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FormalPara Kernaussagen

Zwischen November 2020 und April 2021 wurde im Rahmen der bundesweit repräsentativen Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) eine schriftliche Befragung von mehr als 10.000 Personen ab 80 Jahren zu deren Lebenssituation und Lebensqualität durchgeführt. Hiervon beantworteten 3233 Personen bis Dezember 2021 in einem zusätzlichen telefonischen Interview detaillierte Fragen zu ihren Alltagskompetenzen und ihrer Wohnumgebung. Auf dieser Grundlage stellt der vorliegende Kurzbericht die Alltagskompetenzen und das Wohnumfeld hochaltriger Menschen in Deutschland dar.

Die Mehrheit (60,8 %) der hochaltrigen Menschen in Deutschland hat ein hohes Maß an Alltagskompetenzen. Jedoch sind insbesondere im Heim wohnende Hochaltrige in ihren Alltagskompetenzen eingeschränkt. Zudem sind männliche und jüngere Hochaltrige sowie Hochaltrige mit einer hohen Bildung eigenständiger in ihren täglichen Aktivitäten. Unterschiede zwischen Hochaltrigen in Ost- und Westdeutschland bestehen nicht.

Barrierereduzierende Eigenschaften der Wohnung von hochaltrigen Menschen in Deutschland sind noch ausbaufähig, nur 9,1 % der Hochaltrigen haben keine Barrieren in ihrer Wohnung bzw. in ihrem Haus. Am häufigsten besteht die Barriere von fehlenden Handläufen oder einem Treppenlift und am seltensten sind Türen schmaler als 80 cm. Innerhalb der soziodemografischen Gruppen gibt es nur signifikante Unterschiede in der Barrierefreiheit zwischen den Wohnformen. Dieser signifikante Unterschied gilt allerdings nur für die Barriere von Schwellen über 2 cm, diese sind bei im Heim Wohnenden seltener vorhanden.

Die Hochaltrigen sind überwiegend der Auffassung, dass sie in ihrer Wohnumgebung gut zu Fuß unterwegs sein können. 76,1 % schätzen die Umgebung als eher bis sehr geeignet ein. Hierbei finden sich nur signifikante Gruppenunterschiede zwischen Männern und Frauen. Männer bewerten die Walkability im Vergleich zu Frauen positiver.

Über die Hälfte der hochaltrigen Menschen in Deutschland fühlen sich mit ihrem Wohnumfeld verbunden. 28,4 % fühlen sich sehr eng und 35,5 % eher eng mit ihrem Wohnumfeld verbunden. Im Heim wohnende Hochaltrige weisen eine signifikant geringere Wohnverbundenheit auf. Auch zwischen den Altersgruppen zeigen sich signifikante Unterschiede in der Wohnverbundenheit, diese werden jedoch durch die Wohnform erklärt. Darüber hinaus zeigen sich keine signifikanten Unterschiede innerhalb der soziodemografischen Gruppen.

53,4 % der hochaltrigen Menschen in Deutschland vertrauen vollkommen ihrer Nachbarschaft. Dieses Vertrauen ist bei Hochaltrigen, die im Heim wohnen, geringer als bei privatwohnenden Hochaltrigen. Hinzu kommt, dass männliche Hochaltrige etwas mehr Vertrauen in die Nachbarschaft haben als Frauen und dass Hochaltrige mit hoher Bildung ein etwas größeres Vertrauen in die Nachbarschaft haben als Hochaltrige mit geringerer Bildung. Zwischen den verschiedenen Wohnregionen und den Altersgruppen gibt es keine signifikanten Unterschiede.

Es besteht teilweise eine Passung der Barrieren im Wohnumfeld und der Alltagskompetenz „Gehen“. Bei Hochaltrigen, die nur mit Hilfe gehen können, bestehen signifikant seltener Barrieren im Wohnumfeld.

Einleitung

Eine Voraussetzung für eine eigenständige Lebensführung und die gesellschaftliche Teilhabe – auch noch im hohen Alter – ist ein bestimmtes Maß an Alltagskompetenzen. Alltagskompetenzen sind Fähigkeiten, Tätigkeiten auszuführen, die als essenziell für das eigene Leben gelten (Willis 1991, S. 81). Grundlegende Alltagskompetenzen beschreiben demnach Aktivitäten zur Befriedigung der Grundbedürfnisse, beispielsweise essen, sich waschen, sich an- und ausziehen sowie sich ins Bett legen und aufstehen. Daneben gibt es Alltagskompetenzen, die eher organisational sind, beispielsweise einkaufen, die Regelung von Finanzen, die Erledigung von Hausarbeit oder das Organisieren von Strecken außerhalb der Laufreichweite (z. B. Busfahrten). Daten des Deutschen Alterssuryes (DEAS) zeigen, dass in der Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen die Mehrheit von 84 % eine gute funktionale Gesundheit (hohes Maß an Alltagskompetenzen) aufweist (Wolff et al. 2017). Dieser Anteil sinkt allerdings mit steigendem Alter. In der Altersgruppe der 55- bis 69-Jährigen weisen noch 67 % eine gute funktionale Gesundheit auf und in der Altersgruppe der 70- bis 85-Jährigen noch knapp die Hälfte (48 %). Offen bleibt, wie sich die Alltagskompetenz im hohen Alter, also bei Personen ab 80 Jahren, darstellt.

