBS_u), NBS-Interventionen (NBS_i) und unterstützende Einheiten (S_u) eingeteilt in Gruppen (dunkelgraue Quadrate) und Kategorien (farbige Quadrate). (Langergraber et al. 2021a)

Tab. 2 Deutsche Übersetzung der NBS-Einheiten (NBS_u), NBS-Interventionen (NBS_i) und unterstützenden Einheiten (S_u) nach Langergraber et al. (2021a)
Tab. 3 Anzahl der Einheiten und Interventionen je Kategorie

Um die zuvor beschriebenen Einheiten und Interventionen als Systemlösungen kombinieren zu können, ist die Analyse der Ressourcenströme als Input und Output für diese Einheiten und -Interventionen erforderlich. Dabei wurden die für den Betrieb und die Instandhaltung der NBS_u/i und S_u erforderlichen Inputs (I) und die von den NBS_u/i und S_u erzeugten potenziellen Outputs (O) als Ströme, welche durch die NBS fließen (Elemente und Ressourcen), betrachtet. Als Inputs werden diese Ströme für den Betrieb und die Instandhaltung der NBS benötigt (z. B. Bewässerungswasser oder Nährstoffe). Diese können aus NBS_u/i oder aus anderen Teilen des städtischen Systems stammen (z. B. rückgehaltener Oberflächenabfluss oder Abwasser aus Haushalten). Als Outputs stellen diese Ströme Ressourcen dar, die für den ganzheitlichen Betrieb von NBS_u/i in kreisförmigen Städten zurückgewonnen und bereitgestellt werden müssen. Auch sollen dabei Ressourcen für die Wiedernutzung in der städtischen Produktionskette gewonnen werden. In Abb. 5 sind die fünf wichtigsten Ressourcenströme (Wasser, Nährstoffe, Biomasse, lebende Organismen und Energie) und deren Unterkategorien dargestellt.

Abb. 5
figure 5

Wichtigste Ressourcenströme und Unterkategorien von Inputs, die für den Betrieb und die Instandhaltung von NBS_u/i erforderlich sind, sowie Outputs, die potenziell von NBS_u/i erzeugt werden. (Nach Langergraber et al. 2021a)

In einem weiteren Schritt wurden die Anwendbarkeit der NBS_u/i in verschiedenen Sektoren untersucht, wobei sich die Definition der Sektoren an den Arbeitsgruppen der COST Action orientierte. Aus den gesamt 51 NBS-Einheiten und -Interventionen wurden für die Sektoren folgende als wichtig betrachtet (nach Langergraber et al. 2021b):

  • 14 NBS_u/i für den Sektor Bauwerksbegrünungen („Green Buildings“);

  • 37 NBS_u/i für den Sektor Begrünungen in Siedlungsgebieten („Green Building Sites“);

  • 49 NBS_u/i für den Sektor Städtisches Wassermanagement („Urban Water Management“);

  • 14 NBS_u/i für den Sektor Ressourcenrückgewinnung („Resource Recovery“); sowie

  • 40 NBS_u/i für den Sektor Städtische Landwirtschaft („Urban Farming“).

Die niedrigen Werte bei den Sektoren Bauwerksbegrünung und Ressourcenrückgewinnung lassen sich dadurch erklären, dass nur wenige NBS_u/i wirklich direkt für Bauwerksbegrünungen anwendbar sind und sich die Ressourcenrückgewinnung auf die Rückgewinnung von Nährstoffen beschränkt. Andere Ressourcen wie Wasser, Energie und Materialien standen nicht im Mittelpunkt oder wurden in die Diskussionen über andere Sektoren einbezogen (z. B. Städtisches Wassermanagement).

Zusätzlich wurde untersucht, in wie vielen Sektoren einzelne NBS-Einheiten und -Interventionen als wichtig angesehen wurden. NBS_u/i mit dem Potenzial, mehrere Herausforderungen der städtischen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“) anzusprechen, haben auch das Potenzial, mehrere Sektoren anzusprechen. Das betrifft vor allem jene NBS-Einheiten und -Interventionen, die den Kategorien „(öffentliche) Grünflächen“ sowie „Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion“ zugeordnet wurden (Langergraber et al. 2021b).