Trotz möglicher Einschränkungen in den Alltagskompetenzen streben viele ältere Menschen an, so lange wie möglich autonom und unabhängig in den eigenen vier Wänden zu wohnen und einen Umzug in eine institutionelle Einrichtung zu vermeiden. Unter diesem Umstand und vor dem Hintergrund, dass ältere Personen den Großteil ihrer Zeit in der Wohnung oder im näheren Wohnumfeld verbringen (Kaspar et al. 2015; Oswald und Konopik 2015), ist eine barrierefreie bzw. barrierereduzierte Wohnumgebung besonders im hohen Alter bedeutend. Präzise Vorgaben für barrierefreie Wohnungen und barrierefreie öffentliche Räume werden in der DIN 18040 bestimmt. Beispiele für wichtige, zu reduzierende Barrieren sind Stufen, Schwellen (besonders auch bei Duschen), Türen von weniger als 80 cm Breite sowie das Fehlen von Haltegriffen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2019). Dennoch zeigen empirische Untersuchungen, dass drei Viertel der Haushalte älterer Personen Stufen und Schwellen in der Wohnung bzw. im Zugang der Wohnung haben (Kremer-Preiß 2012). Zusätzlich haben 20–30 % der Haushalte nicht ausreichend Platz oder zu enge Türen im Bad und nur 15 % haben eine bodenebene Dusche. In der Altersgruppe der 40- bis 85-Jährigen bewohnen lediglich 3 % barrierefreie bzw. barrierereduzierte Wohnungen (Nowossadeck und Engstler 2017). Trotz möglicher Anpassungen der räumlichen Wohnumgebung haben nur etwa 9 % solche Anpassungen vorgenommen, dabei haben 22 % Kenntnis von möglichen Wohnraumanpassungsmaßnahmen inklusive Finanzierungsmöglichkeiten (Wahl und Oswald 2005). Barrierefreiheit bzw. eine Barrierereduzierung sollte nicht nur im Hinblick auf die eigene Wohnung bestehen, sondern auch in der außerhäuslichen Umgebung, da ältere Personen häufig im näheren Wohnumfeld zu Fuß unterwegs sind. Mobilitätstagebücher zeigen, dass Hochaltrige 58 % ihrer Wege zu Fuß zurücklegen (Oswald und Konopik 2015). Versorgungseinrichtungen sollten dementsprechend barrierereduziert und leicht erreichbar sein (z. B. Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen) (Wahl und Weisman 2003).

Neben diesen objektiven Eigenschaften der Wohnumgebung sind auch subjektive Bewertungen des Wohnumfelds und soziale Umweltfaktoren von Bedeutung für ein geeignetes Wohnumfeld, beispielsweise das nachbarschaftliche Verhältnis. Daten des DEAS zeigen, dass eine Diskrepanz zwischen der objektiven Wohnumgebung und der subjektiven Wohnzufriedenheit besteht (Hoffmann et al. 2021). Trotz einer objektiv eher dürftigen Ausstattung der Wohnung bewerten ältere Personen ihre Wohnsituation häufiger besser als jüngere Altersgruppen. Diese Diskrepanz ist gut belegt und als „Wohnzufriedenheitspardoxon“ bekannt. Erklärungen hierfür liegen laut dem DEAS in erlebten Emotionen wie Zugehörigkeit oder Identitätsempfinden, die mit dem Alter zunehmen. Lebt eine Person jahrelang in demselben Haus bzw. in derselben Wohnung, so wird die Wohnumgebung (inklusive sozialer Umgebung) zunehmend zu einem Teil der eigenen Identität, da sie ein Platz der Erinnerungen ist (Rowles und Ravdal 2002). Diese positive Wirkung der sozialen Wohnumgebung zeigt sich auch in einem Zusammenhang von sozialer Teilhabe sowie der Identifikation mit dem eigenen Stadtteil und höheren Alltagskompetenzen (Oswald et al. 2013). Besonders bei Hochaltrigen zeigt sich, dass sich neben dem Gesundheitsstatus die sozialen Faktoren der Wohnumwelt auf das Wohlbefinden auswirken (Oswald und Konopik 2015). Dabei konnte ein negativer Effekt von schlechter Gesundheit auf das Wohlbefinden bei hochaltrigen Personen durch nachbarschaftliche Zusammengehörigkeit und die Stadtteilverbundenheit reduziert werden. Zugleich steht die Qualität der nachbarschaftlichen Beziehungen in positivem Zusammenhang mit Lebenszufriedenheit, wobei dieser Effekt bei Hochaltrigen größer ist als bei jüngeren Alten (Oswald et al. 2011).

Ungünstige Eigenschaften des sozialen und objektiven Wohnumfelds (z. B. Barrieren) können Alltagsaktivitäten erschweren, Barrierefreiheit deren Ausübung erleichtern (Verbrugge und Jette 1994). Die Passung zwischen Wohnumwelt und Person sowie die Verbindung dessen mit der Lebensqualität einer Person wird mit dem Konzept des Person-Umwelt-Gleichgewichts erklärt (Lawton und Nahemow 1973; Wahl und Oswald 2010). Solange funktionale Kompetenzverluste durch eine Anpassung des Wohnumfelds kompensiert werden können, besteht ein Person-Umwelt-Gleichgewicht (Oswald und Wahl 2004). Ob ein Gleichgewicht besteht, ist durch individuelle Kompetenzen und Umweltfaktoren bedingt. Sind die individuellen Bewältigungsmöglichkeiten einer Person jedoch unzureichend, kann es zu einer Fehlpassung führen, die langfristig zu erhöhtem Stress, eingeschränkter Autonomie oder zu gesundheitlichen Einbußen beitragen kann (Oswald und Wahl 2004; Wahl und Oswald 2010; Zimmermann et al. 2021). Des Weiteren stehen Barrieren im Wohnumfeld mit Einschränkungen in den Alltagskompetenzen in Verbindung (Keysor et al. 2010; Oswald et al. 2007; Wahl et al. 2009). Die Befundlage zur Beziehung zwischen Wohnumfeld, funktionellen Beeinträchtigungen und Lebensqualität ist jedoch nicht immer eindeutig.

Während einige Studien einen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Zugänglichkeit der Umgebung bzw. der Barrierefreiheit und Alltagskompetenzen finden (z. B. Keysor et al. 2010; Oswald et al. 2013; Wahl et al. 2009), konnten andere Untersuchungen diesen Zusammenhang nicht bestätigen. Beispielsweise konnten Oswald und Konopik (2015) in ihrer Studie keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Anzahl an Barrieren im Wohnumfeld und dem Wohlbefinden älterer Personen finden. Wahl et al. (2009) merken hierzu an, dass allgemeine Zusammenhänge ohne die Berücksichtigung von Person-Umwelt-Passungen, also beispielsweise zwischen dem Maß an bestehenden Alltagskompetenzen und dem Grad an Barrierefreiheit, seltener zu finden sind. Vielmehr gilt es, die Interaktionen von personenbezogenen Alltagskompetenzen und der dazugehörigen Umgebung zu berücksichtigen. Beispielsweise zeigt eine Längsschnittstudie, dass ältere Personen (75- bis 81-Jährige), die Schwierigkeiten beim Gehen entwickeln, häufiger von Barrieren (z. B. unebene Wege) im außerhäuslichen Umfeld berichten (Rantakokko et al. 2012).

Die beschriebenen theoretischen Annahmen sowie die empirischen Befunde implizieren, dass Alltagskompetenzen von personellen und umweltbezogenen Ressourcen abhängig sind (z. B. Gesundheitszustand). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Alltagskompetenzen weniger durch soziodemografische Faktoren bedingt sind (Baltes et al. 2010). Dennoch gibt es Evidenz dafür, dass Frauen häufiger von Einschränkungen in ihren Alltagskompetenzen betroffen sind als Männer. Neben dem Geschlechterunterschied scheinen niedrig Gebildete im Vergleich zu höher Gebildeten häufiger von funktionalen Einschränkungen betroffen zu sein (Huisman et al. 2005; Robert Koch-Institut 2015; Wolff et al. 2017). Ergebnisse der Berliner Altersstudie zeigen des Weiteren, dass Alltagskompetenzen bei Hochaltrigen (85 Jahre und älter) im Vergleich zu 70- bis 84-Jährigen geringer sind und auch im Heim Wohnende weniger Alltagskompetenzen aufweisen als privatwohnende Hochaltrige (Baltes et al. 2010).

Ziel

Bisherige Studien zum Wohnumfeld und zu den Alltagskompetenzen älterer Menschen beruhen meist auf selektiven und wenig repräsentativen Daten. Des Weiteren ist die Gruppe der hochaltrigen Menschen in empirischen Untersuchungen oft unterrepräsentiert. Die Studie D80+ bietet die Möglichkeit, repräsentative Daten hochaltriger Menschen in Deutschland zu analysieren und somit Aussagen über die Alltagskompetenzen und das Wohnumfeld der hochaltrigen Population in Deutschland zu treffen. Ziel dieses Kurzberichts ist zunächst eine differenzierte Darstellung der Alltagskompetenzen hochaltriger Menschen in Deutschland sowie die Darstellung der objektiven und subjektiven Wohnumgebung. Hierzu werden anhand der soziodemografischen Merkmale Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnform und Wohnregion die Wohnumgebung und die Alltagskompetenzen auf Gruppenunterschiede untersucht. Zusätzlich werden Zusammenhänge zwischen Wohnumgebung und Alltagskompetenzen dargestellt.

Methodik

Die Befragung im Rahmen der Studie D80+ konnte durch die Coronapandemie bedingt nicht, wie ursprünglich geplant, in Form von persönlichen Interviews durchgeführt werden. Folglich wurde ein alternatives Studiendesign mit zwei Modulen umgesetzt. Das erste Modul wurde per Fragebogen erhoben. Insgesamt haben 10.578 Personen bei dieser Befragung teilgenommen. Dieses erste Modul konnte allerdings nicht alle Inhalte des vorgesehenen Instrumentariums berücksichtigen. Daher wurde um die Teilnahme am nachgelagerten Modul 2 gebeten, welches telefonisch erhoben wurde. Hier wurden 3233 Personen aller Teilnehmenden nochmals befragt. Die in diesem Kurzbericht verwendeten Inhalte beruhen auf der Stichprobe der 3233 Personen, von denen Angaben zu Inhalten aus Modul 1 als auch aus Modul 2 vorliegen. Alle Analysen berücksichtigen die komplexe Stichprobenstruktur und beruhen auf gewichteten Daten, um die Repräsentativität für wesentliche Strukturmerkmale (z. B. Alters- und Geschlechtsverteilung) sicherzustellen. Die Inhalte wurden wie folgt erhoben:

Alltagskompetenzen: Die Alltagskompetenzen wurden mit der Frage „Wie viel Hilfe benötigen Sie für die folgenden Aktivitäten?“ operationalisiert. Die Befragten hatten die Antwortmöglichkeiten „Nur mit Hilfe möglich“, „Ein wenig Hilfe“ oder „Keine Hilfe“. Die erfragten Aktivitäten beinhalten: Essen, An- und Ausziehen, Körperpflege, Gehen, vom Bett aufstehen und hinlegen, Baden oder Duschen, die Toilette benutzen, das Telefon benutzen, Strecken außerhalb der Lauf-Reichweite organisieren, Lebensmittel und Kleidung selbst einkaufen, eigene Mahlzeiten zubereiten, Hausarbeit erledigen, Einnahme von Medikamenten, Regelung finanzieller Dinge. Aus diesen Items wurde eine Mittelwertskala gebildet, welche mittels eines Cut-off-Wertes in eine dichotome Variable umgewandelt wurde. Dementsprechend fallen Befragte, die größtenteils keine oder nur ein wenig Hilfe bei ihren Alltagsaktivitäten brauchen, unter die Kategorie „hohes Maß an Alltagskompetenzen“ und Befragte, die ihre Alltagsaktivitäten größtenteils nur mit Hilfe ausführen können, unter die Kategorie „geringes Maß an Alltagskompetenzen“.

Barrieren in der Wohnung: Die Barrieren in der Wohnung wurden mit vier Fragen erhoben. Hierzu wurde gefragt, ob es in der Wohnung bzw. im Haus Schwellen über 2 cm gibt, ob Türen weniger als 80 cm breit sind, die Türen von Bad und WC nach innen aufgehen und ob innerhalb der Wohnung oder im Zugang zum Haus bei Treppen nicht auf beiden Seiten ein Handlauf oder kein Treppenlift vorhanden ist. Alle vier Fragen konnten mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden.

Walkability: Ergänzend wurde die Eignung der Wohnumgebung für Fußgänger (die sogenannte Walkability) mit der Frage erhoben, inwieweit sich die außerhäusliche Wohnumgebung dafür eignet, zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein oder Dinge zu erledigen. Auf einer vier-Punkte-Skala konnten Befragte die Walkability von „gar nicht geeignet“ bis „sehr geeignet“ bewerten. Für die Gruppenvergleiche wurden die Kategorien „gar nicht geeignet“ und „eher nicht geeignet“ zusammengefasst zu „nicht geeignet“ und die Kategorien „eher geeignet“ und „sehr geeignet“ zu „geeignet“. Die Wohnsituation von im Heim wohnenden Personen ist eine besondere. Da bisherige Untersuchungen zeigen konnten, dass auch der Zugang zu einem Balkon, einer Terrasse oder einem Garten die Zufriedenheit mit der Wohnung positiv beeinflussen kann, wurden im Heim Wohnende zusätzlich gefragt, ob ein Zugang zu einem Balkon, einer Terrasse oder einem Garten besteht. Hierbei konnten die Befragten mit „ja“ oder „nein“ antworten.