Die Festlegung der Systemgrenze ist für die Auswirkung und Kreislaufähigkeit einer NBS essenziell.

Ein anschauliches Beispiel dafür sind vertikale Begrünungssysteme, die verschiedene Arten von Pflanzen enthalten. Die Pflanzen werden meist in ein Wachstumsmedium gepflanzt. Ihre räumliche Ausdehnung ist generell auf ein Gebäude beschränkt; dementsprechend ist auch ihre Systemgrenze häufig auf eine Wand begrenzt. Die Funktionen dieser Technologie umfassen lokale Kühlung, die Förderung der biologischen Vielfalt, die Verbesserung der Luftqualität und die Steigerung des Komforts für die Bewohner:innen. Damit diese Funktionen gewährleistet werden können, stellt Wasser die wichtigste Ressource dar. Das benötigte Wasser für die Bewässerung wird generell über die Trinkwasserversorgung bereitgestellt. Gesammeltes Regenwasser kann als Alternative angesehen werden, kommt aber zurzeit nicht zur Anwendung (Prenner et al. 2021). Außerdem ist vor allem in Hitzeperioden nicht genügend Regenwasser für die Bewässerung vorhanden, um z. B. die Funktion der transpirativen Kühlung leisten zu können. Damit diese NBS im Sinne der Kreislaufwirtschaft betrieben werden kann, ist daher ein gesamtheitlicher Ansatz auf Gebäudeebene anzustreben. Dieser beinhaltet vor allem die Anwendung von Wasserwiedernutzung für die Bewässerung. Dies kann einerseits über die gezielte Sammlung und Speicherung von Regenwasser erfolgen, welche jedoch wie zuvor beschrieben limitiert ist. Ein hohes Potenzial hat die Nutzung von gereinigtem Abwasser und vor allem die Nutzung von Grauwasser (Abwasser ohne Toiletten), da dieses kontinuierlich von Bewohner:innen produziert wird (Prenner et al. 2023). Die notwendige Aufbereitung für diesen Zweck kann einerseits über S_u als auch über die Vertikalbegrünung selbst erfolgen. Dabei kann einerseits das Grauwasser für die Wiedernutzung gereinigt werden als auch direkt für Bewässerung und Verdunstung eingesetzt werden (Pucher et al. 2022).

3.3 Die Circular City Toolbox

Um das Circular-City-Rahmenwerk für verschiedene Akteure einfach zugänglicher zu machen, wurde eine grafische Darstellung erarbeitet (https://toolbox.circular-city.eu). Dieses Tool umfasst

  1. 1.

    Eine Toolbox („Descriptive Toolbox“), die verschiedene Einstiegsebenen ermöglicht, und

  2. 2.

    Ein Tool zur Quantifizierung der Ressourcenströme.

Die Circular City Toolbox ist nicht für den Einsatz in der Detailplanung und für das Design von naturbasierten Lösungen gedacht. Vielmehr sollen die Benutzer:innen erste Hinweise für den möglichen Einsatz dieser Lösungen bekommen.

Der erste Teil des Tools, die „Descriptive Toolbox“, ermöglicht den Einstieg über vier Ebenen (farbige Kreise in Abb. 6):

  1. 1.

    Der innere Kreis (oranger Kreis) steht für fünf Herausforderungen der urbanen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“):

    • Wiederherstellung und Erhaltung des Wasserkreislaufs,

    • Wasser- und Abfallbehandlung und -rückgewinnung,

    • Nährstoffrückgewinnung und Wiederverwendung,

    • Energieeffizienz und Energierückgewinnung und

    • Lebensmittel- und Biomasseproduktion.

  2. 2.

    Anforderungen („Demands“) (roter Kreis), die speziell auf eine städtische Kreislaufwirtschaft ausgerichtet sind.

  3. 3.

    Eine Vielzahl von Dienstleistungen („Services“) (blauer Kreis) ist erforderlich, um eine bestimmte Anforderung zu erfüllen.

  4. 4.

    Diese Dienstleistungen können von verschiedenen NBS-Einheiten (grüner Kreis) erbracht werden.