Verbundenheit mit dem Wohnumfeld und Vertrauen in die Nachbarschaft: Das subjektive Wohnumfeld wird durch zwei Fragen abgedeckt. Zum einen wurde die Wohnverbundenheit mit der Frage „Wie eng fühlen Sie sich mit Ihrer Wohnumgebung verbunden?“ erhoben. Die Antwortmöglichkeiten reichten auf einer vier-Punkte-Skala von „überhaupt nicht eng“ bis „sehr eng“. Für die Gruppenvergleiche wurden die Angaben „überhaupt nicht eng“ und „eher nicht eng“ zur Kategorie „geringe Wohnverbundenheit“ zusammengefasst, und die Angaben „eher eng“ und „sehr eng“ zur Kategorie „hohe Wohnverbundenheit“. Darüber hinaus wurde gefragt, ob die Befragten den Menschen in ihrer Nachbarschaft vertrauen können (soziale Kohäsion). Hier konnte auf einer fünfstufigen Skala von „trifft nicht zu“ bis „trifft zu“ geantwortet werden. Im Gruppenvergleich entsprechen die Angaben „trifft nicht zu“ und „trifft eher nicht zu“ einer geringen sozialen Kohäsion, die Angabe „trifft teils/teils zu“ einer mittleren sozialen Kohäsion und die Angaben „trifft eher zu“ und „trifft zu“ einer hohen sozialen Kohäsion.

Differenzierungsvariablen: Die Alltagskompetenzen und das Wohnumfeld werden in Abhängigkeit von soziodemografischen Faktoren betrachtet. Hierbei unterscheidet der Kurzbericht verschiedene Altersgruppen (80–84 Jahre, 85–89 Jahre und 90+ Jahre), die Geschlechtszugehörigkeit (männlich und weiblich), den Bildungsgrad (niedrig, mittel und hoch) sowie die Wohnsituation (Privathaushalt und Heim) und die Wohnregion (Ost- und Westdeutschland). Da Alters- und Geschlechterunterschiede in Alltagskompetenzen mit der Prävalenz von chronischen Erkrankungen in Verbindung stehen könnten, wurde zusätzlich auch die Multimorbidität als Differenzierungsvariable für die Alltagskompetenzen berücksichtigt. Multimorbidität wurde mit der Anzahl an aktuellen, ärztlich behandelten chronischen Erkrankungen gemessen. Die Anzahl an Erkrankungen wurde in drei Kategorien zusammengefasst: „keine oder eine Erkrankung“, „zwei bis vier Erkrankungen“ und „fünf oder mehr Erkrankungen“.

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieses Berichtes basieren auf folgenden Fallzahlen für die dargestellten Subgruppen hochaltriger Menschen in Deutschland: Männer (n = 1226, 37,9 %), Frauen (n = 2007, 62,1 %); 80–84 Jahre (n = 1909, 59,1 %), 85–89 Jahre (n = 870, 26,9 %), 90 Jahre und älter (n = 454, 14,0 %); Bildung hoch (n = 570, 18,2 %), mittel (n = 1840, 58,8 %), niedrig (n = 720, 23,0 %); Privathaushalt (n = 2906, 89,9 %), Heim (n = 327, 10,1 %); Westdeutschland (n = 2523, 78 %), Ostdeutschland (n = 710, 22 %).

Alltagskompetenzen

Hochaltrige Menschen in Deutschland können zu einem Großteil ihre täglichen Aktivitäten eigenständig ausführen. 60,8 % haben ein hohes Maß an Alltagskompetenzen. Wie zu erwarten, sind insbesondere im Heim wohnende Hochaltrige und ältere Hochaltrige in ihren Alltagskompetenzen eingeschränkt.

Die Mehrheit der Hochaltrigen in Deutschland kann tägliche Aktivitäten ohne Hilfe durchführen (Abb. 1). Je nach Aktivität liegt der Anteil derjenigen, die keine Hilfe benötigen bei 46,6 % bis 91,4 %. Die Mehrheit der Hochaltrigen (60,8 %) hat ein hohes Maß an Alltagskompetenzen und benötigt nur bei wenigen Alltagsaktivitäten etwas Hilfe (nicht abgebildet). Am seltensten wird Hilfe bei den Aktivitäten essen, die Toilette benutzen und vom Bett aufstehen und hinlegen benötigt. Beim Essen geben nur 6,6 % an, ein wenig Hilfe zu brauchen und 2,0 %, dass essen nur mit Hilfe möglich ist. Bezogen auf das vom Bett Aufstehen und Hinlegen brauchen ähnlich große Anteile der Befragten ein wenig Hilfe (5,3 %) oder geben an, dass dies nur mit Hilfe möglich ist (6,2 %). Auch beim Benutzen der Toilette sind die Anteile der Befragten, die ein wenig Hilfe benötigen (4,7 %) oder die Toilette nur mit Hilfe benutzen können (4,9 %) klein.

Abb.  1
figure 1

Alltagskompetenzen der Hochaltrigen in Deutschland

Die drei häufigsten Aktivitäten, bei denen mindestens ein wenig Hilfe notwendig ist, sind Hausarbeit erledigen, gehen und Strecken außerhalb der Lauf-Reichweite organisieren (z. B. Taxifahrt, Busfahrt, etc.). Bei der Hausarbeit benötigen jeweils etwas mehr als ein Viertel der befragten Hochaltrigen ein wenig Hilfe (27,2 %) oder können die Hausarbeit nur mit Hilfe erledigen (26,2 %). Beim Gehen benötigen jeweils etwas weniger als ein Viertel (22,7 %) ein wenig Hilfe oder das Gehen ist nur mit Hilfe möglich (22,7 %). Fast ein Drittel der Befragten benötigt notwendigerweise Hilfe bei der Organisation von Strecken außerhalb der Laufreichweite (30,3 %) und 12,3 % benötigen dazu nur etwas Hilfe.

Eine detaillierte Betrachtung der Alltagskompetenzen in verschiedenen Teilgruppen hochaltriger Personen zeigt signifikante Unterschiede im Grad an Alltagskompetenzen. Abb. 2 zeigt, dass männliche Hochaltrige mit 72,1 % im Vergleich zu weiblichen Hochaltrigen mit 54,0 % signifikant häufiger ein hohes Maß an Alltagsaktivitäten besitzen (jeweils p < 0,001). Aufsteigend nach Altersgruppen haben ältere Hochaltrige ein geringeres Maß an Alltagsaktivitäten (jeweils p < 0,001). Während es bei den 80- bis 84-Jährigen noch 74,5 % sind, sinkt dieser Anteil bei den 85- bis 89-Jährigen auf 52,4 % und bei den Ab-90-Jährigen auf 19,8 %. Daneben steigt das Maß an Alltagskompetenzen mit dem Bildungsgrad, wobei höher gebildete Hochaltrige (72,3 %) häufiger ein hohes Maß an Alltagskompetenzen aufweisen als Hochaltrige mit mittlerer (62,8 %) und geringerer Bildung (48,7 %) (p < 0,001). Nicht überraschend zeigen sich große Unterschiede zwischen hochaltrigen Privatwohnenden und im Heim wohnenden Befragten. Nur 12,3 % der im Heim wohnenden Hochaltrigen haben ein hohes Maß an Alltagskompetenzen. Im Vergleich dazu haben 66,3 % der privatwohnenden Hochaltrigen ein hohes Maß an Alltagskompetenzen (p < 0,001). Signifikante Unterschiede im Maß an Alltagsaktivitäten zwischen Hochaltrigen, die in West- und Ostdeutschland wohnen, konnten nicht gefunden werden.

Abb.  2
figure 2

Alltagskompetenzen der Hochaltrigen im Gruppenvergleich

Da Multimorbidität (gleichzeitiges Bestehen von mehreren chronischen Erkrankungen) in Verbindung mit Alltagskompetenzen, Alter und Geschlecht steht (Calderón-Larrañaga et al. 2019; Maresova et al. 2019), wurde geprüft, ob die Unterschiede in den Alltagskompetenzen zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen auch unter Berücksichtigung der behandelten Erkrankungen (Multimorbidität) signifikant bleiben. Die Analyse der Geschlechterunterschiede in den Alltagskompetenzen zeigt, dass diese teilweise durch die Anzahl an ärztlich behandelten Erkrankungen erklärt werden kann (Abb. 3). Die signifikanten Geschlechterunterschiede in den Alltagskompetenzen bleiben hier nur noch in der Gruppe der Hochaltrigen mit zwei bis vier Krankheiten und in der Gruppe mit fünf oder mehr Erkrankungen signifikant (p < 0,001). In der Gruppe derjenigen mit keiner oder einer Erkrankung sind die Geschlechterunterschiede nicht mehr signifikant.

Abb.  3
figure 3

Alltagskompetenzen der Hochaltrigen nach Geschlecht und Multimorbidität

Die Unterschiede der Alltagskompetenzen zwischen den Altersgruppen hingegen bleiben auch unter der Berücksichtigung der Multimorbidität signifikant (Abb. 4). In allen drei Gruppen der Ausprägung von Multimorbidität weisen die älteren Altersgruppen ein signifikant niedrigeres Maß an Alltagskompetenzen auf als die jüngeren Alltagsgruppen (p < 0,001).

Abb.  4
figure 4

Alltagskompetenzen der Hochaltrigen nach Altersgruppen und Multimorbidität

Barrieren in der Wohnung

Die baulichen Eigenschaften der Wohnungen von hochaltrigen Personen in Deutschland, welche ein barrierereduziertes Wohnen ermöglichen sollen, sind noch verbesserungsfähig. Nur 9,1 % der Hochaltrigen berichten von keinen Barrieren in ihrer Wohnung.

Von den vier abgefragten Barrieren besteht am häufigsten, bei 63,9 % aller Befragten, die Barriere von fehlenden Handläufen oder Treppenliften in der Wohnung bzw. im Haus (Abb. 5). Einem nahezu gleichen Anteil (62,9 %) fehlt es an WC- und Badtüren, die nach außen zu öffnen sind. Schwellen über 2 cm sind bei etwas weniger als der Hälfte (45,2 %) aller Befragten vorhanden. Am seltensten sind mit 11,6 % der Befragten Türen im Haushalt, die schmaler als 80 cm sind.

Abb.  5
figure 5

Vorhandende Barrieren im Wohnumfeld der hochaltrigen Menschen in Deutschland

Die Analysen der Unterschiede zwischen den soziodemografischen Gruppen in den vorhandenen Barrieren zeigen keine signifikanten Unterschiede über alle Gruppen hinweg, mit Ausnahme der Wohnform (p < 0,001). Diese Unterschiede zwischen im Heim wohnenden Hochaltrigen und privatwohnenden Hochaltrigen werden in Abb. 6 detailliert nach der jeweiligen Barriere dargestellt. Dabei zeigt sich, dass nur die Schwellen über 2cm signifikant seltener bei im Heim wohnenden Hochaltrigen vorhanden sind (3,3 %) im Vergleich zu privatwohnenden Hochaltrigen (45,7 %) (p < 0,001). Alle übrigen Vorkommen von Barrieren in der Wohnung bzw. im Haus unterscheiden sich nicht signifikant zwischen den Wohnformen.

Abb.  6
figure 6

Vergleich der vorhandenen Barrieren nach Wohnform

Walkability

Die Hochaltrigen sind überwiegend der Auffassung, dass sie in ihrer Wohnumgebung gut zu Fuß unterwegs sein können. 76,1 % schätzen die Umgebung als eher bis sehr geeignet ein. Die Mehrheit (86 %) der im Heim wohnenden Hochaltrigen hat Zugang zu einem Balkon oder einer Terrasse.

Die sogenannte Walkability, die Eignung der außerhäuslichen Wohnumgebung um zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein oder Dinge zu erledigen, bewerten die Hochaltrigen in Deutschland überwiegend positiv (Abb. 7). Rund ein Drittel (32,5 %) sieht die Umgebung dafür als sehr geeignet an und weitere 43,6 % sehen die Umgebung dafür als eher geeignet an. Demgegenüber sehen etwa ein Viertel (23,8 %) der befragten Hochaltrigen die Umgebung als eher nicht oder gar nicht geeignet an, um zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein.