Abb. 6
figure 6

Screenshot der Circular City Toolbox mit Herausforderungen der urbanen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“) (oranger Kreis), Anforderungen („Demands“) (roter Kreis), Dienstleistungen („Services“) (blauer Kreis) und NBS-Einheiten (grüner Kreis) (https://toolbox.circular-city.eu)

Benutzer:innen der Toolbox haben entweder eine bestimmte Herausforderung, die zu lösen ist, oder ein Interesse an einer spezifischen Technologie Einheit. Ein erstes Beispiel dafür ist in Abb. 7 dargestellt: Die Benutzer:innen haben die urbane Herausforderung „Energieeffizienz und Energierückgewinnung“ (rot eingekreister oranger Kreis) und die Anforderung die urbanen Hitzeinseln zu reduzieren (rot eingekreister roter Kreis; „UHI Mitigation/Reduction“, UHI = Urban Heat Island). Die entsprechende Dienstleistung (dunkler blauer Kreis) ist die Regulierung des Mikroklimas (Abb. 7a). Zur Regulierung des Mikroklimas können sieben NBS-Einheiten verwendet werden (dunklere grüne Kreise in Abb. 7b). Wählen die Benutzer:innen eine NBS-Einheit aus (rot eingekreister grüner Kreis), erkennt man, dass diese NBS-Einheit noch vier zusätzliche Dienstleistungen bietet (blaue Kreise, die mit gestrichelter Linie rot eingekreist sind).

Abb. 7
figure 7

Beispiel für die Anwendung der Circular City Toolbox, wenn Benutzer:innen von einer bestimmten urbanen Herausforderung (rot eingekreister oranger Kreis) starten. (Adaptiert von https://toolbox.circular-city.eu)

Abb. 8 zeigt ein zweites Beispiel, bei dem Benutzer:innen von einer NBS-Einheit aus starten (rot eingekreister grüner Kreis). Die in diesem Fall ausgewählte NBS-Einheit „pot-based green facade“, eine grüne Fassade, in der die Pflanzen in Töpfen wachsen, kann insgesamt vier verschiedene Dienstleistungen (blaue Kreise, die mit dünner roter Linie eingekreist sind) und vier Anforderungen (dunklere rote Kreise) erfüllen und zur Lösung von drei urbanen Herausforderungen (dunklere orange Kreise) beitragen. Dadurch kann für die Benutzer:innen die Multifunktionalität von einzelnen NBS-Einheiten aufgezeigt werden.

Abb. 8
figure 8

Beispiel für die Anwendung der Circular City Toolbox, wenn Benutzer:innen von einer NBS-Einheit (rot eingekreister grüner Kreis) starten. (Adaptiert von https://toolbox.circular-city.eu)

Das Tool zur Quantifizierung der Ressourcenströme ermöglicht den Benutzer:innen zusätzlich die Berechnung:

  • Des Potenzials der verfügbaren Ressourcen sowie

  • Des Bedarfs an Ressourcen (z. B. Biomasseproduktion).

Dafür können die Benutzer:innen eigene Daten eingeben und mithilfe von Massenbilanzen werden das verfügbare Potenzial und die benötigten Ressourcen berechnet.

Ein Beispiel dafür ist in Abb. 9 für ein Gründach dargestellt. Zur Berechnung wird zuerst der Ort, an dem eine Implementierung geplant ist, eingegeben. Aufgrund der Ortsangabe und der Flächen wird das potenziell verfügbare gesammelte Regenwasser ermittelt (grüne Balken in Abb. 9). Alternative Wasserressourcen, die auch für die Bewässerung in Betracht gezogen werden können, sind (gereinigtes) Grauwasser (blaue Balken) bzw. das gesamte Abwasser (graue Balken).