Abb.  7
figure 7

Walkability der Wohnumgebung von Hochaltrigen in Deutschland

Auch die Walkability wurde auf signifikante Gruppenunterschiede geprüft (Abb. 8). Männliche Hochaltrige bewerten die Walkability mit 79,7 % signifikant häufiger als geeignet als Frauen mit 73,9 % (p < 0,01). Weitere signifikante Unterschiede in der Bewertung der Walkability innerhalb der soziodemografischen Gruppen wurden nicht gefunden.

Abb.  8
figure 8

Walkability der Wohnumgebung Hochaltriger im Gruppenvergleich

Die Wohnsituation in einem Heim stellt eine besondere Situation dar. Hierbei kann der Zugang zu einem Balkon oder einer Terrasse bedeutend für eine geeignete Wohnumgebung der Bewohner und Bewohnerinnen sein. Aufgrund dessen wurden im Heim wohnende Personen zusätzlich gefragt, ob sie einen Zugang zu einem Balkon oder einer Terrasse haben. Die Mehrheit von 86,0 % gibt an, einen solchen Zugang zu haben (nicht abgebildet).

Wohnverbundenheit

Ein Großteil (63,9 %) der Hochaltrigen in Deutschland fühlt sich sehr eng oder eher eng mit ihrem Wohnumfeld verbunden. Jedoch weisen besonders im Heim wohnende Hochaltrige eine geringe Wohnverbundenheit auf.

Etwas mehr als ein Viertel (28,4 %) der Hochaltrigen in Deutschland fühlen sich sehr eng mit ihrem Wohnumfeld verbunden (Abb. 9). Zudem fühlen sich über ein Drittel (35,5 %) eher eng mit ihrem Wohnumfeld verbunden. Immer noch jeder fünfte (21,0 %) fühlt sich eher nicht eng mit seinem/ihrem Wohnumfeld verbunden und 15,1 % fühlen sich überhaupt nicht eng mit ihrem Wohnumfeld verbunden.

Abb.  9
figure 9

Wohnverbundenheit der Hochaltrigen in Deutschland

Abb. 10 zeigt die Gruppenunterschiede in der Wohnverbundenheit der hochaltrigen Personen in Deutschland. Ein relativ großer Unterschied in der Wohnverbundenheit zeigt sich im Vergleich von privatwohnenden Hochaltrigen und im Heim wohnenden Hochaltrigen (p < 0,001). Hierbei weisen privatwohnende Hochaltrige signifikant häufiger eine hohe Wohnverbundenheit auf als im Heim wohnende Personen (67,0 % vs. 36,1 %). Daneben geben jüngere Hochaltrige signifikant häufiger eine hohe Wohnverbundenheit an im Vergleich zu älteren Hochaltrigen (p < 0,05). Kontrolliert man diese Altersunterschiede jedoch auf die Wohnform, so bleiben diese Unterschiede nicht mehr signifikant. Dementsprechend lassen sich die Altersunterschiede durch die Wohnform erklären. Alle weiteren Unterschiede in den soziodemografischen Gruppen sind nicht signifikant.

Abb.  10
figure 10

Wohnverbundenheit der Hochaltrigen im Gruppenvergleich

Soziale Kohäsion

Über die Hälfte (53,4 %) der Hochaltrigen in Deutschland hat ein sehr großes Vertrauen in ihre Nachbarschaft. Heimbewohnerinnen und -bewohner haben im Vergleich zu Privatwohnenden ein geringeres Vertrauen in die Nachbarschaft, welches jedoch immer noch hoch ist.

Um die soziale Kohäsion zu messen, wurde gefragt, inwieweit die Aussage zutrifft, dass die befragte Person den Leuten in ihrer Nachbarschaft vertraut. Über die Hälfte (53,4 %) gibt an, dass sie ihrer Nachbarschaft vertraut (Abb. 11). Weitere 23,1 % geben an, ihrer Nachbarschaft eher zu vertrauen. Ein ähnlich großer Anteil mit 17,7 % ist ambivalent zu ihren Nachbarn und Nachbarinnen eingestellt und gibt an, der Nachbarschaft teilweise zu vertrauen und teilweise nicht zu vertrauen. Nur ein geringer Anteil der Befragten bewertet das Vertrauensverhältnis zur Nachbarschaft negativ. Insgesamt 5,9 % geben an, eher kein oder kein Vertrauen in die Nachbarn und Nachbarinnen zu haben.

Abb.  11
figure 11

Vertrauen in die Nachbarschaft der Hochaltrigen in Deutschland

In Abb. 12 lässt sich erkennen, dass das Vertrauen in die Nachbarschaft in allen Teilgruppen relativ hoch ist. Männliche Hochaltrige haben ein signifikant größeres Vertrauen in die Nachbarschaft als hochaltrige Frauen (p < 0,01). Zugleich haben Hochaltrige mit einer höheren Bildung ein signifikant größeres Vertrauen in die Nachbarschaft im Vergleich zu niedriger gebildeten Hochaltrigen (p < 05). Diese beiden Gruppenunterschiede sind relativ gering im Vergleich zu dem Unterschied zwischen privatwohnenden und im Heim wohnenden Hochaltrigen. Hierbei haben Privatwohnende mit 78,3 % signifikant häufiger ein großes Vertrauen in ihre Nachbarschaft als im Heim Wohnende mit 59,6 % (p < 0,05). Die Unterschiede zwischen den Wohnregionen und den Altersgruppen sind nicht signifikant.

Abb.  12
figure 12

Vertrauen in die Nachbarschaft der Hochaltrigen im Gruppenvergleich

Zusammenhang von Alltagskompetenz und Wohnumgebung

Es besteht teilweise eine Passung der Barrieren im Wohnumfeld und der Alltagskompetenz „Gehen“. Bei Hochaltrigen, die nur mit Hilfe gehen können, bestehen signifikant seltener Barrieren im Wohnumfeld.

Wie eingangs beschrieben, ist die Passung der Umwelt mit den individuellen Kompetenzen relevant für die Lebensqualität. Um Hinweise auf eine gute oder schlechte Person-Umwelt-Passung zu finden, wurden die jeweiligen Barrieren (Umwelt) mit der Alltagskompetenz „Gehen“ (Person) in Zusammenhang gebracht (Abb. 13). Bei den Barrieren „Fehlende Handläufe oder Treppenlift“ (16,7 % vs. 23,8 %, p < 0,001), „WC- und Badtüren nur nach innen öffnend“ (17,7 % vs. 22,1 %, p < 0,05) und „Türen schmaler als 80 cm“ (14,6 % vs. 20,1 %, p < 0,05) zeigt sich, dass bei Hochaltrigen, die nur mit Hilfe gehen können, sich diese drei Barrieren in ihrer Wohnung signifikant seltener finden. Für die Barriere „Schwellen über 2 cm“ besteht dieser Unterschied nicht. Auch wenn die signifikanten Unterschiede nicht sonderlich groß sind, deuten sie darauf hin, dass das Wohnumfeld an die Kompetenzen bzw. den Einschränkungen der Person angepasst werden.

Abb.  13
figure 13

Zusammenhang der Alterskompetenz „Gehen“ mit den Barrieren in der Wohnung

Diskussion und Fazit

Dieser Kurzbericht legt auf Grundlage der Studie D80+ Befunde zu den Alltagskompetenzen und dem Wohnumfeld Hochaltriger Menschen in Deutschland dar und ergänzt bisherige Befunde. Durch die vergleichsweise wenig selektive Datengrundlage können repräsentative Aussagen über die Alltagskompetenzen und das Wohnumfeld von verschiedenen soziodemografischen Gruppen der Hochaltrigen getroffen werden. Mit Blick auf die Alltagskompetenzen konnte gezeigt werden, dass hochaltrige Menschen in Deutschland viele ihrer täglichen Aktivitäten mehrheitlich eigenständig und ohne Hilfe ausführen können. Insgesamt haben 60,8 % der Hochaltrigen in Deutschland ein hohes Maß an Alltagskompetenzen. Da das Maß an Alltagskompetenzen frühzeitig auf einen beginnenden Abfall von physischen und kognitiven Fähigkeiten hinweisen kann (Graf 2008), deutet das relativ hohe Maß an Alltagskompetenzen auf einen guten Erhalt von physischen und kognitiven Fähigkeiten in der Altersgruppe der Ab-80-Jährigen hin. Vergleicht man dieses Ergebnis mit den Ergebnissen des DEAS, zeigt sich, dass die Ab-80-Jährigen mit 60,8 % zu einem größeren Anteil ein hohes Maß an Alltagskompetenzen hat als die Gruppe der 70- bis 85-Jährigen mit 48 % (Wolff et al. 2017). Auch wenn die Vergleichbarkeit dieser Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Erhebungen und Messungen eingeschränkt ist, lässt sich vermuten, dass die Alltagskompetenzen über die Kohorten hinweg besser erhalten bleiben wie auch schon für jüngere Kohorten gezeigt wurde (ebd.).

Unter Betrachtung der soziodemografischen Merkmale zeigen sich besonders große Unterschiede in den Alltagskompetenzen zwischen den Altersgruppen und zwischen privat und im Heim wohnenden Hochaltrigen. Diese Altersunterschiede wurden schon in früheren Studien mit jüngeren Alten gezeigt (Oswald et al. 2011). Der Abfall von Alltagskompetenzen mit zunehmendem Alter kann, wie in diesem Bericht gezeigt wurde, nicht durch die vorhandenen chronischen Erkrankungen erklärt werden. Bezüglich der Unterschiede zwischen den verschiedenen Wohnformen liegt die Erklärung nahe, dass ein Umzug ins Heim in der Regel dann stattfindet, wenn die Person nicht mehr ohne Hilfeleistungen im Alltag auskommt. So zeigen Daten aus der Schweiz, dass zu den häufigen Gründen für einen Umzug ins Heim eine Absicherung im Falle von Hilfsbedürftigkeit zählt sowie die Gründe Angehörigen nicht zur Last fallen zu wollen und die Entlastung von Hausarbeit (Zwinggi und Schelling 2005). Neben den Unterschieden in den Alltagskompetenzen zwischen den Altersgruppen und den Wohnformen bestehen auch Geschlechtsunterschiede und Unterschiede zwischen den Bildungsgruppen, wobei die Geschlechtsunterschiede teilweise durch das Vorhandensein von mehreren chronischen Krankheiten erklärt werden konnte. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit bisherigen Befunden (vgl. Huisman et al. 2005; Wolff et al. 2017). Gründe für geringere Alltagskompetenzen bei Frauen können eine höhere Prävalenz von chronischen Erkrankungen bei Frauen sein (Murtagh und Hubert 2004), welche durch (soziale) Risiken im Lebenslauf, wie beispielsweise ein geringeres Bildungs- und Einkommensniveau oder physiologische Besonderheiten wie Schwangerschaften oder die Menopause, bedingt sein können (Menning und Hoffmann 2009). Der Befund, dass Hochaltrige mit niedrigerer Bildung weniger Alltagskompetenzen haben, kann durch weniger verfügbare Ressourcen zum Erhalt von Gesundheit erklärt werden, beispielsweise finanzielle Mittel, soziale Beziehungen und Wissen über Gesundheit, sowie möglicherweise auch stärkere körperliche Belastungen im Erwerbsleben (Wolff et al. 2017).

Bezüglich der objektiven Wohnumgebung hochaltriger Menschen in Deutschland konnte gezeigt werden, dass die Barrierefreiheit der Wohnung bzw. des Hauses noch verbesserungswürdig ist. Nur 9,1 % haben keinerlei Barrieren in ihrem Haushalt. Im Gegensatz dazu wird die außerhäusliche Umgebung überwiegend positiv bewertet. So empfinden 76,1 % der hochaltrigen Menschen in Deutschland die außerhäusliche Umgebung als geeignet oder eher geeignet, um zu Fuß unterwegs zu sein. Signifikante Unterschiede im objektiven Wohnumfeld finden sich in den soziodemografischen Gruppen kaum. Signifikante Gruppenunterschiede im Vorhandensein von Barrieren finden sich nur zwischen den Wohnformen. Dabei konnte eine detaillierte Betrachtung der Unterschiede zeigen, dass diese nur für die Barriere von Schwellen über 2 cm bestehen. Diese Barriere ist signifikant seltener bei im Heim wohnenden Hochaltrigen vorhanden im Vergleich zu privat wohnenden Hochaltrigen. Auch die Bewertung der Walkability unterscheidet sich kaum in den soziodemografischen Gruppen. Es konnte lediglich ein signifikanter Unterschied zwischen Männern und Frauen gezeigt werden, wobei Männer die Eignung der Wohnumgebung, um zu Fuß unterwegs zu sein, etwas besser bewerten als Frauen. Allerdings ist dieser Unterschied nicht allzu groß.