Abb. 9
figure 9

Beispiel für die Anwendung des Tools zur Quantifizierung der Ressourcenströme zur Berechnung alternativer Wasserressourcen. (Screenshot von https://toolbox.circular-city.eu)

4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Das EU-finanzierte Netzwerkprojekt COST Action Circular City hatte das Ziel, den Einsatz von naturbasierten Lösungen (NBS) in Städten mit dem Konzept der Kreislaufwirtschaft zu kombinieren. Dafür wurden Herausforderungen der städtischen Kreislaufwirtschaft („Urban Circularity Challenges“) definiert, die mit NBS erreicht werden sollen. Im Rahmen der COST Action Circular City wurde dafür ein Rahmenwerk (Framework) erstellt. Dieses enthält:

  • Einen Technologie-Katalog, der 39 NBS-Einheiten, 12 NBS-Interventionen und 10 unterstützende Einheiten umfasst und speziell für die Bewältigung der urbanen Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft geeignet ist, sowie

  • Eine Methodik zur Definition von Ressourcenströmen als Input und Output dieser Einheiten und Interventionen.

Das Circular-City-Rahmenwerk wurde grafisch aufbereitet, um die Ergebnisse für verschiedene Akteure einfach zugänglicher zu machen. Das grafische Tool umfasst eine Descriptive Toolbox sowie ein Tool zur Quantifizierung der Ressourcenströme.

Aus den Ergebnissen der COST Action Circular City lässt sich schließen, dass

  • Sich Städte wandeln müssen, um widerstandsfähiger gegenüber bestehenden Herausforderungen wie Ressourcenverknappung, Klimawandel und Verschlechterung der Ökosysteme zu werden;

  • NBS eine Reihe von Ökosystemdienstleistungen bieten, die für die städtische Biosphäre von Nutzen sind; sowie

  • Durch die Übernahme des Konzepts der Kreislaufwirtschaft der Nutzen der NBS für städtische Gebiete noch erhöht werden kann.

Pflanzen sind ein wesentliches Element von NBS in Städten. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass:

  • Pflanzen bewässert werden müssen, da Regenwasser in der Regel nicht in ausreichender Menge verfügbar ist (insbesondere im Sommer);

  • Die Verwendung von Trinkwasser für die Bewässerung nicht sinnvoll und daher die Wiederverwendung von aufbereitetem Wasser in Kreislaufstädten entscheidend ist; und

  • An der Quelle getrennte Abwasserströme, wie Grauwasser, eine hervorragende Ressource für die Bewässerung (und andere nicht trinkbare Anwendungen) sind.

Wasser ist daher ein Schlüsselelement bei der Anwendung von NBS in der städtischen Umwelt. Die Relevanz von NBS-Einheiten und -Interventionen in verschiedenen urbanen Sektoren ändert sich auf der Grundlage ihrer Anwendung im kreislauforientierten System. Es gibt jedoch immer noch eine disziplinäre Ausrichtung auf den klassischen Anwendungsbereich, wobei verschiedene Sektoren auch dieselben NBS-Einheiten und -Interventionen mit unterschiedlichen Designs und Zwecken einsetzen. Multifunktionalität wird zwar oft diskutiert, aber selten vollständig umgesetzt. Daher wird das Potenzial der NBS zur Förderung der Multifunktionalität in der Regel nicht voll ausgeschöpft. Eine interdisziplinäre, sektorenübergreifende Zusammenarbeit ist im Planungsprozess unerlässlich, um das volle Potenzial der NBS bei der gleichzeitigen Bewältigung mehrerer städtischer Herausforderungen auszuschöpfen. Neue Instrumente, wie das vorgestellte Informationsmodell für Stoffströme, können vollständige Kreisläufe, d. h. Ressourcenflüsse durch NBS, darstellen. So können sie das zirkuläre Denken im Planungsprozess erleichtern und sektorale Sichtweisen für eine bessere und multifunktionale Planung von NBS integrieren.

Die COST Action „Circular City“ diente als ausgezeichnete Plattform für die Kommunikation und die Arbeit über Disziplinen und Sektoren hinweg. Expert:innen aus den Bereichen Ingenieurwesen, Architektur, Planung, Natur- und Sozialwissenschaften trugen zu den Arbeiten bei. Obwohl die meisten Teilnehmer:innen der ersten Gruppe angehören, ist dies ein wertvoller Versuch, disziplinäre Grenzen zu überwinden, um das volle Potenzial der NBS für die Kreislaufwirtschaft von Ressourcen zu nutzen.