Die Analysen der subjektiven Wohnumgebung zeigen eine enge Wohnverbundenheit. 63,9 % der Hochaltrigen in Deutschland fühlen sich ihrem Wohnumfeld verbunden. Diese Ergebnisse decken sich mit Ergebnissen aus der Schweiz. Hier fühlten sich 66,7 % der älteren Menschen mit ihrem Wohnumfeld verbunden (Seifert 2016). Neben der Wohnverbundenheit haben die Hochaltrigen in Deutschland ein hohes Vertrauen in die Nachbarschaft. 53,4 % der Hochaltrigen vertrauen ihren Nachbarinnen und Nachbarn vollkommen. Vergleicht man die vorliegenden Daten mit denen des DEAS zeigt sich, dass 70- bis 85-Jährige mit 51,6 % etwa zu gleichen Teilen eine hohe soziale Kohäsion in der Nachbarschaft haben wie Hochaltrige in Deutschland mit 53,4 % (Nowossadeck und Mahne 2017).

Auch bei dem subjektiven Wohnumfeld sind die Unterschiede zwischen privat und im Heim wohnenden Hochaltrigen auffallend. Im Heim wohnende Hochaltrige weisen eine signifikant geringere Wohnverbundenheit und ein signifikant niedrigeres Vertrauen in ihre Nachbarschaft auf im Vergleich zu privatwohnenden Hochaltrigen. Der Umzug in ein Heim kann mit dem Verlust von sozialen Beziehungen in Verbindung stehen (Iecovich 2014). Dieser Verlust von sozialen Beziehungen sowie eine neue Nachbarschaft kann das niedrigere Vertrauen in die Nachbarschaft bei Heimbewohnerinnen und -bewohnern erklären. Bezüglich der niedrigeren Wohnverbundenheit bei Heimbewohnerinnen und -bewohnern ist naheliegend, dass diese sich nach dem Einzug ins Heim erst einmal neu an ihre Wohnumgebung gewöhnen müssen und die Verbundenheit durch neue Erfahrungen wieder aufgebaut werden muss. Darüber hinaus finden sich bei den Hochaltrigen in Deutschland signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen bezüglich der Wohnverbundenheit. Allerdings konnte gezeigt werden, dass diese Unterschiede durch die Wohnform erklärt werden. Weitere signifikante Gruppenunterschiede bestehen nicht. Diese nicht signifikanten Ergebnisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen aus der Schweiz (Seifert 2016).

Die Unterschiede in den soziodemografischen Gruppen bezüglich der sozialen Kohäsion zeigen ebenfalls keine Altersunterschiede, wie auch bei jüngeren Altersgruppen schon gezeigt wurde (Oswald et al. 2011). Allerdings zeigt sich, dass Frauen und Hochaltrige mit niedriger bzw. mittlerer Bildung eine etwas geringere soziale Kohäsion aufweisen als Männer und Hochaltrige mit hoher Bildung. Eine mögliche Interpretation des höheren Vertrauens bei Männern kann sein, dass Männer häufiger mit der Nachbarschaft kommunizieren, informierter über die Geschehnisse in der Nachbarschaft sind und sich aktiver in die Nachbarschaft einbringen (Nowossadeck und Mahne 2017). Das erhöhte Vertrauen bei Hochaltrigen mit höherer Bildung könnte darauf basieren, dass eine höhere Bildung mit mehr Wissen und Informationen einhergeht, was dazu führt, dass man offener ist und anderen eher Vertrauen entgegenbringt (Freitag und Bauer 2014).

Abschließend wurde in diesem Bericht die Person-Umwelt-Passung untersucht. Hierbei zeigt sich, dass die Barrieren „Fehlende Handläufe oder Treppenlift“, „WC- und Badtüren nur nach innen öffnend“ und „Türen schmaler als 80 cm“ signifikant seltener bei Personen vorhanden sind, die nur mit Hilfe gehen können. Diese Unterschiede deuten auf eine Anpassung der Wohnumwelt hin, wenn Alltagskompetenzen eingeschränkt sind. Jedoch ist dieser Unterschied nicht besonders groß.

Insgesamt konnte der vorliegende Bericht zeigen, dass die Hochaltrigen ein hohes Maß an Alltagskompetenzen besitzen. Auch das subjektive Wohnumfeld (Wohnverbundenheit und soziale Kohäsion) und die Eignung der Wohnumgebung, um zu Fuß unterwegs zu sein, werden größtenteils positiv bewertet. Jedoch bestehen noch viele Barrieren in der Wohnung bzw. im Haus von hochaltrigen Menschen in Deutschland. Teilweise konnte eine Anpassung der Barrieren in der Wohnung mit den Alltagskompetenzen gezeigt werden, dennoch besteht ein Verbesserungsbedarf beim Ausbau von Barrierefreiheiten in der Wohnung bzw. im Haus. Dies ist insofern relevant, da Barrierefreiheit ein schützender Faktor für die Alltagskompetenzen sein kann. Demnach sollte der Ausbau bzw. Umbau der Wohnung oder des Hauses gefördert werden, auch wenn Hochaltrige insgesamt ein hohes Maß an Alltagskompetenzen aufweisen. Ein erster Schritt hierzu wäre, Hochaltrige besser über mögliche Anpassungen der räumlichen Wohnumgebung und über die Finanzierungsmöglichkeiten dieser Anpassungen zu informieren. Des Weiteren sollte vermehrt darüber aufgeklärt werden, dass eine Barrierefreiheit zum Erhalt der Eigenständigkeit in täglichen Aktivitäten beitragen kann und somit einen Umzug in eine institutionelle Einrichtung verhindern bzw. aufschieben kann.